Zusammenhang zwischen verschiedenen Glücksspielformen und glücksspielassoziierten Problemen
Ergebnisse aus drei repräsentativen Bevölkerungs-Surveys der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)
Abstract
Fragestellung: Anhand der Daten aus drei in den Jahren 2007, 2009 und 2011 durchgeführten Repräsentativbefragungen zum Glücksspielverhalten der 16- bis 65-jährigen Bevölkerung in Deutschland werden Zusammenhänge zwischen der Nutzung einzelner Glücksspiele, der Glücksspielgesamtaktivität und dem Auftreten von glücksspielassoziierten Problemen untersucht. Methodik: Erhebung der Teilnahme an den verbreitetsten Glücksspielformen in Deutschland in den zurückliegenden 12 Monaten per Telefonbefragung (CATI), standardisierte Instrumente: South Oaks Gambling Screen (SOGS) zum Screening auf Glücksspielsucht, bi- und multivariate logistische Regressionsanalysen, abhängige Variable: Problemspielverhalten (problematische oder pathologische Ausprägung nach SOGS). Ergebnisse: Problemspieler geben im Vergleich zu problemfreien Glücksspielern bei den meisten Glücksspielen (außer Lotterien) erheblich häufiger an, diese in den zurückliegenden 12 Monaten gespielt zu haben. Zudem weisen sie eine höhere Glücksspielanzahl (GSA) auf, haben also mehr verschiedene Glücksspiele genutzt. Die höchsten Problemspieleranteile finden sich unter Befragten, die Casinospiele im Internet, das kleine Spiel in der Spielbank, Geldspielautomaten in Spielhallen, Gaststätten etc., Sportwetten privater Anbieter, das große Spiel oder Keno angegeben haben (Anteile in abnehmender Reihenfolge: 11,7 % bis 6,5 %). Entsprechend ergeben sich bei diesen Glücksspielen in bivariaten Regressionsanalysen in annähernd gleicher Reihenfolge auch die höchsten Risiken für Problemspielverhalten. Wird zusätzlich die GSA statistisch kontrolliert, reduzieren sich die Risiken zwar deutlich, bleiben aber bei den genannten Glücksspielen (Ausnahme: großes Spiel) signifikant. Auch bei simultaner Betrachtung aller Glücksspiele im multivariaten Modell, womit zusätzlich die individuelle Spieleauswahl berücksichtigt wird, ergeben sich die höchsten Risiken für Geldspielautomaten, gefolgt von Casinospielen im Internet (Odds Ratios 4,77 bzw. 3,75). Vergleichsweise niedrige Risiken finden sich dagegen, modellunabhängig, für die Lotterien. Schlussfolgerungen: Aufgrund des häufig multiplen Spielverhaltens von Problemspielern sollte bei der Analyse von Zusammenhängen zwischen dem Auftreten problematischen Spielverhaltens und der Nutzung einzelner Glücksspielformen die Glücksspielgesamtaktivität einbezogen werden. Regulierungs- und Präventionsmaßnahmen erscheinen den Analysen zufolge insbesondere in Hinsicht auf Geldspielautomaten und Casinospiele im Internet indiziert.
Aims: For the purpose of analyzing the relationship between having participated in particular gambling activities, the overall gambling involvement and the occurrence of associated gambling problems, data of three representative surveys on gambling behaviour in the population aged 16 to 65 in Germany 2007, 2009 and 2011 were matched. Methods: Telephone sampling (CATI) surveying the most relevant gambling activities, standardized instruments: South Oaks Gambling Screen (SOGS) for screening on gambling addiction, bi- und multivariate logistic regression analyses, dependent variable: problem gambling behaviour (problematic or pathological classification by SOGS). Results: Compared to recreational gamblers most gambling activities in the preceding 12 months were stated far more often by problem gamblers. Even more the latter report a higher overall gambling involvement (number of different gambling activities). Highest proportions of problem gamblers are to be found among those respondents, who used internet casino games, electronic gaming machines (EGMs), sports betting from private providers, casino games, and the lottery ‘Keno’ (percentages in descending order: 11,7 % to 6,5 %). Accordingly bivariate regression analyses reveal for these gambling activities in roughly the same order the highest risks for problem gambling. Though lowering down considerably when additionally controlling for overall gambling involvement the risks of the mentioned gambling activities with the exception of casino table games remain significant. Looking at all gambling activities simultaneously in multivariate analyses, thereby taking into account the individual combination of gambling activities, reveal highest risks for EGMs in gambling halls, pubs etc., followed by internet casino games (Odds Ratios 4.77 resp. 3.75). Independent of statistical modelling, the risks for lotteries are comparatively low. Conclusions: If analyzing relations between the occurrence of problem gambling and the use of distinct gambling types, by reason of frequent multiple gambling activities of problem gamblers, the overall gambling involvement should also be taken into account. Following the results regulation and prevention actions should predominantly address gambling at EGMs in gambling halls, pubs etc., and internet casino games.
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