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Open AccessOriginalarbeit

Weimar, Hitler und „die Deutschen“ – ein sozialpsychologisches Bedingungssystem

Aufstieg und Akklamation der nationalsozialistischen Bewegung im Lichte der Theorie der kognizierten Kontrolle

Published Online:https://doi.org/10.1026/0033-3042/a000556

Abstract

Zusammenfassung. Zahlreiche Studien weisen darauf hin, dass Menschen ein Grundbedürfnis nach Kontrolle haben. Die Theorie der kognizierten Kontrolle definiert ein Kontrollerleben als die Möglichkeit oder Wahrnehmung, Phänomene erklären, vorhersagen und / oder beeinflussen zu können. Aus Sicht der Autor_innen kann diese Theorie einen aufschlussreichen Beitrag zur Analyse des Aufstiegs der nationalsozialistischen Bewegung in Deutschland und der Akklamation weiter Teile der Bevölkerung leisten. Das Ende des Ersten Weltkriegs und die Jahre der Weimarer Republik waren geprägt von gravierenden Krisenerscheinungen, die vor dem Hintergrund der gesellschaftlich verbreiteten Wahrnehmungs- und Einstellungsmuster bei weiten Teilen der damaligen deutschen Bevölkerung das Erleben eines Kontrollverlustes auslösten. Gleichzeitig verliehen Hitler und die nationalsozialistische Bewegung diesem Erleben Ausdruck, dramatisierten es, griffen mit einfachen „Erklärungen“ und „Lösungen“ damals verbreitete Vorurteile und Sehnsüchte auf und stellten die kognizierte Kontrolle in der Wahrnehmung weiter Bevölkerungskreise nach ihrer „Machtergreifung“ durch ihre Aktivitäten und Propaganda wieder her. Auf Grundlage der Theorie der kognizierten Kontrolle werden die Etablierung der nationalsozialistischen Diktatur, ihre Akzeptanz und Unterstützung durch weite Teile der deutschen Bevölkerung in einem systematischen Rahmen analysiert. Zudem bietet die Theorie in Bezug auf gegenwärtige Entwicklungen hin zu antiliberalen Gesellschaften und Regimen einen aufschlussreichen Analyserahmen und Anhaltspunkte für die Prävention solcher Entwicklungen.

Weimar, Hitler and “the Germans” – a Framework of Social-Psychological Conditions: Rise and Acclamation of the National Socialist Movement in Light of the Theory of Cognitive Control

Abstract. Numerous studies indicate that people have a fundamental need for control. The theory of cognitive control defines the experience of control as the real or perceived possibility to explain, to predict, and / or to influence phenomena. The authors maintain that the theory of cognitive control makes a revealing contribution to the analysis of the rise of the National Socialist movement in Germany, and particularly of its widespread acclamation among the population at that time. The end of World War I and the years of the Weimar Republic were characterized by severe crises that interacted with prevailing patterns of perception and attitude. Together they caused an experience of loss of control among significant segments of the German population. At the same time, Hitler and the National Socialist movement gave expression to this experience, dramatized, and aggravated the situation, and presented simple “explanations” and “solutions” that appealed to the prevailing needs and prejudices. After their “seizure of power,” and by means of their political actions and propaganda, the National Socialists re-established cognitive control, as perceived by many German contemporaries. Based on the theory of cognitive control, the rise and the consolidation of the National Socialist dictatorship and its approval and support by large parts of the German population are analyzed in a systematic framework. Moreover and with regard to current developments toward antiliberal societies and regimes, the theory offers an effective framework for analysis as well as reference points to avert portentous processes of that kind.

In diesem Beitrag wird auf Grundlage der Theorie der kognizierten Kontrolle ein sozialpsychologisches Bedingungssystem herausgearbeitet und analysiert: Innerhalb eines zunächst vorgestellten theoretisch-empirischen Bezugsrahmens werden die Krisenerscheinungen seit dem ausgehenden Ersten Weltkrieg und in der Weimarer Republik, die Wahrnehmungen und Einstellungen der deutschen Bevölkerung sowie die Rolle der nationalsozialistischen Bewegung systematisch zu einem Erklärungsansatz für die Etablierung des NS-Staates und seine verbreitete Akklamation in der deutschen Bevölkerung verbunden.

Wir sind uns dabei bewusst: Die retrospektive Anwendung einer solchen Theorie auf gesamtgesellschaftliche Phänomene und insbesondere auf komplexe historische Entwicklungen, ist − zumal bei dieser hochsensiblen Thematik − von psychologischer wie auch von geschichtswissenschaftlicher Seite methodisch und inhaltlich angreifbar. Die Kritik kann etwa bei der grundsätzlichen Problematik der Übertragung einer bislang eher individuumszentrierten Theorie auf größere Kollektive ansetzen. Ferner waren (und sind) „die deutsche Bevölkerung“ bzw. „die Deutschen“ selbstverständlich nicht homogene Einheiten. Neben der Vielzahl unterschiedlicher Gruppen von aktiven Unterstützern, Befürwortern, Opportunisten, Konformisten und „Mitläufern“ der NS-Bewegung gab es Oppositionelle, Widerständige und nicht zuletzt zahlreiche Opfer. Selbstverständlich kann die in diesem Beitrag vorgenommene Interpretation nicht auf die Gesamtbevölkerung Deutschlands der damaligen Zeit übertragen werden. Eine eingehendere Analyse müsste hier wesentlich differenzierter vorgehen. Weiterhin beruht der vorliegende Artikel auf einer Auswahl aus der immensen Sekundärliteratur zum Ende der Weimarer Republik und zum Aufstieg der NS-Diktatur; die Einbeziehung des gesamten Forschungsstandes oder gar die Erschließung von Primärquellen würde den Rahmen dieses Artikels sprengen.

Zudem ist selbstkritisch anzumerken, dass sich die theoretische Konzeption zwar weitgehend auf empirische Grundlagen stützen kann, für einzelne Elemente jedoch zufriedenstellende empirische Befunde noch ausstehen.

Trotz dieser und manch anderer Angriffspunkte und Einschränkungen darf jedoch der Erkenntnisgewinn nicht aus dem Auge verloren werden: Eine empirisch gestützte sozialpsychologische Theorie kann einen wichtigen Beitrag zur Analyse des Aufstiegs und der Etablierung der NS-Bewegung in Deutschland leisten. Nach unserer Auffassung bietet die Theorie der kognizierten Kontrolle einen aufschlussreichen Verständnisrahmen dafür, wie sich die NS-Diktatur mit Unterstützung, Wohlwollen oder zumindest Akzeptanz von großen Teilen der deutschen Bevölkerung hat etablieren können. Selbstverständlich ist die Reichweite der Theorie begrenzt und kann nicht unmittelbar erklären, weshalb es zu einem weiteren Weltkrieg gekommen ist, zu zahllosen Massenverbrechen und insbesondere zur Shoa; aber sie kann, so sind wir überzeugt, wesentliche Vorbedingungen dieser Menschheitsverbrechen systematisch erhellen.

Darüber hinaus vermag die Theorie der kognizierten Kontrolle auch für Gegenwart und Zukunft wichtige Erkenntnisse und präventive Impulse zu geben: Warum finden in unserer Zeit rassistisch geprägte Parteien und Gruppierungen in manchen Gesellschaften einen breiten Anklang und münden gar in antiliberale, autoritäre Regime? Und: Wie können wir derartigen Entwicklungen künftig Einhalt gebieten? Dabei soll bereits hier hervorgehoben werden, dass die analysierten historischen Ereignisse keinesfalls mit aktuellen Entwicklungen gleichgesetzt werden sollen. Wir gehen aber davon aus, dass die kognizierte Kontrolle eine zentrale Analyseebene in beiden Kontexten darstellt.

Der vorliegende Beitrag basiert auf einen Artikel von Frey und Rez (2002) in einer Monographie zum Thema „Understanding Genocide, The Social Psychology of the Holocaust“. In der hier vorgelegten Arbeit wurde die Theorie basierend auf aktuellen Forschungserkenntnissen neu konzipiert, aktualisiert und erweitert. Zudem wurde der Anwendungsbezug vertieft und aktualisiert sowie der Bezug zur Gegenwart ergänzt.

A Die Theorie der kognizierten Kontrolle als Analyserahmen

Bei der Theorie der kognizierten Kontrolle handelt es sich konzeptionell um eine klassisch wissenschaftliche Theorie, verstanden als „eine Menge miteinander verbundener Konstrukte (Konzepte), Definitionen und Lehrsätze, die einen systematischen Überblick über Phänomene vermitteln, indem sie die Beziehungen zwischen Variablen zu dem Zweck spezifizieren, Phänomene zu erklären und vorherzusagen.“ (Kerlinger & Lee 2000, S. 11). Im Folgenden werden die wesentlichen Elemente der Theorie dargelegt und ähnliche theoretische Konzepte zugeordnet bzw. davon abgegrenzt.

1. Der Schlüsselbegriff der kognizierten Kontrolle

Kontrolle ist ein vielbeforschtes Konstrukt – es gibt über hundert verschiedene Interpretationen und Kontrollkonzepte (z. B. Frey & Jonas, 2002; Kay, Sullivan & Landau, 2015; Landau, Kay & Whitson, 2015; Seligman, 1975; Skinner, 1996; Wortman & Brehm, 1975). Eine der geläufigsten Definitionen versteht unter Kontrolle die Fähigkeit einer Person, die Umwelt in gewünschter Weise zu beeinflussen, das heißt positive Zielzustände zu erzeugen und negative Zustände zu vermeiden (Skinner, 1996, S. 554). In diesem Fall liegt ein Zusammenhang zwischen dem Handeln und dem Ergebnis vor, eine sogenannte Handlungs-Ergebnis-Kontingenz. Für ein Kontrollerleben muss keine tatsächliche, objektive Kontrolle vorliegen; entscheidend ist die subjektive Perzeption (kognizierte Kontrolle), die unter Umständen in einer bloßen Kontrollillusion bestehen kann (Langer, 1975; Skinner, 1996). Diese Annahmen integriert auch das Kontrollkonzept, das im vorliegenden Artikel näher beleuchtet wird. Im Gegensatz zu den meisten Kontrolltheorien beschreibt es nicht nur die Bedingungen, die notwendig für das Erleben von Kontrolle sind. Das Konzept betont darüber hinaus im Rahmen einer systematischen Theorie den dynamischen Aspekt des Strebens nach Kontrolle, die Konsequenzen eines erlebten Kontrollverlusts und die Motivation, Kontrollerleben wiederherzustellen. Das Kontrollkonzept lässt sich zudem auf den kollektiven Bereich übertragen (siehe Abschnitt 4.3).

In dem vorliegenden Kontrollkonzept wird postuliert, dass Kontrolle zusätzlich zu der von Skinner beschriebenen Beeinflussbarkeit auch über Erklärbarkeit und Vorhersehbarkeit erlebt werden kann (Frey & Jonas, 2002; Fritsche, Jonas, Traut-Mattausch & Frey, 2011). Beeinflussbarkeit wird dabei als „primäre Kontrolle“ bezeichnet, Erklär- und Vorhersehbarkeit als „sekundäre Kontrolle“. Die Begriffe der primären und sekundären Kontrolle wurden bereits von anderen Autor_innen eingeführt, werden in dieser theoretischen Auseinandersetzung jedoch neu definiert (z. B. Rothbaum, Weisz & Snyder, 1982). Erscheint ein Ereignis erklärbar, lässt es sich rückblickend auf bestimmte Ursachen zurückführen. Erklärungen geben Erlebnissen somit nachträglich einen Sinn, ordnen die Umwelt und lassen sie logisch erscheinen. So entsteht durch Erklärbarkeit rückblickend ein (wahrgenommener) Zusammenhang zwischen Handlung und Ergebnis und damit Kontrolle. Vorhersagbarkeit kann sich auf den Zeitpunkt beziehen, an dem ein Ereignis stattfindet (zeitliche Vorhersagbarkeit) oder auf die Bedingungen, unter denen es auftritt (inhaltliche Vorhersagbarkeit) und ermöglicht so eine (wahrgenommene) bessere Anpassung an zukünftige Ereignisse (Frey & Jonas, 2002). Zusammenfassend lässt sich demnach festhalten, dass das Erleben kognizierter Kontrolle als das subjektive Erleben definiert wird, die Umwelt in gewünschter Weise beeinflussen zu können (primäre Kontrolle) und / oder erklären und vorhersagen zu können (sekundäre Kontrolle). Dabei muss berücksichtigt werden, dass Menschen (insbesondere bei negativen Ereignissen wie dem eigenen Tod) nicht immer uneingeschränkt nach Erklärbarkeit und Vorhersagbarkeit streben.

Tierversuche, klinische Studien und Untersuchungen mit Neurobildgebungsverfahren weisen übereinstimmend darauf hin, dass das Kontrollbedürfnis als psychologisches und biologisches Grundbedürfnis einzuordnen ist (für einen Überblick, siehe Leotti, Iyengar & Ochsner, 2010). Beispielsweise konnte gezeigt werden, dass es zu physiologischen und behavioralen Beeinträchtigungen kommen kann, wenn Menschen das Gefühl haben, Dinge nicht kontrollieren zu können. Diese Beeinträchtigungen umfassen unter anderem autonome Erregung, die Freisetzung von Stresshormonen, die Unterdrückung des Immunsystems und maladaptive Verhaltensweisen (z. B. erlernte Hilflosigkeit – für eine Definition siehe Abschnitt 4.2) (z. B. Bandura, Taylor, Williams, Mefford & Barchas, 1985).

Darüber hinaus weisen empirische Befunde darauf hin, dass Kontrollerleben über die Kompensation negativer Konsequenzen eines Kontrollverlustes hinaus positive Konsequenzen für Menschen haben kann (z. B. Frey, Rogner & Havemann, 1989; Glass & Singer, 1972; Skinner, 1996; Taylor, Lichtman & Wood, 1984; für einen Überblick, siehe auch Fritsche et al., 2011). Glass und Singer (1972) konnten beispielsweise zeigen, dass Versuchspersonen, die einer aversiven Stimulation mit Lärm ausgesetzt waren, eine höhere Frustrationstoleranz und bessere Leistungen bei vorgegebenen Aufgaben zeigten, wenn sie den Lärm vorhersagen und / oder potenziell beeinflussen konnten, im Vergleich zu Versuchspersonen, die diese Kontrollmöglichkeit nicht hatten. Der objektive Stressor (Lärm) war sogar praktisch irrelevant, wenn er potenziell beeinflusst oder vorhergesagt werden konnte. Dabei traten die Vorteile wahrgenommener Kontrolle auch ohne echte Kontrollmöglichkeiten auf oder wenn lediglich die Option bestand, Kontrolle auszuüben ohne, dass von ihr Gebrauch gemacht wurde (Glass & Singer, 1972; Thompson, 1981). Dies verdeutlicht die Bedeutung des subjektiven Kontrollerlebens.

Skinner betont, dass Individuen nur dann nach Kontrolle streben, wenn sie der Überzeugung sind, die dafür notwendigen Handlungen auch ausüben zu können und damit Selbstwirksamkeitserwartungen haben (Bandura, 1977; Gurin & Brim, 1984; Preston & Wegner, 2005; Weisz, 1986, zitiert nach Skinner, 1996). Da einige Überschneidungen mit der Theorie der Selbstwirksamkeit unverkennbar sind, soll eine Abgrenzung vorgenommen werden. Selbstwirksamkeit wird definiert, als „die subjektive Überzeugung, neue oder schwierige Anforderungssituationen aufgrund eigener Kompetenzen bewältigen zu können“ (Warner, 2020). Damit bezieht sich Selbstwirksamkeit aus kontrolltheoretischer Perspektive auf die Wahrnehmung der Fähigkeit zur Einflussnahme (primäre Kontrolle) durch die eigene Person. Dies macht die Abgrenzung zu dem Kontrollbegriff dieser Arbeit deutlich, der nicht nur durch das Postulat einer sekundären Kontrollebene über Selbstwirksamkeit hinausgeht, sondern zudem postuliert wird, dass Kontrolle auch erlebt werden kann, wenn andere Akteurinnen bzw. Akteure stellvertretend für die eigene Person die Umwelt in gewünschter Weise kontrollieren (siehe Abschnitt 4.3).

2. Der Verlust von Kontrolle

Menschen erleben der Theorie zufolge einen Kontrollverlust, wenn ein Mangel oder Verlust an primärer und / oder sekundärer Kontrolle vorliegt. Erst wenn primäres und sekundäres Kontrollerleben wegfallen, wird dies als das Erleben eines vollständigen Kontrollverlusts definiert. Die Ursachen eines Kontrollverlustes können außerhalb der eigenen Person (in äußeren Umständen oder in anderen Personen bzw. Gruppen) gesehen werden (externale Attribution) oder in der eigenen Person (internale Attribution) (Frey & Jonas, 2002). In letzterem Fall werden beispielsweise mangelnde Fähigkeiten oder fehlendes Wissen als Ursache des Kontrollverlustes interpretiert.

Im Sinne einer klaren konzeptionellen Einordnung ist das Kontrollverlusterleben von dem verwandten Konstrukt des Unsicherheitserlebens abzugrenzen. Hogg (2000, S. 227) beschreibt dieses Erleben als „die Ungewissheit über die eigenen Einstellungen, Überzeugungen, Gefühle und Wahrnehmungen, aber auch über sich selbst und andere Menschen“. Demzufolge sind das Entstehen und das Erleben von Unsicherheit zumindest vorwiegend in intrapersonellen Prozessen begründet, wohingegen die Theorie kognizierter Kontrolle grundsätzlich neben der internalen Attribution, die externale Attribution eines Kontrollverlustes als Möglichkeit einbezieht, woraus sich entsprechend andere Reaktionen ableiten können.

3. Die Bedeutung von Wahrnehmungen, Bedürfnissen und Werten (kognitive Muster)

Studienergebnisse deuten auf eine biologische Verankerung des Kontrollbedürfnisses hin. Dabei ist es wahrscheinlich, dass die Intensität eines erlebten Kontrollverlustes und das Bedürfnis nach sowie die Bewertung von Kontrollerleben von den kognitiven Mustern eines Individuums abhängen (Leotti et al., 2010). Kognitive Muster werden als Bedürfnisse und Werte, Perzeptions- und Interpretationsweisen verstanden, die die Wahrnehmung und Deutung der Welt strukturieren und das Handeln von Menschen beeinflussen. Sie werden unter anderem durch Lernerfahrungen und kulturelle Einflüsse geprägt. Beispiele für kognitive Muster sind die Wichtigkeit von existentieller Absicherung, Sicherheit, Ordnung, Stabilität und Sinn (siehe z. B. Schwartz, 2012). Der Grad der Wichtigkeit differiert dabei zu einem gewissen Maß von Nation zu Nation, von Kultur zu Kultur, von Zeitraum zu Zeitraum. Werden bestimmte kollektive Muster von der Mehrzahl der Angehörigen einer Gruppe geteilt, strukturieren und regulieren sie die gemeinsamen Wahrnehmungen, Deutungen und Aktions- bzw. Reaktionsweisen. In einer Gesellschaft, in der beispielsweise Ordnung und Stabilität zentrale Werte und Bedürfnisse darstellen, werden politische Instabilitäten, soziale Unruhen und Chaos bei den meisten Individuen wahrscheinlicher einen Kontrollverlust hervorrufen als in einer anderen Gesellschaft, bei der diese weniger relevant sind. Zudem wird ein Kontrollverlust eher als gravierend wahrgenommen.

4. Reaktionen auf das Erleben eines Kontrollverlustes

Ein Kontrollverlust wird als aversiver, stressvoller Zustand erlebt und ruft das Verlangen – sowie unter bestimmten Bedingungen – das Streben nach Wiederherstellung von Kontrolle hervor. Grundsätzlich unterscheidet die Theorie zwei mögliche Reaktionen: Reaktanz, also ein aktives Agieren gegen den Kontrollverlust (Wortman & Brehm, 1975), und erlernte Hilflosigkeit (Seligman, 1975), eine passive Haltung.

4.1 Reaktanz als Reaktion auf einen erlebten Kontrollverlust

Nach Wortman und Brehm (1975) führt ein als veränderbar wahrgenommener Kontrollverlust (unabhängig davon, ob er internal oder external attribuiert wird) zu dem motivationalen Zustand der Reaktanz, d. h. zu einem Widerstand gegen den Kontrollverlust, indem aktive Kontrollwiederherstellungsversuche angewandt werden (Frey & Jonas, 2002; Miron & Brehm, 2006). Reaktanz wird definiert, als „eine motivationale Erregung mit dem Ziel, die bedrohte Freiheit (hier Kontrolle) wiederherzustellen“ (Dickenberger, 2020). Konkret können Personen versuchen, durch aktive Handlungen die Umwelt zu verändern und dadurch Beeinflussbarkeit zurückzugewinnen (primäre Kontrollwiederherstellungsversuche). Eine weitere Möglichkeit ist die Anwendung kognitiver Anpassungsstrategien, um Erklärbarkeit und Vorhersagbarkeit zu gewinnen (sekundäre Kontrollwiederherstellungsversuche).

4.2 Hilflosigkeit als Reaktion auf einen erlebten Kontrollverlust

Die chronische Erfahrung von Kontrollverlust, der als nicht veränderbar wahrgenommen wird und auch nicht erklärt werden kann, führt hingegen zu dem von Seligman (1975) beschriebenen Zustand erlernter Hilflosigkeit. In diesem Fall sinkt die Motivation, Beeinflussung auszuüben, da Menschen „erlernt“ haben, dass sie durch ihr Handeln nichts bewirken können (Abramson, Seligman & Teasdale, 1978; Wortman & Brehm, 1975). Je öfter Versuche zur Wiederherstellung von Kontrolle fehlschlagen, umso wahrscheinlicher ist, dass der wahrgenommene Kontrollverlust und die damit einhergehende Hilflosigkeit ein besonders großes Ausmaß erreichen. Operational lässt sich demnach erlernte Hilflosigkeit wie folgt definieren: Es handelt sich um „fehlangepasstes Verhalten nach der Erfahrung unkontrollierbarer Ereignisse.“ Dabei wird die Erfahrung einer „non-kontingenten Beziehung“ zwischen den Reaktionen einer Person und den Konsequenzen generalisiert. „Möglichkeiten, Ereignisse zu kontrollieren, werden nicht erkannt oder wahrgenommen. Die subjektive Erwartung, auch in neuen Situationen hilflos zu sein (also Ergebnisse nicht kontrollieren zu können), hat kognitive Leistungsstörungen, motivationale (Passivität) und emotionale Beeinträchtigungen zur Folge (bspw. Depression und Gesundheitsrisiken).“ (Heinecke-Müller, 2020).

4.3 Delegation der Wiederherstellung von Kontrolle

Nehmen Menschen wahr, dass sie selbst Kontrolle nicht wiederherstellen können, aber haben die Hoffnung, dass dies andere vermögen, ruft dies die Bereitschaft hervor, die Wiederherstellung zu delegieren (Strategie indirekter Kontrolle). Voraussetzung ist, dass der Adressat der Delegation als mächtig und fähig eingeschätzt wird, das gewünschte Ergebnis zu erreichen (Glass & Singer, 1972).

Hier ist notwendig, zwischen Hilflosigkeit und Hoffnungslosigkeit zu unterscheiden. Sind Menschen aufgrund eines erlebten Kontrollverlustes in einem Zustand von Hilflosigkeit, geht das nicht zwangsläufig mit einem Gefühl der Hoffnungslosigkeit einher. Solange Menschen die Hoffnung besitzen, doch noch aus dem erlebten Kontrollverlust und der damit einhergehenden Hilflosigkeit herauszukommen, streben sie nach Möglichkeiten (abseits eigener Handlungen), um Kontrolle wiederzuerlangen.

In den Experimenten von Glass und Singer (1972) wurden die Effekte einer Kontrolldelegation genauer untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass indirekte Kontrolle dieselben positiven Effekte hervorrief wie direkte Kontrollmöglichkeiten. Die Studienergebnisse von Kay, Gaucher, Napier, Callan und Laurin (2008) zeigten in diesem Zusammenhang, dass Menschen bei erlebtem Kontrollverlust eher bereit sind, externale Kontrollsysteme zu unterstützen. Konkret konnte ein kausaler Zusammenhang zwischen einer verminderten Wahrnehmung persönlicher Kontrolle und verstärkten Überzeugungen über die Existenz eines kontrollierenden Gottes sowie der Verteidigung des übergreifenden gesellschaftspolitischen Systems (als potenzielle Kontrollwiederherstellungsinstanz) gezeigt werden. Darüber hinaus konnten die Autor_innen an einem länderübergreifenden Datensatz zeigen, dass ein niedrigeres Maß an persönlicher Kontrolle mit einer höheren Unterstützung der staatlichen Kontrolle verbunden ist. Damit veranschaulichen die Befunde, dass eine Kontrolldelegation als mögliche Strategie zur Überwindung eines erlebten individuellen Kontrollverlustes angesehen werden kann.

Das Modell der kompensatorischen Kontrolle (Kay, Whitson, Gaucher & Galinsky, 2009) nimmt in diesem Kontext Bezug auf die sekundäre Kontrolle. Es postuliert, dass Menschen nicht nur Kontrolle delegieren, um primäre Kontrolle zu erlangen. Sie können auch Unterstützung bei externen Systemen und Agenten suchen, die Struktur und Ordnung sicherstellen und so die Erklärbarkeit und Vorhersehbarkeit (sekundäre Kontrolle) gewährleisten. Studienergebnisse, beispielsweise die bereits Erwähnten von Kay et al. (2008), stützen diese Annahme.

4.3.1 Die Tendenz zu kollektiven Handlungen

Wie die Studie von Kay et al. (2008) veranschaulicht, kann die Kontrollwiederherstellung unter bestimmten Voraussetzungen an ein Kollektiv delegiert werden (z. B. Bilewicz, Stefaniak, Barth, Witkowska & Fritsche, 2019; Fritsche, Jonas, Ablasser, Beyer, Kuban, Manger & Schultz, 2013; Fritsche et al., 2017; Stollberg, Fritsche & Bäcker, 2015). Kollektive Kontrollstrategien beschreiben den Versuch, das Kontrollerleben einer Mehrzahl von Menschen durch die überindividuelle Ebene zu erhöhen. Die Tendenz für kollektive Handlungen steigt,

  • wenn es unter den Individuen zu einer Gruppen- oder Kategorienbildung kommt (über wahrgenommene Ähnlichkeiten untereinander, einer klaren Abgrenzung nach außen und einer dadurch entstehenden gemeinsamen sozialen Identität – siehe unten),
  • wenn der Kontrollverlust aus Sicht der Betreffenden nur mittels kollektiver Handlungen überwunden werden kann und external attribuiert wird (also auf äußere Ursachen wie Regierungssysteme oder andere kollektive Einheiten und nicht auf die eigene Person) und
  • wenn individuelle Lösungen in der Vergangenheit nicht erfolgreich waren (Frey & Jonas, 1999).

Damit der erlebte Kontrollverlust überwunden werden kann, erscheint es unter diesen Voraussetzungen folglich notwendig, auf kollektiver Ebene zu agieren, wie später im konkreten Fall der NS-Bewegung ausgeführt wird.

Eine wichtige Rolle spielt dabei die soziale Identität von Menschen. Der Soziale Identitätsansatz postuliert neben einer personalen Identität (basierend auf Merkmalen, die ein Individuum von anderen abhebt), auch eine soziale Identität (Oakes, Haslam & Turner, 1994; Tajfel, 1978; Tajfel & Turner, 1979; Turner, Hogg, Oakes, Reicher & Wetherell, 1987; Turner, Oakes, Haslam & McGarty, 1994). Die soziale Identität wird dabei definiert, als „der Teil des Selbstverständnisses eines Individuums, der sich aus seinem Wissen über seine Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe (oder mehreren Gruppen) zusammen mit dem Wert und der emotionalen Bedeutung ergibt, die dieser Zugehörigkeit beigemessen werden“ (Tajfel, 1978, S. 63). Studienergebnisse deuten darauf hin, dass die individuelle Kontrolle einer Person auch über das soziale Selbst, sprich über die Eigengruppe‍(n) erreicht oder angestrebt werden kann (Guinote, Brown & Fiske, 2006). Solche kollektiven Kontrollbestrebungen können sich beispielsweise in erhöhter Konformität mit der Eigengruppe ausdrücken (Stollberg et al., 2015). Auch sind autoritäre Aggressionen, wie die Bestrafung abweichender Gruppenmitglieder möglich, da dies die (augenscheinliche) Kooperation und damit die kollektive Effektivität der Gruppe erhöht (Kessler & Cohrs, 2008).

4.4 Die Bereitschaft für simple Lösungen

Werden Menschen hinsichtlich des Bedürfnisses nach Kontrolle bedroht, kann das dazu führen, dass sie bei erlebter Hilf- aber nicht Hoffnungslosigkeit einfache Erklärungsmuster für die Stresssituation übernehmen und ein Bedürfnis nach simplen Lösungen und Ideologien generieren, die einfache Wege bieten, um die aversive Stresssituation zu beenden (Bukowski, de Lemus, Rodriguez-Bailón & Willis, 2017; Rast, Hogg & Giessner, 2013; Staub, 1989).

Je größer der Kontrollverlust und je geringer die Erwartung, dass herkömmliche oder individuelle Strategien zur Wiederherstellung der Kontrolle erfolgreich sind, umso wahrscheinlicher ist die Bereitschaft von Gruppen und Individuen, „simple Lösungen“ im Sinne einfacher, oft monokausaler und emotionaler Erklärungen als Ursachen des Kontrollverlustes anzunehmen und entsprechende Maßnahmen zur Wiederherstellung von Kontrolle zu befürworten. Gleichzeitig ebnet dies den Boden für die Akzeptanz von unmoralischen sowie nicht legalen Strategien und / oder extremen Verhaltensweisen (beispielsweise den Einsatz von Gewalt), um Kontrolle wiederzuerlangen. Zudem steigt die Wahrscheinlichkeit für die Benennung von „Sündenböcken“, denen die Schuld für den Kontrollverlust zugewiesen wird. Der Theorie zufolge wird ein „Sündenbock“ in dem Bestreben nach einer Erklärung für die Beeinträchtigung des eigenen Wohlbefindens bestimmt (Bukowski et al., 2017; Taylor & Fiske, 1978). Somit adressiert eine Sündenbock-Strategie aus kontrolltheoretischer Perspektive in erster Linie die Wiederherstellung von sekundärer Kontrolle. Über die Ursachenzuschreibung auf eine Personengruppe kann jedoch neben vermeintlicher Erklärbarkeit indirekt auch eine geglaubte Beeinflussbarkeit hervorgerufen werden: Indem der „Sündenbock“ zur einzigen Ursache allen Übels konstruiert wird, entsteht die Vorstellung, dass nur dessen Einfluss beschnitten werden müsse, um das Übel selbst zu beenden.

Wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass vor allem die Angst vor Vergeltung und Schuldgefühle gewalttätige Handlungen an gewählten „Sündenböcken“ verhindern. Aggressive Ausbrüche werden hingegen wahrscheinlicher, sobald „Sündenböcke“ problemlos identifiziert werden können (Taylor & Fiske, 1978): Je sichtbarer eine Minorität ist (oder je sichtbarer sie durch Kennzeichnung gemacht wird, wie man mit Blick auf die Judenverfolgung im NS-Staat hinzufügen muss), umso wahrscheinlicher ist es, dass sie im Falle wirtschaftlicher bzw. politischer Krisen zum „Sündenbock“ gestempelt und attackiert wird.

Die weitere Verschärfung einer solchen moralischen Radikalisierung beschreibt die sogenannte „moralische Exklusion“ (Opotow, 1990), die nach Bandura (1999) fünf Voraussetzungen hat:

  • Identifizierung als Außengruppen: Klare Abgrenzung zwischen Mitgliedern der Eigengruppe („wir“) und Außenseitern („die anderen“).
  • Dehumanisierung: Den Mitgliedern der Außengruppe wird die Menschenwürde abgesprochen.
  • Moralische Distanzierung: Die gewalttätig Handelnden (entweder aktiv oder durch die Unterstützung der Täter) betonen, dass ihr Handeln moralisch richtig ist.
  • Zurückweisung von Verantwortung: Die gewalttätig Handelnden behaupten, nur Befehlen zu gehorchen.
  • Herunterspielen, Leugnung oder Ignoranz der negativen Konsequenzen für das Opfer.

„Sündenböcke“ können Teil größerer Verschwörungstheorien darstellen (für einen Überblick, siehe Douglas, Sutton & Cichocka, 2017). Verschwörungstheorien werden als Theorien über eine geplante Verschwörung von mächtigen Personen oder Organisationen definiert, die im Geheimen agieren, um ein normalerweise unheilvolles Ziel zu erreichen (Douglas & Sutton, 2008; Wood, Douglas & Sutton, 2012). Der Übersichtsartikel von Douglas und Kollegen (2017) extrahiert drei zentrale Motivcluster, die der Popularität von Verschwörungstheorien zugrunde liegen: erstens epistemische Motive (z. B. die eigene Umwelt zu verstehen), zweitens existenzielle Motive (z. B. nach Sicherheit und Kontrolle der eigenen Umwelt) und drittens soziale Motive (z. B. ein positives Bild des Selbst und der eigenen sozialen Gruppe‍(n) aufrechtzuerhalten). Wenn Verschwörungstheorien im Vergleich zu anderen Erklärungen diese sozialpsychologischen menschlichen Grundbedürfnisse besser befriedigen, fühlen sich Menschen zu ihnen hingezogen. Kofta, Soral und Bilewicz (2020) konnten unter anderem in einer Längsschnittstudie zeigen, dass ein Mangel an Kontrolle im politischen Bereich den Glauben an eine „jüdische Verschwörung“ verstärken und indirekt den Glauben an andere Verschwörungstheorien vorhersagen kann. Dieses Muster konnte zudem in einem anderen kulturellen Kontext und mit allgemeineren Messgrößen der Unkontrollierbarkeit repliziert werden. Wesentliche Aspekte der hier beschriebenen Theorie der kognizierten Kontrolle sind in Abbildung 1 veranschaulicht.

Abbildung 1 Veranschaulichung der Theorie der kognizierten Kontrolle.

B Kontrollverlust in der Weimarer Zeit und die NS-Bewegung – Anwendung der Theorie der kognizierten Kontrolle

1. Vorbemerkungen zu der Analyse

Mit der nationalsozialistischen Bewegung vermochte es eine antisemitische und menschenverachtende Politik und Rhetorik, weite Teile der Bevölkerung hinter sich zu vereinen. Wie konnte es zu so einer menschlichen Katastrophe kommen?

Die nationalsozialistische Bewegung wurde bereits aus zahlreichen Perspektiven analysiert. Auch aus sozialpsychologischer Sicht gibt es etwa Beiträge im Bereich der NS-Täterforschung, zu Faktoren der gesellschaftlichen Akklamation, zu Hintergründen antisemitischer Feindbilder oder Nachwirkungen des Nationalsozialismus (z. B. Brunner, Lohl, Pohl & Winter, 2011; Christ & Suderland, 2014; Lohl & Moré, 2014; Pohl, 2016). In diesem Artikel wird die Analyse um eine weitere sozialpsychologische Perspektive – die der kognizierten Kontrolle – ergänzt.

Die NS-Bewegung hat in weiten Kreisen der damaligen deutschen Bevölkerung eine starke Akklamation erfahren. Unter Akklamation verstehen wir sowohl die aktive Unterstützung und Zustimmung als auch die eher passive Befürwortung oder Akzeptanz der NS-Ideologie und -Programmatik, des öffentlichen Erscheinungsbildes und der konkreten politischen Maßnahmen des NS-Regimes sowie namentlich Adolf Hitlers.

Aus Perspektive der Kontrolltheorie liegt der Grund für diese Akklamation im Zusammenwirken von drei historischen Phänomenen, die ein sozialpsychologisches Bedingungssystem etablieren. Das Kriegsende und die folgenden Jahre der Weimarer Republik waren geprägt von einer Serie an Zusammenbrüchen und Verwerfungen in zentralen gesellschaftlichen Ordnungssystemen (siehe Abschnitt 2). Während derartige Phänomene in vielen Ländern zu soziopolitischen Krisen geführt hätten, haben die im damaligen Deutschland vorherrschenden kognitiven Muster die Wahrnehmungen und Deutungen auf besondere Weise geformt, so dass für weite Bevölkerungskreise ein Verlust kognizierter Kontrolle eintrat, begleitet von spezifischen Attributionen der Krisenerscheinungen (siehe Abschnitt 3). Gleichzeitig präsentierten Hitler und die NS-Bewegung für diese Krisenerscheinungen Erklärungs- und Lösungsmuster, die in der Bevölkerung zunehmend Anklang fanden und als – sozialpsychologisch formuliert – der Weg zur Wiedererlangung von Kontrolle erschienen (siehe Abschnitt 4). Nach Hitlers „Machtergreifung“ erweckten seine Maßnahmen und insbesondere deren propagandistischen Darstellung in den Massenmedien bei mehr und mehr Deutschen den Eindruck, kognitive Kontrolle sei in wichtigen gesellschaftlichen Ordnungssystemen wiederhergestellt worden (siehe Abschnitt 4).

Bevor auf diese Faktoren im Einzelnen eingegangen wird, möchten die Autor_innen bereits an dieser Stelle vorausschicken: Innerhalb des skizzierten Bedingungssystems ist „das deutsche Volk“ keineswegs als eine Art „Opfer“ eines Kontrollverlusts aufzufassen, das sich gleichsam unvermeidlich dem Rettungsversprechen der NS-Bewegung hätte hingeben müssen. Die hohe Akklamation, die die NS-Bewegung erfahren hat (und die der vorliegende Beitrag zu analysieren, jedoch in keiner Weise zu rechtfertigen versucht), war keine historisch-situative Zwangsläufigkeit. Insbesondere die jeweils vorherrschenden kognitiven Muster machen jede Gesellschaft in jeder geschichtlichen Phase auch zu einem Subjekt der eigenen Geschichte, das keinem sozialpsychologischen oder anderweitigen Automatismus unterliegt.

Wichtig ist weiterhin festzulegen, dass die behandelten Zusammenhänge nur für den Zeitraum bis 1933 postuliert werden. Aufgrund der Unterdrückung der Bevölkerung durch die NS-Diktatur, kann die Einstellung der deutschen Bevölkerung danach nicht ausreichend ermittelt werden. Die Wahlentscheidungen 1930 und 1933 vieler Bürger verhalfen den Nationalsozialisten einschließlich deren antisemitischer Ideologie in eine Machtposition. Doch es wäre falsch, diese Wahlergebnisse unbedacht als vorab gegebene Zustimmung zu dem nachfolgenden Genozid zu deuten.

Auch darf die Vielzahl weiterer psychologischer Faktoren nicht vergessen werden, die ebenfalls einen Einfluss übten, auf die in dieser Arbeit jedoch nicht weiter eingegangen wird. Darunter fallen beispielsweise Persönlichkeitsdispositionen, Situationsparameter oder Faktoren aus den Bereichen der Emotionstheorie, Motivationstheorie und Handlungstheorie. Die inhaltliche Fokussierung auf eine zentrale Analyseebene wurde bewusst gewählt, um zu einer Strukturierung der komplexen und vielschichtigen Analyse beizutragen.

Abbildung 2 Zusammenfassung der kontrolltheoretischen Interpretation.

2. Die gravierenden Krisen während der Weimarer Republik in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen (1919 – 1933)

Besonders die ersten und die letzten vier Jahre der Weimarer Zeit erschienen vielen Zeitgenossen als Phasen von Instabilität und Chaos in wichtigen gesellschaftlichen Ordnungssystemen und Bereichen. Diese Wahrnehmung kann als Auslöser für das Erleben eines Kontrollverlustes interpretiert werden. Konkret manifestierte sich besagte Instabilität in Form zahlreicher Krisen: Auf nationaler Ebene war Deutschland mit dem verlorenen ersten Weltkrieg und der Zuschreibung der Kriegsschuld konfrontiert. Zugleich suggerierte die „Dolchstoßlegende“ eine im Grunde unbesiegte und nur hinterrücks niedergestreckte Armee. Psychologisch ebenso gravierend wirkte der von Teilen als „Schandfrieden“ empfundene Versailler Vertrag. Beschränkungen wie die der Berufsarmee, der Wehrpflicht, der Dienstzeiten und der Rüstung implizierten Abstieg und Bedeutungsverlust der bislang so prägenden militärischen Elite. Viele Zeitgenossen empfanden die „oktroyierten“ Vertragsbedingungen mit den Verlusten an Gebieten und Kolonien, den Reparationszahlungen und vor allem der Auferlegung der alleinigen Kriegsschuld als Angriff auf die Fundamente des nationalstaatlichen Systems. „Wie herrlich war Deutschland, wie stark und mächtig … Es war einmal … Wie elend ist Deutschland, wie tief gedemütigt!“, so etwa brachte eine Professorenrede die verbreitete nationale Stimmung Anfang der zwanziger Jahre auf den Punkt (Sontheimer, 1978, 116).

Auch das ökonomische System zeigte in neun der vierzehn Jahre der Weimarer Republik extreme Krisensymptome, die die aus dem Krieg zurückkehrenden Soldaten ebenso in Mitleidenschaft zogen wie Adlige und Industrielle, Kleinbürger und Geschäftsleute, Arbeiter und Bauern. Kaum waren die Nahrungsmittelknappheit, die Wohnungsnot und die hohe Krankheitsanfälligkeit der Nachkriegszeit abgeklungen, schon kam es 1923 durch die kulminierende Hyperinflation zu Erscheinungen wie Tauschhandel, Plünderungen und Hungerkrawallen. Nach einer leichten Erholungsphase setzte 1929 mit der Wirtschaftsdepression ein erneuter ökonomischer Rückschlag mit extremen Produktionsrückgängen und hoher, vielfach existenzbedrohender Arbeitslosigkeit ein.

Zusammen mit dem ökonomischen System geriet das Sozialsystem zunehmend aus den Fugen. Soziale Deprivation mit Status- und Einkommensverlusten sowie Verelendung und Hunger waren die Symptome. Insbesondere die Arbeiterklasse und das mittlere Bürgertum mit den kleinen und mittelgroßen Geschäftsleuten erlebten einen sozialen Abstieg. Zugleich schien das Erstarken der Arbeiterbewegung den Mittelstand und die Industrie zu bedrohen und löste Revolutionsängste aus. Traditionelle Hierarchien und Rollenvorgaben gerieten ins Wanken.

Das neue politische System, die parlamentarische Republik, fand anfangs durchaus Zuspruch. Weimar war nicht von vornherein eine „Republik ohne Republikaner“ und eine „Demokratie ohne Demokraten“. Doch zunehmend verschärfte sich der Zangengriff republikfeindlicher Extrempositionen: Auf der einen Seite versuchte man einen kommunistischen Umsturz nach sowjetischem Muster durchzusetzen, auf der anderen Seite hingen die traditionelle Eliten noch am Kaiserreich, das in ihrer Wahrnehmung für Größe, Stärke und Stabilität zu stehen schien. Das parlamentarische System der Weimarer Republik galt nicht selten als „undeutsch“, von anderen Mächten aufgezwungen, nüchtern und ohne Glanz. Und es vermittelte das Bild chronischer Instabilität: Parteipolitische Zersplitterung gepaart mit Parteienzwist und zunehmender Radikalisierung mit Umsturzversuchen rechts- und linksradikaler Bewegungen führten zu häufigen Regierungswechseln mit insgesamt zwanzig Weimarer Kabinetten.

Vor diesem ökonomischen, sozialen und politischen Hintergrund prägten besonders vor 1923 und nach 1929 Straßen- und Saalschlachten zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten (die propagandistisch instrumentalisiert und verschärft wurden) sowie terroristische Attentate und Fememorde durch Aktivisten von Freikorps und Geheimbünden das Bild. Zudem förderte die zunehmende Verarmung der Bevölkerung eine Radikalisierung (z. B. der politischen Auseinandersetzung und Sprache). Das Rechtssystem war größtenteils unfähig und unwillig, sich mit der bürgerkriegsähnlichen Eskalation des politischen Terrorismus rechtsstaatlich auseinanderzusetzen und gab sich besonders auf „dem rechten Auge“ blind (Gumbel, 1922).

Auch die „goldenen“ oder „wilden“ zwanziger Jahre mit ihren vielfältigen Aufbrüchen im Kulturleben und in den Wissenschaften erlebten die Zeitgenossen ambivalent (Gay, 1968; Kolb & Schumann, 2012). So brillierte Berlin in Musik, Theater und Kunst als einer der progressivsten und kreativsten Städte der Welt. Doch die kulturelle Befreiung der einen kontrastierte das sozialen Elend der anderen. Was dem einen als Fortschritt, Modernismus und Experimentierfreudigkeit galt, erschien den anderen als „undeutsch“ und „abartig“, als bedrohliches Chaos aus Amoralismus und Libertinage. Dort, wo Geist und Kultur eine Blüte erreichten, lag die „Republik der Außenseiter“ (Gay, 1970); die Mehrzahl der Deutschen empfand den Aufbruch als Zusammenbruch der wilhelminisch-feudalen-bürgerlichen Kultur und den Wertewandel als Werteverfall und Dekadenz. Kurzum: „Die zwanziger Jahre zeigen das ebenso faszinierende wie deprimierende Bild einer tief gespaltenen Kultur“, resümiert Karl-Dietrich Bracher (1983, 22).

Abbildung 3 Krisenerscheinungen ab 1918 in wesentlichen Ordnungssystemen

Zusammengefasst manifestierten sich die Krisen der Weimarer Zeit demnach auf so gut wie allen relevanten gesellschaftlichen Ebenen (für einen Überblick, siehe Abbildung 3). Hinzukamen weitere Faktoren, die in der einschlägigen Literatur als (zusätzliche) Ursachen für das Scheitern der Republik ausgemacht werden, darunter insbesondere Konstruktionsfehler der Weimarer Verfassung (z. B. parlamentarische Zersplitterung durch das reine Verhältniswahlrecht; Aushebelung des Parlaments durch die starke staatsrechtliche Position des Reichspräsidenten). Nicht selten wird dabei jedoch in einem finalistischen Fehlschluss vom Ende hergedacht: post hoc ergo propter hoc – das zeitliche „Davor“ wird als kausales „Dadurch“ aufgefasst. Als Konsequenz werden geschichtliche Begebenheiten so ausgewählt und gedeutet, dass sie die vorgefasste These vom „zwangsläufigen“ Untergang der Weimarer Republik zu untermauern scheinen. Die Kognitionspsychologie bezeichnet derart erwartungsbestätigenden Verzerrungen als „confirmation bias“ (z. B. Mercier, 2017). Auch der vorliegende Beitrag muss sich dieser Gefahr bewusst sein.

Tatsächlich wäre es bereits ein „confirmation bias“, die skizzierten Krisen bzw. Krisenerscheinungen allein als hinreichende Bedingungen für das Scheitern der Republik anzusehen. Ähnliche Ereignisse und Zustände mussten und müssen nicht notwendig das gleiche Ergebnis zeitigen. So hatte der Freistaat Preußen in der Weimarer Zeit prinzipiell ähnliche Vorbelastungen wie das Deutsche Reich insgesamt zu bewältigen (reines Verhältniswahlrecht, Kriegsniederlage, Versailler Vertrag etc.), wurde jedoch lange als stabiles „Bollwerk der Demokratie“ regiert. Ferner zog die Weltwirtschaftskrise, wie bereits der Name impliziert, in den dreißiger Jahren weltweit zahlreiche Volkswirtschaften in Mitleidenschaft, darunter besonders die USA. Anders als in Deutschland vermochte jedoch Präsident Franklin D. Roosevelt mit dem New Deal der Nation neue Hoffnung zu geben und die Demokratie zu bewahren. Weiteres Beispiel: Das demokratisch-parlamentarische System Italiens überstand allein in den sieben Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg rund sechzig Regierungswechsel, ohne daran zu zerbrechen. Was in dem einen Land als existenzielle Krise (oder als Ursache dafür) erscheint, kann in einem anderen Land oder zu einer anderen Zeit sehr wohl als bewältigbar erlebt werden. Tatsächlich sind also viele der in diesem Abschnitt aufgeführten Punkte keine „objektiven“ Krisen, sondern perzipierte Krisen oder Krisenerscheinungen. Entscheidend dafür, ob Krisen überhaupt als solche perzipiert werden und welche Auswirkungen sie mit sich bringen, sind die vorherrschenden kognitiven Muster in einer Gesellschaft, die nachfolgend thematisiert werden.

3. Die vorherrschenden kognitiven Muster in Weimar als Verstärker des erlebten Kontrollverlustes

Kognitive Muster sind nach Moscovici (1981) „soziale Repräsentationen“ und legen – wie bereits unter Abschnitt 3 ausgeführt – Perzeptionen und Interpretationen einer Situation nahe. Darüber hinaus implizieren sie Bedürfnisse und Werte und generieren Erwartungen und Hoffnungen bis hin zu Verhaltensdispositionen. Kognitive Muster lassen sich dabei nicht nur an Individuen feststellen und untersuchen; entsprechend der kulturpsychologischen, ethnologischen und soziologischen Forschungen zum interkulturellen Wertevergleich und zum intertemporären Wertewandel sind sie auch kennzeichnend für große soziale Entitäten wie Nationen bzw. Kulturen zu jeweils bestimmten Zeiten (Hanges, Javidan, Dorfman & Gupta, 2004; Hofstede, 2001; Schwartz & Sagiv, 1995; Thomas, 2003). In diesen Forschungen werden keine Klischees oder Stereotypen aufgegriffen oder gar fabriziert, sondern theoretisch fundierte und empirisch aufwändig eruierte „Kulturdimensionen“, „Kulturstandards“ oder dergleichen gewonnen, die für den gesellschaftspolitischen Bereich im Wesentlichen vergleichbar mit den „kognitiven Mustern“ sind, wie sie die vorliegende Studie definiert. Ein unvermeidbarer Unterschied besteht darin, dass heute eine empirische Untersuchung der vorherrschenden kognitiven Muster der deutschen Bevölkerung in den zwanziger und dreißiger Jahren mit den sozialwissenschaftlichen Methoden- und Verfahrensstandards der Gegenwart naturgemäß nicht mehr durchführbar ist. Stattdessen muss und soll an dieser Stelle auf eine Reihe geschichts- und zum Teil sozialwissenschaftlicher Werke zurückgegriffen werden, die meist mit quellenkritischen Verfahren wesentliche kognitive Muster destilliert haben.

Kognitive Muster werden keineswegs von sämtlichen Angehörigen einer Gruppe oder Nation geteilt. Wie ein „kollektives Gedächtnis“ unterliegen sie zeitlichen Veränderungen und sind schließlich nicht notwendigerweise immer salient, sondern oft nur latent vorhanden; erst bestimmte Situationen oder Umweltbedingungen können sie evozieren und womöglich verstärken. So mögen beispielsweise in einem Fall massenhafte Straßenproteste das Bedürfnis nach „Ruhe und Ordnung“ in weiten Teilen einer Bevölkerung wachrufen und damit eine negative Bewertung nahelegen. Anhaltende „Unruhen“ oder „Aufstände“, wie die Ereignisse dann wohl bald genannt werden, können die Bedeutung von „Ruhe und Ordnung“ erhöhen und die Forderung nach „hartem Durchgreifen“ gegen die „Aufrührer“ zur politischen Praxis werden lassen, was letztlich zu einer zirkulär verstärkten Salienz des kognitiven Musters führt. In einem anderen Fall – zu einer anderen Zeit oder in einer anderen Kultur – könnten dagegen ähnliche Vorfälle als legitime Wahrnehmung von Bürgerrechten oder auch als notwendiges Mittel zu ihrer Erringung interpretiert und mithin positiv konnotiert werden.

Bestimmte gesellschaftliche Ereignisse und Entwicklungen werden somit erst aufgrund der kultur- und zeitabhängigen kognitiven Muster überhaupt als Krisen wahrgenommen. Gesellschaftliche Krisenerscheinungen sind demnach kognitive Konstruktionen, die soziale Ereignisse oder Entwicklungen im Lichte vorherrschender kognitiver Muster als eine gefährliche Funktionsstörung in wesentlichen Ordnungssystemen bewerten und kommunizieren und oft bestimmte Reaktionsweisen nahelegen.

Nach diesen Vorbemerkungen stellt sich die Frage: Welche kognitiven Muster dürften in der Weimarer Zeit gesellschaftlich verbreitet und politisch wirkungsmächtig gewesen sein? Dabei geht es um vorherrschende kognitive Muster, die – wie bereits ausgeführt – nicht auf jede Gruppe oder gar jedes Individuum zutreffen und die zum Teil erst im Laufe jener Jahre in einer Wechselwirkung mit den Krisenerscheinungen salient geworden sind. Um den Rahmen der vorliegenden Analyse nicht zu sprengen, werden sie nachfolgend lediglich kurz aufgelistet. Als vorherrschende einschlägige kognitive Muster in der Weimarer Zeit dürfen demnach gelten:

Trotz teils besonderer mentalitätsgeschichtlicher Hintergründe und Ausprägungen im damaligen Deutschland sind diese kognitiven Muster keineswegs einzigartig, sondern finden sich grundsätzlich auch in anderen Ländern jener Zeit, wie komparative Studien nahelegen (siehe zum Beispiel Leerssen, 2006; Lindemann & Levy, 2010; Mosse, 1990). Es ist somit kein „deutsches Sonderbewusstsein“ (Sontheimer, 1983) oder ein spezifischer „Nationalcharakter“, der dem Aufstieg des Nationalsozialismus als eine Art Ursachen-Wirkungs-Automatismus zugrunde läge. Ferner haben zahlreiche Länder im Europa der Zwischenkriegszeit soziale, ökonomische und politische Verwerfungen erlebt, die in Diktaturbewegungen, autoritären Putsch-Regimen und faschistischen Regierungen mündeten, so etwa Ungarn, Italien, Polen, Portugal, Spanien, Österreich, Griechenland sowie Länder im Balkan und im Baltikum (vgl. zum Beispiel Barth, 2016; Bauerkämper & Nachama, 2017). Im Deutschland der Weimarer Zeit aber war in allen wesentlichen Ordnungssystemen eine Vielfalt und Vielzahl von gravierenden Ereignissen und Entwicklungen zu verzeichnen, die vor dem Hintergrund der vorherrschenden kognitiven Muster als eine Kette massiver, fundamentaler Krisen perzipiert worden sind. Nachdem Mitte der zwanziger Jahre einige Ordnungssysteme eine gewisse Stabilisierung erfahren hatten, flammten die Krisenerscheinungen mit der ökonomischen Depression ab 1929 mit voller Vehemenz erneut auf. Diese Wiederholung zerstörte, was an Zuversicht, Vertrauen und Stabilität in den wenigen Jahren der Blüte der Weimarer Republik für manche gewachsen sein mochte. Sowohl die Krisenerscheinungen als auch ihre Wahrnehmung in der Bevölkerung wurden dabei durch die Agitation und Propaganda von Nationalsozialisten, Kommunisten und anderen republikfeindlichen Kräften weiter angestachelt, dramatisiert und verschärft.

Am Ende muss unweigerlich von der Perzeption eines erheblichen Verlusts kognizierter Kontrolle in einer Vielzahl der verschiedensten Schichten und Gruppierungen der deutschen Bevölkerung ausgegangen werden (siehe Abb. 3). Hinzukommen ein Gefühl der Ausweglosigkeit und − nach der perzipierten Wirkungslosigkeit aller bisheriger Lösungsversuche – eine „erlernte Hilflosigkeit“, wie sie in Abschnitt A beschrieben worden ist.

Die Weimarer Republik, so angegriffen sie bereits war, musste zwar noch immer nicht endgültig scheitern und hätte 1932/33 womöglich durch ein anderes Agieren des Reichspräsidenten (einstweilen) gerettet werden können; aber sozialpsychologisch gesehen lag ein Scheitern nahe.

Andere während der Weimarer Republik verbreitete Einstellungen wie Antisemitismus und Antikommunismus spielten bei der Suche nach „Ursachen“ und „Schuldigen“ für den erlebten Kontrollverlust eine wichtige Rolle (siehe Abbildung 4).

4. Nationalsozialistische Politik und Propaganda und die Wiederherstellung der perzipierten Kontrolle in der Bevölkerung

4.1 Affinitäten und Appeal

Warum aber gerade Hitler? Warum haben gerade er und seine NS-Bewegung diese Akklamation in breiten Kreisen der Bevölkerung erfahren, so dass auch Reichspräsident Hindenburg und dessen „Kamarilla“ seiner Ernennung zum Reichskanzler nicht weiter entgegenstehen mochten? Und obwohl die NSDAP in den folgenden Wahlen im März 1933 − trotz erheblicher Übergriffe auf politische Gegner und trotz eines deutlichen Zugewinns an Stimmen − mit 43,9 Prozent keine absolute Mehrheit erreichte: Warum vermochte die NS-Bewegung sich bald in einer umfassenden NS-Diktatur zu etablieren und konnte dabei auf eine allem Anschein nach weiterwachsende Akklamation durch die Bevölkerung bauen?

Bei dieser Frage richtet sich der Blick unter anderem auf die Kommunistische Bewegung, die ebenfalls in Opposition zu der von Vertrauensverlusten gezeichneten Republik stand und die mit der Forderung einer „nationalen Befreiung“ gleichermaßen eine nationalistische Position einnahm. Wie das Programm der NSDAP, richtete sich das Parteiprogramm der Kommunistischen Partei klar gegen die Weimarer Republik, propagierte jedoch als Lösung eine gesellschaftliche Revolution. Zum kommunistischen Selbstverständnis gehörte bereits von Beginn der Republik an ein entschiedener Antifaschismus, der mit dem Aufstieg der NSDAP ab 1929 zum allesbeherrschenden Thema kommunistischer Rhetorik wurde. Das Parteiprogramm von 1930 verdeutlicht dies (Klösser, 2018). Mit diesem Agieren und dieser Programmatik gelang es der Kommunistischen Partei Deutschlands, ihren Stimmanteil von 1928 bis 1932 auf 16,9 Prozent deutlich zu erhöhen (Falter, 1995). Jedoch vermochte sie es nicht, sich langfristig durchzusetzen.

Warum dies gerade Hitler und der NS-Bewegung gelang, fußt auf einem Zusammenspiel zahlreicher Ursachen. Aus kontrolltheoretischer Perspektive ist entscheidend, dass die nationalsozialistische Bewegung Versprechen, Strategien und politische Aktionsschritte bereithielt, die den in weiten Teilen der deutschen Bevölkerung erlebten Kontrollverlust auf eine damals einzigartige Weise adressierten (siehe Abbildung 4).

Abbildung 4 Passung zwischen den in der Weimarer Zeit verbreiteten kognitiven Einstellungen der Bevölkerung und dem NSDAP-Programm.

Bis 1933, vor allem aber in den 20er Jahren dramatisierte Hitler in seinen öffentlichen Reden die aktuelle Lage, hob wieder und wieder die Anzeichen für Krisen hervor und schürte damit zunächst die Wahrnehmung eines Kontrollverlustes. Die Krisenwahrnehmung wurde durch die Sturmtruppen der SA verschärft, die Straßenschlachten initiierten und Anschläge begingen. Dadurch wurde das Bild einer chaotischen Situation geschaffen, dem die Nationalsozialisten mit spezifischen „Deutungshilfen“ und „Erklärungen“ sowie einer politischen Praxis begegneten, die vor allem vor 1933 mit all ihren inneren Widersprüchen einen Weg zu bieten schien, Kontrolle wiederzuerlangen (Fest, 2013).

Das Programm und die politische Praxis der Nationalsozialisten waren ausgeprägt eklektisch. Tatsächlich gab es so etwas wie ein stringentes Parteiprogramm gar nicht – stattdessen präsentierte sich die NSDAP als dynamische Volksbewegung, die ständig ihre Strukturen und Inhalte den aktuellen Begebenheiten anpasste. Der Bewegungscharakter des Nationalsozialismus und gerade die programmatisch-eklektische Breite und Offenheit (keine geschlossene, konsistente Programmatik) konnten eine Anziehung auf eine Vielzahl heterogener gesellschaftlicher Gruppen ausüben. Insgesamt bot die Programmatik (die eher eine Anhäufung gängiger Versatzstücke aus dem völkisch-nationalistischen Spektrum mit einigen 1920 populären sozialistischen Elementen darstellte) vieles, das zu den vorherrschenden kontrollrelevanten Wahrnehmungsmustern und Wertströmungen passte (siehe Abbildung 4). Sie enthielt zugleich Restaurationsbestrebungen und revolutionäre Elemente, kombinierte alte und neue Forderungen (v. a. nationalistische und rassistische / antisemitische), vereinte Kontinuität und Aufbruchsstimmung, war zugleich antikapitalistisch wie antikommunistisch, rechtfertigte die Ermordung von Oppositionellen, führte eine Deindividualisierung zu einer gemeinsamen Volksmasse ein und beschrieb ein hierarchisches und autoritäres System. Sie forderte Gehorsam und Disziplin, verpönte den gescheiterten Liberalismus der Weimarer Republik und förderte einen zunehmenden Nationalismus und eine wachsende Fremdenfeindlichkeit. Und vor allem konstruierte sie klare „Schuldige“ für die Krise. Die NSDAP präsentierte sich zwar als politische Partei, zugleich aber auch als „Bewegung“, die sich von sämtlichen „Altparteien“ nachhaltig abhob. Mit dieser Mixtur alter und neuer Elemente erreichten die Nationalsozialisten Identifikation und Vertrauen einerseits als auch Hoffnung, Euphorie und politischen Aktivismus andererseits. Aus dem eklektischen Programm konnte sich jeder die Inhalte und Forderungen herausnehmen, die den eigenen Ansichten entsprachen. Bekanntes konnte Quelle von Nähe und Identifizierung sein, während der Blick in die Zukunft Hoffnungen auf Besserung weckte. Das eklektizistische Programm der Nationalsozialisten passte damit zu den genannten kognitiven Mustern, da es die bestehenden Sehnsüchte ansprach und „Lösungen“ für die wahrgenommenen Probleme bot. Diese Passung ließ die NSDAP als wirkungsmächtigen Akteur mit übereinstimmenden Handlungszielen erscheinen, der Kontrolle wiederherzustellen vermochte.

Im Gegensatz zu den anderen politischen Gruppen sprach das Programm Mitglieder quasi aller gesellschaftlichen Schichten an (Falter, 1995). Im Vergleich dazu adressierte die KPD mit ihrem Programm hingegen nur eine schmale Zielgruppe und war bis zum Ende der Weimarer Republik eine fast lupenreine Arbeiterpartei (Falter, 1995). Sie verfolgte zwar das Ziel, einer Wiederholung weltkriegsähnlicher Katastrophen vorzubeugen und lehnte das instabile politische System ab – jedoch ist anzunehmen, dass gerade das Streben nach einer gesellschaftlichen Revolution in breiten Gesellschaftsschichten ein Kontrollverlusterleben auslöste.

Wichtiger Teil der nationalsozialistischen Strategie war die Schuldzuschreibung sämtlicher Probleme und Missständen auf „Sündenböcke“. Damit konnten das komplexe Ursachengeflecht der heterogenen Schwierigkeiten und Krisen der damaligen Zeit vereinfacht „erklärt“, daraus vermeintlich „einfache“ Wege aus den Missständen abgeleitet und so ein Kontrollerleben auf primärer und sekundärer Ebene hervorgerufen werden (siehe Abbildung 5). Die „Schuldigen“ und „Sündenböcke“ variierten dabei je nach Opportunität bei den Nationalsozialisten seit 1920 zeitlich und inhaltlich stark und fußten auf bereits verbreiteten Vorurteilen und Klischees. So begannen sie mit starkem Antisemitismus, der bis 1933 eine abnehmende Rolle spielte. Daneben wurden unter anderem „Ausland“-Versailles und Sozialisten / Kommunisten als „Schuldige“ diffamiert. Ab 1933 rückten der Antikommunismus und ein wieder zunehmender Antisemitismus in das Zentrum. Juden stellten nur knapp 1 % der deutschen Bevölkerung dar und waren als traditionell mit negativen Attributen behaftete Außengruppe verwundbar. Da nur die orthodoxen Juden gut identifizierbar waren, wurden der Judenstern (ab 1941) und zusätzliche Zwangsvornamen (ab 1939) zur Sichtbarkeit angeordnet.

4.2 Identifizierung als geschlossene Volksgemeinschaft und perzipierte „Erfolge“

Hitler und den Nationalsozialisten gelang es mittels verschiedener Strategien, die Heterogenität der nationalsozialistischen Bewegung zu integrieren und eine geteilte Identität zu schaffen. Dafür nutzten sie beispielsweise religiöse Elemente, führten einheitliche Uniformen ein, etablierten für Jugendliche verbindliche und zugleich attraktive soziale Organisationen, setzten Flaggen, Gesänge und musikalische Elemente ein, organisierten Massenveranstaltungen und machten das Hakenkreuz quasi zum deutschen Symbol. Auf Massenveranstaltungen kamen die Anhänger in direkten Kontakt mit ihrem „Führer“, sogen die Symbolik auf und erfuhren die anregende Atmosphäre und die Wirkung großer Gruppen. Die Person Hitler wirkte dabei mit ihrer Unmittelbarkeit und emotionalen Rhetorik wie ein Magnet. Diese inszenierten Erlebnisse mit Gleichgesinnten, die dem „Repräsentationsdefizit“ der Weimarer Zeit entgegenwirkten, förderten ein starkes Gemeinschaftsgefühl und erhöhten die Solidarität innerhalb der Bewegung sowie ein Gefühl von Nationalstolz. Auf Basis der genannten Elemente wurde eine soziale Identität geschaffen, die es vermochte, die Eigengruppe der NS-Bewegung zusammenzuschweißen und gegen diejenigen zur Front zu positionieren, die den Nationalsozialisten noch skeptisch oder ablehnend gegenüberstanden. Zugleich führte die Massenpropaganda zu einer emotionalen Erregung, die immer weitere Teile der Bevölkerung erfasste.

Die NS-Bewegung schuf so eine „Volksgemeinschaft“, die als zentrales Loyalitätselement und Gegenstück zur bürgerlich-liberalen Gesellschaftsauffassung in den Vordergrund trat (Aly, 2005; Bajohr & Wildt, 2009; Fritzsche, 2009; Pohl, 2016). Ihr wird eine homogenisierende und harmonisierende Wirkung durch die Verschleierung bestehender Ungleichheiten innerhalb der „Gemeinschaft“ zugeschrieben, sowie die Schaffung einer Legitimationsgrundlage terroristischer Willkür nach außen. Für die kontrolltheoretische Argumentationslinie ist bedeutend, dass die Schaffung einer „Volksgemeinschaft“ das Potential barg, ein Gefühl der Kontrolle auf kollektiver Ebene herzustellen. Zudem ermöglichte sie eine klare Definition von Inhalt und Grenzen der nationalsozialistischen Gemeinschaft. Ein Terror- und Unterdrückungsapparat, der jeglichen Widerstand gegen das neue Regime mit brutalen Mitteln unterdrückte, trug zur Formung und Vereinheitlichung dieser „Volksgemeinschaft“ bei. Die Mittel reichten von Einschüchterungen wie kurzzeitigen Verhaftungen bis hin massenhaften Verfolgungen Oppositioneller (vor allem Mitglieder der Arbeiterparteien). Konzentrationslager wurden errichtet und politische Gegner vielfach ermordet. Oppositionelle Demonstrationen und Proteste wurden verboten; Kämpfe und Auseinandersetzungen im Reichstag wurden erstickt und es kam zu keinen Kanzlerwechseln mehr. Die Zeit der kulturellen Vielfalt und Lebendigkeit schien ebenfalls beendet (siehe Abbildung 5).

Adolf Hitler wurde von vielen Deutschen als charismatischer Führer und „Retter Deutschlands“ verherrlicht. Weite Teile der Bevölkerung brachten ihm das Vertrauen entgegen, die Kontrolle in praktisch allen Lebensbereichen wiederherzustellen – überall dort, wo in den Jahren zuvor Schäden eingetreten waren. Die Wirtschaft wurde nach NS-Vorzeichen umgestaltet (beispielsweise bekamen altgediente Nationalsozialisten öffentliche Aufträge und jüdische Unternehmer wurden verdrängt). Bedeutsam ist, dass es die NS-Bewegung dabei vermochte, in weiten Bevölkerungsteilen die Wahrnehmung zu schaffen, sie würde die wirtschaftliche Situation bedeutend verbessern. Tatsächlich setzte eine wirtschaftliche Erholung erst spät ein und war auch Folge der Maßnahmen früherer Regierungen und eines allgemeinen konjunkturellen Aufschwungs. Außerdem trugen Zwangsmaßnahmen (KZ-Haft, „freiwilliger“ Arbeitsdienst, Arbeitszwang) zur Senkung der Arbeitslosigkeit bei. Sehr früh begann Hitler zudem damit, die Wehrmacht wiederaufzubauen und die allgemeine Wehrpflicht einzuführen (wobei Letzteres von der Bevölkerung eher zwiespältig aufgenommen wurde). Dies suggerierte das Bild, Hitler hätte die „Militärische Ordnung“ wiederhergestellt (siehe Abbildung 5).

Die Anhänger Hitlers hatten unterschiedliche Beweggründe mit ihm zu sympathisieren, es gab kein universelles Motiv. Als Ursache kann unter anderem die Heterogenität der Lebensbereiche gesehen werden, die unkontrollierbar erschienen und in denen Hitler und die NS-Bewegung Verbesserungen und damit auch Kontrollwiederherstellung versprachen. Die Gründungsmitglieder und die frühen Mitläufer der NSDAP waren Personen aus so gut wie allen gesellschaftlichen Schichten, die zum großen Teil in ihren Erwartungen und Hoffnungen drastisch enttäuscht worden waren bzw. Menschen, die einen schmerzhaften Status- oder Einkommensverlust erlitten hatten. Die große Mehrheit erlebte einen Mangel an sozialer und ökonomischer Sicherheit sowie eine Kluft zwischen dem aktuellen Status einschließlich der Möglichkeiten des Aufstiegs und persönlichen Ambitionen. Zu ihnen gehörten verschuldete und subventionierte Vermieter, verschuldete Landwirte, bankrotte Industrielle, verarmte Ladenbesitzer und Handwerker, Ärzte ohne Patienten, Anwälte ohne Mandanten, Schriftsteller ohne Leser, unbeschäftigte Lehrer sowie arbeitslose Arbeiter und Angestellte. In der Anfangsphase zeichnete sich die Zusammensetzung der NSDAP durch eine relativ starke Repräsentation der neuen und alten Mittelklasse aus, wobei die Zusammensetzung insgesamt vor allem heterogen war (Gerth, 1952). In den Jahren bis 1933 weitete die NSDAP ihre Bewegung in Deutschland erheblich aus; sie gewann immer mehr Anhänger aus praktisch allen gesellschaftlichen Gruppierungen (Falter, 2020). Die Partei wurde dadurch sowohl hinsichtlich der potenziellen Wählerschaft als auch hinsichtlich der eingeschriebenen Mitglieder zur Massenbewegung.

Abbildung 5 Überblick über die Faktoren des nationalsozialistischen Machterwerbs und dessen Ausweitung.

Ausmaß und Motivationen der hohen Akklamation gegenüber dem Nationalsozialismus wurden schon frühzeitig mit einer empirisch-sozialwissenschaftlich orientierten Methodik beleuchtet. So haben etwa Erich Fromm und Hilde Weiß für ihre Untersuchung Fragebögen herangezogen, die um 1930 verteilt worden waren (Fromm, 1980). Trotz ihrer methodischen Schwachstellen (z. B. eingeschränkte Repräsentativität des Samples) zeigt die Studie das damals ausgeprägte Misstrauen gegenüber der demokratischen Legitimation des Staatswesens. Kontrolltheoretisch relevante Aspekte wie fehlende Transparenz und Beeinflussbarkeit und die Diskrepanz zu eigenen Gerechtigkeitsvorstellungen lassen die Abwendung von der Weimarer Republik und ihren Vertretern erkennen. Theodor Abel widmet sich in seiner 1934 initiierten Studie der Motivationslage der nationalsozialistischen Anhängerschaft und wertet dafür etwa 600 Lebensläufe aus. Auf dieser Basis schreibt er den Appeal und den nachhaltigen Erfolg des Nationalsozialismus folgenden vier Kernfaktoren zu (Abel, 1938/1982, S. 166 & 185):

  1. 1.
    Die weit verbreitete Unzufriedenheit mit dem existierenden politischen System.
  2. 2.
    Das zusammengewürfelte ideologische Programm, das zu den bestehenden Bedürfnissen passte und sehr konkret soziale Veränderung in Aussicht stellte.
  3. 3.
    Die Propaganda der Nationalsozialisten und ihre effiziente Organisation.
  4. 4.
    Die charismatische Führerschaft der NSDAP.

Diese Ergebnisse unterstützen zentrale Aussagen der vorliegenden kontrolltheoretischen Untersuchung.

Ursachen und Gründe für die verbreitete Abwendung von der Weimarer Demokratie und für die Anziehungskraft der NS-Bewegung wurden in der Geschichtswissenschaft und in anderen Disziplinen in einer Vielzahl von Publikationen thematisiert. Wie bereits eingangs konzediert, müssten diese für eine differenziertere Analyse systematisch herangezogen werden. Dies jedoch würde den Rahmen des vorliegenden Artikels bei Weitem sprengen.

C Abschließende Reflexionen

Kaum ein anderes Phänomen der Geschichte ist intensiver beleuchtet worden als der Aufstieg des „Dritten Reiches“ und seine furchtbare Kulmination in einem Weltkrieg und der Shoa. Wie lässt sich der hier vorgelegte Beitrag in diesem Forschungs- und Deutungsfeld verorten? Worin liegt sein besonderer Erkenntniswert? Und inwiefern lassen sich daraus für Gegenwart und Zukunft präventive Strategien entwickeln, um die Forderung nach einem „Nie wieder!“ zu substantiieren?

Jede retrospektive Untersuchung komplexer geschichtlicher Phänomene muss sich − wie in Abschnitt B 2. ausgeführt − der Gefahr finalistischer Fehlschlüsse bewusst sein, wenn einzelne vorausgegangene historische Faktoren zur Deutung eines Phänomens herausgegriffen und rekonstruiert werden. Die Geschichtswissenschaft versucht, mit einer primär hermeneutischen Methodik auf Grundlage quellenkritischer Betrachtungen den Zusammenhang zwischen wesentlichen geschichtlichen Ereignissen und Triebkräften narrativ herzustellen. Schon seit Langem beklagen dabei Historiker_innen die „Theoriebedürftigkeit“ (Koselleck, 1972) bzw. das „Theoriedefizit“ (Hennig, 1980, 60) ihrer Disziplin und beziehen sich dabei nicht zuletzt auf die mangelnde Berücksichtigung von Theorien aus den Sozialwissenschaften. Umgekehrt müssen sich wohl auch empirisch-experimentelle Sozialpsycholog*innen den Vorwurf gefallen lassen, ihre Theorien nur selten auf komplexe makrosoziale Probleme oder historische Entwicklungen anzuwenden. Mit dem hier vorgelegten Beitrag soll ein Brückenschlag für eine interdisziplinäre Kooperation angeregt werden, um das Verständnis zur wohl gravierendsten Frage der deutschen Geschichte zu vertiefen. Voraussetzung dafür ist, dass keine der Disziplinen an einem Erklärungsprimat festhält, dass jeweils eigene methodische Engführungen überwunden werden und dass nicht auf die Schwachstellen und Fehler des jeweils anderen fokussiert wird (die sicherlich auch dieser Beitrag enthält), sondern auf mögliche Synergien.

Konkret bietet aus Sicht der Autor*innen die Theorie der kognizierten Kontrolle in der hier vorgestellten Konzeptionalisierung einen empirisch fundierten Erklärungsrahmen für die Etablierung des totalitären NS-Staates. Grundlegend sind dabei das Bedürfnis nach kognizierter Kontrolle auch auf sozialer Ebene; Krisenerscheinungen, die vor dem Hintergrund vorhandener kognitiver Muster einen tiefgreifenden Kontrollverlust auslösen können; und bestimmte Reaktionsweisen, die hierauf typischerweise evoziert werden.

Monokausale Erklärungsstränge widersprechen der Komplexität der historischen Entwicklungen. Die Behauptung eines „deutschen Sonderbewusstseins“, das zwangsläufig in eine Diktatur habe münden müssen, scheint ebenso abwegig wie ein Krisenautomatismus, der für sich alleine genommen die Weimarer Republik hinweggefegt habe, oder eine Manipulationsthese, wonach Hitler die meisten Deutschen zur Gefolgschaft quasi verführt hätte.

Entscheidend ist es, wesentliche Einflüsse nicht nur zu identifizieren, sondern sie in ihrer Bedeutung und in ihrer Beziehung zueinander zu analysieren. Gegenüber einer rein narrativen Verknüpfung kann die Theorie der kognizierten Kontrolle die Grundkonstellation der Kernfaktoren in einem sozialpsychologischen Bedingungssystem systematisch verorten und davon ausgehend die Dynamik der Geschehnisse verständlich machen: die vorherrschenden kognitiven Muster, die aus den krisenhaften Ereignissen der Weimarer Zeit die verbreitete Perzeption eines Kontrollverlusts in wesentlichen soziopolitischen Ordnungssystemen hervorgerufen haben; die Verwerfung bisheriger Lösungsansätze und ihrer Vertreter; die individuelle Hilflosigkeit und die Präferenz für kollektive Aktionen und eine starke Führung zur indirekten Kontrolle; die Affinität kognitiver Muster mit den Ideologemen der Nationalsozialisten; die externale Attribution der Ursachen des Kontrollverlusts auf „Sündenböcke“ verbunden mit der Bereitschaft, „Erklärungen“ und „Lösungen“, wie sie interpretativ und handlungsleitend von der NS-Bewegung angeboten wurden, zur Wiedergewinnung der Kontrolle zu akzeptieren; usw. Die Theorie der kognizierten Kontrolle analysiert die Interaktion dieser Faktoren und insbesondere die motivationalen Schubkräfte in der Bevölkerung, die zu der hohen Akklamation der NS-Bewegung mit Adolf Hitler an der Spitze geführt haben.

Die Etablierung der NS-Herrschaft war demnach weder ein zufälliger „Betriebsunfall“ der deutschen Geschichte noch eine historische Zwangsläufigkeit. Das sozialpsychologische Bedingungssystem, wie es hier vorgestellt worden ist, behauptet keine deterministischen Abläufe, sondern formuliert eine Konstellation negativer Synergien, in der das Erreichen eines Kipppunkts hin zu einem autoritären oder totalitären Regime zunehmend wahrscheinlich wird. In jeder geschichtlichen Situation müssen dabei jeweils eigene kognitive Muster, Krisenerscheinungen, Hauptakteure etc. betrachtet und auf Grundlage des theoretischen Konzepts analysiert werden. Wenn aber die Erosion demokratischer und rechtsstaatlicher Institutionen voranschreitet, so möchten wir hinzufügen, wird die Entwicklung immer weniger reversibel und Opposition bald zum selbstgefährdenden Widerstand.

Im Falle des NS-Staates kann die Theorie der kognizierten Kontrolle die Zementierung eines Bodens verdeutlichen, auf dem später schwerste Menschheitsverbrechen bis hin zur Shoa verübt wurden. Jedoch ist die Reichweite der Theorie begrenzt und kann diese Verbrechen selbst nicht erklären; noch weniger stellt sie die ungeheuerliche Singularität dieses Genozids infrage. Wer die Forderung nach einem „Nie wieder!“ erhebt, setzt indessen voraus, dass etwas nicht absolut einmalig ist; denn Einmaliges ist einmalig und wiederholt sich nicht. Es käme einer Entwarnung gleich, würde man auch Anfänge und Vorstufen einer womöglich verheerenden Entwicklung als unerklärlich einzigartig verstehen.

Anders formuliert: Die Shoa hat nicht begonnen in den Gaskammern von Belzec, Sobibór, Auschwitz, Maidanek, Chelmno, Treblinca … oder in den Mordaktionen der SS–Einsatzgruppen in Osteuropa. Der Boden des Genozids war Jahre zuvor gelegt worden, von einer politischen Bewegung, die mehr und mehr Zuspruch und Rückhalt in der Bevölkerung gefunden hat. Und wie jedes geschichtliche Phänomen dieser Tragweite war auch der Aufstieg des Nationalsozialismus einmalig, aber keineswegs einzigartig. Unter mehr oder weniger ähnlichen Umständen könnte sich grundsätzlich Ähnliches wiederholen.

An dieser Stelle setzt die prognostische, aber auch die präventive Dimension der Theorie der kognizierten Kontrolle an. Seit dem Zweiten Weltkrieg kann Mitteleuropa auf eine der längsten Friedensperioden seiner Geschichte zurückblicken. Zugleich aber flammen hier und anderenorts immer wieder und immer stärker Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit auf; rechtsextreme und rechtspopulistische Parteien und Bewegungen finden zunehmend Anklang; manche Staaten des Kontinents driften in Richtung autoritärer Regime. Dennoch scheint es vermessen, allenthalben „Weimarer Verhältnisse“ zu vermuten und jeden Populisten gleich mit einem „neuen Hitler“ gleichzusetzen; dies würde die damalige Situation verharmlosen.

Andererseits enthält die Theorie der kognizierten Kontrolle durchaus wichtige Elemente eines Vorwarnsystem. Wo etwa machen sich rechtspopulistische Bewegungen breit und bestimmen den Ton der gesellschaftlichen Debatten? Was ist die Motivationslage ihrer Mitglieder und Wähler_innen? Mit Blick auf die Partei Alternative für Deutschland (AfD) haben die Autor_innen und andere eine entsprechende Analyse angestellt (Hehnen, Frey, Rez & Fladerer, 2021). Vor dem Hintergrund der Globalisierung und des technischen Wandels sind dabei die Zukunftsängste der Anhängerschaft, die Ablehnung politischer Eliten und das schwindende Vertrauen in politische Institutionen skizziert worden, die auf einen erlebten Kontrollverlust hindeuten und mit der Programmatik der AfD korrespondieren.

Um die Ausbreitung demokratiegefährdender und menschenrechtsverletzender Bewegungen zu verhindern, scheinen aus Sicht der Theorie der kognizierten Kontrolle drei Ansatzpunkte elementar, die die Grundfaktoren des Modells aus Abb. 2 aufgreifen:

  • Keine Panik bei angeblichen oder tatsächlichen Krisenerscheinungen: Entwicklung einer Kontrollverlust-Resilienz; dazu Förderung von Kompetenzen wie Unsicherheits- und Ambiguitätstoleranz, Coping, Selbstregulation; soziale Unterstützung und Vertrauen; Situationen nicht beschönigen, sondern geduldig-entschieden rationale Argumente zur Erklärung sowie realistische Perspektiven transportieren.
  • Zivilcourage und Argumente gegen Agitatoren: Rechtspopulistische Dramatisierungen, Verschwörungserzählungen und Strategien transparent machen; argumentative Entlarvung einfacher „Erklärungen“ und „Lösungen“ einschließlich aller Formen des Scapegoatings; konsequente Verurteilung und Sanktionierung demokratiefeindlicher und inhumaner Aussagen und Handlungen.
  • Reflexion eigener kognitiver Muster: Herausbildung eines aufgeklärten historischen und politischen Bewusstseins und eines gefestigten Wertesystems (Frey, 2016); Berücksichtigung des Bedürfnisses nach kognizierter Kontrolle in der Programmatik und Politik nicht-populistischer Parteien.

Letztlich geht es um ein Bewusstsein, wie es Chaim Schatzker, Historiker und Überlebender der Shoa, für die Ausstellung in der KZ-Gedenkstätte Dachau zur Vorgeschichte der NS-Diktatur formuliert (Comité International de Dachau, Distel & KZ-Gedenkstätte Dachau, 2005, 45): „Vorgeschichte bedeutet nicht, dass alles, was nachher kam, so kommen musste und nicht anders kommen konnte. Jedoch ist die Saat von Antisemitismus, Rassismus, Missachtung der Menschenwürde und der demokratischen Ordnung, die in der Vorgeschichte des Dritten Reiches ausgebracht wurde, nach 1933 in erschreckender Wiese aufgegangen. Wir alle bilden heute die Vorgeschichte von morgen.“

An die Historiker Friedbert Mühldorfer und Dirk Riedel, die mit vielen Verbesserungsideen und klugen Gedanken den Text substanziell verbessert und damit wesentlich zu der Qualität beigetragen haben. Auch möchten wir den Reviewern dieses Textes danken, deren Anmerkungen und Verbesserungsvorschläge uns die Basis für eine weitere grundlegende Verbesserung ermöglichten.

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