Ist die psychologische Forschung durchlässig für aktuelle gesellschaftliche Themen?
Eine szientometrische Analyse am Beispiel Flucht und Migration mithilfe von Topic Modeling
Abstract
Zusammenfassung. Vor dem Hintergrund der Beziehung zwischen gesellschaftlichen Herausforderungen und entsprechenden Beiträgen der Wissenschaft wurde am Beispiel des Themenbereichs Flucht und Migration untersucht, inwiefern die psychologische Forschung jeweils aktuelle gesellschaftliche und politische Fragestellungen aufgreift, ob sie eine evidenzbasierte Grundlage für diese Fragestellungen schafft und welchen Teildisziplinen der Psychologie die Forschungsthemen zugeordnet werden können. Dazu wurden mit Structural Topic Modeling die Abstracts von 4.073 Publikationen aus den deutschsprachigen Ländern, dokumentiert in der psychologischen Referenzdatenbank PSYNDEX und veröffentlicht zwischen 1980 und 2017, analysiert. Es konnten 19 Themen identifiziert werden. Den stärksten zunehmenden Trend zeigten Traumatisierung von Flüchtlingen, transkulturelle Psychotherapie sowie die rehabilitative Behandlung von Patienten mit Migrationshintergrund. Im Bereich der Situation von Ausländern und Gastarbeitern, der Kriminalität von Jugendlichen sowie der sozialen Integration und Akkulturation mit Bezug zur ehemaligen DDR zeigte sich die deutlichste Abnahme der Wahrscheinlichkeit. Das Thema Sprachentwicklung von Migrantenkindern wies die höchste Wahrscheinlichkeit auf, von empirischen Studien behandelt zu werden, das Thema Identitätsentwicklung die höchste Wahrscheinlichkeit von nicht-empirischen Beiträgen. Zusammenfassend wird konstatiert, dass sich im Bereich von Flucht und Migration wesentliche gesellschaftliche und politische Entwicklungen in der psychologischen Fachliteratur widerspiegeln. Hinsichtlich empirischer Beiträge zu den Themen zeigt sich ein gemischtes Bild. Die meisten Themen haben einen klinisch-psychologischen Schwerpunkt, wobei jedoch auch andere Disziplinen vertreten sind. Methodisch kann festgehalten werden, dass der Topic-Model-Ansatz eine hilfreiche Methode für szientometrische Untersuchungen mit großen Textmengen darstellt.
Abstract. In the context of the scientific investigation of social challenges, and drawing on the example of refugees and migration, we investigated to what extent psychological research takes up current social and political issues, whether it provides an evidence-based foundation for addressing social challenges, and to which subdisciplines of psychology the research topics can be assigned. Specifically, the abstracts of 4,073 publications from German-speaking countries, documented in the psychological reference database PSYNDEX and published between 1980 and 2017, were analyzed using structural topic modeling. A total of 19 topics were identified. The most strongly increasing trend was shown for topics concerning the traumatization of refugees, transcultural psychotherapy, and rehabilitative treatment. Topics concerning the situation of foreigners and guest workers, juvenile crime, as well as social integration and acculturation in relation to the former German Democratic Republic showed decreasing trends. The topic of language development of migrant children had the highest probability of being addressed by empirical studies; the topic of identity development was most probable for nonempirical contributions. In summary, important social and political developments in the field of refugees and migration are reflected in psychological literature. A mixed picture emerges with regard to empirical contributions on the topics. Most topics have a clinical-psychological focus, but other disciplines are also represented. From a methodological perspective, the topic modeling approach has proved to be a helpful method for scientometric investigations within large text corpora.
Im Abschlussbericht zu den Perspektiven der Psychologie in Deutschland zählt der Wissenschaftsrat Migration zu den sogenannten „Großen gesellschaftlichen Herausforderungen“, deren Bewältigung psychologische Erkenntnisse erfordert (Wissenschaftsrat, 2018, S. 83). Doch wird Flucht und Migration überhaupt in der psychologischen Forschung thematisiert? Und wenn ja, in welchen Bereichen liegen diesbezügliche Erkenntnisse vor? Damit psychologische Forschung zur Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen beitragen kann, muss sie (1) diese Herausforderungen zunächst zum Thema machen. Grundlagenforschung und anwendungsorientierte Forschung, aber auch beispielsweise theoretische Diskussionen müssen sich damit befassen und ggf. bestehende Erkenntnisse darauf beziehen. Gerade angesichts der aktuellen „Replikationskrise“ sollten (2) Erkenntnisse dem Anspruch genügen, möglichst gesichert zu sein, um so zu einer evidenzbasierten Praxis beizutragen – nicht nur aus wissenschaftlicher, sondern auch aus ökonomischer und ethischer Sicht. Außerdem spielt es (3) eine Rolle, aus welcher fachlichen Perspektive konkrete Herausforderungen angegangen werden können. So wird sich etwa eine erfolgreiche Integration von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten nicht auf die Behandlung emotionaler Traumata (wo wir die Klinische Psychologie verorten können) beschränken lassen, sondern schließt vor dem Hintergrund von Sprach- und Identitätsentwicklung auch den Bereich schulischen Lernens ein (wo etwa die Entwicklungspsychologie und die Pädagogische Psychologie gefragt sind).
Von diesen Überlegungen ausgehend verfolgt die vorliegende Arbeit am Beispiel Flucht und Migration einen deskriptiven und explorativen Ansatz mit szientometrischen Methoden, um zu untersuchen, ob die psychologische Forschung durchlässig für aktuelle gesellschaftliche Themen ist. „Durchlässigkeit“ definieren wir dabei als inhaltliche Kongruenz (der Inhalt der Herausforderung spiegelt sich im Inhalt der Forschungsthemen wider) und zeitliche Korrespondenz (es können bezüglich Themenprävalenz Zusammenhänge zwischen Publikationsjahr und gesellschaftlichen Prozessen ausgemacht werden). Wenn die Psychologie durchlässig für gesellschaftliche Fragestellungen ist, dann sollten diese sich in den Forschungsthemen wiederfinden. Für den Zeitraum von 1980 bis 2017 wären im Bereich Flucht und Migration Themen zu erwarten, die in Zusammenhang stehen mit den innerbundesrepublikanischen Migrationsbewegungen nach der Wiedervereinigung, den fremdenfeindlichen Übergriffe in den 1990er Jahren, sowie den starken Migrationsbewegungen nach Deutschland 2015 und 2016, die unter anderem durch den syrischen Bürgerkrieg ausgelöst waren. Denn all diese Ereignisse lösten in der deutschen Gesellschaft tiefgreifende Debatten aus, die die Psychologie betrafen: Psychologische Expertise war nicht nur in der gesellschaftlichen Aufnahme von Geflüchteten gefragt, sondern auch in deren Behandlung nach Gewalterfahrungen sowie in der Begleitung tiefgreifender gesellschaftlicher Umwälzungen, wie sie etwa die Wiedervereinigung bewirkt hatte. Eine thematisch breite Suche Anfang April 2018 in PSYNDEX1, der Fachdatenbank für die Psychologie und ihrer Nachbargebiete in den deutschsprachigen Ländern, ergab für den Publikationszeitraum von 1980 bis 2017 4.933 Treffer im Bereich Flucht und Migration. Dabei bedarf es einer genaueren Betrachtung um festzustellen, welche Bezüge diese Publikationen zu dieser Thematik aufweisen.
Einen ersten Überblick zu den thematischen Schwerpunkten psychologischer Publikationen kann man durch das Klassifikationssystem der PSYNDEX-Einträge erlangen, welches den „Classification Codes“2 im Thesaurus of Psychological Index Terms (Tuleya, 2007; ZPID, 2016) der American Psychological Association (APA) entspricht. So zeigt sich, dass von den 4.933 Fachbeiträgen 2.360 (47,84 %) in die Kategorien „Psychische und physische Störungen“ oder „Behandlung und Prävention“ bzw. deren Unterkategorien fallen3, welche den Kernbereichen der Klinischen Psychologie entsprechen. Der hierarchischen Tiefe dieses Klassifikationssystems folgend könnten nun noch genauere Untersuchungen vorgenommen werden, etwa wie viele Beiträge sich mit „Neurosen und Angststörungen“ befassen. Eine solche klassifikations- und häufigkeitsbasierte Herangehensweise stellt einen verschiedenfach eingesetzten szientometrischen Ansatz in der Psychologie dar (z. B. Preckel & Krampen, 2016). Allerdings können vorab definierte Klassifikationen für die gesamte psychologische Forschung nur einen begrenzten Detailgrad erreichen oder es müssen erst spezifische Klassifikationen von Forschungsthemen für den jeweiligen Bereich erstellt werden (Solga & Blickle, 2006). Dazu kommt, dass bei einem solchen top-down-Vorgehen nur das gefunden werden kann, wofür à priori eine Kategorie festgelegt wurde. Auch eine anschließende Häufigkeitsauszählung von standardisierten Schlagworten entsprechend des APA-Thesaurus würde nur einen begrenzten Zugewinn an Informationen erzielen, da unklar bliebe, welche Schlagwort-Kombinationen besonders häufig sind. Dabei wäre dies von entscheidender Bedeutung, da es einen Unterschied macht, ob etwa das Schlagwort „Refugees“ oft mit „Emotional Trauma“ und „War“ oder mit „Social Casework“ und „Child Welfare“ vergeben wurde. Eine manuelle Suche aller möglichen Schlagwort-Kombinationen ist angesichts eines Thesaurusumfangs von mehr als 6.000 Begriffen praktisch nicht zu bewerkstelligen. Schließlich würde eine klassische inhaltsanalytische Auswertung von Abstracts bei den knapp 5.000 Publikationen zum Thema Flucht und Migration ebenso an ihre Grenzen stoßen.
Topic Modeling (z. B. Blei, Ng & Jordan, 2003) ist eine Methode aus dem Maschinenlernen und stellt einen vielversprechenden Ansatz dar, um die eben genannten Nachteile des top-down-Filters und des hohen Aufwandes zu überwinden. Hierbei handelt es sich um eine automatisierte Inhaltsanalysetechnik, mit der die latente thematische Struktur eines gegebenen Textkorpus untersucht werden kann (Maier et al., 2018). Dies bedeutet, dass die Themen datengeleitet und ohne vorherige Annahmen, also bottom-up ermittelt werden. Ähnlich einer Clusteranalyse werden dazu diejenigen Wörter identifiziert, welche häufig gemeinsam innerhalb eines Textdokuments auftreten. Diese Cluster entsprechen den Themen im Korpus. Ausführlichere Beschreibungen zu Topic Modeling finden sich etwa bei Blei (2012) oder Maier und Kolleginnen und Kollegen (2018). Die Interpretation und Validität der gefundenen Themen hängt von der Qualität der analysierten Texte ab („Garbage-In-Garbage-Out“-Problematik). Hier stellen die in PSYNDEX nachgewiesenen Abstracts eine besonders günstige Ausgangslage dar, da von den PSYNDEX-Mitarbeitenden sichergestellt wird, dass ein Abstract auch tatsächlich den Inhalt des Beitrags widerspiegelt und den Kriterien der Vollständigkeit, Genauigkeit, Objektivität, Kürze, Verständlichkeit und Fachlichkeit entspricht (Gerards, Gerards, Kuhberg-Lasson, Singleton & Trierweiler, 2014, S. 4 f.).
Fragestellungen
Am Beispiel von Flucht und Migration geht die vorliegende Studie folgenden inhaltlichen Fragen nach:
- 1.Ist die psychologische Forschung durchlässig für jeweils aktuelle gesellschaftliche und politische Fragestellungen?
- 2.Wird sie dem Anspruch gerecht, eine evidenzbasierte Grundlage für diese Fragestellungen zu schaffen?
- 3.Welchen psychologischen Teildisziplinen können die Forschungsthemen zugeordnet werden?
Dazu wird untersucht, welche Themen psychologische Publikationen aus den deutschsprachigen Ländern im Bereich Flucht und Migration behandeln und welche Trends zwischen 1980 und 2017 ausgemacht werden können. Um erste Hinweise zur Evidenzbasierung zu finden wird analysiert, welche Themen besonders empirisch erforscht werden und welche Themen blinde Flecken und Desiderate empirischer Forschung darstellen. Schließlich werden die Themeninhalte einem Klassifikationssystem psychologischer Forschung gegenübergestellt, um sie den Teildisziplinen zuordnen zu können.
Methode
Daten
Datengrundlage bildeten die Abstracts der in PSYNDEX nachgewiesenen Zeitschriftenartikel, Fachbücher, Buchkapitel, Berichte und Dissertationen aus den deutschsprachigen Ländern mit Stand vom 20. 03. 2018. Eingeschlossen wurden Beiträge, die zwischen 1980 und 2017 publiziert wurden, ein Abstract in deutscher Sprache aufwiesen, und mit mindestens einem der folgenden standardisierten Schlagwörter entsprechend des APA-Thesaurus (Tuleya, 2007; ZPID, 2016) versehen waren: „Refugees“, „Human Migration“, „Immigration“, „Asylum Seeking“, „Political Asylum“, „Expatriates“, „Foreign Workers“, „Migrant Farm Workers“4. Ausgeschlossen wurden Biografien und historische Quellen (wie etwa Wiederveröffentlichungen und Sammlungen bereits erschienener Beiträge), da diese die Abbildung zeitlicher Trends potenziell verzerren können. Dies resultierte in einem Korpus mit N = 4.073 Publikationen.
Software
Die Analysen wurden mit RStudio 1.1.414 (RStudio Team, 2016) basierend auf R 3.4.3 (R Core Team, 2017) durchgeführt. Für Text Mining und Topic Modeling wurde das Paket stm 1.3.3 (Roberts, Stewart & Tingley, in press) verwendet. Weitere Operationen wurden mit dplyr 0.7.4, lattice 0.20 – 35, readr 1.1.1, splitstackshape 1.4.2 und Xmisc 0.2.1 durchgeführt.
Text Mining und Topic Modeling
Um Wörter auszuschließen, die zwar häufig in wissenschaftlichen Abstracts vorkommen, jedoch keinen inhaltlichen Beitrag liefern (wie etwa „Studie“, „Untersuchung“, „Ergebnis“ usw.), wurde eine stopword-Liste (einsehbar im ESM 1) erstellt. Wörter dieser Liste wurden aus dem Korpus entfernt. Aufbauend auf der Empfehlung von Banks, Woznyi, Wesslen und Ross (2018) wurden wieterhin solche Wörter ausgeschlossen, die in weniger als sechs der Abstracts (im Folgenden entsprechend der Topic-Modeling-Terminologie als Dokument bezeichnet) enthalten waren, und es wurden Zahlen und Sonderzeichen entfernt. Auf das Kürzen von Wörtern auf ihren Wortstamm („stemming“) wurde einerseits zwecks besserer Lesbarkeit verzichtet, da Voruntersuchungen keinen Einfluss von stemming auf das Ergebnis zeigten. Andererseits können wichtige Differenzierungen („Flüchtlinge“ versus „Geflüchtete“) verloren gehen. Weiterhin zeigten Schofield und Mimno (2016), dass stemming negativen Einfluss auf die Topic-Stabilität haben kann. Das so aufbereitete Korpus wurde mit Structural Topic Modeling (Roberts et al., 2014) analysiert. Dabei wurden die Studienmethodik (empirisch vs. nicht-empirisch entsprechend der Metadaten in PSYNDEX) und das Publikationsjahr als Kovariaten der Topic-Prävalenz modelliert, das heißt es wurde angenommen, dass beide Merkmale einen Einfluss auf die Themenwahrscheinlichkeit haben. Dazu wurde mittels linearer Regression das Kriterium Dokument-Topic-Wahrscheinlichkeit θ auf die Prädiktoren Studienmethodik und Publikationsjahr regrediert. Die Anzahl k an Themen wurde über die „heldout likelihood“ (HL)-Methode ermittelt, was als der übliche Ansatz gilt (Kosinski, Wang, Lakkaraju & Leskovec, 2016). Basierend auf stichprobenhaften Tests für k wurden HL-Werte für 5 bis 40 Themen überprüft. Lineare zeitliche Trends der mittleren Dokument-Thema-Wahrscheinlichkeiten θ wurden entsprechend Griffiths und Steyvers (2004) über lineare Regressionen ermittelt. Der vollständige R-Code der Analysen ist im ESM 2 zu finden.
Ergebnisse
Das Vokabular im Korpus bestand aus 5.569 verschiedenen Wörtern und es konnten 19 Themen identifiziert werden. Der Anteil empirischer Studien betrug insgesamt 36,1 %, der Anteil nicht-empirischer Beiträge 63,9 %. Tabelle 1 zeigt für das jeweilige Thema die wahrscheinlichsten Wörter sowie die sowohl häufigen als auch exklusiven Wörter.

Abbildung 1 zeigt für jedes Thema den Verlauf der mittleren Dokument-Thema-Wahrscheinlichkeit θ über die Zeit. Signifikante (p < .01) Steigungen konnten für neun positive und vier negative Trends gefunden werden. Den stärksten zunehmenden linearen Trend zeigten Publikationen zu Traumatisierung von Flüchtlingen (Thema 12), transkultureller Psychotherapie (Thema 14) sowie der rehabilitativen Behandlung von Patienten mit Migrationshintergrund (Thema 18). Am stärksten nahm die Wahrscheinlichkeit für die Themen Situation von Ausländern und Gastarbeitern (Thema 9), Kriminalität von Jugendlichen (Thema 16) sowie soziale Integration und Akkulturation mit Bezug zur ehemaligen DDR (Thema 13) ab.

Abbildung 2 zeigt, welche Themen mit höherer Wahrscheinlichkeit von nicht-empirischen bzw. empirischen Beiträgen aufgegriffen wurden. Abgebildet sind für jedes Thema die durch ein Regressionsmodell erwarteten Differenzen in der mittleren Dokument-Thema-Wahrscheinlichkeit θ zwischen empirischen bzw. nicht-empirischen Studien einschließlich der 95 %-Konfidenzintervalle. Bis auf Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung (Thema 5) wiesen alle Themen signifikante Unterschiede auf. Das Thema Sprachentwicklung von Migrantenkindern (Thema 8) wies die höchste Wahrscheinlichkeit auf, von empirischen Studien behandelt zu werden, gefolgt von den Themen psychische Störungen bei Migranten (Thema 4) und Schüler mit Migrationshintergrund (Thema 2: „migrationshintergrund, schüler, schülern“). Die höchste Wahrscheinlichkeit, von nicht-empirischen Beiträgen aufgegriffen zu werden, hatte das Thema der Identitätsentwicklung (Thema 17), gefolgt von interkultureller Beratung (Thema 10) und transkultureller Psychiatrie (Thema 14).

Analog zu Griffiths und Steyvers (2004) werden in Abbildung 3 zum Zweck der inhaltlichen Validierung die Themen dem PSYNDEX-Klassifikationsschema gegenübergestellt. In diesem Levelplot werden die mittleren Dokument-Thema-Wahrscheinlichkeiten θ der Themen getrennt nach Klassifikation der Dokumente dargestellt. Zwecks Übersichtlichkeit sind nur die zehn häufigsten Hauptklassifikationen dargestellt (das komplette Klassifikationssystem umfasst insgesamt 157 Kategorien), wobei diese zehn Hauptklassifikationen (inklusive Unterkategorien) 96,25 % aller den Dokumenten zugewiesenen Klassifikationen abdecken. Je dunkler eine Zelle ist, desto höher ist das mittlere θ; das heißt, dass ein Thema in Dokumenten mit dieser Klassifikation besonders hervorsticht. Bei annähernder Gleichverteilung der Themen innerhalb der Klassifikation sind die Zellen der entsprechenden Zeile weiß (da für 19 Themen die durchschnittliche Themen-Wahrscheinlichkeit 1/19 = 0,053 beträgt; siehe Einteilung der Graustufen in Abbildung 3). So zeigt sich etwa, dass Dokumente, die mit „36** Arbeits- und Organisationspsychologie“ klassifiziert sind, am wahrscheinlichsten Thema 1 („ausland, interviews, unternehmen“) behandeln. Währenddessen greifen Dokumente mit Klassifikation „33** Behandlung und Prävention“ vor allem drei Themen auf: Thema 6 („patienten, behandlung, erfahrungen“), 10 („migranten, beratung, interkulturellen“) und 12 („flüchtlingen, flüchtlinge, traumatisierten“). Die Klassifikation „29** Gesellschaftliche Systeme“ verteilt sich annähernd gleich auf alle Themen.

Diskussion
Die vorliegende Studie verwendete Structural Topic Modeling (Roberts et al., 2014), um Themen mit Bezug zu Flucht und Migration in psychologischen Fachpublikationen aus den deutschsprachigen Ländern für den Zeitraum von 1980 bis 2017 zu identifizieren. Dies diente der Beantwortung der Fragen, ob die psychologische Forschung durchlässig für jeweils aktuelle gesellschaftliche und politische Themen ist, ob sie eine evidenzbasierte Grundlage für diese Fragestellungen schafft und welchen psychologischen Teildisziplinen die Themen zugeordnet werden können.
Forschungstrends im historischen Kontext
Zur Validierung der Themeninhalte kann überprüft werden, ob ihre zeitlichen Verläufe mit gesellschaftlichen Entwicklungen und Ereignissen korrespondieren (z. B. Evans, 2014). Kausalitäten können bei einer solchen inhaltlichen Validierung mit den genutzten Methoden nicht festgestellt werden, aber ablesbare inhaltliche Schwerpunktsetzungen in der psychologischen Fachliteratur können in ihren Zeitverläufen in gesellschaftliche Kontexte eingeordnet werden. Dabei ist zu beachten, dass Publikationen von Fachbeiträgen einer Latenzzeit von ein bis zwei Jahren unterliegen (Krampen, Montada, Müller & Schui, 2004), wobei dieser Zeitraum sowohl durch Faktoren wie die Dauer der Datenerhebung (vgl. hierzu Abbildung 3 zur Unterscheidung eher empirisch vs. nicht-empirisch adressierter Themen) oder des Review- und Veröffentlichungsprozesses als auch das gesamtgesellschaftliche Interesse an der Thematik sehr unterschiedlich ausfallen kann. Somit soll die erste Fragestellung zur Durchlässigkeit psychologischer Fachbeiträge für gesellschaftliche und politische Themen aufgegriffen werden.
Die identifizierten Themen folgen in einigen Zeitabschnitten deutlich den politischen und gesellschaftlichen Debatten, die zu jenen Zeitpunkten geführt wurden (vgl. im Folgenden Abbildung 1): Die vermehrte Beschäftigung der psychologischen Fachliteratur mit der Akkulturation Anfang der 1990er Jahre (Thema 13, welches die Begriffe „Integration“ und „Assimilation“ wie auch „Identität“ und „Identifikation“ einschließt) könnte einerseits von einem Aufgreifen der Migration im Zuge des Zerfalls des Ostblocks (vgl. zur Zuwanderung aus Osteuropa: Herbert, 2001, S. 273 – 278), andererseits vom Ringen der zuvor jahrzehntelang getrennten Gesellschaften Ost- und Westdeutschlands mit der deutschen Wiedervereinigung zeugen. So fungierten „[a]ngesichts der enormen deutsch-deutschen Integrationsprobleme […] Ausländer für manche Politiker, Medien und Bürger als Sündenböcke“ (Pagenstecher, 2008, S. 611). Die fremdenfeindlichen, zum Teil tödlichen Angriffe und die ausufernde Gewalt gegen Migrantinnen und Migranten – nicht nur in Hoyerswerda, Rostock und Solingen – bestimmten die Tagespresse. Auch die psychologische Fachliteratur setzte in dieser Zeit inhaltliche Schwerpunkte im Themenfeld der Migration häufig rund um Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Rechtsextremismus und Gewalt (Thema 5) und zeigte sich damit durchlässig für aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen der Bundesrepublik.
Obwohl in beiden Themen eine enge Verbindung zu den aktuellen gesellschaftlichen Debatten festzustellen ist, wäre es falsch, von der Zahl der nach Deutschland migrierenden Menschen auf die Präsenz des Themas Migration in der Fachliteratur zu schließen: Obgleich die Zahl der Asylanträge zu Beginn der 2000er Jahre auf vergleichsweise niedrigem Stand war, ist in diesem Zeitraum eine klare Zunahme von Publikationen bezogen auf Thema 12, das unter anderem die Stichworte Flüchtlinge, Trauma und Folter umfasst, erkennbar. Warum ist dieses Thema gerade zu Beginn des neuen Jahrtausends von Interesse für die psychologische Fachliteratur? Der NATO-Einsatz im Kosovo und die Zustimmung des Bundestages zur deutschen Beteiligung unter Bundeskanzler Gerhard Schröder 1998 konfrontierten die deutsche Bevölkerung Anfang der 2000er Jahre mit den Themen Gewalt und Trauma. Die deutsche Politik debattierte zugleich über das Staatsangehörigkeitsrecht und die künftige Einwanderungspolitik. Der 11. September 2001, die folgende weitreichende Debatte um die Legitimität von Foltermaßnahmen als Verhörmethode bei Terroristen sowie der Irakkrieg ab 2003, an dem sich Deutschland nicht militärisch beteiligte, verstärkten diese Sensibilisierung. Der Abu-Ghuraib-Folterskandal, der 2004 in den Medien publik wurde, brachte das Thema der Folter auf die Titelseiten der Zeitungen weltweit (Paul, 2008). Dass sich die psychologische Fachliteratur ab Beginn des neuen Jahrtausends also verstärkt mit den Themen Flucht, Folter, Traumatisierung und ihrer Behandlung insgesamt beschäftigte, spricht für eine Durchlässigkeit der Psychologie für aktuelle Fragestellungen. Diese Zunahme ist zum Teil aber auch auf ein methodisches Artefakt zurückzuführen, da 2002 eine Jubiläumsfestschrift eines Behandlungszentrums für Folteropfer erschien, deren Einzelbeiträge 15 % aller eingeschlossenen Beiträge in diesem Jahr ausmachten. Geflüchtete, Folter, Traumata und die Behandlung psychischer Auswirkungen von Gewalterfahrungen (Thema 12) beschäftigten die psychologische Fachliteratur erneut ab 2015 intensiv. Es kann angenommen werden, dass die Fachliteratur zu diesem Zeitpunkt auf die stark steigende Zahl von Menschen reagierte, deren Flucht von Krieg und Gewalt ausgelöst war (etwa durch den syrischen Bürgerkrieg) und die in Deutschland psychologischer Unterstützung bedurften.
Betrachtet man die Gesamtheit der Trends in ihren Verläufen von 1980 bis heute, lassen sich auch Indizien für einen Wandel in der Sprache der psychologischen Fachliteratur nachzuvollziehen, der von einer sich ändernden Sichtweise auf die Migration zeugt: Die Bezeichnung von Migranten changiert im Laufe der Zeit von „Gastarbeitern“ (Thema 9), „Ausländern“ (Themen 9 und 5) über „Flüchtlinge“ (Thema 12) hin zu „Geflüchteten“ (Thema 3). Einerseits weist diese Entwicklung auf sich wandelnde Ursachen von Migrationsbewegungen hin (vgl. zu diesen Ursachen: Herbert, 2001), andererseits auf das Bemühen der Autorinnen und Autoren, sprachliche Diskriminierung abzubauen. Eine genauere Untersuchung der zeitlichen Veränderung sprachlicher Bezeichnungen in der psychologischen Fachliteratur könnte Gegenstand zukünftiger Forschung sein.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich die psychologische Fachliteratur sowohl den Folgen der deutsch-deutschen Wiedervereinigung als auch dem verstärkten Zuzug von Geflüchteten ab 2015 ausgiebig widmete und sich damit aktueller gesellschaftlicher Fragestellungen annahm (vgl. auch den Anstieg von Thema 3 zu Projekten mit Geflüchteten ab 2015 und von Thema 2 zu Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund ab 2000). Die starke Beschäftigung mit den Themen Flucht und Folter Anfang der 2000er Jahre, als die Zahl der Asylanträge in Deutschland vergleichsweise niedrig war, lässt eine Vermutung zu: Die Wahrnehmung, welche Themen für die psychologische Fachwelt als relevant eingestuft wurden, veränderte sich um die Jahrtausendwende im Zuge der Digitalisierung und der Globalisierung. Vormals räumlich weit entfernte Gewalterfahrungen kamen nicht nur durch Migranten, sondern auch durch die sich globalisierende Medienwelt unmittelbarer als zuvor nach Deutschland und mahnten die deutsche Fachwelt, Lösungswege zur Linderung der Folgen von Gewalterfahrungen zu erarbeiten.
Empirische Beiträge zu den Themen
Im Rahmen der zweiten Fragestellung sollten erste Hinweise auf den Stand der Evidenzbasierung ausgemacht werden. Für 18 der 19 Themen konnten signifikante Unterschiede in der erwarteten Differenz der mittleren Dokument-Thema-Wahrscheinlichkeit zwischen empirischen bzw. nicht-empirischen Studien gefunden werden. Bei den Themen mit hoher Wahrscheinlichkeit, von nicht-empirischen Beiträgen aufgegriffen zu werden, könnte dies ein Hinweis auf bestehende empirische Forschungslücken und -desiderate sein. Dabei gilt es aus Perspektive des Forschungsprozesses zu berücksichtigen, dass bei neuen Forschungsthemen theoretische Studien, Diskussionen oder Fallberichte einer empirischen Prüfung vorausgehen. Für Thema 17 zur Identitätsentwicklung beispielsweise sind die fünf für dieses Thema repräsentativsten Beiträge allesamt Fallberichte (eine Liste mit den Nachweisnummern der für jedes Thema zehn repräsentativsten Publikationen ist im ESM 3 zu finden). Unter den 100 typischsten Beiträgen dieses Themas finden sich 64 Fall- und Erfahrungsberichte, bei Thema 12 zur Traumatisierung von Flüchtlingen sind dies 33. Mit Blick auf die nicht-empirischen klinisch-psychologischen Themen fallen relativ hohe Anteile von Diskussionen von Versorgungsstrukturen auf. So sind dies bei Thema 10 (interkulturelle Beratung) 18 % und bei Thema 14 (transkulturelle Psychiatrie) 16 %. Dies ist vor dem Hintergrund der Herausforderungen in der Gesundheitsversorgung einer Gesellschaft mit rasch ansteigendem Anteil von Migrantinnen und Migranten zu sehen. Auf der Seite der Themen mit hoher Wahrscheinlichkeit, von empirischen Studien adressiert zu werden, stehen vor allem Thema 8 (Sprachentwicklung), Thema 4 (psychische Störungen) und Thema 2 (Schüler mit Migrationshintergrund). Sprachentwicklung darf im Kontext vieler Testverfahren5 (siehe auch Abbildung 3 und den Zusammenhang mit Klassifikation „22** Psychometrie, Statistik und Methodik“) als gut operationalisiertes Konstrukt angesehen werden, epidemiologische und Interventionsstudien zu psychischen Störungen sind per se empirisch und ein Blick auf Tabelle 1 bei Thema 2 zeigt, dass hier mit IGLU, PISA und TIMSS drei große empirische Bildungsstudien aufgeführt sind. Solche Themen mit hoher Wahrscheinlichkeit, von empirischen Studien aufgegriffen zu werden, könnten ein Ausgangspunkt für Forschungssynthesen sein, um genauere Erkenntnisse zur empirischen Evidenz zu erhalten. Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass sich hinsichtlich empirischer Studienanteile der Themen und entsprechender Beiträge zur Evidenzbasierung ein gemischtes Bild zeigt.
Bezüge zu psychologischen Teildisziplinen
Für die dritte Fragestellung sollte untersucht werden, welchen psychologischen Teildisziplinen die gefundenen Themen zugeordnet werden können. Da mittels Topic Modeling häufig miteinander vorkommende Wörter als Themen identifiziert werden, deren semantische Bedeutung jedoch nicht direkt offengelegt wird, werden idealerweise die Themeninhalte zur besseren Interpretation anhand statistischer oder externer Kriterien validiert (Maier et al., 2018). Bezogen auf die Frage, welche Themen die psychologische Forschung im Bereich Flucht und Migration behandelt, können Klassifikationen psychologischer Forschung als externe Kriterien der Themenvalidität herangezogen werden. Für vier Themen (Thema 4: „migranten, störungen, deutschen“, Thema 6: „patienten, behandlung, erfahrungen“, Thema 10: „migranten, beratung, interkulturellen“ und Thema 12: „flüchtlingen, flüchtlinge, traumatisierten“; vgl. Abbildung 3 und Tabelle 1) kann anhand der Klassifikationen ein Bezug zur Klinischen Psychologie festgestellt werden. Da die Themen der transkulturellen Psychotherapie (Thema 14) und der rehabilitativen Behandlung von Patienten mit Migrationshintergrund (Thema 18) inhaltlich ebenfalls diesem Bereich zugeordnet werden können, macht somit unter den klassischen Anwendungsfächern die Klinische Psychologie den größten Teil der gefundenen Themen zu Flucht und Migration aus. Dies entspricht der insgesamt starken Dominanz klinisch-psychologischer Beiträge in der Psychologie (Krampen & Perrez, 2015). Der Pädagogischen Psychologie können zwei Themen zugeordnet werden (Thema 2: „migrationshintergrund, schüler, schülern“ und Thema 8: „kinder, kindern, eltern“), ebenso wie der Entwicklungspsychologie (Thema 7: „jugendlichen, migrationshintergrund, jugendlichen“ und Thema 8: „kinder, kindern, eltern“), der Sozialpsychologie (Thema 5: „fremdenfeindlichkeit, diskriminierung, einstellungen“ und Thema 13: „akkulturation, soziale, deutschen“) und der Forensischen Psychologie (Thema 12: „flüchtlingen, flüchtlinge, traumatisierten“ und Thema 16: „deutschen, mädchen, jugendlichen“). Der Arbeits- und Organisationspsychologie entspricht Thema 1 („ausland, interviews, unternehmen“).
Methodische Diskussion
Dem explorativ-deskriptiven und szientometrischen Charakter dieser Studie entsprechend wurden die inhaltlichen Forschungsfragen und ihre Kriterien nicht deduktiv beispielsweise aus einem allgemeinen Modell zum Zusammenhang von gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Diskursen abgeleitet. Dies wäre für zukünftige Forschung sicherlich wünschenswert, um Hypothesen zu generieren und zu prüfen. So könnten etwa das Konzept der „Durchlässigkeit“ und seine empirischen Voraussetzungen weiter präzisiert werden. Im Kontext wissenschaftsphilosophischer Überlegungen könnte diskutiert werden, was psychologische Forschung aufgrund aktuell drängender Problemlagen überhaupt leisten kann oder muss – vor allem angesichts sehr schneller Veränderungen der Gesellschaft, wie sie durch die sogenannte “Flüchtlingskrise“ 2015 ausgelöst wurden.6 Auf diese Weise könnte die zeitliche Korrespondenz von gesellschaftlichen Entwicklungen und Publikationsspitzen psychologischer Fachbeiträge über eine deskriptive Betrachtung hinausgehend geprüft werden, etwa durch Vergleich einer Trendprognose (anhand der Daten vor einem Ereignis) mit dem tatsächlichen Verlauf.
Die 19 gefundenen Themen decken ein breites Spektrum an Inhalten ab, welche nur teilweise mit dem APA-Klassifikationssystem korrespondieren (siehe Abbildung 3). Dass aus Sicht der Klassifikationskategorien Beiträge zu „29** Gesellschaftliche Strukturen“ am häufigsten waren, ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass vor allem die Unterkategorie „2910 Soziale Strukturen“ explizit die Folgen von Migration erfasst (Gerards et al., 2014, S. 41). Dies erklärt, warum sich diese Klassifikation in Abbildung 3 nahezu gleich auf alle Themen verteilt. Als Themen mit deutlich zunehmendem Trend konnten die Traumatisierung von Flüchtlingen (Thema 12), transkulturelle Psychotherapie (Thema 14) sowie die rehabilitative Behandlung von Patienten mit Migrationshintergrund (Thema 18) ermittelt werden. Dies korrespondiert mit zwei der Brennpunktthemen der gesamten psychologischen Forschung bei Bittermann und Fischer (2018).
In dieser Studie wurden wissenschaftliche Abstracts in deutscher Sprache untersucht, weshalb insgesamt knapp 15 % der Beiträge zum Thema Flucht und Migration aufgrund englischer Abstract-Sprache ausgeschlossen wurden (englische Begriffe hätten eigene Themen gebildet). Außerdem weist Thema 18 darauf hin (siehe Tabelle 1), dass englische Begriffe auch in deutschsprachigen Abstracts vorkommen können. Topic-Modeling-Verfahren, welche Mehrsprachigkeit berücksichtigen (z. B. Vulić, De Smet, Tang & Moens, 2015), könnten in zukünftigen Studien eine Möglichkeit darstellen, weitere Publikationen einzubeziehen. Dies ist besonders angesichts des zunehmenden Trends englischsprachiger Publikationen aus den deutschsprachigen Ländern wichtig (Schui & Krampen, 2016).
Trends wurden analog zu Griffiths und Steyvers (2004) mittels linearer Regression unter Einbezug des gesamten Zeitraumes, also von 1980 bis 2017, ermittelt. Denkbar wäre, den Zeitraum kürzer zu fassen, um besonders aktuelle Themen zu identifizieren. Somit würden Themen, die erst kürzlich einen starken Anstieg verzeichnen (siehe Thema 3 in Abbildung 1) deutlicher hervortreten. Die Auswahl eines geeigneten Zeitfensters müsste dabei unter Berücksichtigung der Latenzzeit des Publikationsprozesses getroffen werden.
Schlussfolgerung
Im Bereich von Flucht und Migration spiegeln sich wesentliche gesellschaftliche und politische Entwicklungen in der psychologischen Fachliteratur wider. Hinsichtlich empirischer Beiträge zu den Themen zeigt sich ein gemischtes Bild. Die meisten Themen haben einen klinisch-psychologischen Schwerpunkt, wobei jedoch auch andere Disziplinen vertreten sind. Methodisch kann konstatiert werden, dass der Topic-Model-Ansatz eine geeignete Methode für szientometrische Untersuchungen mit großen Textmengen darstellt. Für zukünftige Forschung kann von Interesse sein, ob mithilfe dieser Methode auch überprüft werden kann, ob – wie vom Wissenschaftsrat (2018) gefordert – der Transfer psychologischer Erkenntnisse in die Öffentlichkeit gelingt bzw. wie dazu beigetragen werden kann.
Elektronische Supplemente (ESM)
Die elektronischen Supplemente sind mit der Online-Version dieses Artikels verfügbar unter https://doi.org/10.1026/0033-3042/a000426
Literatur
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(
1 freier Zugriff über www.PubPsych.de; benutzte Suchsyntax mit global in PSYNDEX verfügbaren standardisierten Suchbegriffen: ((CT = „Refugees“ OR CT = „Human Migration“ OR CT = „Immigration“ OR CT = „Asylum Seeking“ OR CT = „Political Asylum“ OR CT = „Expatriates“ OR CT = „Foreign Workers“ OR CT = „Migrant Farm Workers“) PY < 2018 AND PY > 1979) DB = „PSYNDEX“
2 Eine Liste aller Classification Codes kann unter http://www.apa.org/pubs/databases/training/class-codes.aspx abgerufen werden.
3 obige Suche ergänzt um „AND (SH = 32* OR SH = 33*)“
4 Die Suche erfolgte ausschließlich über standardisierte Suchbegriffe, da diese anhand des APA-Thesaurus vollständig definiert werden können und um potenzielle Verzerrungen durch eine subjektive Auswahl freier Suchbegriffe zu vermeiden.
5 Eine Suche im Datenbanksegment PSYNDEX Tests via „(CT = “language development“ seg = Test) DB = PSYNDEX“ erbrachte im April 2018 167 Treffer.
6 Diesen Gedanken verdanken wir einer anonymen Gutachterin/einem anonymen Gutachter.