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Free AccessThemenschwerpunkt

Autismus-Spektrum-Störungen und ihre Bedeutung in der Erwachsenenpsychiatrie und Psychotherapie1

Published Online:https://doi.org/10.1024/1661-4747/a000285

Abstract

Zusammenfassung. Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) sind mit einer Prävalenz von über 1% in der Normalpopulation ein häufiges Phänomen. Klinische Erfahrung und auch theoretische Überlegungen sprechen dafür, dass die Prävalenz unter einem psychiatrischen Patientenkollektiv noch höher sein dürfte. Dennoch wird die Bedeutung der ASS für die Erwachsenenpsychiatrie und -psychotherapie erst in den letzten Jahren langsam erkannt. Die meisten Patienten mit ASS werden in der Erwachsenenpsychiatrie nach wie vor unter unzutreffenden oder falsch gewichteten Diagnosen – nicht selten erfolglos – behandelt. Eine korrekte Diagnosestellung hat fast immer weitreichende und meist positive Implikationen, weil sie ein adäquates Verständnis der autistischen Eigenschaften und der sich daraus entwickelnden psychiatrischen Symptomatik, sowie einen angemessenen und verständnisvollen Umgang damit erlaubt. Dies fördert die Akzeptanz des Behandlers für die – oft als «schwierig» eingestuften – Betroffenen und die Selbstakzeptanz des Patienten. Neben nicht diagnostizierten ASS ist das Thema für die Erwachsenenpsychiatrie und -psychotherapie auch insofern relevant, als eine autistische Basisstruktur – also autistische Züge ohne eigenen Krankheitswert, der «broader autistic phenotype» – die Grundlage anderer psychiatrischer Krankheitsbilder sein kann, woraus sich häufig sowohl auf psychiatrischem als auch auf psychotherapeutischem Gebiet veränderte therapeutische Vorgehensweisen ableiten lassen. In diesem Beitrag wird zunächst ein kurzer Überblick über jüngere konzeptuelle und systematische Entwicklungen im Kontext des DSM-5 gegeben und dann auf die Relevanz von ASS für Psychiatrie und Psychotherapie eingegangen, mit besonderem Augenmerk auf diagnostische Aspekte, die Bedeutung der autistischen Basisstruktur und Implikationen für die Therapie.

Autism spectrum disorders and its role in adult psychiatry and psychotherapy

Abstract. Autism spectrum disorders (ASD) are common with an estimated prevalence well above 1%. Theoretical considerations as well as clinical observations point to a much higher rate in psychiatric and psychotherapeutic settings be it as in- or out-patients. The last decade saw a rather slow but steady increase in the awareness of the role of ASD in adult psychiatry and psychotherapy. However, in particular very high functioning ASD patients with normal or even above average IQ, normal language at superficial level of description and good compensatory skills often run un- or misdiagnosed with atypical depression, obsessive-compulsive disorder, borderline (in female patients) or narcistic or combined personality disorder (in male patients) or atypical psychosis being the most common diagnostic misconceptions. This often results in unsuccessful and frustrating therapeutic endeavors for therapists and patients alike because the autistic specificities are not identified and addressed properly. This however is a prerequisite for an effective management of such patients who are often regarded as “difficult to take”. Respective unsuccessful treatment attempts also further compromise the already reduced self-esteem of many ASD patients. Even in subsyndromal variants the autistic personality structure is often the reason why specific and recurring interpersonal conflicts arise in private and vocational relationship. This is a particularly important issue for psychotherapy. In this constellation the autistic personality structure of the so called »broader autism phenotype” serves as basic structure for evolving and difficult to deal with conflicts, problems and experiences of mobbing and failure. It is important to recognize this pathogenetically relevant personality structure in order to adopt specific therapy strategies. In this paper we present a summary of the latest conceptual developments concerning ASD in DSM-5, of putatively helpful diagnostic strategies in an out-patient setting and discuss the relevance of respective findings for the further therapeutic management.

Seit etwa zehn Jahren hat sich für das Thema «Autismus-Spektrum-Störungen in der Erwachsenenpsychiatrie und -psychotherapie» eine rasche und aus unserer Sicht recht ungewöhnliche Entwicklung ergeben: Auf der einen Seite hat das wissenschaftliche und Medieninteresse an Menschen mit hochfunktionalem Autismus in den letzten Jahren exponentiell zugenommen: die Anzahl an wissenschaftlichen Publikationen wird jedes Jahr größer, und auch die Zahl der Autobiographien von Betroffenen ist deutlich in die Höhe gegangen. Neben den größeren Filmproduktionen wie «Mary and Max», «Ben X», «Adam», «Snowcake», «Birnenkuchen mit Lavendel» und «My name is Khan» finden sich auch in – meist amerikanischen – Fernsehserien immer häufiger mehr oder weniger realistische hochfunktionale «Autisten», oft ohne dass sie als solche benannt würden: z. B. in «Monk», «Boston Legal», «Bones», «The Big Bang Theory», «Sherlock», oder zuletzt «Die Brücke». Manchmal gewinnt man den Eindruck, dass kaum noch eine Fernsehserie ohne den «Quotenautisten» auszukommen scheint. Somit verwundert es nicht, dass das Asperger-Syndrom medial schon als «Modediagnose» gehandelt wird.

In erstaunlichem Widerspruch dazu steht die Versorgungssituation von Menschen mit Autismus im Bereich der klinischen Erwachsenenpsychiatrie und -psychotherapie: Zwar ist ein zunehmendes theoretisches Interesse an der Thematik erkennbar, die praktische Entwicklung hinkt aber deutlich hinter der wissenschaftlichen und medialen Repräsentation des Themas her: Die Zahl der Kliniken, die Diagnostik im Erwachsenenalter anbieten, liegt innerhalb Deutschlands noch immer im einstelligen Bereich. Wurde es beispielsweise in der Kindheit versäumt, eine Autismusdiagnose zu stellen, oder hat der Betreffende das Pech, vor 1980 geboren zu sein, womit sein Autismus aufgrund damals weithin fehlender Kenntnis auch in der Kinder- und Jugendpsychiatrie nicht erkannt wurde, dann gestaltet sich die Suche nach einer Diagnosestellung im Erwachsenenalter nach wie vor sehr schwierig. Wartezeiten von über einem Jahr für eine differenzierte Diagnostik müssen regelhaft in Kauf genommen werden. Auch fühlen sich nur wenige ambulante Psychiater für die Betreuung von erwachsenen Menschen aus dem Autismusspektrum zuständig. Und die Suche nach einem Psychotherapeuten, der sich fundierte Kenntnisse in der Autismus-Behandlung erarbeitet hat, verläuft fast durchweg erfolglos. Unseres Wissens gibt es in Deutschland – bei geschätzten 500000 Betroffenen – etwa 20 stationär-psychiatrische Behandlungsplätze, die auf erwachsene hochfunktionale Autisten und die Behandlung komorbider Erkrankungen zugeschnitten sind. Uns ist keine Rehabilitations-Klinik bekannt, deren Angebot sich spezifisch an erwachsene Menschen mit hochfunktionalem Autismus richten würde. Im Übrigen fehlt das Thema Autismus bis zum heutigen Tag in den Ausbildungskatalogen für die Facharztweiterbildung zum Psychiater und Psychotherapeuten. Und auch in den Fort- und Weiterbildungscurricula der psychologischen Ausbildungsstätten ist es nur an sehr wenigen Zentren präsent. Zahlreiche Betroffene werden in psychiatrischen Krankenhäusern nach wie vor unter Diagnosen wie (meist atypische) Depression, Angsterkrankung, sozialer Phobie, Zwangsstörung, Schizophrenie oder aber unter Persönlichkeitsstörungsdiagnosen wie narzisstische oder kombinierte Persönlichkeitsstörung (PS, vor allem bei Männern) oder anankastische oder Borderline-PS (vor allem bei Frauen) therapiert, ohne dass die Bedeutung einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS) als Basisstörung für die meist sekundären psychischen Problemen erkannt und in therapeutische Überlegungen mit einbezogen wird (Tebartz van Elst, Pick, Biscaldi, Fangmeier & Riedel, 2013). Somit liegt aktuell eine eigentümliche Doppelung vor: Während ASS einerseits mit Fug und Recht als mediale «Modediagnosen» gelten können, fehlt andererseits in der Erwachsenenpsychiatrie und -psychotherapie ein angemessenes Hilfesystem für die Betroffenen – bei gleichzeitig empirisch gut nachgewiesenem, hohem psychosozialem Leidensdruck (Lehnhardt et al., 2012; Riedel et al., 2016).

Entwicklungsstörungen und Autismus: Definitionen in den Klassifikationssystemen DSM-IV und ICD-10

Den von Bishop und Rutter (2008) herausgearbeiteten Konzepten folgend werden die gemeinsamen Kriterien von tiefgreifenden und umschriebenen Entwicklungsstörungen im ICD-10 wie folgt beschrieben: i. Der Beginn einer charakteristischen Klinik ist klar in der ersten Dekade der Betroffenen identifizierbar, ii. es kommt zu einer Einschränkung oder Verzögerung der Entwicklung von Funktionen, die mit der biologischen Reifung des Gehirns verbunden sind, und iii. im Hinblick auf diese charakteristische Symptomatik kann ein stetiger Verlauf beobachtet werden, d. h. es kommt nicht zu den für viele anderen psychischen Störungen typischen Fluktuationen (Bishop & Rutter, 2008). Die ICD-10 fasst unter den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen u. a. den frühkindlichen Autismus (F84.0 entsprechend DSM-IV 299.00), den atypischen Autismus (F84.1 entsprechend DSM-IV 299.80) und das Asperger-Syndrom (F84.5 entsprechend DSM-IV 299.80) zusammen. Alle Formen von Autismus sind durch die folgenden 3 Symptombereiche charakterisiert: i. Qualitative Beeinträchtigung der sozialen Interaktion, ii. qualitative Beeinträchtigung der Kommunikation und iii. repetitive, stereotype und zwangsartige Verhaltensweisen sowie eingeengte Interessen (Levy, Mandell & Schultz, 2009). Das Auftreten gravierender Symptome vor dem 3. Lebensjahr, wie z.B. eine fehlende Sprachentwicklung unterscheidet den frühkindlichen Autismus vom Asperger-Syndrom. Der atypische Autismus (entsprechend «pervasive developmental disorder not otherwise specified» im DSM-IV) ist dabei eine Restkategorie für Fälle mit unvollständiger Symptomausprägung.

Entwicklungsstörungen und Autismus: Definitionen im DSM-5

In der seit Mai 2013 in den USA gültigen fünften Version des DSM (DSM-5) ergeben sich – teilweise in Weiterentwicklung und teilweise in Abkehr vom bisherigen Autismusverständnis – folgende Entwicklungen, die sich, soweit vorhersehbar, auch in der ICD-11 wiederfinden werden:

1. Das Konzept der neuronalen Entwicklungsstörungen wird weiterentwickelt und neu geordnet

Der Begriff der neuronalen und mentalen Entwicklungsstörungen, der den Begriff der tiefgreifenden (und umschriebenen) Entwicklungsstörungen ersetzt, wird im DSM-5 deutlich erweitert und umfasst mehr Krankheitsbilder als in den älteren Klassifikationssystemen. Es werden folgende Störungsbilder unter dieser Kategorie zusammengefasst: i. Intelligenzminderung, ii. Kommunikationsstörungen inklusiv Sprachstörungen und Störung der sozialen (pragmatischen) Kommunikation, iii. Autismus-Spektrum-Störung (ASS), iv. Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung, v. spezifische Lernstörungen, vi. Störungen der Motorik inklusive Tic-störungen und Tourette-Syndrom. Den genannten Störungsbildern ist sowohl der Beginn in den ersten Lebensjahren, als auch das klar identifizierbare und über die Zeit stabile symptomatische Muster gemeinsam.

2. Das Konzept kategorialer autistischer Subtypen wird zugunsten eines Spektrums-Konzepts aufgegeben

Da sich die beiden autistischen Hauptkategorien «Frühkindlicher Autismus» und «Asperger Syndrom» aufgrund von wissenschaftlichen Untersuchungen nicht valide voneinander trennen ließen (Lord et al., 2012), wurde im DSM-5 der seit langem erkennbare Trend aufgegriffen, diese kategoriale Unterscheidung zugunsten eines dimensionalen Ansatzes fallen zu lassen (http://www.dsm5.org) und die Subkategorien des Autismus unter dem gemeinsamen Begriff der Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) zusammenzufassen. Dieses Vorgehen wurde unterstützt durch die klinische Beobachtung fließender Übergänge zwischen den bisherigen Unterkategorien des Autismus, zwischen den verschiedenen neuronalen Entwicklungsstörungen und zwischen (sogenannter) psychischer Gesundheit und psychiatrischer Erkrankung (Rutter, 2011). Umstritten ist nach wie vor, ob die Unterscheidung zwischen Autismus und «normaler Entwicklung» als dimensionale oder als kategoriale angesehen werden sollte. Während im vorliegenden Artikel ersterer Sichtweise gefolgt wird, gibt es unter Autismusfachleuten auch eine starke Fraktion, die einen «Hybridansatz» vertritt, der zwar die Unterscheidung innerhalb des Autismusspektrum als dimensional konzeptionalisiert, die Unterscheidung zur «Normalität» aber als kategorial ansieht (vgl. dazu Frazier et al., 2010). Die dimensionale Sichtweise innerhalb des autistischen Spektrums ist unstrittiger. Sie wurde auch dadurch unterstützt, dass die klassischen Unterformen von Autismus weder prognostisch, noch was das Profitieren von bestimmten therapeutischen Interventionen angeht, klare Unterschiede aufwiesen, wohingegen z. B. die intellektuelle Leistungsfähigkeit der Betroffene sich deutlich auf die Prognose auswirkt und sich auch für Therapieentscheidungen als wesentlicher Parameter erwies (Cederlund, Hagberg, Billstedt, Gillberg & Giullberg, 2008; Howlin, Goode, Hutton & Rutter, 2004).

3. Die autistische Kernsymptomatik der sozialen Interaktions- und Kommunikationsstörungen wird in einem Kriterium («A-Kriterium») zusammengefasst

Da sich die beiden Hauptkriterien der ICD-10, soziale Interaktion und Kommunikation, nicht valide voneinander trennen ließen, wurden die beiden zu einem Kriterium «fusioniert». Dieses wird wie folgt definiert: «Andauernde Defizite der Kommunikation und sozialen Interaktion in mehreren Kontexten, die aktuell oder anamnestisch vorhanden sind und nicht durch eine generelle Entwicklungsverzögerung besser erklärt werden können » (zitiert nach: Tebartz van Elst, 2016b).

4. Das Kriterium der begrenzten, repetitiven und stereotypen Verhaltensmuster, Interessen und Aktivitäten wird als «B-Kriterium» aufgewertet und ausgeweitet

Unter dem neuen B-Kriterium werden nicht nur die klassischen repetitiven und stereotypen Verhaltensweisen und Interessenmuster geführt, sondern auch sensorische Besonderheiten, wie etwa Diskriminationsstörungen oder eine Empfindlichkeit gegenüber Reizüberflutung, welche in DSM-IV und ICD-10 noch unberücksichtigt blieben (vgl. Tab. 1). Im Sinne einer Verschärfung der Diagnosekriterien werden nun allerdings mindestens zwei Symptome (und nicht nur ein einziges Symptom) aus diesem Bereich gefordert, um die Diagnose stellen zu können.

Tabelle 1 Kriterien der Autismus-Spektrum-Störung nach DSM-5 (zitiert nach: Tebartz van Elst, 2016b)

5. Mehrfachdiagnosen auch von unterschiedlichen neuronalen Entwicklungsstörungen werden möglich

In der ICD-10 war es per definitionem ausgeschlossen, bspw. die Doppeldiagnose Autismus und ADHS zu stellen (Rommelse, Geurts, Franke, Buitelaar & Hartman, 2011). Da sich sowohl in epidemiologischen Studien, als auch in der klinischen Beobachtung allerdings zeigte, dass Grenzfälle zwischen verschiedenen neuronalen Entwicklungsstörungen und mehrfach betroffene Patienten recht häufig sind, wurde diese Regel aufgegeben und die Stellung von Mehrfachdiagnosen aus dem Bereich neuronaler Entwicklungsstörungen explizit erlaubt.

6. Der Schweregrad wird operationalisiert

Aus dem dimensionalen Konzept der neuronalen Entwicklungsstörungen («Übergänge sind fließend») ergibt sich logischer Weise das Problem, dass die Abgrenzung krankheitswertiger von nicht-krankheitswertigen Zuständen nicht mehr in einem kategorialen Sinne möglich ist und somit zusätzlicher quantitativer Parameter bedarf. Zu diesem Zweck wurde die Kriterien C (Symptome müssen seit früher Kindheit vorhanden sein – aber können erst dann offensichtlich werden, wenn soziale Anforderungen die Kompensationsmöglichkeiten überschreiten) – und D (Symptome begrenzen und beeinträchtigen insgesamt das alltägliche Funktionieren) (Vgl. Tab. 1 u. 2) eingeführt. Die diagnostische Einordnung wurde um eine Einteilung in Schweregrade erweitert (vgl. Tab. 2), was in den kategorialen Konzepten weitgehend fehlte (Biscaldi, 2012; 2016).

Tabelle 2 Operationalisierung des Schweregrads der Autismus-Spektrum-Störung nach DSM-5

Das Konzept einer von den ASS separierten sozial-pragmatischen Kommunikationsstörung wird eingeführt

Die Diagnose einer sozialen Kommunikationsstörung (social communication disorder) wurde als neue, in ihrer kategorialen Abgetrenntheit aber umstrittene Entität eingeführt. Sie ist weitgehend in Analogie zum A-, C- und D-Kriterium der ASS konzipiert, wobei Symptome im Sinne des B-Kriteriums nicht gefordert werden und eine ASS ausgeschlossen sein soll. Diese Kategorie soll möglicherweise die Option eröffnen, auch Menschen mit nicht sicher krankheitswertigen autistischen Zügen eine Diagnose zu eröffnen, sofern diese zu psychosozialen Beeinträchtigungen führen.

Die Rolle syndromaler Varianten von Autismus

Nicht in das DSM-5 aufgenommen wurde die von vielen Autoren für relevant erachtete Unterscheidung von primären und sekundären Varianten von ASS (Tebartz van Elst, 2016a, 2016b; Tebartz van Elst et al., 2014). Humangenetische Studien legen die Hypothese nahe, dass zwischen 10 und 15 % der diagnostizierten ASS eine «syndromale» Ursache haben, der jeweiligen ASS also eine definierte (oft monogenetische) Ursache zugrunde liegt (Aitken, 2010; Cohen et al., 2005; Moss & Howlin, 2009). Bei diesen Fällen eines sekundären Autismus muss das autistische Syndrom als Teilaspekt einer klassischen neuropsychiatrischen Krankheit im engeren Sinne verstanden werden (Tebartz van Elst, 2016b). Es sind über hundert definierte, zum größten Teil genetische Ursachen bekannt (Aitken, 2010), die eine ASS verursachen können. Beispiele sind das fragile-X-Syndrom, das Prader-Willi-Syndrom, das Klinefelter-Syndrom und die tuberöse Sklerose. Auch Umweltfaktoren wie Valproateinnahme in der Schwangerschaft können autistische Symptome hervorrufen. Von diesen «sekundären» Varianten sind die sehr viel häufigeren «primären» ASS-Varianten (Tebartz van Elst, Pick, Biscaldi, Fangmeier & Riedel, 2013) abzugrenzen, die nach aller Wahrscheinlichkeit durch das komplexe Zusammenspiel von mehreren Hundert Genen verursacht werden. Trotz großer wissenschaftlicher Bemühungen konnten bislang noch keine gesicherten Erkenntnisse dazu gewonnen werden, welche häufigen Genvarianten in welchen Kombinationen zum Entstehen von primären ASS beitragen (Warrier, Chee, Smith, Chakrabart & Baron-Cohen, 2015), was sehr für die hohe Komplexität des genetischen Geschehens bei primären ASS-Varianten spricht.

Die nosologische Abtrennung sekundärer Autismusvarianten von primären ASS hat aus Sicht der Autoren neben der langfristigen Eröffnung differentialtherapeutischer Optionen auch den Vorteil, dass insbesondere Autismusformen, die im Rahmen monogenetischer Syndrome auftreten oder die einer klaren organischen Ursache zugeordnet werden können (z.B. fetales Valproatsyndrom, Rötelnembryopathie, Zytomegalievirusinfektion), aufgrund ihrer klar abgrenzbaren Ätiologie sinnvoller Weise nicht als dimensionale Phänomene (wie im DSM-5 für alle ASS vorgesehen) aufgefasst werden sollten, sondern vielmehr definierte Krankheitskategorien im klassischen Sinne des Begriffes bilden (Tebartz van Elst, 2016b). Nosologisch folgt daraus, dass primäre Formen von ASS sinnvoller Weise als dimensionale Erkrankungen, sekundäre Formen hingegen als Krankheitskategorien aufgefasst werden sollten.

Relevanz der Autismus-Spektrum-Störungen in Psychiatrie und Psychotherapie

Autismus-Spektrum-Störungen spielen im Bereich der Erwachsenenpsychiatrie und -psychotherapie – grob eingeteilt – in dreierlei Hinsicht eine Rolle. Zuerst einmal stellen sich aufgrund der Prävalenz von über 1% (Center for Disease Control, 2013) und der in den letzten Jahren erhöhten Diagnoserate im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie zunehmend mehr bereits vordiagnostizierte Autisten mit Behandlungsanliegen für den Autismus oder Komorbiditäten in der Erwachsenenpsychiatrie vor. Auf diese Patienten zugeschnittene Angebote sind im deutschsprachigen Raum bis heute eine Rarität.

Zweitens ist die Rate nicht-diagnostizierter Erwachsener mit insbesondere hochfunktionalen ASS unter über 35-Jährigen nach wie vor sehr hoch, da bei diesen im Kindesalter aufgrund fehlenden Wissens der diagnostizierenden Professionellen (das Asperger-Syndrom wurde erst in den 1990er Jahren in die Klassifikationssysteme aufgenommen) meist keine oder unzutreffende Diagnosen gestellt wurden. Häufig werden diese Patienten bis heute unter falschen oder falsch gewichteten Diagnosen psychiatrisch behandelt. Im günstigeren Fall wird z.B. eine komorbid vorhandene Depression als Hauptdiagnose behandelt. Im ungünstigeren Fall erfolgen psychiatrische Behandlungen unter Persönlichkeitsstörungs- (narzisstische, kombinierte, anankastische, Borderline-), Zwangsstörungs- oder Schizophreniediagnosen. In diesen Fällen wird nicht nur der Autismus übersehen, sondern zusätzlich durch die fälschliche Annahme der psychotherapeutischen oder medikamentösen Behandelbarkeit der Kernsymptome eine u.U. nebenwirkungsreiche, aber ungeeignete Therapie durchgeführt und dadurch große Frustration auf Seiten der Behandler und Patienten provoziert. Dass der durch die Diagnose implizierte Behandlungserfolg dann häufig nicht eintritt, kann auch die therapeutische Beziehung nachhaltig belasten.

Drittens findet im Zusammenhang mit den Umstellungen auf DSM-5 und ICD-11 derzeit eine intensive Diskussion darüber statt, wie das Merkmal «Autismus» aufzufassen und zu verstehen sei, wenn es nicht als Teil einer Krankheit auftritt, sondern aufgrund des geringeren Ausprägungsgrades eher als Normvariante aufgefasst werden kann (Tebartz van Elst, 2016b). Es konnte, was Kanner schon in den 1940er Jahren beobachtet hatte, empirisch nachgewiesen werden, dass nicht erkrankte Verwandte autistischer Patienten ähnliche, aber weniger stark ausgeprägte autistische Persönlichkeitsmerkmale aufwiesen (Constantino, 2011). Dies ist wahrscheinlich der oben beschriebenen gemeinsamen, komplexen genetischen Prägung für «autistische Persönlichkeitsmerkmale» von Gesunden ebenso wie von an primären ASS Erkrankten geschuldet (Robinson et al., 2011). Daraus resultiert, dass es neben dem eigentlichen autistischen Spektrum einen «Graubereich» zwischen Normalität und Autismus gibt, in welchem die betroffenen Personen zwar qualitativ viele Merkmale von ASS aufweisen, im quantitativen Sinne aber die Diagnosekriterien nicht erfüllen. Im Englischen ist hier vom «Broader Autistic Phenotype» (Constantino, 2011) die Rede, im Deutschen ist dies am besten durch «autistische Züge» oder «autistische Basisstruktur» zu benennen. Interessanterweise sind solche «Normvarianten» subsyndromalen Autismus bereits im Kindesalter zu sehen. Entsprechende Patienten werden auch in der Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie immer wieder vorstellig. Die psychometrischen ADOS und ADI-R Werte sind dann meist grenzwertig ausgeprägt oder unter dem Cut-off. Dennoch entwickeln die Kinder Verhaltensauffälligkeiten oder sekundäre Störungsbilder, die sie zum Arzt führen und die oft in einem psychoreaktiv-kausalen Zusammenhang mit den dann subsyndromalen ASS-Symptomen stehen. Für die Kliniker ergibt sich dann das Dilemma, die «primäre» Diagnose ASS evtl. doch zu stellen trotz grenzwertiger oder subsyndromaler Schwere der Symptomatik.

Auf die beiden letztgenannten Aspekte (unerkannte Patienten mit ASS im Kollektiv psychiatrischer Patienten; die Bedeutung der autistischen Basisstruktur für den Bereich der Psychiatrie und Psychotherapie) soll in den folgenden Passagen näher eingegangen werden.

1. Klinische Präsentation und Diagnostik im Erwachsenenalter

Aus dem Gesagten ergibt sich u.a. die Notwendigkeit, im Bereich von Psychiatrie und Psychotherapie Verdachtsfälle von ASS zuverlässiger zu identifizieren. Nach NICE-Guidelines und auch entsprechend den deutschen S3-Leitlinien zur Autismusdiagnostik wird die Diagnose im Erwachsenenalter klinisch gestellt (AWMF Online, 2016). Standardisierte Untersuchungsinstrumente wie der Autimus-Spektrum-Quotient (AQ, Baron-Cohen, Wheelwright, Skinner, Martin & Clubley, 2001), der Empathie-Quotient (EQ, Baron-Cohen & Wheelwright, 2004), die Beobachtungsskala für autistische Symptome (ADOS, Rühl, Bölte, Feineis-Matthewa & Poustka, 2004), die Social Responsiveness Scale (SRS, Bölte & Poustka, 2008) oder das Diagnostische Interview für Autismus – revidiert (ADI-R, Bölte, Rühl, Schmötzer & Poustka, 2006) können dabei hilfreich sein, stehen aber nicht im Mittelpunkt des diagnostischen Prozesses. Ein Grund dafür ist, dass im Erwachsenenalter Symptome, die im Kindesalter noch beobachtbar waren, durch Kompensationsmechanismen kaschiert werden können und somit z.B. mit Hilfe der ADOS nicht mehr messbar sind: Zum Beispiel unterdrücken Erwachsene mit ASS häufig stereotype Bewegungen, Echolalie, Wortwiederholungen, laute Selbstgespräche und die eigene Routineorientierung, wie das Tragen immer gleicher Kleidung oder das Essen immer gleicher Lebensmittel, um sozial nicht aufzufallen. Nicht selten üben Jugendliche mit ASS stundenlang vor dem Spiegel Mimik, um weniger trocken und desinteressiert zu wirken. Durch bewusstes Erlernen sozialer Regeln, z.B. Lesen des «Knigge», Flirtseminare, soziales Kompetenztraining oder Schauspielunterricht, entwickeln manche Menschen mit ASS ein differenziertes, bewusst gesteuertes Verhaltensrepertoire, das nach komplexen Algorithmen abgerufen werden und auch bei genauerer Betrachtung durchaus angepasst wirken kann. Da Kompensationsmechanismen deutlich besser erfragbar als beobachtbar sind, sollte die Eigenanamnese bei der Diagnostik im Erwachsenenalter deutlich höher gewichtet werden als bei Kindern und Jugendlichen. Eine Hilfe bei der Eigenanamnese kann die «11-Punkte-Liste» (Riedel, 2016) darstellen, anhand derer autismustypische Symptome erfragt werden können. Dabei handelt es sich um die folgenden Bereiche (die auf ASS hinweisenden Antwortmöglichkeiten sind jeweils kursiv gesetzt):

  1. 1.
    Blicksteuerung und holistisches visuelles Erkennen: Dabei sollte erfragt werden, wohin genau geht der Blick des Patienten bei «Blickkontakt» geht – Augen, Mund, Nase, zwischen die Augen? Menschen mit ASS geben auch häufig an, dass sie defokussieren, also das Gesicht des Gegenübers nicht scharf stellen. Auch nach einer bei ASS häufigen Prosopagnosie sollte gefragt werden. Wie werden Gesichter wiedererkannt – am Gesamteindruck oder anhand von Einzelmerkmalen wie Narben, Brille, Frisur oder Ohrform? Können Gesichtsausdrücke interpretiert werden, insbesondere auch feinere Ausdrücke wie Langeweile, Interesse, leichte Trauer, unterdrückte Wut, Ekel etc.?
  2. 2.
    Soziale Kommunikation und soziales Verstehen: Wurden die unausgesprochenen Regeln im Kinderspiel, werden die unausgesprochenen Regeln in formalen oder non-formalen Gruppen und in Hierarchien intuitiv verstanden? Oder werden soziale Regeln anhand von Algorithmen (z.B. durch Lesen von Benimmliteratur) kognitiv erlernt? Können Gedanken, Handlungsintentionen, Bedürfnisse und Gefühle der Mitmenschen intuitiv verstanden und repräsentiert werden? Besteht ein Gespür dafür, wo man sich in Gruppen dazustellt, an wen man sich wendet, wann man anfängt zu sprechen? Gibt es einen intuitiven Zugang zu Gruppenprozessen, z.B. zwischenmenschlichen Reibereien? Werden soziale Situationen und Alltagsgespräche detailliert im Voraus geplant, zum Teil mit exaktem Wortlaut und in verschiedenen Varianten?
  3. 3.
    Soziale Einbindung und soziale Bedürfnisse: Besteht ein lebenslängsschnittlich auffälliges Einzelgängertum? Bestand in Kindergarten und Grundschule kein Interesse am Kontakt mit Gleichaltrigen? Besteht ein Bedürfnis nach zwischenmenschlichen Kontakten (dies kann sehr unterschiedlich ausfallen)? Besteht das Bedürfnis, die überwiegende Zeit des Tages alleine zu sein?
  4. 4.
    Interaktionelle Phantasie: Nahm der/die Betreffende als «So-tun-als-ob-Spielen» in der Kindheit nicht teil, verstand er/sie deren Sinn nicht? Ist die Fähigkeit vorhanden, sich Geschichten für Kinder auszudenken, in denen Menschen interagieren, oder besteht eher eine rege Phantasie für Technisches, z.B. die Besiedlung eines Planeten, für Stellwerke oder Computerprogramme? Besteht die Fähigkeit, überzeugend manipulativ zu lügen? Oder sind auch kleinere Ausreden und «weiße Lügen» («Mir gefällt Deine neue Frisur …») nur nach detaillierter Planung möglich?
  5. 5.
    Sprachpragmatik: Werden Dinge, die indirekt («durch die Blume») ausgedrückt werden, verstanden? Können Spaß und Ernst intuitiv unterschieden werden? Gelingt die Einbettung sprachlicher Aussagen in ihren jeweiligen Kontext zuverlässig oder bereitet es oft Mühe zu verstehen, was der Gesprächspartner meint? Werden Metaphern und Sprichwörter primär konkretistisch verarbeitet und erst in einem zweiten Schritt in ihre übertragene Bedeutung übersetzt, oder womöglich gar nicht verstanden? Bereitet das Verstehen von Sprechakten Mühe (z. B. bedeutet «Haben Sie eine Uhr an?» nicht: «Ich möchte wissen, ob Sie eine Uhr tragen», sondern: «Bitte sagen Sie mir die Uhrzeit»)?
  6. 6.
    Routinen und Rituale: Besteht ein ausgeprägtes Bedürfnis nach gleichförmigen, vorhersehbaren Abläufen (beim Waschen, Ankleiden, Essen, bei der Wahl der Wege, bei der Gestaltung des Morgens)? Sollten Dinge immer am gleichen Platz stehen? Bestehen Veränderungsempfindlichkeit und Störanfälligkeit von Abläufen? Wären immer gleiche Tage für den Patienten wünschenswert?
  7. 7.
    Motorische und verbale Stereotypien: Besteht eine (innere) Echolalie, werden bestimmte Phrasen und Gesten stereotyp verwendet? Gibt es häufige laute Selbstgespräche, «Flattern» mit den Händen, «Schaukeln» mit dem Oberkörper, Hüpfen bei Aufregung? Gab oder gibt es motorische oder vokale Tics?
  8. 8.
    Sensorische Hochempfindlichkeit, Reizdiskrimination, sensorische Integration: Besteht eine ungewöhnliche Empfindlichkeit für Geräusche, Berührungen, Licht, Gerüche? Werden bspw. sanfte Berührungen als unangenehm erlebt, stärkere aber als angenehmer? Besteht eine reduzierte Schmerzwahrnehmung? Wird Sprache vor mittellauten Geräuschkulissen noch zuverlässig verstanden? Besteht Fokussierungsfähigkeit beim Gruppengespräch? Werden leise gleichmäßige Geräusche bewusster wahrgenommen und sind sie schwer ausblendbar? Kommt es häufig zu Reizüberflutungserleben, evtl. sogar mit dissoziationsähnlichen Zuständen?
  9. 9.
    Detailwahrnehmung, Priorisierungsfähigkeiten: Werden geringfügige Raumveränderungen, orthographische Fehler, logische Unstimmigkeiten «automatisch» wahrgenommen? Macht es Probleme, z. B. für ein Referat, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden? Gibt es eine Tendenz, sich in Details zu verzetteln? Gibt es Sonderinteressen? Oder ein ausgeprägtes Interesse für Muster, Nummernschilder oder ähnliches?
  10. 10.
    Auffälligkeiten des Gedächtnisses: Besteht ein fotografisches, eidetisches oder Tonband-gedächtnis? Werden automatisch beim Erinnern die beteiligten Affekte mit aktiviert?
  11. 11.
    Motorik und Sonstiges: Gab oder gibt es Probleme beim Ballsport? Können Bewegungen eines Mitspielers antizipiert werden? Besteht ein sehr hohes Bedürfnis nach Gerechtigkeit? Ist Langeweile ein unbekanntes Gefühl? Gibt es synästhetische Wahrnehmung, z. B. beim Rechnen oder beim Hören von Musik? Zur detaillierteren Darstellung der 11-Punkte-Liste vgl. (Riedel, 2016).

Auch der psychiatrische Befund muss durch Beobachtung autismusspezifischer Eigenheiten des Verhaltens ergänzt werden. Das betrifft u.a. die folgenden Bereiche: Wie ausgeprägt ist die Dialogfähigkeit – v.a. im non-formalen Gesprächsteil? Inwieweit geht der Patient auf den Untersucher adäquat ein? Inwieweit kann er eine wechselseitige Form von Smalltalk führen? Ist der Einsatz von Blickkontakt, Augenbewegungen, Händedruck, Mimik (z.B. Kontaktlächeln) und Kopfbewegungen (Nicken, Kopfschütteln etc.) fehlend oder auffällig? Wird deskriptive und emotionale Gestik eingesetzt? Ist die Gestik mit dem Sprechen synchronisiert? Werden Gesprächslautstärke und Prosodie passend zu Thema und Affekt moduliert? Besteht ein Konkretismus im Sprachverständnis? Wird Ironie spontan verstanden? Werden indirekte Andeutungen verstanden? Haftet der Patient an bestimmten Themen? Wie flexibel kann er sich auf Themenwechsel einlassen? Wird die implizite Hierarchie gewahrt, oder versucht der Patient, die Gesprächsleitung zu übernehmen? Werden der Beziehung angemessene Höflichkeitsformen verwendet? Wie funktioniert die Organisation des Sprecherwechsels (z.B. Fähigkeit, den Untersucher an der richtigen Stelle zu unterbrechen), besteht ein intuitives Gespür für die gewünschte Antwortlänge, besteht eine starke Irritierbarkeit durch Nebengeräusche, werden motorische Stereotypien sichtbar?

Ein weiterer zentraler Bestandteil der Autismusdiagnostik im Erwachsenenalter ist die Fremdanamnese für die Kindheit. Diese kann in semistrukturierter Form (z.B. anhand des Australischen Fragebogens für das Asperger-Syndrom (ASAS, Garnett & Attwood, 1998) oder mithilfe des Diagnostisches Interview für Autismus – Revidiert (ADI-R, Bölte et al., 2006) und/oder in offener Form wenn möglich mit den Eltern durchgeführt werden und erfährt eine sinnvolle Ergänzung durch Schulzeugnisse, Fotoalben, Videoaufzeichnungen aus der Kindheit und U-Untersuchungshefte. Soweit irgend möglich sollte der Nachweis geführt werden, dass autistische Symptome bereits im Kindergarten- und Grundschulalter vorlagen und sich als Kontinuum durch die Lebensgeschichte ziehen (C-Kriterium nach DSM-5).

2. Autismus als Basisstruktur für psychiatrische Erkrankungen

Wie oben beschrieben findet sich unter dem psychiatrischen Patientenkollektiv eine nicht geringe Anzahl von Menschen, die «autistische Züge» oder eine «autistische Basisstruktur» aufweisen. Quantitative Erhebung dazu existieren bislang nicht, nach klinischer Erfahrung geschätzt dürfte es sich um 2 bis 5% der psychiatrischen Patienten handeln. Dieser an für sich eher als «Normvariante» zu umreißende Bereich ist für die klinische Erwachsenenpsychiatrie von nicht zu unterschätzender Bedeutung, weil die autistische Basisstruktur für verschiedene psychiatrische Erkrankungen prädisponiert und somit in speziellen Patientenkollektiven gehäuft auftreten dürfte (Tebartz van Elst et al., 2013). Vor allem Menschen mit autistischen Zügen und normaler bis überdurchschnittlicher Intelligenz und guten Kompensationsfähigkeiten, die in unterstützenden und von Akzeptanz geprägten psychosozialen Rahmenbedingungen aufwachsen, können in frühen Jahren und während der Schulzeit durch ihre autistischen Eigenschaften nur wenig beeinträchtigt sein. Nach Verlassen der Schule und des Elternhauses steigt dann aber an den Hochschulen oder in der Arbeitswelt die Anforderung an soziale Kompetenz, Kommunikation und Organisationsfähigkeit deutlich an, was bei Menschen mit autistischen Zügen nicht selten zu chronischen und wiederholten Erfahrungen des Scheiterns, zu heftigen Erschöpfungszuständen und damit verbunden zu sekundären psychischen Störungen (Angst, Depression, psychotische Dekompensationen, Zunahme einer zwangsartigen Symptomatik) führen kann. Für einen Teil chronisch depressiver Patienten ließen sich in jüngeren Studien dazu passend erhöhte autistische Züge nachweisen (Takara & Kondo, 2014; Radtke et al., 2016). Aus unserer klinischen Erfahrung lässt sich auch vermuten, dass bei einigen Zwangsstörungen eine autistische Basisstruktur vorliegt. Auch wurde in der Literatur diskutiert, dass ein Subtyp von Borderlinestörungen auf der Basis autistischer Züge entstehen kann (vgl. dazu Tebartz van Elst, 2016a). In der ICD-10 vermerkt ist die Neigung zu kurzen, eher reaktiven psychotischen Episoden, die im Rahmen eines Asperger-Syndroms auftreten können (Dilling, Mombour, Schmidt & Schukte-Markwort, 2011). Empirisch recht gut belegt ist der Zusammenhang von autistischen Zügen und dem Auftreten einer Anorexia nervosa (Baron-Cohen et al., 2013).

Es ist denkbar, aber bislang nur unzureichend erforscht, dass die autistische Basisstruktur nicht nur als Vulnerabilitätsfaktor für bestimmte Erkrankungen aufzufassen ist, sondern auch als Resilienzfaktor (für andere Erkrankungen) betrachtet werden kann. Beispielsweise gibt es empirisch allerdings nur unzureichend belegte Theorien, die davon ausgehen, dass eine autistische Basisstruktur einen Resilienzfaktor für die Entwicklung von Demenzen darstellen könnte (Oberman & Pascual-Leone, 2015).

3. Implikationen für die Therapie

Liegt einer psychiatrischen Erkrankung eine autistische Basisstruktur zugrunde oder wird sogar eine ASS-Diagnose gestellt, hat dies in sehr vielen Fällen ein verändertes therapeutisches Vorgehen zur Folge. Nach unserer klinischen Erfahrung spielt es in der Behandlung fast aller genannter Erkrankungen eine durchaus wesentliche Rolle, die autistische Basisstruktur – sofern sie beim jeweiligen Individuum vorliegt – in das Behandlungskonzept miteinzuziehen und das Wissen über Autismus mit einfließen zu lassen. An dieser Stelle können diesbezüglich nur einige Schlaglichter gesetzt werden, die – bei aller Unvollständigkeit – vielleicht illustrieren können, in welchen Bereichen bei Vorliegen einer autistischen Basisstruktur Veränderungen des psychiatrisch-psychotherapeutischen Denkens, Handelns und Sprechens notwendig sind. Vgl. eine ausführliche Darstellung in Riedel & Clausen, 2016.

  1. 1.
    Offene oder geschlossene Fragen: Im Allgemeinen wird zu Recht gefordert, Patienten im Rahmen des ärztlich-therapeutischen Erstgesprächs zunächst einmal mit offenen und eher unkonkreten Fragen zu begegnen, um ihnen so »Raum« für eigene Anliegen zu geben. Dies ist für die Mehrzahl der Patientengruppen sinnvoll, aber im Umgang mit Menschen aus dem Autismusspektrum oft wenig hilfreich. Diese sind durch offene Fragen verunsicherbar, verstehen nicht, worauf ihr Gegenüber hinaus will, fühlen sich unter Druck gesetzt und reagieren womöglich verärgert. Fragen wie »Wie geht es Ihnen?« werden mitunter für neurotypischen Smalltalk gehalten und Fragen nach der »Stimmung« nicht verstanden, da oft kein sinnvolles Konzept von »Stimmung« zur Verfügung steht.
  2. 2.
    Expositionstherapie oder Psychoedukation: Von zentraler Bedeutung ist die Differenzierung zwischen den Phänomenen Angst und Zwang auf der einen Seite und Stereotypien und Reizüberflutung auf der anderen. Während bei Angstsituationen wie etwa im Rahmen einer sozialen Phobie oder bei Angst-Zwangsdynamiken im Rahmen eines Waschzwanges die wiederholte Exposition der aversiven Situation gegenüber (zum Beispiel durch Aufenthalt in belebten Cafés oder «schmutzigen» Umgebungen) sehr hilfreich sein kann, ist dies bei autistischen Stereotypien oder einer autistisch bedingten Reizüberflutung nicht der Fall. Auch in der Behandlung von Depressionen werden Patientinnen und Patienten dazu angehalten, gegen einen inneren Widerstand in Kontakt mit anderen Menschen zu gehen, sich Gesellschaft zu suchen und weniger allein zu sein. Dieses – in den meisten Fällen auch völlig angemessene – Vorgehen ist dem psychiatrisch-psychotherapeutischen System so »eingewachsen«, dass es schnell einmal auf alle Patienten ausgedehnt wird. Bei Patienten, bei denen die soziale Phobie, die Zwangsstörung oder die Depression auf der Basis einer autistischen Basisstruktur entstanden ist, stößt die beschriebene Vorgehensweise allerdings deutlich an Grenzen: Der Grund, warum Menschen aus dem Autismusspektrum belebte Plätze als unangenehm erleben und meiden, ist in den meisten Fällen Reizüberflutung. Viele Betroffene können diese aber nicht benennen und übernehmen die Zuschreibung der Außenwelt, dass sie wohl »Furcht« haben müssten; damit ist die Diagnose der Agoraphobie schnell gestellt. Die bei Agoraphobie verwendete Expositionstherapie führt allerdings, wenn dem Vermeidungsverhalten nicht Furcht, sondern Reizüberflutung zugrunde liegt, nicht zum erwünschten Nachlassen des unangenehmen Gefühls, sondern sogar zu einer Zunahme, da die Reizüberflutung noch verstärkt wird. Dabei kann sogar eine sekundäre Angst entstehen, und zwar die ganz realistische Angst vor Reizüberflutung. Wichtig zu verstehen ist hier, dass Reizüberflutung bei Menschen aus dem Autismusspektrum nicht habituiert: Es findet also durch wiederholtes Aufsuchen von Marktplätzen kein Gewöhnungseffekt an die Reizflut etwa großer Plätze statt. Das gleiche gilt für soziale Situationen: Durch häufiges «Unter-Menschen-Gehen», zu welchem vielen psychiatrisch-psychotherapeutischen Patienten diagnoseunabhängig geraten wird, verbessert sich das Unwohlsein in sozialen Situationen, was viele Menschen mit autistischen Zügen aufweisen, keineswegs; sie kommen nur zusätzlich unter Stress. Menschen aus dem Autismusspektrum lernen, wenn man sie ins «kalte Wasser» der komplexen sozialen Situationen wirft, gerade nicht darin zu schwimmen, sondern sie erleben häufig nur ein erneutes Nicht-Verstehen und Nicht-Verstanden-Werden, was die evtl. vorhandene soziale Phobie noch weiter verstärkt. Soziale Situationen müssen für Menschen aus dem Autismusspektrum individuell – und meist niedrig – «dosiert» werden und der Therapeut sollte so detailliert wie möglich soziale Situationen und ihre Regeln erklären können. Vielfaches und zum Teil rechthaberisch und «verkopft» anmutendes Nachfragen des Patienten sollte dabei erwünscht sein. Soziale Situationen müssen also weniger «eingewöhnt» als analytisch verstanden werden, um den Patienten zu helfen. Dies stellt einen gänzlich anderen Therapieansatz dar.
  3. 3.
    Psychodynamische Behandlungssettings: Tiefenpsychologische Behandlungen können bei ASS durchaus sinnvoll sein, sofern entsprechende Komorbiditäten vorliegen. Allerdings ist insbesondere bei Deutungen Vorsicht geboten. Viele Erwachsene aus dem Autismusspektrum, die Erfahrung mit tiefenpsychologischen Behandlungen gemacht haben, berichten, dass ihre Art zu denken, zu sprechen und mit Gefühlen umzugehen, im Rahmen dieser Behandlung einer deutlich negativen Bewertung ausgesetzt war. Ihnen wird – mehr oder weniger explizit – unterstellt, dass sie ihre Gefühle dadurch «abwehren», dass sie sich der Welt, dem Zwischenmenschlichen und dem Emotionalen auf sehr rationale und analytische Weise nähern. Ihre natürliche Art, zu sein und zu denken, wird so mit dem Label des Minderwertigen und Pathologischen versehen. Meist wird dies davon begleitet, dass der Therapeut seinen eigenen Wunsch, dass dies geändert werden solle, auf den Patienten projiziert. Und wenn der Patient dann diesen Wunsch (nach unmittelbarerem Zugang zu Gefühlen und Gefühlsausdruck) gar nicht teilt, wird auch dies pathologisiert. An dieser Stelle sei eindringlich dafür geworben, die beschriebenen Deutungen zu unterlassen und den kognitiven Verarbeitungsstil von vielen Menschen aus dem Autismusspektrum wertfrei als menschliche Variante zu akzeptieren.
  4. 4.
    Metaphorische Sprache: Viele zwischenmenschliche und viele innerseelische Vorgänge lassen sich gut mit Metaphern beschreiben. Im Umgang mit den meisten Menschen gelingt es meist, in Gesprächen über zwischenmenschliche und innerseelische Vorgänge eine gemeinsame Welt von Metaphern zu finden, die den Gesprächspartnern gleichermaßen zugänglich ist. Viele Menschen aus dem Autismusspektrum erleben Metaphern aber als semantisch unscharfen Sprachgebrauch und »stolpern« darüber. Im ungünstigen Fall hat sich der Betroffene angewöhnt, beharrlich zu schweigen oder indifferent zu nicken, wenn er die Bedeutungen von blumig Ausgedrücktem nicht erfasst, wodurch auch der Therapeut gar nicht erst bemerkt, wenn er nicht verstanden wird. Es empfiehlt sich sehr, mit dem jeweiligen autistischen Gesprächspartner zu klären, inwieweit er konventionalisierte oder auch neue Metaphern versteht. Weiterhin sollte er aufgefordert werden, bei Nichtverstehen sofort nachzufragen. In der Anfangsphase einer Behandlung empfiehlt sich in einigen Fällen sogar ein weitgehender Verzicht auf metaphorisches oder bildhaftes Sprechen (was natürlich nie vollständig möglich ist).
  5. 4.
    Medikamentöse Therapie: Auch in der medikamentösen Therapie sind nicht selten Adaptionen notwendig. Beispielsweise müssen viele Medikamente – und insbesondere Antipsychotika – deutlich niedriger dosiert werden als bei anderen Patientengruppen, da eine hohe Sensitivität für Nebenwirkungen besteht (Tebartz van Elst, 2016c). Aufgrund oft sehr hoher Compliance und der Fähigkeit zum Erstellen von Tabellen und zum Befolgen komplexer Algorithmen können auch häufiger Medikamente verschrieben werden, die eine hohe Zuverlässigkeit des Patienten voraussetzen: Z.B. hat sich nach unserer Erfahrung Tranylcypromin als sehr wirksam bei der Kombination von ASS/autistischer Basisstruktur und endogener Depression erwiesen.

Die hier beschriebenen Beispiele konnten illustrieren, dass eine ASS oder eine autistische Basisstruktur an vielen Stellen der psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlung ein modifiziertes Vorgehen erfordert. Daraus ergibt sich die klare Notwendigkeit, dem Bereich autistischer Störungen und Eigenschaften eine erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen.

CME-Fragen

1. Wie hoch wird nach Untersuchungen des Center for Disease Control die Prävalenz der Autismus Spektrum-Störungen (ASS) geschätzt?

a. ~ 25 % entsprechend der Prävalenz der ADHS.

b. ~ 2 % entsprechend der Prävalenz der Zwangsstörungen.

c. etwa 10–20/10 000 etwa wie beim fragilen X-Syndrom.

d. > 1 % und damit wahrscheinlich häufiger als schizophreniforme Störungen. ((√))

e. 3–6 % entsprechend der Prävalenz des Diabetes mellitus Typ I.

2. Welche Aussage zu neuronalen und mentalen Entwicklungsstörungen (neurodevelopmental disorders) trifft nicht zu?

a. Neuropsychiatrische Entwicklungsstörungen sind durch spezifische Symptomcluster gekennzeichnet, die sich bereits in der ersten Dekade des Lebens Betroffener manifestieren.

b. Klassische Beispiele neuropsychiatrischer Entwicklungsstörungen sind die Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) und die Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörung (ADHS).

c. Neuropsychiatrische Entwicklungsstörungen haben wegen ihrer Chronizität auch bei leichteren Ausprägungen regelmäßig eine schlechte Sozialprognose.

d. Die chronischen Tic-Störungen und das Gilles-de-la-Tourette Syndrom gehören nach neuesten Konzepten zu den neuronalen Entwicklungsstörungen.

e. Im DSM-5 werden die geistigen Behinderungen zu den neuronalen Entwicklungs-störungen gezählt.

3. Welche Aussage zu ASS trifft zu?

a. Sofern ein Autismus vorliegt, darf nach DSM-5 die Diagnose einer ADHS per definitionem nicht gestellt werden.

b. Die Diagnose «Asperger-Syndrom» wurde in den 1970er und 1980er Jahren besonders häufig gestellt.

c. Da es sich um eine meist monogenetische Erkrankung handelt, sind Grenzfälle zwischen ASS und «autistischen Zügen ohne Krankheitswert» nicht häufig.

d. Hochfunktionaler Autismus kann stets von anderen tiefgreifenden Entwicklungsstörungen klar abgegrenzt werden.

e. Keine der Aussagen trifft zu.

4. Welche Aussage zur Symptomatik und Komorbidität von ASS trifft zu?

a. Motorische Stereotypien wie «Schaukeln» mit dem Oberkörper oder «Flattern» mit den Händen kommen fast nur beim frühkindlichen Autismus vor und sind bei hochfunktionalen ASS selten.

b. ASS sollten zur Prophylaxe komorbider psychiatrischer Erkrankungen hochdosiert mit atypischen Antipsychotika behandelt werden.

c. Komorbid auftretende psychotische Episoden sind bei ASS eine Seltenheit.

d. Kinder mit hochfunktionalem Autismus zeigen meist einen verzögerten Spracherwerb.

e. Bei ASS bestehen häufig Defizite darin, Emotionen aus Gesichtern zu lesen.

5. Welche Aussage zur diagnostischen und therapeutischen Situation von erwachsenen Menschen mit Autismus in Deutschland trifft zu?

a. Es gibt ein breit ausgebautes Angebot an Spezialsprechstunden und therapeutischen Angeboten für Erwachsene mit ASS.

b. In den meisten Fällen wird eine ASS als Basisstörung für sich sekundär daraus entwickelnde Depressionen oder Angsterkrankungen erkannt.

c. ASS spielen in der ambulanten und stationären Psychotherapie im Erwachsenenalter praktisch noch keine Rolle.

d. Da die Diagnostik von ASS sehr zeitaufwendig ist, wird sie von den Krankenkassen durch gesonderte Vergütungen erstattet.

e. Termine in einer Spezialambulanz für ASS bei Erwachsenen werden über die Kassenärztlichen Vereinigungen zeitnah vergeben.

Um Ihr CME-Zertifikat zu erhalten (min. 3 richtige Antworten), schicken Sie bitte den ausgefüllten Fragebogen mit einem frankierten Rückumschlag bis zum 11.11.2016 an die nebenstehende Adresse. Später eintreffende Antworten können nicht mehr berücksichtigt werden.

Dr. Ulrike de Vries

ZKPR

Universität Bremen

Grazer Str. 6

28359 Bremen

Deutschland

Literatur

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1Der Text weist einige Überlappungen und Parallelen zu folgenden Manuskripten der Autoren auf: Autismus-Spektrum-Störungen im DSM-5 – Autismus als neuropsychiatrische Entwicklungs- und psychiatrische Basisstörung; In | Fo | Neurologie & Psychiatrie 2014; 16 (4): 50–56. Autismus-Spektrum-Störungen. Medizin für Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung 12/2014. Autismus-Spektrum-Störungen in der Erwachsenenpsychiatrie. NeuroTransmitter 11/2015. Teilweise wurden auch inhaltliche Momente, sowie Satzfragmente aus vorherigen Veröffentlichungen übernommen (Tebartz van Elst et al., 2009; Tebartz van Elst, 2013; Riedel, 2015; Riedel, 2016; Riedel & Clausen, 2016; Biscaldi et al., 2012; Biscaldi, 2013).

PD Dr. med. Dr. phil. Andreas Riedel, Zentrum für psychische Erkrankungen, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum Freiburg, Hauptstraße 5, 79104 Freiburg, E-Mail