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Übersichtsarbeit

Geschlechtsspezifische Unterschiede bei Arzneimitteln

Published Online:https://doi.org/10.1024/0040-5930.64.6.325

Nach der Erfahrung mit Thalidomid (Contergan®) wurden Frauen für viele Jahre so weit wie möglich von der Teilnahme an klinischen Prüfungen von neuen Arzneimitteln ausgeschlossen. Dieses Paradigma hat sich in den letzten Jahren weitgehend gewandelt. Im Arzneistoffmetabolismus und auch bei der Wirkung von Arzneimitteln sind mittlerweile zahlreiche geschlechtsspezifische Unterschiede bekannt, insbesondere für die Enzyme der Cytochrom P450 Familie aber auch bei Phase-II-Reaktionen wie Glukuronidierung. Die bisher bekannten Unterschiede in der Pharmakokinetik sind oft nicht von klinischer Relevanz bzw. meist nur mit einer statistisch messbaren Zunahme von unerwünschten Wirkungen verbunden. Unterschiede in der Wirkung und Wirksamkeit finden sich in der Herz-Reizleitung, sowie bei Opiat- und Benzodiazepinrezeptoren. So besteht bei Frauen eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Arzneimittel-induzierten Torsade-de-pointes-Arrhythmien. Ebenfalls zu beachten ist die Möglichkeit, dass manche Erkrankungen wie Depression, Herzinfarkt oder Herzinsuffizienz eine geschlechtsspezifisch unterschiedliche Ausprägung aufweisen und eventuell unterschiedlicher Therapieansätze bedürfen. Aus verschiedensten Ansätzen ergibt sich regelhaft der Befund, dass Frauen häufiger unter unerwünschten Arzneimittelwirkungen leiden.

Following the disastrous experience with thalidomide women were largely excluded from clinical trials. A change in this paradigm can be observed most recently. For the pharmacokinetics and -dynamics of drugs a body of evidence does exist to prove the presence of significant sex-related differences. Especially fort he major drug metabolizing enzymes, the cytochrome P 450 family, but also for phase II reactions such as glucuronidation, sex-differences were observed. However, most of these differences are either clinically not relevant or were not just observed, because they result in slight increases in the frequency of adverse reactions. Major sex-specific differences were observed for the cardiac elektrophysiology, for opiate and benzodiazepine receptors. Women are significantly more likely to experience drug-induced QT-prolongation and torsade-de-pointes arrhythmia. It should also be considered that conditions such as depression, myocardial infarction and heart failure are characterized by gender-specific symptoms and therefore may deserve a gender-specific therapy. Different trials and epidemiological surveys have repeatedly shown that women experience more adverse drug effects than men.