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TBS-TK Rezension

Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung–6 Faktoren (BIP-6F)

Published Online:https://doi.org/10.1026/0033-3042/a000219

Allgemeine Information über den Test durch die Verfahrenshinweise und Beschreibung des Tests und seiner diagnostischen Zielsetzung

Das BIP-6F ist ein standardisiertes Selbstbeschreibungsverfahren zur Erfassung der berufsbezogenen Persönlichkeit. Es umfasst die Faktoren Engagement, Disziplin, Dominanz, Stabilität, Kooperation und Sozialkompetenz. Das BIP-6F erweitert die Palette der in der Personalpsychologie eingesetzten persönlichkeitsorientierten Verfahren um ein Verfahren, das mit 6 Faktoren (48 Items) eine hoch ökonomische Durchführung ermöglicht. Im Vergleich zu seinem „Mutterverfahren”, dem Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung (BIP, Hossiep & Paschen, 2003) bildet das BIP-6F berufsbezogene Persönlichkeitsdimensionen auf einer höheren Abstraktionsebene ab und erschließt damit weitere Anwendungsfelder. Zielgruppe des BIP-6F sind berufstätige Fach- und Führungskräfte; es kann eingesetzt werden in zahlreichen Bereichen der Personalpsychologie (z. B. Personalentwicklung, Eignungsdiagnostik). Die Durchführungszeit beträgt ca. 10 – 15 Minuten. Die Auswertungszeit für die Papierversion beträgt ebenfalls ca. 10 – 15 Minuten, während bei der computergestützten Version Durchführungs- und Auswertungszeit nahezu identisch sind, da die computergestützte Auswertung nur wenige Sekunden in Anspruch nimmt. Die Interpretation der Ergebnisse erfordert umfangreiche Kenntnisse der psychologischen Konstrukte seitens des Testanwenders.

Theoretische Grundlagen als Ausgangspunkt der Testkonstruktion

Die theoretische und empirische Entwicklung des BIP-6F fußt auf seinem „Mutterverfahren”, dem BIP, das aufgrund seiner Berufsbezogenheit weite Verbreitung im deutschsprachigen Wirtschaftskontext findet. Ausgehend von den 210 Items des BIP wurde induktiv-faktorenanalytisch die Sechsfaktorenstruktur des BIP-6F extrahiert. Einige wenige Items stammen nicht aus dem BIP, sondern sind sogenannte „Forschungsitems”. Die endgültigen Items des BIP-6F wurden anschließend in einem aufwändigen Selektionsprozess ermittelt. Die 6 Faktoren sollen möglichst unabhängige (globale) Faktoren der berufsbezogenen Persönlichkeit darzustellen, was mit Skaleninterkorrelationen von .01 bis .33 im akzeptablen, wenn auch nicht perfekten Bereich gelingt. Die Faktoren werden von relativ heterogenen Itemgruppen erfasst. Die Auswahl der Facetten erfolgte größtenteils auf der Basis ökonomischer Überlegungen. Die Faktoren des BIP-6F werden ausführlich inhaltlich beschrieben und ihre Zusammenhänge mit den Skalen des BIP, des NEO-FFI (Borkenau & Ostendorf, 2008) und des 16 PF-R (Schneewind & Graf, 1998) werden dargestellt.

Bewertung Allgemeine Informationen, Beschreibung und diagnostische Zielsetzung: voll

Objektivität

In der Papierversion wird die Durchführungsobjektivität gewährleistet durch verständliche Anweisungen auf dem Fragebogen sowie spezifische Hinweise im Manual zum Ablauf der Durchführung, Umgang mit häufigen Fragen und Auffälligkeiten. Auch die Auswertungsobjektivität ist gegeben durch die Nutzung von Schablonen und Tabellen sowie Anleitungen zum Umgang mit fehlenden Werten. Die Interpretationsobjektivität kann aufgrund der inhaltlichen Komplexität aus theoretischer Sicht nicht gänzlich gewährleistet werden. Jedoch stellen die Autoren eine Vielzahl an Informationen zur Verfügung, z. B. wird die Auswahl der Normstichprobe detailliert beschrieben sowie Kritische Differenzen und Anleitungen zur Berechnung von Konfidenzintervallen bereitgestellt. Zwei Fallbeispiele ergänzen die Interpretationshinweise. Hilfreich ist darüber hinaus die beiliegende Checkliste zu vermerken. Die Objektivität wird in der Computerversion durch das Fehlen eines Testleiters, automatische Auswertung sowie Bereitstellung eines schriftlichen Interpretations-/Ergebnisreports insgesamt maximiert.

Bewertung Objektivität: voll

Normierung (Eichung)

Insgesamt stehen dem Anwender 17 unterschiedliche Normen zur Verfügung. Die Normentwicklung basiert auf einer Gesamtstichprobe von N = 7757 Datensätzen. Insgesamt wurden die Variablen Alter, Berufserfahrung, Geschlecht, Berufsstatus, Bildung und Unternehmensbereich auf Unterschiede in Teilgruppen untersucht. Es zeigten sich relevante Unterschiede in den Variablen Geschlecht, Berufsstatus sowie Unternehmensbereich. Zur Normberechnung wurden die Fälle der Gruppen anhand der repräsentativen Verteilung der Erwerbstätigen der BRD gewichtet (anhand Daten des Statistischen Bundesamtes). Zusätzlich werden diese Normen unterteilt in die Bearbeitungskontexte „individuell” und „unternehmensbezogen” mit dem Ziel, den höheren Tendenzen der Verfälschung im unternehmensbezogenen Kontext Rechnung zu tragen. Die Stichprobengrößen aller Teilgruppen sowie relevante Stufungen werden dargestellt. Die verwendete 10-stufige Sten-Skala entspricht dem Differenzierungsziel des Verfahrens sowie den Kenntnissen der Hauptanwender.

Zuverlässigkeit (Reliabilität/Messgenauigkeit)

Die internen Konsistenzen der Globalfaktoren liegen mit .74 bis .85 im akzeptablen Bereich, aufgrund der gewollten Breite der Faktoren sind höhere Konsistenzwerte nicht zu erwarten. Es werden entsprechende Hinweise auch zur Verwendung der Reliabiltätskennwerte zur Berechnung von Standardmessfehler, Vertrauensintervalle und Kritische Differenzen gegeben. Retest-Reliabilitäten werden getrennt für Gesamtstichprobe sowie Berufstätige angegeben und liegen im sehr guten Bereich von .81 bis .90. Das Zeitintervall von 4 – 6 Wochen erscheint für den Untersuchungsgegenstand jedoch relativ kurz, Stabilitätskennwerte von bis zu 36 Monaten werden nur geschätzt aus den vorliegenden Daten zum BIP. Hier sollte in weiteren Studien die Retest-Reliabilität auch für einen größeren Zeitraum berechnet werden. Zusätzlich wird die Profilreliabilität angegeben, die die Differenz zwischen den einzelnen Werten in den Globalskalen berücksichtigt. Diese ist mit .81 als hoch zu bewerten.

Bewertung Reliabilität: weitgehend

Gültigkeit (Validität)

Die faktorielle Validität der sechs Globalfaktoren wird Mithilfe von Faktorenanalyen (FA) weitestgehend bestätigt. Bei der explorativen FA können 6 Faktoren extrahiert werden die 46 % der Varianz erklären. Bei der konfirmatorischen FA zeigt sich sowohl für das unabhängige als auch für ein Modell, bei dem inhaltlich begründete Zusammenhänge erlaubt wurden, mit RMSEA = .068 und .066 sowie SRMR = .115 und .097 ein akzeptabler, jedoch kein optimaler Modell Fit. Die Konstruktvalidität wird vorrangig über die Darstellung der konvergenten Validitäten in Bezug zu den Skalen des BIP, des NEO-FFI sowie des 16 PF-R bestätigt, die divergente Validität eher vernachlässigt. Die Kriteriumsvalidiät wird zum einen über Korrelationen zwischen Selbst- und Fremdbild (r = .32–.46) als über den Zusammenhang zwischen den Globalfaktoren mit Berufserfolg (R = .49) dargestellt. Inkrementelle Validität in Bezug auf den NEO-FFI zeigt sich bei Arbeitszufriedenheit und hierarchischer Position im Unternehmen. Bisher liegt keine Studie mit Längsschnittdesign vor, um die Ergebnisse zu unterstützen.

Bewertung Validität: weitgehend

Weitere Gütekriterien (Störanfälligkeit, Unverfälschbarkeit und Skalierung)

Das Verfahren ist Aufgrund seiner Ökonomie relativ wenig störanfällig. Auch durch die klare Fokussierung auf den beruflichen Kontext ist es wenig anfällig für ggf. störende Diskrepanzen zwischen privaten und beruflichen Situationserinnerungen. Aufgrund der klaren Berufsbezogenheit sowie Transparenz der erfassten Inhalte entsteht außerdem eine hohe Akzeptanz durch die Teilnehmer. Die Verfälschung der Ergebnisse des BIP-6F ist möglich und zeigt sich in kleinen bis mittleren Mittelwertsunterschieden im unternehmensbezogenen vs. individuellen Bearbeitungskontext. Die Verfälschbarkeit wird im Manual detailliert diskutiert und überprüft; so hat der Bearbeitungskontext keinen substanziellen Einfluss auf die Konstruktvalidität und die Kriteriumsvalidität. Darüber hinaus bieten die Autoren zahlreiche Hinweise zum Umgang mit der Verfälschbarkeit an, so z. B. erweiterte Instruktionen des Testleiters sowie den Abgleich der Selbstbeschreibungs- mit Fremdbeschreibungsergebnis im Gespräch mit dem Teilnehmer.

Abschlussbewertung / Empfehlung

Das BIP-6F stellt ein ökonomisches Verfahren dar, das zur Beantwortung verschiedener Fragestellungen der Personalpsychologie herangezogen werden kann. Aufgrund seiner hohen Transparenz sowie Berufsbezogenheit erzeugt es Akzeptanz, so dass es auch im Bereich der Eignungsdiagnostik Anwendung finden kann. Neben der Selbstbeschreibung existieren Fragebögen zur Fremdbeschreibung sowie zur Anforderungsanalyse, die die sinnvolle Anwendung im Bereich der Personalentwicklung / Coaching sowie Personalauswahl noch steigert. In Kombination zum BIP erlaubt das BIP-6F eine Verdeutlichung von relevanten Persönlichkeitsausprägungen, z. B. fallen bei Dominanz die für Führung wichtigen Dimensionen Selbstbewusstsein, Gestaltungsmotivation, Führungsmotivation, Soziabilität (negativ) und Durchsetzungsstärke zusammen. Damit erlaubt das BIP-6F ggf. einen unverstellteren Blick auf relevante Fragestellungen. Die Abgrenzung zum BIP liegt in seiner gesteigerten Ökonomie, die es erlaubt, das Verfahren auch während einer Maßnahme (Assessment Center, Coaching, etc.) durchzuführen und auszuwerten. Die Interpretation und nutzenbringende Besprechung mit dem Teilnehmer erfordert in jedem Fall eine sehr gute Kenntnis der zugrundeliegenden psychologischen Konstrukte und deren Zusammenhänge mit und Abgrenzungen zu anderen bekannten Persönlichkeitsverfahren. Deshalb sollte das BIP-6F nur von psychologisch geschulten Anwendern durchgeführt werden. Für die Weiterentwicklung des Verfahrens wird eine Verdichtung der Kriteriumsvalidität durch Längsschnittstudien sowie die weitere Überprüfung der Retest-Reliabilität durch Studien mit einem längeren Zeitintervall zwischen den Testzeitpunkten empfohlen. Ggf. könnten auch weitere Normen sinnvoll sein (z. B. Berufsanfänger). Insgesamt handelt es sich beim BIP-6F um ein nach wissenschaftlichen Kriterien sehr gut und sorgfältig entwickeltes Verfahren, das eine gleichsam ökonomische wie inhaltlich wertvolle Erfassung von 6 berufsbezogenen Persönlichkeitsfaktoren ermöglicht.

Diese Testrezension wurde im Auftrag des Diagnostik- und Testkuratoriums der Föderation deutscher Psychologenvereinigungen (DGPs und BDP) gemäß den TBS-TK-Richtlinien (Testkuratorium, 2009, 2010) erstellt.

Testinformationen

Hossiep, R. & Krüger, C. (2012). Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung – 6 Faktoren (BIP-6F). Göttingen: Hogrefe.

Bezugsquelle: Testzentrale Göttingen, Herbert-Quandt-Str. 4, 37081 Göttingen.

BIP-6F–Test komplett bestehend aus: Manual, 15 Fragebogen, Schablonensatz, 30 Summenblätter, 30 Profilbogen, 2 Checklisten und Mappe: 398,00 €.

Hogrefe Test System (HTS) PC-Version inkl. 25 lokale Durchführungen und Manual: 1380,00 €

HTS PC-Version 10 weitere lokale Durchführungen: 220 €

HTS PC-Version 50 weitere lokale Durchführungen: 920 €

Bitte zitieren Sie diesen Artikel wie folgt: Abrell-Vogel, C. & Gerstenberg, F. (2014). TBS-TK Rezension: „Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung–6 Faktoren (BIP-6F)”. Psychologische Rundschau, 65, xxx-xxx.

Literatur

  • Borkenau, P. & Ostendorf, F. (2008). NEO-Fünf-Faktoren-Inventar (2., vollst. überarb. Aufl.). Göttingen: Hogrefe. First citation in articleGoogle Scholar

  • Hossiep, R. & Paschen, M. (2003). Das Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung–BIP (2. vollständig überarbeitete Auflage). Göttingen: Hogrefe. First citation in articleGoogle Scholar

  • Schneewind, K.A. & Graf, J. (1998). Der 16-Persönlichkeits-Faktoren-Test, Revidierte Fassung (16 PF-R). Testmanual. Bern: Huber. First citation in articleGoogle Scholar

  • Testkuratorium. (2009). TBS-TK. Testbeurteilungssystem des Testkuratoriums der Föderation Deutscher Psychologenvereinigungen. Revidierte Fassung vom 09. September 2009. Report Psychologie,34, 470 – 478. First citation in articleGoogle Scholar

  • Testkuratorium. (2010). TBS-TK. Testbeurteilungssystem des Testkuratoriums der Föderation Deutscher Psychologenvereinigungen. Revidierte Fassung vom 09. September 2009. Psychologische Rundschau, 61, 52 – 56. First citation in articleLinkGoogle Scholar