Skip to main content
Übersichtsarbeit

Hämoglobinopathien – Klinik und Diagnostik von Thalassämien und anomalen Hämoglobinen

Published Online:https://doi.org/10.1024/0040-5930.63.1.35

Der Begriff Hämoglobinopathie fasst Zustände zusammen, die entweder aufgrund der Präsenz von anomalen Hämoglobinen oder von Thalassämien entstehen. Den anomalen Hämoglobinen liegt eine qualitative strukturelle Veränderung des Hämoglobinmoleküls zugrunde, während bei den Thalassämien die Synthese der Globinketten quantitativ beeinträchtigt ist. Wichtige anomale Hämoglobine wie HbS, HbC und HbE werden auch in der Schweiz häufig angetroffen. Andere anomale Hämoglobine werden selten angetroffen, erzeugen jedoch in einzelnen Fällen klinisch relevante Krankheitsbilder, welche sich als hämolytische Anämien, Polyglobulien oder Zyanose manifestieren. Thalassämie-Syndrome gehören mit 200 Millionen Betroffenen zu den häufigsten monogenetischen Erkrankungen weltweit. Auch in der Schweiz kommen sie keineswegs selten vor. Ursächlich bei 10–15% aller hypochromen Anämien, sind sie nach dem Eisenmangel die zweithäufigste Ursache einer hypochromen Anämie. Thalassämien und anomale Hämoglobinvarianten können gleichzeitig vorkommen. Dadurch kommt es zu einem noch breiteren Spektrum von Krankheiten, deren Ausprägung stark variiert. Dieser Übersichtsartikel fasst die pathophysiologischen Vorgänge und klinischen Charakteristika zusammen und stellt einen stufenweisen Abklärungsgang, der auch den sinnvollen Einsatz von molekularbiologischen Methoden beinhaltet, vor.

Haemoglobinopathies constitute entities that are generated by either an abnormal haemoglobin or thalassaemias. While abnormal haemoglobins are caused by a qualitative structural abnormality of the haemoglobin molecule, thalassaemias result by diminished synthesis of the globin chain. Due to increased immigration from Asia, Africa and the Mediterranean to Northern Europe, haemoglobin S, haemoglobin C, haemoglobin E are also encountered commonly in Switzerland, while other abnormal haemoglobins are rare, yet can cause clinically relevant symptoms. This include haemolysis, polyglobulia, cyanosis or a combination thereof. Thalassaemia-syndroms constitute with two million affected individuals to the most prelevant monogenetic diseases worldwide. Due to migration into Switzerland, they are also found quite commonly among our patients with 10–15 per cent of all hypochromic, microcytic, anemia second only to iron deficiency. Importantly, thalassaemias and haemoglobinopathies can occur concomitantly sometimes even with a normal haemoglobin variant. This results in wide-spread presentations, making diagnosis and clinical judgement difficult. We describe in this article not only physiological mechanisms and clinical presentation but also propose a step-wise diagnostic algorithm including selective use of molecular biology methods.