Diagnostische Kompetenz von Grundschul- und Gymnasiallehr- kräften im Leistungsbereich und im Bereich Interessen
Abstract
Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die diagnostische Kompetenz von Grundschul- und Gymnasiallehrkräften im Leistungsbereich und im Bereich Fachinteresse. Ausgehend von Überlegungen zum Erwerb der diagnostischen Kompetenz geht die Studie folgenden Fragestellungen nach: Schätzen Grundschullehrkräfte die Schülerleistungen (Arithmetik, Wortschatz und Textverstehen) und das Fachinteresse der Schülerinnen und Schüler (Deutsch und Mathematik) akkurater ein als Gymnasiallehrkräfte? Besteht ein Zusammenhang zwischen der Kooperation der Lehrkräfte, der Zusammenarbeit zwischen Lehrkräften und Eltern, der Leistungsstreuung und der Streuung des Fachinteresses in den untersuchten Bereichen mit der Diagnosegenauigkeit der Lehrkräfte? Datenbasis ist eine Stichprobe der BiKS-Studie von 1984 Grundschülerinnen und Grundschülern der 4. Jahrgangsstufe und deren 142 Lehrkräfte sowie 914 Gymnasiastinnen und Gymnasiasten der 5. Jahrgangsstufe und deren 111 Lehrkräfte. In der 4. und 5. Jahrgangsstufe wurden mittels Kompetenztests der Wortschatz, das Textverstehen und die Rechenfähigkeit der Schülerinnen und Schüler erfasst. Zudem wurde das Fachinteresse in Mathematik und Deutsch von den Schülerinnen und Schülern erhoben. Grundschul- und Gymnasiallehrkräfte wurden gebeten, diese Merkmale für jeden ihrer Schülerinnen und Schüler einzuschätzen. Wie erwartet, schätzen die Grundschullehrkräfte im Vergleich zu den Gymnasiallehrkräften die Schülerleistungen in Arithmetik, Wortschatz und Textverstehen sowie das Fachinteresse in Deutsch akkurater ein. Allerdings schätzen Grundschullehrkräfte das Fachinteresse in Mathematik nicht signifikant akkurater ein als Gymnasiallehrkräfte. Darüber hinaus zeigte sich, dass die Leistungsstreuung und die Streuung des Fachinteresses bedeutsam mit der diagnostischen Kompetenz der Lehrkräfte zusammenhängen.
The present study investigates the diagnostic competence of elementary and secondary school teachers (Gymnasium) in cognitive and non-cognitive domains. Based on assumptions about the acquisition of diagnostic competence, the following research questions are addressed: Is elementary school teachers’ diagnostic competence in both cognitive (arithmetic, vocabulary, text comprehension) and noncognitive domains (subject specific interests) higher than secondary school teachers’ diagnostic competence? Is there a relationship between the accuracy of elementary and secondary school teachers’ judgments and the degree of cooperation among teachers, the degree of cooperation between teachers and parents and the variation of students’ arithmetic, vocabulary, text comprehension and interest scores in mathematics and German? Data were obtained from a sample of 1984 4th-grade students and their 142 elementary school teachers and 914 5th-grade students (Gymnasium) and their 111 secondary school teachers. At each grade level, we used competence tests to measure students’ vocabulary, text comprehension and arithmetic competence. Students also rated their own interest in mathematics and German. Elementary and secondary school teachers were asked to rate these traits for each of their students. As expected, elementary school teachers’ diagnostic competence is higher in cognitive domains (arithmetic, vocabulary, text comprehension) and in noncognitive domains (only for interest in German) than secondary school teachers’ diagnostic competence. Furthermore, there is a relationship between the accuracy of school teachers’ judgments on school achievement and the variation of students’ arithmetic, vocabulary, text comprehension and interests scores in German.
Literatur
2006). Zur Bildung diagnostischer Kompetenz in der zweiten Phase der Lehrerbildung. In , Kompetenz und Kompetenzentwicklung von Lehrerinnen und Lehrern: Ausbildung und Beruf (S. 217–234). Weinheim.
(2001). Research on teaching mathematics: The unsolved problem of teachers’ mathematical knowledge. In , Handbook of research on teaching (4th ed., S. 433–456). Washington, D.C.: American Educational Research Association.
(2001). Primary school teachers’ judgments of reading achievement. Educational Psychology, 21, 177–187.
(1997). Bildungsverläufe und psychosoziale Entwicklung im Jugendalter (BIJU). Dokumentation – Bd 1. Skalen Längsschnitt I, Wellen 1–4. Berlin: Max-Planck-Institut für Bildungsforschung.
(2003). Schulumwelten – institutionelle Bedingungen des Lehrens und des Lernens. In , PISA 2000 – Ein differenzierter Blick auf die Länder der Bundesrepublik Deutschland (S. 261–232). Opladen: Leske + Budrich.
(2000). Lehrplan für die bayerische Grundschule. Verfügbar unter www.isb.bayern.de/isb/index.asp?MNav=0&QNav=4&TNav=0&INav=0&Fach=&LpSta=6&STyp=1 [21.02.2009].
(2004). Das Gymnasium in Bayern. Verfügbar unter www.isb-gym8-lehrplan.de/contentserv/3.1.neu/g8.de/index.php?StoryID=26350 [21.02.2009].
(2006). Welche Zusammenhänge bestehen zwischen dem fachspezifischen Professionswissen von Mathematiklehrkräften und ihrer Ausbildung sowie beruflichen Fortbildung? Zeitschrift für Erziehungswissenschaften, 9, 521–544.
(1986). The accuracy of teacher judgments of student responses to standardized test items. Journal of Educational Psychology, 78, 141–146.
(1998). Teachers’ judgments of students’ academic functioning: A comparison of actual and predicted performances. School Psychology Quarterly, 13, 8–24.
(1999). QualitätsSicherung in Schule und Unterricht. Materialen. Verfügbar unter www.quassu.net/seite4.htm/Leh_Unt1.pdf [21.02.2009].
(2004). Lehrerausbildung für Grundschule. In , Handbuch Lehrerausbildung (S. 315–324). Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
(2001). Selbst- und Fremdeinschätzungen der Kinderängstlichkeit. Zeitschrift für Differentielle und Diagnostische Psychologie, 22, 194–205.
(2003). Accuracy of teacher judgments in predicting oral reading fluency. School Psychology Quarterly, 18, 52–65.
(2001). In the eyes of the beholder: Students’ and teachers’ judgments of student motivation. Teaching and Teacher Education, 17, 321–331.
(2006). DEMAT 4: Deutscher Mathematiktest für vierte Klassen (1. Aufl.). Göttingen: Hogrefe.
(1995). Vereinbarkeit kognitiver und nichtkognitiver Ziele im Unterricht. Zeitschrift für Pädagogik, 4, 531–553.
(2004). Vergleichsarbeiten als Instrument zur Verbesserung der Diagnosekompetenz von Lehrkräften. In , Schulleitung und Schulentwicklung – Voraussetzungen, Bedingungen und Erfahrungen (S. 119–144). Hohengehren: Schneider Verlag.
(2002). Unterricht aus Sicht der Beteiligten. In , Die Studie MARKUS – Mathematik-Gesamterhebung Rheinland-Pfalz: Kompetenzen, Unterrichtsmerkmale, Schulkontext (S. 325–412). Landau: Verlag Empirische Pädagogik.
(2000). KFT 4–12 + R: Kognitiver Fähigkeitstest für 4. bis 12. Klassen, Revision (1. Aufl). Göttingen: Beltz-Test GmbH.
(2004). Lehrerausbildung für das Gymnasium und die Gesamtschule. In , Handbuch Lehrerausbildung (S. 335–350). Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
(1989). Teacher-based judgments of academic achievement: A review of literature. Review of Educational Psychology, 59, 297–313.
(1985). The concurrent validity of standardized achievement tests by content area using teachers’ ratings as criteria. Journal of Educational Measurement, 22, 177–182.
(2002). Diagnostische Kompetenz: Unterrichts- und lernrelevante Schülermerkmale und deren Einschätzung durch Lehrkräfte in der Unterrichtsstudie SALVE. In , Bildungsqualität von Schule: Schulische und außerschulische Bedingungen mathematischer, naturwissenschaftlicher und überfachlicher Kompetenzen (S. 65–82). Weinheim.
(2007). Lese(verständnis)test 7 Hessen. Verfügbar unter www.iq.hessen.de/irj/IQ_Internet?cid=1fbbf352bc6a30a8f8633be095fa7296 [19.10.2009].
(2000). Zum Zusammenspiel von schulischem Interesse und Lernen im Fach Mathematik: Längsschnittanalysen in den Sekundarstufen I und II. In , Interesse und Lernmotivation. Untersuchungen zu Entwicklung, Förderung und Wirkung (S. 163–180). Münster: Waxmann.
(1992). Das Interessenkonstrukt. Bestimmungsmerkmale der Interessenhandlung und des individuellen Interesses aus der Sicht einer Person-Gegenstands-Konzeption. In , Interesse, Lernen, Leistung: Neuere Ansätze der pädagogisch-psychologischen Interessenforschung (S. 297–329). Münster.
(1986). Grundzüge einer Interessentheorie. Zeitschrift für Pädagogik, 32, 163–173.
(2005). Der Einfluss von Expertise auf den Prozess der schulischen Leistungsbeurteilung. Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 37, 205–213.
(2001). Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 5. Dezember 2001. Verfügbar unter www.kmk.org/no_cache/presse-und-aktuelles/pm2001/einigung-mit-lehrerverbaenden.html?sword_list[0]=diagnostische&sword_list[1]=kompetenz [21.02.2009].
(2003). Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 6. März 2003. Verfügbar unter www.kmk.org/presse-und-aktuelles/pm2003/beschluss-zu-vertiefendem-pisa-bericht.html [21.02.2009].
(2007). Die BiKS-Studie. Methodenbericht zur Stichprobenziehung. Verfügbar unter psydok.sulb.uni-saarland.de/volltexte/2007/990/pdf/Methodenbericht_2007.pdf [28.05.2009].
(2005). ELFE 1–6: Ein Leseverständnistest für Erst- bis Sechstklässler (1. Aufl.). Göttingen: Hogrefe.
(2009). Fachspezifität und Stabilität diagnostischer Kompetenz von Grundschullehrkräften in den Fächern Deutsch und Mathematik. Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, 23, 211–222.
(2007). Umgang mit fehlenden Werten in der psychologischen Forschung. Probleme und Lösungen. Psychologische Rundschau, 58, 103–117.
(2005). DEMAT5+: Deutscher Mathematiktest für fünfte Klassen. Unveröffentlicht, Universität Leipzig.
(1997). Mathematics achievement in the primary school years: IEA’s third international mathematics and science study. Boston: Chestnut Hill, MA.
(2002). Skalenhandbuch PALMA 1. Messzeitpunkt (5. Klassenstufe). Universität München: Institut für Pädagogische Psychologie.
(1999–2006). R (Version 2.7.0). Verfügbar unter www.r-project.org/ [21.02.2009].
(2004). Elternarbeit in den bayerischen Schulen. Repräsentativ-Befragung zur Elternarbeit in den bayerischen Schulen im Sommer 2004. Nürnberg: Uni Press.
(1989). Diagnostische Kompetenzen von Lehrern und ihre Bedeutung für die Gestaltung und Effektivität des Unterrichts. Frankfurt am Main: Peter Lang.
(2006). Diagnostische Kompetenz von Eltern und Lehrern. In , Handwörterbuch Pädagogische Psychologie (3. Aufl., S. 95–100). Weinheim: Beltz.
(1987). Diagnostische Kompetenz von Lehrern: Komponenten und Wirkungen. Empirische Pädagogik, 1, 27–52.
(2007). Zusammenarbeit in Schulkollegien: Teamorientierung und Einstellungen zu Formen der Lehrerkooperation bei Bremer Lehrkräften. Verfügbar unter nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:46-dipl000000807 [20.02.2009].
(2005). Akkuratheit der Einschätzung von Schülermerkmalen durch Lehrer und das Konstrukt der diagnostischen Kompetenz. Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, 19, 85–95.
(2006). Lehrerkooperation in der Schule: Konzeption, Erfassung, Ergebnisse. Zeitschrift für Pädagogik, 2, 185–204.
(2006). Heterogenität in der Schule. Forschungsstand und Konsequenzen. Pädagogik, 3, 44–48.
(1995). Teaching Expertise: Theoretical conceptualizations, empirical findings, and some consequences for teacher training. In , Partnerships of schools and institutions of higher education in teacher development (S. 293–302). Beer-Shera, Israel: Ben Gurion University of the Negev Press.
(1990). Educational expertise: Closing the gap between educational research and classroom practice. School Psychology International, 11, 163–180.
(1998). CFT 20: Grundintelligenztest Skala 2 (4. Aufl.). Göttingen: Hogrefe.
(1995). Klassengröße und Genauigkeit von Schülerbeurteilungen. Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 1, 78–90.
(