Instrumente des Strafsanktionenrechts zur Bewältigung suchtmittelbedingter Delinquenz in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Abstract
Zusammenfassung:Ziel: Der vorliegende Beitrag hat zum Ziel, den strafrechtlichen Umgang mit suchtmittelbezogener Delinquenz im deutschsprachigen Raum zu untersuchen und dabei Gemeinsamkeiten sowie Unterschiede herauszuarbeiten. Methode: Rechtsvergleichende Analyse des strafrechtlichen Sanktionenrechts im DACH-Raum (Deutschland, Österreich, Schweiz). Ergebnisse: Die drei Rechtsordnungen weisen in den Grundzügen strukturelle Gemeinsamkeiten auf (Zweispurigkeit des Sanktionenrechts, spezifische Maßregeln bzw. Maßnahmen für suchtbezogene Delinquenz, Vollzugsreihenfolge, positive Behandlungsprognose). Es manifestieren sich aber auch Unterschiede bei der Ausgestaltung des Instrumentariums sowie im Vollzug (Anrechnung an die Strafe, diversionelle Möglichkeiten, ambulant v. stationär etc.). Der in Deutschland stärkere Fokus auf freiheitsentziehende Maßregeln hat zu einem starken Anstieg der Anordnungsraten geführt. In der Schweiz und Österreich lässt sich diese Entwicklung nicht beobachten. Schlussfolgerungen: Die Untersuchung legt nahe, dass Wechselwirkungen zwischen dem Bestehen von diversionellen/ambulanten Optionen und der Anordnung von freiheitsentziehenden Maßnahmen bzw. Maßregeln bestehen. Darüber hinaus ergeben sich aus dem Rechtsvergleich relevante Erkenntnisse zum juristischen Entwicklungsbedarf des Sanktionenrechts bei suchtbezogener Delinquenz.
Abstract:Aim: The article aims to examine how addiction-related crime is dealt with in German-speaking countries and what similarities and differences exist. Method: Comparative legal analysis of criminal sanctions law in Germany, Austria, and Switzerland. Results: The three legal systems show basic structural similarities (two-track system, specific measures for addiction-related delinquency, chronological order in the execution phase, and treatability prognosis as a requirement). However, there are also differences in terms of available legal instruments and enforcement (crediting to the sentence, diversionary options, outpatient vs. inpatient options, etc.). The stronger focus on custodial measures in Germany has led to a sharp increase in the number of orders. This development cannot be observed in Switzerland and Austria. Conclusions: The study suggests that there are interactions between the existence of diversionary/ambulatory options and the ordering of custodial measures. In addition, this analysis provides relevant insights into how criminal sanctions law relating to addiction-related delinquency could be developed.
Die Bewältigung suchtbezogener Delinquenz in Deutschland, Österreich und der Schweiz: Ähnlich und doch unterschiedlich?
Das Strafrecht Deutschlands, Österreichs und der Schweiz teilen mit der Trennung einer schuldstrafrechtlichen von einer präventiv ausgerichteten Sanktionsspur (Maßregeln in Deutschland und Maßnahmen in Österreich und in der Schweiz) eine einheitliche Grundstruktur. Für die Reaktion auf suchtmittelbedingte Kriminalität finden sich in allen drei Ländern auf beiden Sanktionsspuren mögliche Ansatzpunkte. In den Details zeigen sich in den Rechtsordnungen jedoch bemerkenswerte Unterschiede und je eigene Akzentuierungen. Der nachfolgende Beitrag skizziert das einschlägige Recht Deutschlands, Österreichs und der Schweiz. Er schließt mit einem kurzen rechtvergleichenden Teil.
Lösungsansätze und Regelungssystematik in den drei Ländern
Deutschland
Dogmatische Strukturen
Zweispurigkeit des Sanktionensystems
Die suchtbezogenen Instrumente des deutschen Strafrechts waren in den letzten Jahren und Jahrzehnten Gegenstand erheblicher rechtspolitischer, rechtsdogmatischer und teils auch medizinethischer Auseinandersetzungen. Sie sind mehrfach – zuletzt im Oktober 2023 (Bundesministerium der Justiz, 2023; siehe dazu Baur, 2024) – überarbeitet worden. Im Zentrum des Regelungsgefüges steht mit § 64 D-StGB das Maßregelrecht. Suchtbezogene strafrechtliche Instrumente sind aber auch auf der schuldstrafrechtlichen Sanktionsspur verortet. Auf beiden Spuren des deutschen Strafsanktionenrechts lassen sich dabei sowohl freiheitsentziehende (stationäre) als auch nicht-freiheitsentziehende (ambulante) Maßnahmen verwirklichen. Diese können gleichermaßen immer auch außerhalb strafrechtlich-justizieller Versorgungs- und Vollzugsstrukturen umgesetzt werden. Die Regelungen des deutschen Strafrechts enthalten zu diesem Zweck mehrere Verzahnungsvorschriften.
Freiheitsentziehende Instrumente des Maßregelrechts
Das zentrale und zugleich am stärksten im Streit stehende Instrument des deutschen Strafsanktionenrechts für die Bewältigung suchtmittelbezogener Kriminalität ist die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 D-StGB. Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ist eine freiheitsentziehende (stationäre) Sanktion. Es handelt sich bei ihr um eine gefährlichkeitsorientierte Maßregel der Besserung und Sicherung, die in ihrer Höchstdauer grundsätzlich auf zwei Jahre begrenzt ist (§ 67d Abs. 1 Satz 1 D-StGB; mögliche Ausnahme: Anrechnungsregelungen bei langen Begleitfreiheitsstrafen gemäß § 67d Abs. 1 Satz 3 D-StGB) und die unabhängig von der Schuldfähigkeit des Verurteilten bei der Anlasstat (vgl. §§ 20, 21 D-StGB) angeordnet werden. Sie kommt damit im Unterschied zur zeitlich unbegrenzten Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 D-StGB) auch gegen Straftäter in Betracht, die zum Zeitpunkt der Anlasstat strafrechtlich voll- oder immerhin teilverantwortlich im Sinne des § 21 D-StGB waren. Die überwiegende Anzahl der nach § 64 D-StGB Untergebrachten ist deswegen zu einer Begleitfreiheitsstrafe verurteilt. Anders als nach § 22 Abs. 2 Ö-StGB spielt dabei die Länge der verhängten Begleitfreiheitsstrafe keine Rolle. Die Zeit in der Unterbringung wird jedoch zu zwei Dritteln auf die Freiheitsstrafe angerechnet. Im Verhältnis zwischen maßregelrechtlicher Unterbringung und Begleitfreiheitsstrafe gilt dabei, dass grundsätzlich die Maßregel vor der Freiheitsstrafe zu vollstrecken ist. Ausnahmen gelten insoweit bei langen Begleitfreiheitsstrafen. Bei ihnen soll ein Teil der Freiheitsstrafe vor der Unterbringung in der Entziehungsanstalt vollstreckt werden. Ziel dieser Regelung ist es, den Verurteilten nach einer (erfolgreichen) suchttherapeutischen Intervention nicht erneut in den Justizvollzug verlegen zu müssen, sondern in Freiheit entlassen zu können.
Die Anordnungsvoraussetzungen des § 64 D-StGB sind jüngst enger gezogen worden. Nach wie vor ist zu ihnen regelmäßig ein Sachverständiger zu vernehmen (§ 246a Abs. 1 Satz 2 D-StPO). Erforderlich für eine Anordnung ist nunmehr eine Suchtproblematik mit Krankheitswert. Es muss ein „Hang alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen“, gegeben sein, wobei dieser Hang als eine „Substanzkonsumstörung, infolge derer eine dauernde und schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung, der Gesundheit, der Arbeits- oder der Leistungsfähigkeit eingetreten ist und fortdauert“ definiert wird. Auch wenn im DSM-5 der Begriff der „Substanzkonsumstörung“ definiert wird und der im ICD-11 verwendete Begriff der „Störungen durch Substanzgebrauch“ eine gewisse begriffliche Nähe aufweist, so hat der Gesetzgeber dennoch im Rahmen des § 64 D-StGB bewusst auf eine Übertragung einer Definition aus internationalen Diagnosemanualen bezüglich der „Substanzkonsumstörung“ verzichtet um eine Abhängigkeit der Gesetzesanwendung und -auslegung zu verhindern (Deutscher Bundestag, 2023). Der so definierte Hang muss zu einer Kriminalitätsgefahr führen, also erneute hangbedingte und erhebliche rechtswidrige Taten befürchten lassen.
Die Anordnung steht dabei unter dem Vorbehalt einer positiven Behandlungsprognose (§ 64 Satz 2 D-StGB). Dieser Vorbehalt geht auf eine Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichts zurück (BVerfGE 91, 1, 31). Dieses ging unter anderem in einer Art Erprobungsvorbehalt aufgrund in ihrer Wirksamkeit nicht empirisch gesicherter Behandlungskonzepte davon aus, dass eine Anordnung nach § 64 D-StGB nur dann verfassungsrechtlich legitim sei, wenn und soweit ein Behandlungserfolg im Einzelfall mit hinreichender Sicherheit abzusehen sei. Obwohl dieser Gedanke theoretisch seine Berechtigung hat, ergibt sich aus empirischer Perspektive, dass valide und reliable Prognosen des Behandlungserfolgs kaum möglich sind (Querengässer & Berthold, 2022). So gibt es etwa Hinweise darauf, dass vielfach die Zufälligkeit, in welcher Einrichtung und in welchem konkreten Behandlungssetting der Verurteilte später behandelt wird, einen gewichtigen Vorhersagewert hinsichtlich des Behandlungserfolgs darstellt (Querengässer & Baur, 2021). Im Schrifttum wird die Erforderlichkeit dieser Anordnungsvoraussetzung zunehmend in Frage gestellt (Querengässer, Baur & Berthold, 2022) und eine probatorische Unterbringung für sachgerecht gehalten. Stellt sich der prognostizierte positive Behandlungsverlauf nicht ein, ist die Unterbringung für erledigt zu erklären (§ 67d Abs. 5 Satz 1 D-StGB) und der Verurteilte ist gegebenenfalls zur Vollstreckung einer Begleitfreiheitsstrafe in den Justizvollzug zu verlegen. Solche Fehleinweisungen sind sowohl aus fiskalischen Gründen, aber auch aus Sicht der Verurteilten kritisch zu bewerten.
Freiheitsentziehende Instrumente des Schuldstrafrechts
Kommt eine Anordnung nach § 64 D-StGB nicht in Betracht oder wird diese für erledigt erklärt und ist eine Freiheitsstrafe zu vollstrecken, sehen auch die einzelnen Länder, die seit der Föderalismusreform 2006 selbst für die Gesetzgebung im Bereich des Strafvollzugsrechts zuständig sind, in den Landesstrafvollzugsgesetzen suchtbezogene Maßnahmen vor. Dies folgt zunächst aus einer Pflicht der Vollzugsanstalt zur Gesundheitsfürsorge (Nestler, 2020) und ist insoweit Ausdruck des Angleichungsgrundsatzes. Daneben sind suchttherapeutische Angebote auch Gegenstand der Vollzugsplanung (Morgenstern & Wischka, 2020) und dienen in diesem Zusammenhang der Wiedereingliederung des Gefangenen. Rechtstatsächlich zeigen sich jedoch Hinweise, dass die Erfolgsrate suchttherapeutischer Bemühungen im Strafvollzug deutlich hinter denen einer Unterbringung nach § 64 D-StGB zurückbleibt (Schalast, Frey, Boateng, Dönisch-Seidel & Leygraf, 2019).
Nicht-freiheitsentziehende Instrumente des Maßregelrechts und des Schuldstrafrechts
Ambulante suchttherapeutische Maßnahmen als eigenständige Sanktion kennt das deutsche Strafrecht nicht. Gleichwohl sind sie auf unterschiedlichen Wegen zu konstruieren. So kann die Unterbringung nach § 64 D-StGB von Anbeginn an (§ 67b Abs. 1 D-StGB) oder nach einer gewissen Zeit (§ 67d Abs. 2 Satz 1 D-StGB) zur Bewährung ausgesetzt werden. In diesem Fall tritt Führungsaufsicht ein, die es ermöglicht, dem Verurteilten Weisungen nach § 68b D-StGB zu erteilen. Zu diesen Weisungen zählt neben strafbewehrten Suchtmittelverboten und Suchtmittelkontrollen (§ 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 D-StGB in Verbindung mit § 145a D-StGB) auch die Anordnung therapeutischer Maßnahmen (§ 68b Abs. 2 Satz 2 D-StGB). Mit Einwilligung des Verurteilten sind dabei auch Weisungen zu einer Entziehungskur oder (teil-)geschlossene Unterbringungen zulässig (§ 68b Abs. 2 Satz 4 D-StGB in Verbindung mit § 56c Abs. 3 D-StGB). Im Schuldstrafrecht ergeben sich die entsprechenden Weisungsmöglichkeiten nach einer Straf- oder einer Strafrestaussetzung zur Bewährung aus § 56c D-StGB.
Wird eine Unterbringung nach § 64 D-StGB nachträglich – namentlich mangels einer Aussicht auf Behandlungserfolg oder wegen Erreichen der Höchstdauer – für erledigt erklärt, tritt ebenfalls Führungsaufsicht ein (§ 67d Abs. 4 Satz 3 sowie Abs. 5 Satz 2 D-StGB). Für die Weisungserteilung ergeben sich keine Unterschiede zur Bewährungsaussetzung. Hält sich der Verurteilte jedoch nicht an die erteilten Weisungen, ist in diesem Fall ein Bewährungswiderruf (§ 67g Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 D-StGB) oder eine ansonsten zulässige stationäre Krisenintervention (§ 67h D-StGB) ausgeschlossen. Auch aus diesem Grund mahnen Stimmen im Schrifttum, Erledigungsentscheidungen nach Möglichkeit zu vermeiden (Baur, 2017).
Diversionelle Instrumente und Verzahnungen mit der allgemeinen suchttherapeutischen Versorgungsinfrastruktur
Das deutsche Strafrecht sieht neben dem Maßregelrecht eine Reihe diversioneller Maßnahmen vor, die suchttherapeutische Maßnahmen außerhalb der forensischen Versorgungsstrukturen ermöglichen. Zu nennen sind hier insbesondere Instrumente des deutschen Betäubungsmittelstrafrechts (D-BtMG). Diese sind jedoch nur auf Verurteilungen wegen Straftaten nach dem D-BtMG anwendbar. So kann die Vollstreckung einer Verurteilung bis zu zwei Jahre zugunsten einer nicht-forensischen Behandlungsmaßnahme zurückgestellt werden (§ 35 Abs. 1 D-BtMG). Entsprechende Maßnahmen können auf die Freiheitsstrafe angerechnet werden (§ 36 D-BtMG). Zu einer Ausweitung des § 35 D-BtMG auf andere Suchtmittel und einer entsprechenden Regelung im Kernstrafrecht konnte sich der deutsche Gesetzgeber – trotz gewichtiger rechtspolitischer Forderungen (siehe dazu BR-Drucks. 687/1/22) – nicht durchringen. Der Grund dafür dürfte unter anderem auch Probleme im Kostenrecht sein (BT-Drucks. 20/5913, 89). Anders als Unterbringungen nach § 64 D-StGB fällt die Finanzierung von Behandlungsmaßnahmen im Sinne des § 35 D-BtMG grundsätzlich in die Verantwortlichkeit der Sozialkassen.
Bereits im Vorfeld einer strafrechtlichen Verurteilung weitet das Betäubungsmittelrecht die Möglichkeit zur (vorläufigen) Einstellung des Verfahrens aus Opportunitätsgründen. Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 D-BtMG kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts vorläufig von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen, wenn der Beschuldigte nachweist, dass er sich wegen seiner Abhängigkeit einer Behandlung im Sinne des § 35 D-BtMG unterzieht und dadurch „seine Resozialisierung“ zu erwarten ist. § 153a Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 D-StPO sieht seit Oktober 2023 ausdrücklich die Möglichkeit einer Therapieweisung vor, die auch suchtbezogen ausgestaltet werden kann (krit. dazu Baur & Lindemann, 2023).
Rechtstatsächliche Erkenntnisse
Die Anordnungen nach § 64 D-StGB haben in den letzten Jahren stark zugenommen. So hat sich die Zahl der Neuanordnungen zwischen 2007 und 2021 von 1.812 auf 3.559 beinahe verdoppelt. Darin setzt sich ein Trend fort, der sich bereits bis in die 90er Jahre zurückverfolgen lässt (zur Entwicklung siehe Querengässer & Baur, 2024). In derselben Zeit zeigen sich Änderungen in der Population der Untergebrachten (siehe dazu eingehend und mit weiteren Einzelheiten Quade, Berthold & Riedemann, 2024 – in diesem Heft). Parallel zum Ansteigen der Fallzahlen in § 64 D-StGB wird ein Rückgang diversioneller Maßnahmen nach § 35 D-BtMG berichtet (BT-Drs. 20/5913, 84).
Aktuelle Entwicklungen und rechtspolitische Tendenzen
Die jüngsten Verschärfungen in den Anordnungsbedingungen des § 64 D-StGB sind vor diesem rechtstatsächlichen Hintergrund zu sehen. Der Gesetzgeber ist um eine Entlastung der Einrichtungen nach § 64 D-StGB bemüht. Ob die vorliegenden Änderungen dieses Ziel erreichen können, scheint jedoch zweifelhaft (Querengässer & Baur, 2024; optimistischer hinsichtlich einer künftigen Entlastung der Einrichtungen Schwarz & Stübner, 2023). Die ebenfalls in diese Richtung zielenden Reformen der letzten Jahre konnten den Anstieg der Unterbringungszahlen nicht bremsen. Die wünschenswerte Stärkung diversioneller Maßnahmen und insbesondere die Erstreckung des § 35 D-BtMG auf andere Suchtmittel, scheint auf mittlere Sicht rechtspolitisch nicht durchsetzbar.
Eine heftige Debatte wird derzeit rund um das Thema der Freiwilligkeit in der suchttherapeutischen Behandlung geführt (siehe dazu etwa Müller et al., 2021). Gegenvorschläge zur jüngsten Reform des § 64 D-StGB traten mit Vehemenz für einen Freiwilligkeitsvorbehalt ein und forderten letztlich eine Abschaffung des heutigen § 64 D-StGB. Gegenstimmen weisen an dieser Stelle darauf hin, dass gerade bei Suchterkrankungen zu Beginn einer therapeutischen Intervention nicht immer schon eine Therapiemotivation zu erwarten sei (Querengässer, Janele, Schlögl & Bezzel, 2022). Die Debatte um die Bedeutung und Reichweite von Zwangsfreiheit im Maßregelrecht sowie deren Bedeutung in der Suchttherapie steht erst am Anfang. Straf- und völkerrechtliche Bruchlinien und medizinethische Gräben zeichnen sich hier aber bereits ab.
Österreich
Dogmatische Strukturen
Strafrechtliche Instrumente nach dem StGB
Die zentrale Rechtsquelle des österreichischen Suchtmittelstrafrechts bildet das Suchtmittelgesetz (Ö-SMG), während sich das Kernstrafrecht mit dem Strafgesetzbuch (Ö-StGB) der suchmittelbezogenen Kriminalität nur in Randbereichen widmet. Jene beiden strafrechtlichen Instrumente des Ö-StGB, die explizit auf die suchtmittelbezogene Kriminalität abstellen, teilen ihre spezialpräventive Ausrichtung insofern, als durch sie der Rechtsbrecher künftig von der Begehung weiterer Straftaten abgehalten werden soll (§ 22 Ö-StGB) (Haslwanter, 2024; Lengauer & Nimmervoll, 2024) bzw. seine Lebensführung positiv beeinflusst werden soll (§ 51 Ö-StGB) (Schroll & Oshidari, 2022).
Unterbringung in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher (§ 22 Ö-StGB)
Die Unterbringung in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher ist eine der drei im Ö-StGB normierten freiheitsentziehenden vorbeugenden Maßnahmen, die anders als die Strafe nicht bei der Tatschuld anknüpfen, sondern einen rein präventiven Ansatz verfolgen. Die Unterbringung nach § 22 Ö-StGB stellt eine freiheitsentziehende und zugleich behandlungsorientierte Maßnahme für jene Personen dar, die auf Grund der Einnahme von berauschenden Mitteln oder Suchtmitteln ein erhöhtes Kriminalitätsrisiko repräsentieren (Medigovic, 1986). Dass diese Form der Unterbringung nicht nur dem Gesellschaftsschutz, sondern vor allen Dingen der Behandlung des Rechtsbrechers dient (Lengauer & Nimmervoll, 2024), wird dadurch deutlich, dass die Aussichtslosigkeit der Entwöhnung einen Ausschlussgrund für die Anordnung begründet (Haslwanter, 2024). Sie darf nur angeordnet werden, wenn der Rechtsbrecher entwöhnungsbedürftig ist, er also dem Missbrauch eines berauschenden Mittels (Alkohol oder Medikamente) oder Suchtmittels (Suchtgifte oder psychotrope Stoffe) ergeben ist. Darüber hinaus muss der Rechtsbrecher eine der in § 22 Abs 1 Ö-StGB normierten Anlasstaten, also entweder eine strafbare Handlung im Rauschzustand, im Zustand eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Rauschzustandes oder sonst im Zusammenhang mit seiner Gewöhnung, begangen haben. Während in den ersten beiden Alternativen eine strafbare Handlung in einem nach Intensität variierenden Rauschzustand begangen worden sein muss, stellt die dritte Alternative auf Fallkonstellationen ab, die zwar nicht im Rausch verübt wurden, aber dennoch im Zusammenhang mit der Abhängigkeit stehen. Diese Variante soll jene Rechtsbrecher erfassen, die zu Beschaffungszwecken straffällig wurden (Haslwanter, 2024; Medigovic, 1986). Für die Entscheidung über die Unterbringung ist neben der Anlassdelinquenz auch die potenzielle Rückfallgefahr von Relevanz (Lengauer & Nimmervoll, 2024). Es muss zu befürchten sein, dass der Rechtsbrecher entweder eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen oder mindestens zwei strafbedrohte Handlungen mit nicht bloß leichten Folgen begehen werde, sofern eine Anstaltsunterbringung unterbliebe. Die zweite Alternative soll insbesondere jene Fälle erfassen, in denen chronisch Suchtkranke im Zustand des Rausches zu nicht sehr schwerwiegenden Gewalttätigkeiten oder Sachbeschädigungen neigen (Lengauer & Nimmervoll, 2024). Die Unterbringung ist auf unbestimmte Zeit anzuordnen und hat solange zu dauern, als es die Heilung des Rechtsbrechers/der Rechtsbrecherin von seiner/ihrer Sucht oder Gewöhnung verlangt. Insgesamt darf sie jedoch zwei Jahre nicht übersteigen (§ 25 Abs 1 Ö-StGB) (Seiler, 2017; Lengauer & Nimmervoll, 2024).
Weisungen (§§ 50 f Ö-StGB)
Die Notwendigkeit einer Entwöhnungsbehandlung kann nicht nur Anlass für die Anordnung einer Unterbringung nach § 22 Ö-StGB sein, sondern auch die Erteilung einer Weisung (§ 50 f Ö-StGB) bewirken. Weisungen sind Aufträge des Gerichts an den Rechtsbrecher in Form von Ge- und Verboten, die dessen Lebensführung und Einstellung positiv beeinflussen sollen (Schroll & Oshidari, 2022). So kann im Zusammenhang mit suchtmittelbezogener Kriminalität dem Rechtsbrecher eine Entwöhnungsbehandlung aufgetragen werden, die aber gem § 51 Abs 3 Ö-StGB seiner ausdrücklichen Zustimmung bedarf (Tipold, 2016; Schroll & Oshidari, 2022). Auf diesem Wege kann dem Betroffenen auch die Weisung erteilt werden, sich einer zwei Jahre nicht übersteigenden stationären Entwöhnungsbehandlung zu unterziehen (Birklbauer & Oberlaber, 2016).
Gesundheitsbezogene Maßnahmen als Angelpunkt strafrechtlicher Reaktionen nach dem Ö-SMG
Hohe unbedingte Haftstrafen werden in der österreichischen Praxis nur beim Handel mit sog „harten Drogen“ (Heroin, Kokain, Speed und Crystal Meth) verhängt (Birklbauer & Machac, 2022). Davon abgesehen stehen im Anwendungsbereich des Ö-SMG die Prinzipien „Therapie statt Strafverfahren“, „Therapie statt Strafe“ und „Therapie statt Strafvollzug“ im Vordergrund.
Therapie statt Strafverfahren
Getragen von der Intention, durch begleitende Maßnahmen einen Anreiz zur Suchtgiftentwöhnung zu geben und so den Suchtgiftmissbrauch unter Kontrolle zu bringen, setzt das Ö-SMG unter anderem auf den Grundsatz „Therapie statt Strafverfahren“ (Birklbauer & Machac, 2022). Indem es einen Katalog an Vorgehensweisen vorsieht, bei denen nicht die Strafverfolgung des/der Täter_in im Fokus steht, sondern gesundheitsbezogenen Maßnahmen der Vorrang eingeräumt wird, spiegelt sich dieses Prinzip an unterschiedlichen Stellen im Ö-SMG wider (§§ 12–14 Ö-SMG; Matzka, Zeder & Rüdisser, 2017; Birklbauer & Machac, 2022). So haben sich Personen, die Suchtgift missbrauchen oder an Suchtgift gewöhnt sind, gesundheitsbezogenen Maßnahmen zu unterziehen. Dazu zählen etwa die ärztliche Überwachung des Gesundheitszustandes, die klinisch-psychologische Beratung und Betreuung sowie Psychotherapie (§ 11 Ö-SMG). Der Effektuierung dieser Rechtspflicht dient § 12 Ö-SMG (Birklbauer & Keplinger, 2021), wonach die Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde nach einer entsprechenden Sachverhaltsaufklärung darauf hinzuwirken hat, dass sich die betreffende Person einer gesundheitsbezogenen Maßnahme unterzieht. Der Vorrang gesundheitsbezogener Interventionen wird auch durch die in § 13 Ö-SMG vorgesehene prioritäre Verständigung der Gesundheitsbehörde deutlich (Birklbauer & Keplinger, 2021). So ist in besonderen Anstaltsverhältnissen bei Verdacht des Suchtgiftmissbrauchs anstelle einer Anzeige an die Strafverfolgungsbehörde die Bezirksverwaltungsbehörde in ihrer Funktion als Gesundheitsbehörde einzuschalten (§ 13 Abs 1 und 2 Ö-SMG) (Birklbauer & Keplinger, 2021). Diese hat wiederum primär auf gesundheitsbezogene Maßnahmen hinzuwirken und ist nur dann zur Strafanzeige verpflichtet, wenn die Mitwirkung seitens des Betroffenen rechtswidrig verweigert wird (§ 14 Ö-SMG). Seit 2016 gilt der Vorrang der Verständigung der Gesundheitsbehörde allgemein für öffentliche Dienststellen und Behörden, denen der Anfangsverdacht eines Suchtgiftmissbrauchs, der normalerweise eine Anzeigepflicht auslösen würde (§ 78 ÖStPO), bekannt wird (§ 13 Abs 2a Ö-SMG). Dies gilt selbst für die Kriminalpolizei, die den Sachverhalt zu klären und nach der Mitteilung an die Gesundheitsbehörde der Staatsanwaltschaft zu berichten hat (§ 13 Abs 2b Ö-SMG).
Therapie statt Strafe
Vorläufiger Rücktritt durch die Staatsanwaltschaft (§ 35 Ö-SMG): § 35 Ö-SMG regelt den Verzicht auf das weitere Strafverfahren durch Verfahrenseinstellung seitens der Staatsanwaltschaft und bildet damit einen Sonderfall der Diversion (Birklbauer, 2022). Liegen die Voraussetzungen für eine diversionelle Erledigung vor (§ 35 Ö-SMG), die eine Beendigung des Strafverfahrens ohne Schuldspruch und ohne förmliche Sanktionierung der/des Beschuldigten bedeutet (Schroll & Kert, 2019), so hat die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung zurückzutreten. Der Verfolgungsrücktritt ist zunächst möglich, wenn es sich um eine Straftat handelt, die nach § 27 Abs 1 oder Abs 2 oder § 30 Ö-SMG zu beurteilen ist. Diese Bestimmungen haben vorschriftswidrige Handlungen im Zusammenhang mit Suchtgiften und psychotropen Stoffen zum Gegenstand. Darunter fallen der Erwerb, der Besitz, das Erzeugen, das Befördern, das Ein- und Ausführen sowie das Anbieten, Überlassen und Verschaffen von Suchgiften (§ 27 Abs 1 Z 1 Ö-SMG) und psychotropen Stoffen (§ 30 Abs 1 Ö-SMG) sowie der Anbau von suchtgifthaltigen Pflanzen/Pilzen (§ 27 Abs 1 Z 2 und 3 Ö-SMG) zum Zweck der Suchtgiftgewinnung bzw. des Suchtgiftmissbrauchs. Für eine diversionelle Erledigung dürfen diese Taten gemäß § 35 Abs 1 Ö-SMG ausschließlich für den persönlichen Gebrauch begangen worden sein. Eine weitere Einstellungsmöglichkeit eröffnet § 35 Abs 2 Ö-SMG, der bei allen nicht schon nach § 35 Abs 1 Ö-SMG zu erledigenden Straftaten nach den §§ 27, 30, 31 und 31 a anzuwenden ist. Zusätzlich erfasst sind auch die Bestimmungen des §§ 28 und 28a Ö-SMG bei Suchtmittelgewöhnung sowie Straftaten, die in Zusammenhang mit der Beschaffung von Suchtmitteln begangen werden (Schwaighofer, 2016). In den Genuss einer solchen Verfahrenseinstellung kommt der/die Betroffene nur, wenn die Straftat nicht in die Zuständigkeit des Schöffen- oder Geschworenengerichts fällt (Z 1), keine schwere Schuld vorliegt (Z 2) und keine spezialpräventive Erforderlichkeit für ein strenges Vorgehen vorliegt (Z 3) (Schwaighofer, 2016). Besteht nach Ansicht der Behörde jedoch der Bedarf nach gesundheitsbezogenen Interventionen, so hat die Staatsanwaltschaft den vorläufigen Verfolgungsrücktritt von der Bereitschaft der/des Beschuldigten abhängig zu machen, sich einer solchen Maßnahme zu unterziehen (§ 35 Abs 6 Ö-SMG).
Vorläufige Einstellung durch das Gericht (§ 37 Ö-SMG): Um den Grundsatz „Therapie statt Strafe“ auch im Hauptverfahren zur Geltung zu verhelfen, sieht § 37 Ö-SMG vor, dass das Gericht nach Einbringung der Anklage die für die Staatsanwaltschaft geltenden Diversionsbestimmungen (§ 35 Ö-SMG) analog anzuwenden hat. Zum Tragen kommt die Bestimmung des § 37 Ö-SMG, wenn die Staatsanwaltschaft das Vorliegen der Voraussetzungen falsch beurteilt hat oder wenn sich erst in der Hauptverhandlung herausstellt, dass die Voraussetzungen zur diversionellen Erledigung gegeben sind (Matzka et al., 2017).
Therapie statt Strafvollzug
Aufschub des Strafvollzuges (§ 39 Ö-SMG): Das in § 39 Ö-SMG zum Ausdruck kommende Prinzip „Therapie statt Strafvollzug“ verpflichtet das Gericht, bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen, den Strafvollzug aufzuschieben und den Verurteilten zu einer gesundheitsbezogenen Maßnahme zu motivieren (Birklbauer, 2022). Ist der/die zu einer unbedingten Geld- oder nicht mehr als dreijährigen Freiheitsstrafe verurteilte, an Suchtmittel gewöhnte Straftäter_in bereit, sich einer Therapie zu unterziehen, so kann der Vollzug der Freiheitsstrafe für die Dauer von maximal zwei Jahren aufgeschoben werden. Von der Möglichkeit des Vollzugsaufschubes explizit ausgenommen sind nur qualifizierte Fälle von Suchtgifthandel wie etwa die gewerbsmäßige Erzeugung einer die Grenzmenge überschreitenden Menge von Suchtgift (§ 28a Abs 2 Z 1 Ö-SMG). Ansonsten kommt der Aufschub des Vollzugs der Freiheitsstrafe gemäß § 39 Ö-SMG sowohl bei Suchtmittel- als auch bei Versorgungs- und Beschaffungskriminalität in Betracht (Birklbauer, 2022). Der Aufschub des Vollzuges ist zu widerrufen und die Strafe zu vollziehen, wenn sich der/die Verurteilte einer gesundheitsbezogenen Maßnahme trotz Einwilligung nicht unterzieht bzw. diese abbricht (§ 39 Abs 4 Z 1 Ö-SMG) oder wenn er/sie wegen einer Straftat nach dem Ö-SMG oder wegen einer Straftat, die im Zusammenhang mit seiner/ihrer Gewöhnung an Suchtmittel steht, neuerlich verurteilt wird.
Nachträgliche bedingte Strafnachsicht und Absehen vom Widerruf (§ 40 Ö-SMG): Ist der Aufschub des Strafvollzuges nicht zu widerrufen oder wurde sonst eine gesundheitsbezogene Maßnahme erfolgreich durchgeführt, so ist bei gleichzeitiger Bestimmung einer Probezeit die bedingte Strafnachsicht auszusprechen (§ 40 Abs 1 Ö-SMG). Für den Betroffenen bedeutet dies, dass die Strafe vorerst nicht vollstreckt und nach Bestehen der Probe endgültig nachgesehen wird (Jerabek & Ropper, 2024).
Therapie im Strafvollzug (§ 68a Ö-StVG)
Für alle Strafgefangenen, das heißt unabhängig von der dem Vollzug zu Grunde liegenden Straftat, sieht § 68a Strafvollzugsgesetz (Ö-StVG) eine Entwöhnungsbehandlung für Insass_innen der Justizanstalten vor, wenn nach der Erklärung des Anstaltsarztes/der Anstaltsärztin der/die Strafgefangene dem Missbrauch eines berauschenden Mittels oder Suchtmittels ergeben ist und die Behandlung im Hinblick auf die Dauer der Strafzeit zweckmäßig ist oder wenn die Strafzeit mehr als zwei Jahre beträgt und nur aus diesem Grund von einer Einweisung in eine Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher (§ 22 Ö-StGB) abgesehen worden ist. Diese Bestimmung ermöglicht die freiwillige Behandlung suchtkranker Insass_innen mit mehrjährigen Freiheitsstrafen (Eisenbach-Stangl & Stangl, 2018). Verweigert der Insasse/die Insassin seine/ihre Zustimmung zur Entwöhnungsbehandlung oder zur aktiven Mitwirkung daran, so ist von der Einleitung oder Fortsetzung der Entwöhnungsbehandlung abzusehen (§ 68a Abs 2 Ö-StVG). Das gilt auch dann, wenn die Entwöhnungsbehandlung bereits erfolglos verlaufen ist und kein Grund zur Annahme einer Änderung der Haltung des/der Strafgefangenen besteht (Drexler & Weger, 2022). Wird die Zustimmung oder die Mitwirkung nicht gerechtfertigt verweigert, so kann dies als Ordnungswidrigkeit bestraft werden (Drexler & Weger, 2022).
Rechtstatsächliche Lage
Der aktuelle Sicherheitsbericht (2022) des österreichischen Bundesministeriums für Inneres (BMI) verzeichnet einen leichten Anstieg an Anzeigen bei Verstößen gegen das Ö-SMG. Die Suchtmittelkriminalität spielt in der Gesamtkriminalität in Österreich generell nur eine geringe Rolle, zumal nur rund sieben Prozent der Gesamtanzeigen und rund zwölf Prozent der Gesamtverurteilungen auf Verstöße gegen das Ö-SMG zurückzuführen sind (Bundesministerium für Inneres, 2023). Die Bedeutung der Grundsätze „Therapie statt Strafe“ bzw. „Therapie statt Strafvollzug“ spiegelt sich in der Anzahl der diversionellen Erledigungen bzw. der Zahl der Fälle, in denen ein Aufschub des Strafvollzuges gewährt wurde, wider. So wurden im Jahr 2022 insgesamt 83 % der Diversionsverfahren im Bereich der §§ 35 und 37 Ö-SMG mit einem endgültigen Rücktritt von der Strafverfolgung, das heißt positiv erledigt (Bundesministerium für Inneres, 2023). Im Hinblick auf den Strafvollzug ergibt eine Auswertung der Verfahrensautomation der Justiz, dass der Aufschub des Strafvollzuges nach § 39 Ö-SMG nach einem Anstieg im Vorjahr 2022 wieder zurückging. Dieser wurde im Jahr 2022 in 422 Fällen gewährt (Bundesministerium für Inneres, 2023). Die Anzahl der untergebrachten entwöhnungsbedürftigen Rechtsbrecher (§ 22 Ö-StGB) lag zuletzt bei etwa 30 Personen (Bundesministerium für Inneres, 2023).
Aktuelle Entwicklungen und rechtspolitische Tendenzen
Im aktuellen Programm der österreichischen Regierung findet die Suchtthematik nur sehr beschränkt Niederschlag. Sie wird lediglich im Zusammenhang mit der Verkehrssicherheit explizit erwähnt. So sind dem Regierungsprogramm zu Folge Novellierungen geplant, um ein effektives Einschreiten gegen Lenker_innen, die sich auf Grund von verbotenem Suchtgiftkonsum sowie Konsums von psychotropen Stoffen in einem fahruntauglichen Zustand befinden, zu ermöglichen (Bundeskanzleramt, 2020). Unabhängig davon liegt aktuell ein Ministerialentwurf vor, mit dem eine sich auf die Substitution beziehende Bestimmung des Ö-SMG (§ 8a Ö-SMG) einer Anpassung unterzogen werden soll (Ministerialentwurf 272/ME XXVII. GP). Der Hauptgesichtspunkt des Entwurfes ist die Beibehaltung der sich im Rahmen der Covid-19-Pandemie etablierten Ausnahmeregelung, nach der der behandelnde Arzt/die behandelnde Ärztin unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit hatte, eine Substitutions-Dauerverschreibung mit dem Vermerk „Vidierung nicht erforderlich“ auszustellen. Das erklärte Ziel dieser Novelle ist es, „das derzeit gut funktionierende und mit allen involvierten Stellen (behandelnde Ärztin/behandelnder Arzt, Amtsärztin/Amtsarzt, Apotheker:in) abgestimmte System im Bereich der Opioid-Substitutionsbehandlung, bis zur technischen Verfügbarkeit eines elektronischen Prozesses, weiterhin zu ermöglichen“ (Ministerialentwurf 272/ME XXVII. GP). Größere Novellierungen des Suchtmittelstrafrechts sind in nächster Zeit nicht zu erwarten.
Schweiz
Die schweizerischen Rechtsstrukturen sowie die Expertise in Suchtfragen lassen sich in wesentlichem Umfang auf die in den 90er-Jahren größte offene Drogenszene in Europa in Zürich zurückführen (Höfer, Caflisch, Herdener & Habermeyer, 2019). Die damals gewonnene Erkenntnis, dass reine Repression die mit Substanzkonsum verbundenen Herausforderungen nicht nachhaltig zu bewältigen vermag, legte den Grundstein für ein vergleichsweise liberales Betäubungsmittelrecht mit seinem Vier-Säulen-Modell (1. Säule: Gesundheitsförderung, Prävention und Früherkennung; 2. Säule: Therapie und Beratung; 3. Säule: Schadensminderung und Risikominimierung; 4. Säule: Regulierung und Vollzug) (Bundesamt für Gesundheit, 2023a). In diesem Modell spielen auch strafrechtliche Instrumente eine Rolle, die nachfolgend erläutert werden.
Dogmatische Strukturen
Kernstrafrechtliche Instrumente
Das Sanktionsinstrumentarium für suchtbezogene Delinquenz ist in der Schweiz primär im Kernstrafrecht geregelt, das zwischen Strafen und Maßnahmen unterscheidet. Während erstere nur bei schuldfähigen Personen in Frage kommen (Art. 19 CH-StGB), können Maßnahmen sowohl bei schuldfähigen als auch schuldunfähigen Personen angeordnet werden. Im Vollzug sind die Stoßrichtungen der Sanktionstypen identisch: es wird die Resozialisierung der verurteilten Person angestrebt (Urwyler, Endrass, Hachtel & Graf, 2022).
Behandlung im Kontext des Strafvollzugs
Weisungen bei Strafaufschub/im Übergangsmanagement: Nicht jede Strafe wird (vollständig) unbedingt vollzogen. Vielmehr spielt in der Praxis das Setting der „bedingten“ Freiheit eine relevante Rolle. In diesem können suchtmedizinische Probleme mit Weisungen hinsichtlich ärztlicher bzw. psychologischer Betreuung adressiert werden (Art. 94 CH-StGB; dazu Ranzoni, 2018). Solche Weisungen lassen sich unter Vorbehalt des Verhältnismäßigkeitsprinzips dynamisch an die konkrete psychopathologische Ausgangslage anpassen (Urwyler, 2022). Rechtlich sind zwei Konstellationen zu unterscheiden: Erstens besteht mit dem Anlassurteil die Möglichkeit der bedingten Strafe: Bei Geldstrafen oder Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren schiebt das Gericht den Vollzug in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um die verurteilte Person von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten (Art. 42 CH-StGB). Bei Freiheitsstrafen von einem bis zu drei Jahren besteht die Möglichkeit des teilbedingten Aufschubs (Art. 43 CH-StGB). Schiebt das Gericht im Anlassurteil den Vollzug einer Strafe auf, wird eine Probezeit von zwei bis fünf Jahren gesetzt, während der Bewährungshilfe und Weisungen angeordnet werden können (Art. 44 Abs. 1 und 2 CH-StGB). Zweitens können Weisungen im Rahmen des Übergangsmanagements eine Rolle spielen: Wenn eine Person eine unbedingte Freiheitsstrafe verbüßt hat und bedingt entlassen wird, besteht die Möglichkeit zur Anordnung von Bewährungshilfe und Weisungen (Art. 86 CH-StGB i. V. m. 87 CH-StGB).
Medizinische Grundversorgung im Freiheitsentzug: Ist eine Freiheitsstrafe zu verbüßen, stellt sich die Frage, wie allfälligen Suchtproblemen im Vollzug zu begegnen ist. Nicht immer wird eine den Strafvollzug begleitende ambulante Maßnahme im Anlassurteil angeordnet, da diese an spezifische Bedingungen wie etwa das Vorliegen einer Abhängigkeit sowie das Verhältnismäßigkeitsprinzip geknüpft ist (Baechtold, Weber & Hostettler, 2016). Entsprechend dürfte sich die Mehrheit der verurteilten Personen mit substanzbezogenen Störungsbildern im Strafvollzug befinden (Baechtold et al., 2016). Diese Personen haben auf Basis des Äquivalenzprinzips Anrecht auf eine suchtmedizinische Behandlung, welche mit jener in der Freiheit vergleichbar ist (Urwyler, Braunschweig et al., 2022; Baechtold et al., 2016; vgl. aber Buadze et al., 2020 zu den regional bestehenden Herausforderungen einer kontinuierlichen Substitutionsbehandlung im Vollzug bei Personen mit Opioidabhängigkeit).
Behandlung im Kontext von strafrechtlichen Maßnahmen
Die Strafe kann je nach Fall ungenügend sein, um weiteren in Zusammenhang mit der Abhängigkeit stehenden Straftaten hinreichend zu begegnen (Art. 56 Abs. 1 lit. a CH-StGB). In diesem Fall ist die Maßnahmenindikation zu prüfen. Dieser Schritt setzt eine sachverständige Begutachtung voraus (Art. 56 Abs. 3 CH-StGB). Das maßnahmenrechtliche Spektrum umfasst drei Formen der stationären Behandlung (Art. 59 CH-StGB für schwere psychische Störungen, Art. 60 CH-StGB für Abhängigkeiten, Art. 61 CH-StGB für junge Erwachsene mit erheblich gestörter Persönlichkeitsentwicklung), eine ambulante Behandlung (Art. 63 CH-StGB; entweder für schwere psychische Störungen oder für Abhängigkeiten) sowie die Verwahrung für Personen mit sehr ausgeprägten Rückfallrisiken für schwere Katalog-Straftaten bei gleichzeitig negativer Behandlungsprognose (Art. 64 CH-StGB). Nachfolgend werden die suchtspezifischen Maßnahmen beleuchtet. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass Suchterkrankungen auch bei den anderen Maßnahmen eine Rolle spielen können (vgl. etwa Weber, Schaub, Bumann & Sacher, 2015, in deren Erhebung zur Maßnahme nach Art. 59 CH-StGB substanzbezogene Störungsbilder durchaus prävalent waren). Bei den nicht suchtspezifischen Maßnahmen wird der psychopathologische Schwerpunkt aber auf anderen Störungsbildern liegen (z. B. Schizophrenie, Persönlichkeitsstörungen, Paraphilien etc.).
Gemeinsamkeit: Anknüpfung an Abhängigkeiten, die in Zusammenhang mit der Anlasstat und dem Rückfallrisiko stehen: Das Maßnahmenrecht kennt zwei suchtspezifische Instrumente. Die stationäre Maßnahme zur Suchtbehandlung (Art. 60 CH-StGB) und die ambulante Behandlung (Art. 63 CH-StGB). Die besagten Normen teilen sich das Eingangsmerkmal der Abhängigkeit, die mit der Anlasstat und mit dem Rückfallrisiko in Zusammenhang stehen muss (BGer, 17. August 2022, 6B_188/2022, E. 7.3 ff.). Der relevante Zusammenhang kann sowohl direkter (z. B. verurteilte Person handelt im Tatzeitpunkt unter Einfluss einer Substanz) als auch indirekter Natur (z. B. Beschaffungskriminalität) sein (Trechsel & Pauen Borer, 2021a; Urwyler, Endrass et al., 2022).
Mit „Abhängigkeit“ sind in erster Linie alkohol-, betäubungs- und arzneimittelabhängige Suchtbilder gemeint. Umstritten ist, ob auch Verhaltenssüchte (z. B. Spielsucht etc.) erfasst sind oder ob solche Störungsbilder eher bei der stationären Maßnahme zur Behandlung von psychischen Störungen nach Art. 59 StGB anzusiedeln sind (Urwyler, Endrass et al., 2022; Heer & Habermeyer , 2019a). In der Rechtsprechung finden sich bis heute juristisch geprägte Definitionen des Abhängigkeitsbegriffs (z. B. BGer, 08.10.2015 6B 760/2015, E. 1.6: „Eine Alkoholabhängigkeit ist nach der Rechtsprechung gegeben, wenn der Betroffene regelmäßig zu viel Alkohol konsumiert und diese Neigung zum übermäßigen Alkoholgenuss durch den eigenen Willen nicht zu überwinden vermag“). Solche Definitionen sind vor einem rechtshistorischen Hintergrund nachvollziehbar. Allerdings dürfte es zielführender sein, direkt an den Operationalisierungen der ICD-11 bzw. DSM-5 anzuknüpfen. Orientierungspunkt bilden dabei die Störungen durch Substanzgebrauch, die in der ICD-11 von 6C40 bis 6C4Z aufgeführt sind (Lehner, 2017). Nicht alle dieser Störungsbilder begründen das Eingangsmerkmal von Art. 60/63 StGB. Das Bundesgericht hat in diesem Zusammenhang geklärt, dass etwa ein schädlicher Gebrauch von Alkohol (ICD-10: F10.1) das Eingangsmerkmal „Abhängigkeit“ nicht erfüllt (BGer, 8. Oktober 2015 6B 760/2015, E. 1.6). Entsprechend wird man mindestens eine Abhängigkeit im Sinne der ICD-11 fordern müssen (z. B. ICD 11 6C40.2 bei Alkohol). Anschließend bleibt es die Aufgabe des Gerichts, normativ abzuwägen, ob der psychopathologische Zustand im konkreten Fall genügend schwer wiegt, um die fragliche Maßnahme anordnen zu können (Trechsel & Pauen Borer, 2021a). Im Falle komorbider Störungsbilder ist darüber hinaus zu eruieren, ob eine ambulante oder stationäre Suchtbehandlung hinreichend ist, oder ob eine andere Maßnahme (z. B. Art. 59 StGB) sachgerechter wäre (z. B. BGer, 17. August 2022, 6B_188/2022, E. 7.3 ff.).
Ambulante Behandlung (Art 63 StGB): Die gegenüber der stationären Suchtbehandlung weniger eingriffsschwere Maßnahme der ambulanten Behandlung setzt im Ausgangspunkt voraus, dass die betroffene Person eine mit der Abhängigkeit in Zusammenhang stehende Straftat begangen hat und dass die Gefahr weiterer Straftaten besteht, die mit der Abhängigkeit im Zusammenhang stehen (Art. 63 Abs. 1 lit. a CH-StGB). Nach dem Gesetzeswortlaut genügen Übertretungen als Anlasstaten, was mit Blick auf die Verhältnismäßigkeit zurecht kritisch betrachtet wird (Trechsel & Pauen Borer, 2021b; Urwyler, Endrass et al. 2022). Es muss zu erwarten sein, durch die ambulante Behandlung lasse sich der Rückfallgefahr begegnen (Art. 63 Abs. 1 lit. b CH-StGB). Gefordert sind damit zum einen ein Rückfallrisiko für Delikte einer gewissen Erheblichkeit und zum anderen eine positive Behandlungsprognose (Heer & Habermeyer, 2019b). Für letztere muss im Urteilszeitpunkt eine hinreichende Wahrscheinlichkeit bestehen, dass sich durch eine ambulante Behandlung die Gefahr weiterer mit der psychischen Störung in Zusammenhang stehender Taten deutlich verringern lässt (BGer, 23. Januar 2012, 6B_498/2011, E. 2.3). Schließlich muss sich die Anordnung der ambulanten Behandlung mit Blick auf sämtliche Faktoren (Anlassdelinquenz, Rückfallrisiko, Behandlungsprognose etc.) als verhältnismäßig erweisen (Art. 56 Abs. 2 StGB).
Die ambulante Behandlung kann in unterschiedlichen Formen vollzogen werden: Erstens während dem Vollzug einer unbedingten Freiheitsstrafe. In diesem Fall ist von der vollzugsbegleitenden ambulanten Behandlung die Rede (Urwyler, Endrass et al., 2022), die bei Bedarf nach der Entlassung aus der Freiheitsstrafe weitergeführt werden kann (Heer & Habermeyer, 2019b). Zweitens kann eine Behandlung in Freiheit stattfinden. Letzteres ist bei schuldunfähigen Personen der Fall, wo definitorisch keine parallele Strafe bestehen kann (Art. 19 Abs. 1 StGB). Ebenso ist denkbar, dass eine Person neben einer Geldstrafe ambulant behandelt wird (Heer & Habermeyer , 2019b). Weiter besteht die Möglichkeit, dass der Vollzug einer Freiheitsstrafe aufgeschoben und die abhängige Person in Freiheit ambulant behandelt wird (Art. 63 Abs. 2 StGB). Das Gesetz sieht im letztgenannten Fall keine konkrete Maximaldauer der Freiheitsstrafe vor, die aufgeschoben werden kann, sondern verpflichtet das Gericht zur Abwägung. Es muss gewährleistet sein, dass bei einer Behandlung in Freiheit kein unvertretbar hohes Rückfallrisiko vorliegt (BGer, 13. Oktober 2017, 6B_698/2017, E. 7.2.2). Zudem ist zu prüfen, ob die Aussicht auf eine erfolgreiche Behandlung durch den sofortigen Strafvollzug erheblich beeinträchtigt würde, wobei die Resozialisierungschancen gegen die Aspekte des gerechten Schuldausgleichs und generalpräventive Gesichtspunkte abgewogen werden müssen (Urwyler, Endrass et al., 2022).
Der breite Einsatzbereich der Maßnahme nach Art. 63 StGB hat namentlich in Ballungsräumen (z. B. Zürich) zum Aufbau und Betrieb gut vernetzter spezialisierter Ambulatorien geführt (Höfer, Sieben & Habermeyer, 2023). Ebenso eröffnet das Gesetz Gestaltungspotenziale mit Blick auf die Initiierung der Behandlung: Sofern in der Therapieanfangsphase eine engere Begleitung erforderlich ist, eröffnet das Gesetz in allen freiheitsbasierten Vollzugskonstellationen die Möglichkeit, eine ambulante Behandlung während zwei Monaten stationär einzuleiten, sofern dies verhältnismäßig ist (Art. 63 Abs. 3 StGB). Die Maximaldauer der ambulanten Behandlung beträgt im Suchtkontext fünf Jahre (Art. 63 Abs. 4 StGB).
Stationäre Maßnahme zur Suchtbehandlung (Art. 60 StGB): Eine stationäre Maßnahme zur Suchtbehandlung kann angeordnet werden, wenn die beschuldigte Person ein Verbrechen oder Vergehen begangen hat, das mit der Abhängigkeit in Zusammenhang steht und weitere mit der Abhängigkeit in Zusammenhang stehende Straftaten zu erwarten sind, sofern durch die therapeutische Einwirkung eine deutliche Verringerung des Rückfallrisikos zu erwarten ist (Art. 60 Abs. 1 StGB; Urwyler, Endrass et al., 2022). Bei der Beurteilung der Behandlungsprognose trägt das Gericht der Behandlungsbereitschaft der betroffenen Person Rechnung (Art. 60 Abs. 2 StGB). Allerdings führt eine im Urteilszeitpunkt fehlende Behandlungsmotivation nicht automatisch zum Ausschluss dieser Maßnahme, da das Schaffen einer Motivation regelmäßig Bestandteil des therapeutischen Prozesses darstellt (Heer & Habermeyer, 2019a). Der Vollzug der stationären Maßnahme geht dem Vollzug einer allfällig parallel ausgesprochenen Freiheitsstrafe voraus und der damit verbundene Freiheitsentzug wird vollumfänglich an die Dauer der Strafe angerechnet (Art. 57 Abs. 2 und Abs. 3 CH-StGB). Die Behandlung erfolgt in einer spezialisierten Einrichtung oder einer psychiatrischen Klinik (Art. 60 Abs. 3 StGB). In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass es sich dabei i. d. R. um (offen) geführte stationäre Einrichtungen oder Wohnheimeinrichtungen handelt (dazu auch Baechtold et al. 2016), die in die allgemeine Gesundheitsversorgung eingebettet sind.1 Daraus ergeben sich deutliche vollzugsrechtliche Unterschiede zu Deutschland, wo forensische Patienten in spezialisierten (oft geschlossenen) Maßregeleinrichtungen nach § 64 StGB-DE behandelt werden.
Die stationäre Maßnahme kann initial für eine Dauer von maximal drei Jahren angeordnet werden, wobei einmal eine Verlängerung für maximal ein Jahr möglich ist (Art. 60 Abs. 4 CH-StGB). Nach einer bedingten Entlassung besteht während der Probezeit die Möglichkeit, das Übergangsmanagement mit Bewährungshilfe, Weisungen und/oder einer ambulanten Behandlung auszugestalten (Art. 62 Abs. 1-3 CH-StGB; Art. 94 CH-StGB; zu den Weisungen vgl. „Behandlung im Kontext des Strafvollzugs“). Gerade bei langen Freiheitsstrafen ist zu prüfen, ob die Anordnung einer stationären Suchtbehandlung nach Art. 60 StGB unter dem Gesichtspunkt des Untermaßverbots vertretbar ist, wobei neben Aspekten des gerechten Schuldausgleichs sowie der Generalprävention die Behandlungsprognose eine wichtige Rolle spielt; das Gesetz sieht indes keine absoluten Grenzen mit Blick auf die Dauer der Freiheitsstrafe vor (Urwyler, 2018).
Besonderheiten des Betäubungsmittelstrafrechts (Art. 19a CH-BetmG)
Das CH-BetmG sieht in Art. 19a CH-BetmG Sonderregeln für den Fall vor, dass eine Person unbefugt Betäubungsmittel konsumiert oder zum Eigenkonsum eine Widerhandlung nach Art. 19 CH-BetmG begeht (Hug-Beeli, 2016). Das Verfahren kann eingestellt oder von einer Strafe abgesehen und bei Bedarf eine Verwarnung ausgesprochen werden, wenn ein leichter Fall vorliegt (Ziff. 2). Die Praxis interpretiert den Begriff des leichten Falls allerdings restriktiv und wägt in diesem Zusammenhang Tathandlung, Dauer und Intensität der Taten, einen allfälligen Grad der Abhängigkeit, das Alter der beschuldigten Person sowie einschlägige „Vorbelastungen“ ab (Schlegel & Jucker, 2022). Ziff. 2 fällt somit namentlich bei regelmäßigem Konsum außer Betracht (BGE 124 IV 44).
Ein Absehen von der Strafverfolgung ist darüber hinaus möglich, wenn sich die verurteilte Person einer ärztlich beaufsichtigten Betreuung unterzieht, wobei das Strafverfahren durchgeführt wird, wenn sich der Täter der Betreuung oder der Behandlung entzieht (Ziff. 3). Diese Norm strebt an, dass eine Therapie nicht durch ein wegen Konsums initiiertes Strafverfahren beeinträchtigt wird; Heilung und Wiedereingliederung sollen insofern Vorrang vor der Strafe haben (OGer-ZH, 28. September 2018, SB170481, E. 3.6). Anders als etwa die Maßnahmen nach Art. 60 und 63 StGB setzt Art. 19a Ziff. 3 CH-BetmG keine Abhängigkeit voraus, sondern es reicht bereits die Gefahr eines Abgleitens in eine solche (Schlegel & Jucker, 2022). Zur Anwendung von Ziff. 3 muss die beschuldigte Person im Entscheidungszeitpunkt entweder einer solchen Behandlung bereits unterstehen oder es muss ihr ernsthafter Wille für die ärztliche Betreuung gewährleistet sein (Schlegel & Jucker, 2022). Ist diese Voraussetzung erfüllt, ist das Verfahren zu sistieren (Schlegel & Jucker, 2022; Albrecht, 2016). Der Anwendungsbereich von Ziff. 3 ist indes durch dessen enge Auslegung eingeschränkt (Schlegel & Jucker, 2022; OGer-ZH, 28. September 2018, SB170481, E. 3.6; vgl. indes BStrGer, 1. Dezember 2020, SK.2020.25, E. 3.2).
Schließlich kann das Gericht eine abhängige Person bei einem Konsumdelikt nach Art. 19a Ziff. 1 CH-BetmG in eine spezialisierte Einrichtung einweisen, wobei die bereits referierten Artikel 60 und 63 StGB sinngemäß gelten (Art. 19a Ziff. 4 CH-BetmG). Diese Norm ist weitgehend toter Buchstabe geblieben, da bei reinen Konsumdelikten (= Übertretungen) die Verhältnismäßigkeit einer Maßnahmenanordnung mit vorangehender Begutachtung regelmäßig nicht gegeben ist und weil bei Strafverfahren mit weiteren zu beurteilenden Straftaten (d. h. nicht nur Konsum nach Art. 19a Ziff. 1 CH-BetmG) Art. 19a Ziff. 4 CH-BetmG nicht einschlägig ist (Albrecht, 2016).
Rechtstatsächliche Lage
Die Anzahl wegen CH-BetmG-Verbrechen oder -Vergehen verurteilten Personen schwankte in den letzten 10 Jahren zwischen rund 5000 bis 7000 Personen pro Jahr, mit zuletzt abnehmender Tendenz (Bundesamt für Statistik, 2023a). Dieser Rückgang tangiert die rechtstatsächliche Lage bei strafrechtlichen Maßnahmen. Während im Jahr 1994 noch 470 stationäre Maßnahmen zur Suchtbehandlung angeordnet wurden (dies dürfte in engem Zusammenhang mit der in den 90er-Jahren bestehenden offenen Drogenszene stehen, vgl. die Einleitung zum Schweizer Unterkapitel), waren es im Jahr 2022 noch 82 (Bundesamt für Statistik, 2023b). Dadurch hat sich der mittlere Insassenbestand bei Art. 60 StGB von 232 Personen im Jahr 1994 auf 130 im Jahr 2022 reduziert; allerdings mit einem leichten Aufwärtstrend in den letzten Jahren (Bundesamt für Statistik, 2023c). Die ambulanten Behandlungen haben ebenfalls einen Rückgang erfahren. Nach einem Höchststand von 784 Anordnungen im Jahr 1995 erfolgte eine Reduktion auf 279 ambulante Behandlungen im Jahr 2021 (Bundesamt für Statistik, 2023b).2
Aktuelle Entwicklungen und rechtspolitische Tendenzen
Für das Sanktionenrecht sind aktuell keine fundamentalen Umwälzungen absehbar, welche sich spezifisch auf die vorliegende Thematik beziehen. Allenfalls wird sich die Tendenz zur erweiterten Zulassung von ansonsten betäubungsmittelrechtlich verbotenen Substanzen bei medizinischen Indikationen fortsetzen. Beispielhaft sei auf die 2022 erfolgte Zulassung von Cannabis zu medizinischen Zwecken verwiesen (Bundesamt für Gesundheit, 2023b). Darüber hinaus ist denkbar, dass mit der seit 2021 bestehenden Regelung zu Pilotversuchen (Art. 8a CH-BetmG) die wissenschaftlichen Grundlagen für einen anderen juristischen Umgang mit Cannabis gelegt werden.
Das Suchtthema weist indes im Rahmen der allgemeinen Gesundheitsfürsorge eine relevante Bedeutung auf Bundesebene auf und bildet Inhalt einer laufenden Strategieentwicklung und Beforschung (Bundesamt für Gesundheit, 2023c). Die „Nationale Strategie Sucht“ des Bundesrats strebt einen Ausbau an Prävention und Suchthilfe an (Bundesrat, 2020), welche sich mittelbar auch im Strafrecht bemerkbar machen könnten. Man wird aber nicht von einem Automatismus ausgehen können. Konsummuster unterliegen einer dynamischen Entwicklung (Quednow et al., 2021; Obsan, 2023). In jüngerer Vergangenheit mehren sich die Anzeichen dafür, dass Substanzen wie Opioide (Hooijman, Martinez-De la Torre, Weiler & Burden, 2022) oder Crack (Reichen, 2023) wieder an Konsumbedeutung gewinnen. Dies dürfte sich mit einer gewissen Latenzzeit auch auf das Strafrecht auswirken. Der Straf- und Maßnahmenvollzug ist folglich konstant gefordert, dass in den Hafteinrichtungen das erforderliche Spektrum evidenzbasierter suchtmedizinischer Interventionen zur Verfügung steht (Urwyler, Braunschweig et al., 2022) und die Wirksamkeit entsprechender Interventionen kontinuierlich evaluiert wird (gerade hier besteht in der Schweiz Ausbaupotenzial; jüngst immerhin Genillod-Villard, Jutzet & Lascone, 2023).
Zusammenschau und Diskussion
Die Zusammenschau der drei Rechtsordnungen bei der Bewältigung suchtmittelbezogener Kriminalität zeigt auch jenseits der Gemeinsamkeit eines zweispurigen Sanktionensystems eine Vielzahl weiterer Übereinstimmungen. So ist in allen drei Rechtsordnungen die Anordnung einer Maßregel- bzw. Maßnamenunterbringung von suchtkranken Delinquenten von der Schuldfähigkeit der verurteilten Person zum Tatzeitpunkt unabhängig. Auch die Eingangsmerkmale der suchtbezogenen Maßregel bzw. Maßnahmen überlappen sich weitgehend. Freiwilligkeit ist in keiner der Rechtsordnungen eine zwingende Anordnungsvoraussetzung. Einzig das Schweizer Recht erwähnt die Behandlungsbereitschaft gesetzlich explizit (Art. 60 Abs. 2 CH-StGB), fordert jedoch auch nur eine Berücksichtigung der Therapiebereitschaft bei der Anordnungsentscheidung. Ähnliche Erwägungen werden in den anderen Rechtsordnungen aber bei der Behandlungserfolgsprognose Eingang finden. Diese ist für die Anordnung in allen drei Rechtsordnungen vorausgesetzt. Allerdings weisen die bisherigen empirischen Befunde darauf hin, dass eine Ex-ante-Einschätzung der Behandelbarkeit kaum zuverlässig zu leisten ist bzw. der Behandlungserfolg von vielen Faktoren im Vollzugsverlauf sowie von der jeweiligen Institution abhängt.
Die bei schuldfähigen Personen bestehende Problematik paralleler Strafen wird jeweils ähnlich gelöst: Einigkeit herrscht zunächst einmal bei der Vollstreckungsreihenfolge (Maßregeln bzw. Maßnahmen vor Freiheitsstrafe) und im Bestreben, eine verurteilte Person nach einer erfolgreichen Suchtbehandlung in die Freiheit zu entlassen und nicht zur Verbüßung einer verbleibenden Rest-Freiheitsstrafe in den Strafvollzug zu verlegen. Erste Unterschiede ergeben sich jedoch bei der Anrechnung der Unterbringung auf eine parallele Freiheitsstrafe. In Österreich und der Schweiz wird die Unterbringung in vollem Umfang, in Deutschland hingegen nur teilweise bis zum Zwei-Drittel-Zeitpunkt der parallelen Freiheitsstrafe angerechnet. Begründet wird diese deutsche Besonderheit mit der Erwägung, dass durch den Druck einer noch nicht vollständig erledigten Freiheitsstrafe die Bereitschaft der verurteilten Person gefördert werde, am Behandlungserfolg und der eigenen Rehabilitation mitzuwirken (BT-Drs. 10/2720, 13). Die gesetzliche Beschränkung der suchtbezogenen Maßnahme auf Fälle, in denen keine längere, nämlich mehr als zwei Jahre dauernde Begleitfreiheitsstrafe angeordnet ist (§ 22 Abs. 2 Ö-StGB), ist demgegenüber eine österreichische Besonderheit. Die Schweiz knüpft zwar mit dem Untermaßverbot an einen ähnlichen Grundgedanken an, benennt aber keine gesetzlichen Maximalstrafen als Anordnungssperre, sondern verpflichtet die urteilende Instanz zur Einzelfallabwägung. Weitere Unterschiede zeigen sich bei der Höchstdauer der freiheitsentziehenden Maßregel bzw. Maßnahmen. Diese ist zwar in allen drei Ländern zeitlich begrenzt, in Deutschland und Österreich jedoch grundsätzlich auf zwei Jahre, in der Schweiz hingegen auf drei Jahre mit der Möglichkeit einer einjährigen Verlängerung.
Alle drei Rechtsordnungen verfügen über Möglichkeiten einer ambulanten beziehungsweise diversionellen Suchtintervention. Diese sind jedoch teils unterschiedlich rechtlich organisiert und insbesondere scheint die diversionelle Spur nicht nur rechtlich, sondern auch praktisch unterschiedlich stark aufgestellt. So sieht das Schweizer Recht mit Art. 63 CH-StGB die Möglichkeit einer ambulanten Maßnahme bzw. Maßregel vor. In Deutschland lassen sich entsprechende Instrumente hingegen nur im Gefolge einer Aussetzung der freiheitsentziehenden Maßregel zur Bewährung im Rahmen der anschließenden Führungsaufsicht (§ 68b D-StGB) umsetzen. Daneben gibt es in Deutschland einzelne in letzter Zeit teils drastisch unter Druck geratene diversionelle Lösungen (§ 35 D-BtMG). Österreich sticht an dieser Stelle mit breit aufgestellten gesundheitsbezogenen Maßnahmen hervor, deren herausgehobene Stellung und große Bedeutung sich eindrücklich an Privilegierungen bei den behördlichen Anzeige- und Mitteilungspflichten zeigen (§ 13 Abs 2a und 2b Ö-SMG).
Ein erstaunlicher Unterschied zwischen den drei Ländern zeigt sich in der rechtstatsächlichen Entwicklung. Nur in Deutschland ist ein markanter Anstieg der Anordnungs- und Unterbringungszahlen für den Maßregelvollzug nach § 64 D-StGB und ein daraus resultierender rechtspolitischer Handlungsdruck zu verzeichnen. Dies verwundert vor dem Hintergrund sehr ähnlicher dogmatischer Strukturen. Gängige Erklärungsmuster, die in Deutschland für den Anstieg in den Fallzahlen vorgebracht werden, sollten angesichts dieses rechtsvergleichenden Befunds hinterfragt werden. Dafür wären die (alternativen) Lösungsansätze der verwandten Rechtsordnungen genauer herauszuarbeiten. Dies gilt insbesondere mit Blick auf schlagkräftige ambulante und diversionelle Reaktionen. Die Zusammenschau der drei Rechtsordnungen legt nämlich durchaus den Schluss nahe, dass Deutschland mit der starken (auch rechtstatsächlichen) Fokussierung auf den freiheitsentziehenden Maßregelvollzug nach § 64 D-StGB und den vergleichsweise schwächer aufgestellten diversionellen, in das allgemeine Gesundheitssystem überleitenden Instrumenten (§ 35 D-BtMG) im Vergleich zu den anderen Ländern einen Sonderweg eingeschlagen hat. Ohne eine intensive Effektivitätsforschung und einen systematischen Blick auf die Rechtswirklichkeit muss es an dieser Stelle aber bei ersten Mutmaßungen bleiben.
Die Diskussion um einen Freiwilligkeitsvorbehalt der strafrechtlichen Suchtintervention, die vielfach vor dem Hintergrund der UN-Behindertenrechtskonvention geführt wird, ist indes erst in Deutschland zu finden. Da auch Österreich und die Schweiz diese Konvention ratifiziert haben, ist zu erwarten, dass sich entsprechende Diskussionen in mittelbarer Frist auch in diesen Rechtsordnungen ergeben werden. Dabei dürfte es auch darum gehen, einen belastbaren suchttherapie- und maßregelspezifischen Freiwilligkeitsbegriff zu entwickeln. Beiträge aus der Sicht aller drei Länder können an dieser Stelle nur Gewinn versprechen.
Literatur
2016). Die Strafbestimmungen des Betäubungsmittelgesetzes (Art. 19–28 BetmG) (Stämpflis Handkommentar SHK). Bern: Stämpfli.
(2016). Strafvollzug. Straf- und Massnahmenvollzug an Erwachsenen in der Schweiz (3. Aufl.). Bern: Stämpfli.
(2023). Therapierbare Kriminalität? Zur aktuellen Reform des Strafsanktionenrechts. Recht und Psychiatrie, 41, 196–197.
(2017). Das neue Recht der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und seine Konsequenzen für die Praxis. Juristische Rundschau, 8, 413–419.
(2024). Das Gesetz zur Überarbeitung des Sanktionenrechts. Eine erste Einordnung und Folgerungen für die Praxis. Neue Zeitschrift für Strafrecht, 44, 74–78.
(2022).
(Suchtmittelgesetz (SMG) . In M. NeumayrR. ReschF. Wallner (Hrsg.), Gmundner Kommentar zum Gesundheitsrecht (S. 2505–2584). Wien: Manz.2022). Suchtmittelrecht für die Praxis (3. Aufl.). Wien: Manz.
(2016).
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(
1 Zuweilen kann dies zu Versorgungslücken führen, wenn einzelne Patienten zu Beginn der Behandlung zwecks Aufbau einer minimalen Behandlungsadhärenz auf eine strukturiert-geschlossene Umgebung angewiesen sind.
2 Allerdings kann bei den BFS-Daten zur ambulanten Behandlung nicht weiter differenziert werden, welcher Anteil auf Abhängigkeiten und welcher auf das zweite Eingangsmerkmal der ambulanten Behandlung – die schwere psychische Störung – entfällt.