Bedeutung sprachlicher Interaktionen im Kita-Alltag mit Kindern mit und ohne Sprachförderbedarf
Konzeption, sprachliches Handeln und fachliche Begleitung
Abstract
Zusammenfassung: Die Umsetzung von sprachlicher Bildung und Förderung ist ein zentraler Auftrag von Kindertageseinrichtungen (Kitas). Dabei ist wenig darüber bekannt, wie differenziert sprachliches Lernen von Kindern mit und ohne sprachlichem Förderbedarf unterstützt wird. Ziel der Befragungsstudie, an der 912 hessische Einrichtungen teilnahmen, war es, die derzeitige Praxis in Bezug auf sprachliche Bildung und Förderung zu eruieren und vor allem die Bedeutsamkeit sprachförderlicher Interaktionen in den Blick zu nehmen. Die befragten Leitungen wiesen auf die sehr hohe Bedeutung der Gestaltung von kommunikationsanregenden Situationen im „normalen“ Alltag im Gegensatz zu speziell geplanten Aktivitäten hin. Aus dem Online-Survey ging hervor, dass (a) das Prinzip der Alltagsintegrierung in Konzeption und Praxis vorherrschend ist, (b) i.d.R. kein differenziertes Vorgehen für Kinder mit und ohne Sprachförderbedarf vorgenommen wird und (c) pädagogische Fachkräfte nur selten spezifische Fachberatungsangebote erhalten und Unterstützungstools wie Feedback, Selbstreflexion und Qualitätssicherung für den Bereich alltagsintegrierte sprachliche Bildung und Förderung nutzen.
Abstract: Fostering language development is a central mandate in early childhood education and care (ECEC). There is a lack of evidence as to the kind of support children with and without need for language support receive. The online survey includes data from 912 ECEC centers and examined current practice of language education and facilitation in ECEC. The polled center directors pointed out the importance of seizing everyday situations for language facilitation in contrast to providing specific, additive language-related activities. Further, the data suggested that (a) embedding language supporting strategies in practice is the prevailing principle, which is mirrored in the pedagogical concepts of the centers; (b) educators usually do not use different language education and fostering practices for children with or without the need for language support; and (c) only rarely do educators receive specific forms of consultation and professional development on tools such as feedback, self-reflection, or quality management.
Sprachliche Bildung und Förderung in Deutschland
Über alle Gesellschaften hinweg sind das Verständnis und der Gebrauch von Sprache fundamentale Kompetenzen, die Schlüssel zur Erschließung der Welt und des sozialen Miteinanders sind und Bildung ermöglichen (BMFSFJ, 2021). Der Bildungsbericht 2020 zeigte auf, dass in bundeslandspezifischen Sprachstandserhebungen im Jahr 2019 bei 12% bis 60% der Kinder im Vorschulalter ein Sprachförderbedarf1 vorliegt (Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2020, Tab C5–3 web). Aufgrund der Maßnahmen in Kindertageseinrichtungen (Kitas) zur Eindämmung der pandemischen Lage (Quarantäne, Notgruppenbetreuung, Kitaschließungen) konnten 2020 und 2021 Sprachstandserhebungen in den meisten Bundesländern nur eingeschränkt oder nicht mit allen Kindern durchgeführt werden. Dennoch gibt es Hinweise auf einen leichten Anstieg des Förderbedarfs (4-1Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2022; Tab C4–6 web). Zudem machte der 7. Quartalsbericht der Corona-KiTa-Studie einen pandemiebedingten, gestiegenen Anteil an Kindern mit Förderbedarf im Bereich der sprachlichen Entwicklung aus (4-2Autorengruppe Corona-KiTa-Studie, 2022). Hinzu kommt der immer größer werdende Anteil mehrsprachiger2 Kinder mit nicht-deutschen Familiensprachen in Kitas (4-3Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2022, Tab C4–1 web). Aufgrund des großen Einflusses der frühen sprachlichen Fähigkeiten auf die weitere Bildungslaufbahn (z.B. Kempert et al., 2016) und der Korrelation von Wortschatzentwicklung und Bildungsniveau der Eltern sowie Familiensprache (Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2022) kann die frühe sprachliche Bildung und Förderung in Kitas als aktive Bemühung um Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit gesehen werden (Schneider, 2018).
Hierfür muss sprachliche Bildung als durchgängiges Prinzip der pädagogischen Arbeit in Kitas verstanden werden. Dazu müssen pädagogische Fachkräfte zum einen sprachliche Bildung so umsetzen, dass ein anregendes Sprachangebot für alle Kinder zur Verfügung gestellt wird. Zum anderen benötigen Kinder mit Sprachförderbedarf zusätzliche Sprachförderung. Diese kann in Kleingruppen oder alltagsintegriert stattfinden (Jungmann, 2020). Beide Herangehensweisen stehen dabei nicht im Widerspruch zueinander, im Gegenteil erscheint die sinnvolle Kombination beider Zugänge auch empirisch naheliegend (Egert, Galuschka, Groth, Hasselhorn & Sachse, 2020).
Umsetzungsmöglichkeiten im Kita-Alltag
Die unterschiedlichen Vorgaben der Bundesländer lassen für die Umsetzung sprachlicher Bildung und Förderung in den Kitas oftmals großen Spielraum (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2022, Tabelle C4–5web). Pädagogische Fachkräfte stehen dadurch in ihrer täglichen Arbeit vor der Herausforderung, aus einer Fülle von vorhandenen Sprachbildungskonzepten, Sprachförderansätzen und -materialien für ihr Bestreben geeignete zu wählen (Lisker, 2013). Diese Angebote unterscheiden sich in ihrer Zielsetzung (allgemein/universell vs. selektiv/kompensatorisch), methodisch-didaktischen Konzeption (additiv vs. alltagsintegriert), Umsetzungsdauer, inhaltlichen Gestaltung und den anvisierten sprachlichen Förderdomänen (vgl. Kammermeyer & Roux, 2013; Lisker, 2013; Redder et al., 2011).
Seit einigen Jahren ist in fast allen Bundesländern der Trend ersichtlich, dass additive Sprachfördermaßnahmen – die oft isoliert vom Gruppengeschehen durchgeführt werden – zunehmend von alltagsintegrierten Ansätzen abgelöst werden (Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2022, S. 109). Hintergrund hierfür sind vielfältige Belege dafür, dass sprachförderliche Interaktionsstrategien die weitere sprachliche Entwicklung der Kinder entscheidend positiv beeinflussen (Überblick bei Buschmann, 2020) und in spezifischen Situationen, wie der dialogischen Bilderbuchbetrachtung, wirksam zum Tragen kommen können (z.B. Ennemoser, Kuhl & Pepouna, 2013).
Dieses Vorgehen wird zum Beispiel innerhalb des Bundesprogramms „Sprach-Kitas“, aber auch durch die Förderbemühungen der einzelnen Länder favorisiert. In Hessen werden die Träger bei der alltagsintegrierten sprachlichen Bildung zusätzlich durch ein Gesamtkonzept an Maßnahmen durch zwei Landesförderprogramme (u.a. „Schwerpunkt-Kita-Pauschale“ für Einrichtungen mit einem hohen Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund oder aus einkommensschwachen Familien und Landesprogramm „Sprachförderung für Kinder im Kindergartenalter“) unterstützt, die kostenfreie Fortbildungen zum Bildungs- und Erziehungsplan, Förderpauschalen und Fachberatungsangebote umfassen.
Fachliche Unterstützungs- und Begleitangebote für pädagogische Fachkräfte
Ob die Angebote der sprachlichen Bildung und Förderung in Kitas potenziell wirken, hängt – neben der tatsächlichen Anwendung – von der Qualität ab, mit der die pädagogischen Fachkräfte diese durchführen (Kammermeyer & Roux, 2013). Gerade im Hinblick auf die Potentiale von alltagsintegrierter Sprachbildung und -förderung besteht die Gefahr, dass diese ohne adäquate Fortbildungsmaßnahmen nicht ausreichend ausgeschöpft werden, sodass besonders Kinder mit Sprachauffälligkeiten eher seltener von den verbreiteten Sprachbildungsmaßnahmen profitieren (Buschmann, Degitz & Sachse, 2014; Kammermeyer, 2019). Dies ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass bei der alltagsintegrierten Sprachbildung und -förderung oftmals unterschätzt wird, wie schwierig es ist, spezifische Fördertechniken zu erlernen und ganz nebenbei anzuwenden (Petermann, 2015). Untersuchungen zur Qualität der sprachlichen Unterstützung im Kita-Alltag (von Suchodoletz, Fäsche, Gunzenhauser & Hamre, 2014; Wildgruber, Wertfein, Wirts, Kammermeyer & Danay, 2016) oder in angewandten Sprachförderangeboten (Kammermeyer, Roux & Stuck, 2013) weisen eher auf einen Optimierungsbedarf hin. Insbesondere Kinder mit geringeren Sprachkompetenzen erfahren dabei Einschränkungen in der Interaktion mit Fachkräften sowie Peers (Albers, Bendler, Lindmeier & Schröder, 2013).
Der Weg vom Sprachförderansatz zu den Kindern führt über die pädagogische Fachkraft und die Verbesserung des pädagogischen Handelns (Kammermeyer, 2019). Zur allgemeinen Steigerung der sprachlich-kognitiv unterstützenden Fachkraft-Kind-Interaktionen erscheinen intensive Weiterbildungen mit Selbstreflexionsanteilen erfolgversprechend (Egert, Dederer & Fukkink, 2020). Studien zu Interventionstrainings deuten darauf hin, dass Veränderungen des Sprach- und Interaktionsverhaltens gegenüber Kindern mit Sprachauffälligkeiten längerfristige Begleitungen mit Supervisions- und Austauschmöglichkeiten benötigen (Buschmann et al., 2014). Auch für additive Angebote verweisen Kuger, Sechtig und Anders (2012) auf den Einfluss der Professionalisierung der frühpädagogischen Fachkräfte und zeigen auf, dass sich wirksame Ansätze der Sprachförderung durch eine intensive Qualifizierung der Fachkräfte auszeichnen.
Ziele und Fragestellung
Die vorliegenden Daten stammen aus einer Befragungsstudie, deren übergreifendes Ziel es war, derzeit praktizierte Herangehensweisen der sprachlichen Bildung und Förderung zu erfassen. Für Kitas in Hessen wurde untersucht, welche sprachbezogenen Einrichtungskonzeptionen vorliegen, welche Ansätze derzeit favorisiert und unter welchen Bedingungen diese umgesetzt werden. Dabei wurde gezielt nach Ansätzen und sprachlichen Interaktionsangeboten für Kinder mit und ohne Sprachförderbedarf differenziert. Darüber hinaus wurden die fachliche Begleitung und Unterstützung der Fachkräfte erfasst. Der vorliegende Beitrag geht folgenden Fragen nach:
- 1.Wie ist sprachliche Bildung und Förderung und deren Ausgestaltung in den Einrichtungskonzeptionen verankert?
- 2.Wie gestaltet sich die sprachliche Bildung, die sich an alle Kinder richtet?
- 3.Wie werden Kinder mit Sprachförderbedarf zusätzlich unterstützt?
- 4.Welche fachlichen Unterstützungs- und Begleitangebote nutzen die Einrichtungen?
- 5.Inwiefern unterscheidet sich das Nutzungsverhalten fachlicher Unterstützungs- und Begleitangebote in Bezug auf (a) die Verwendung eines spezifischen Ansatzes der sprachlichen Bildung und Förderung oder (b) der Teilnahme an Bundes- oder Landesprogrammen?
Methode
Die Daten wurden im Projekt „Landkarte sprachlicher Bildung und Förderung in Hessen“ erhoben, welches vom Hessischen Ministerium für Soziales und Integration gefördert wird. Die Befragung adressierte alle hessischen Kitas (zum Befragungszeitpunkt ca. 4.300 Einrichtungen) und fand im Zeitraum von Oktober 2020 bis Januar 2021 statt.
Instrument
Der Onlinefragebogen wurde in SoSci Survey erstellt. Die anonyme Befragung richtete sich an die Kita-Leitungen und umfasste neben strukturellen Angaben zu den Einrichtungen Fragen zu Organisation und Prozessen der sprachlichen Bildung und Förderung. Diese wurden jeweils zunächst über offene Fragen erhoben (z.B. „Bitte skizzieren Sie kurz, was in der Einrichtungskonzeption im Hinblick auf sprachliche Bildung und Förderung steht“) und dann detailliert durch systematische geschlossene Fragen erfasst. Der Fokus lag hierbei auf der Differenzierung zwischen der Umsetzung der sprachlichen Bildung für alle Kinder sowie der Umsetzung der zusätzlichen Sprachförderung für Kinder mit Sprachförderbedarf (offenes Format: z.B. „In diesem Abschnitt geht es um Kinder, die einen zusätzlichen Sprachförderbedarf im Deutschen haben. Wie wird zusätzliche Sprachförderung dieser Kinder in Ihrer Einrichtung umgesetzt?“; geschlossenes Format mit Auswahlmöglichkeiten: z.B. „Arbeiten Sie nach einem speziellen alltagsintegrierten Ansatz in Bezug auf Kinder mit einem zusätzlichen Sprachförderbedarf? Wenn ja, welcher Ansatz ist es?“). Darüber hinaus wurden Angaben zu sprachbezogenen Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten in der Einrichtung und zu fachlichen Unterstützungs- und Begleitangeboten quantitativ erhoben (geschlossenes Format mit Auswahlmöglichkeiten: z.B. „Wie werden pädagogische Fachkräfte im Rahmen der sprachlichen Bildung begleitet/unterstützt?“)
Stichprobe
Die hessischen Einrichtungen wurden mittels ministerialem Verteiler (ca. 3.700 Kitas) über die Befragung informiert sowie zusätzlich im Schneeballsystem über die zentralen Spitzenverbände, Träger und die Jugendamtsbezirke akquiriert. Auch Fachberatungs- und Multiplikatorenstrukturen wurden für die Gewinnung der Stichprobe verwendet. Insgesamt machten N = 912 Einrichtungen Angaben zu strukturellen Merkmalen sowie zur sprachlichen Bildung und Förderung, was einer Beteiligungsquote von 21,4% aller hessischen Kitas entspricht. Die Fragen wurden überwiegend durch die Kita-Leitungen oder stellvertretende Leitung (83,9%) sowie Sprachförderkräfte der Einrichtung ausgefüllt. Die Einrichtungen kamen überwiegend aus kommunaler (46,7%) und kirchlicher Trägerschaft (31,5%), wenige von gemeinnützigen Trägern (9,1%) oder den großen Wohlfahrtsverbänden (5,8%). Nur wenige betriebliche und privat-gewerbliche Kitas (6,4%) nahmen teil. Insgesamt variierte die Teilnahmebereitschaft der Einrichtungen auf Jugendamtsebene von 10,0% bis 64,6%. Kitas aus ländlichen Regionen und Kleinstädten (< 20.000 Einwohner) waren in ähnlichem Umfang vertreten wie Kindertageseinrichtungen aus Mittel- und Großstädten (49,5% vs. 50,6%). Die Großstadt Frankfurt war leicht unterrepräsentiert. Alle befragten Kitas (100%) erhielten eine oder mehrere Pauschalen der Landesförderung3 und 21,8% nahmen am Bundesprogramm „Sprach-Kitas“ teil. Der Großteil der Kitas (94,5%) betreute mehrsprachige Kinder (im Mittel 41,6% der Kinder einer Einrichtung). Die Befragten schätzten ein, dass von den mehrsprachigen Kindern gut die Hälfte (55,4%) einen Sprachförderbedarf hatte. Bezogen auf die Gesamtstichprobe, das heißt unabhängig vom Merkmal „Mehrsprachigkeit“, berichteten 80,3% der Kitas, dass Kinder mit Sprachförderbedarf in der Einrichtung betreut wurden. Dies betraf in der Gesamtstichprobe etwa ein Drittel der Kinder.
Der Vergleich zur ministeriellen Statistik und dem Ländermonitor für das Jahr 2021 machte deutlich, dass die Repräsentativität in wenigen Punkten eingeschränkt war. Einrichtungen aus kleinen Gemeinden und kommunaler, religiöser und betrieblicher/gewerblicher Trägerschaft sowie „Sprach-Kitas“ des Bundesprogramms waren leicht überpräsentiert (vgl. Ländermonitor Frühkindliche Bildungssysteme, 2021). Auf Grundlage der 912 Datensätze waren erste, verlässliche Einblicke in die Praxis der sprachlichen Bildung und Förderung in hessischen Kitas möglich.
Analyse
Die qualitativen Daten (offene Nennungen) zur Einrichtungskonzeption der sprachlichen Bildung und Förderung wurden in Anlehnung an eine qualitative Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2016) von zwei unabhängigen Personen kodiert. Insgesamt wurden die Aussagen in neun Oberkategorien und 43 Unterkategorien systematisiert (siehe Elektronisches Supplement ESM 1, Tabelle E1 für Codes und Beispiele). Die Vorgehensweise bei der Kategorienbildung erfolgte sowohl deduktiv (auf Basis von Fachliteratur und deren Begrifflichkeiten) als auch induktiv anhand des vorliegenden Materials und unter Bezugnahme auf den restlichen Fragebogen. Das Kategoriensystem wurde an einem Teil des Materials erprobt und berichtigt. Dementsprechend wurden die jeweiligen Ober- und Unterkategorien mehrfach überarbeitet und angepasst. Diese erfolgte aufgrund der großen Streuung der offenen Antworten im vorliegenden Datenmaterial.
Die quantitativen Daten (geschlossene Antworten) wurden mittels χ2-Test und Varianzanalysen auf signifikante Unterschiede hin untersucht. Dafür erfolgte eine perzentile Dreiteilung der Stichprobe (Triadic Split) hinsichtlich des Anteils an Kindern mit Sprachförderbedarf (niedrig < 19,4%; mittel; hoch > 40,0%). Zudem wurden Dummy-Variablen für die Verwendung eines spezifischen Ansatzes der sprachlichen Bildung und Förderung und der Teilnahme an Bundes- und Landesförderprogrammen sowie der Nutzungshäufigkeit der fachlichen Unterstützungs- und Begleitangebote (0 = gar nicht; 1 = erhalten) erstellt.
Ergebnisse
(1) Verankerung der sprachlichen Bildung und Förderung in der Einrichtungskonzeption
Aus den quantitativen Befragungsdaten ging hervor, dass sich laut Aussage der Befragten 93,9% der Einrichtungen bzgl. der pädagogischen Konzeption am Bildungs- und Erziehungsplan für Kinder von 0 bis 10 Jahren (BEP) orientierten, 14,9% der Einrichtungen verfügten über ein trägerspezifisches und 31,8% über eine einrichtungsspezifische Konzeption zur sprachlichen Bildung und Förderung.
In den offenen Antworten (qualitative Daten) gaben mehr als die Hälfe der Befragten an, dass alltagsintegrierte Sprachbildung und -förderung das vorrangige Prinzip wäre. Eine Konkretisierung dazu erfolgte in den Konzeptionen kaum und so wurden bewusst eingesetzte Strategien und Methoden im Hinblick auf die Realisierung sprachförderlicher Interaktionen, dialogische Bilderbuchbetrachtungen oder Sprachförderprogramme in 10,1% der Einrichtungen genannt. Häufig wurden dagegen spielerische Aktivitäten (30,3%) thematisiert. In 9,7% der Einrichtungen war eine Kleingruppenförderung in der Konzeption verankert, während individuelle Förderung nur in 5,4% der Konzeptionen erwähnt wurde. Standardisierte Sprachstandserhebungen oder unspezifische Dokumentationen des sprachlichen Entwicklungsstandes (wie z.B. Portfolioarbeit, Beobachtungen) waren laut Angabe der Befragten ebenfalls sehr selten in der Konzeption verortet. Sprachförderkräfte oder spezifische Programme zur Sprachförderung spielten eine untergeordnete Rolle.
(2) Umsetzung der sprachlichen Bildung für alle Kinder
Ansätze und Aktivitäten im Rahmen der sprachlichen Bildung richteten sich allgemein an alle Kinder der Einrichtung, unabhängig davon, ob sie einen Sprachförderbedarf aufwiesen oder nicht. Aus den quantitativen Befragungsdaten ging hervor, dass das favorisierte Vorgehen in den befragten Einrichtungen ein alltagsintegrierter Ansatz ist. 76,1% der Befragten gaben an, dass es ihnen äußerst wichtig ist, dass die Umsetzung der sprachlichen Bildung überwiegend über die in den Alltag integrierte, kommunikationsanregende Gestaltung von Situationen erfolgt und weniger über speziell geplante Aktivitäten (siehe Abbildung 1).

Demgegenüber zeigte sich bei genauer Nachfrage zur Häufigkeit von sprachbezogenen Aktivitäten, dass in den Alltag integrierte Aktivitäten, wie z.B. Vorlesen (78,1%) oder sprachlich begleitete Spielaktivitäten (75,8%) nach Aussagen der Befragten in Kitas täglich vorkamen. Ebenso wurden in vielen Kitas täglich Dialogische Bilderbuchbetrachtung (45,0%), Erzählaktivitäten (56,1%) und allgemeine Sprachspiele (57,0%) genutzt. Längerfristig angelegte Maßnahmen und Projekte wie z.B. Buchprojekte, Bibliotheksbesuche oder der Einsatz von Lesepaten erfolgten hingegen deutlich seltener. Aktivitäten zur Mehrsprachigkeit (13,2%) oder sprachanregende Portfolioarbeit (15,2%) waren seltener fester Bestandteil der täglichen Praxis (siehe Abbildung 2).

In der Hälfte der Kitas wurde kein spezifischer alltagsintegrierter Ansatz der sprachlichen Bildung verfolgt. Die andere Hälfte der Einrichtungen nutzte größtenteils einen oder mehrere alltagsintegrierte Ansätze mit intensiven Schulungsmöglichkeiten zur Optimierung des Interaktionsverhaltens. Darunter fielen auch evidenzbasierte Ansätze, die mittels experimenteller Forschungsdesigns auf ihre Wirksamkeit hin überprüft worden sind. Empirisch abgesicherte Ansätze wurden wie folgt verwendet: Mit 35,3% das Heidelberger Interaktionstraining, mit 34,2% die Dialogische Bilderbuchbetrachtung nach der CROWD-Strategie, mit 11,7% Mit Kindern im Gespräch, mit jeweils 9% der Fellbach-Ansatz zur alltagsintegrierten Sprachförderung sowie das Programm „Learning Language and Loving it“ vom Hanen Centre (9,4% Hanen, 9,1% Fellbach). Ansätze, deren Wirksamkeitsprüfung auf Kindebene noch aussteht, wurden ebenfalls verwendet: mit 22,2% der am DJI entwickelte Ansatz „Die Sprache der Jüngsten entdecken und begleiten“, mit 16,8% VERBAL* aus dem Bundesprogramm „Frühe Chancen“ sowie mit 2,6% der Sprachentdecker-Ansatz.
(3) Umsetzung der zusätzlichen Sprachförderung/ Deutschförderung für Kinder mit Sprachförderbedarf
In 79,5% der Kitas waren Kinder mit Sprachförderbedarf in Betreuung, durchschnittlich lag der Anteil bei 33,5%. Ähnlich der Umsetzung der sprachlichen Bildung für alle Kinder verhielt es sich mit der Umsetzung der zusätzlichen sprachlichen Förderung/Deutschförderung für Kinder mit Sprachförderbedarf. In einem Großteil der Einrichtungen (81,9%) erfolgte diese ebenfalls überwiegend alltagsintegriert. In 28,2% der Einrichtungen unterschied sich die Arbeit mit sprachlich förderbedürftigen Kindern nicht von der sprachlichen Bildung für Kinder ohne Sprachförderbedarf. Dies unterschied sich auch nicht signifikant bei unterschiedlichen Anteilen sprachförderbedürftiger Kinder in der Einrichtung (χ2 = .69; df = 2; p = .71).
81,9% der Einrichtungen fokussierten auch hier alltagsintegrierte Ansätze und 33,5% verwendeten spezifische Angebote. Insbesondere Kitas mit einem hohen Anteil sprachförderbedürftiger Kinder nutzten signifikant häufiger zusätzliche/spezifische Sprachförderangebote als Einrichtungen mit niedrigem Anteil (χ2 = 23.2; df = 2; p < .00). Jedoch fand häufig keine Differenzierung der spezifischen Sprachförderangebote (n = 189) für unterschiedlichen Zielgruppen (Alter, Mehrsprachigkeit etc.) statt, sodass in 40,2% der Einrichtungen alle Kinder pauschal mit dem spezifischen Programm gefördert wurden. Spezielle Sprachförderprogramme spielten mit 12,0% eine untergeordnete Rolle in den Einrichtungen. Wenn diese eingesetzt wurden, handelte es sich selten um evidenzbasierte Ansätze4 (≤ 3,0%) und sie wurden nicht manualgetreu umgesetzt. Lediglich 14,1% der Einrichtungen, die ein Programm einsetzten, berichteten davon, dieses nach entsprechenden Vorgaben durchzuführen. Die restlichen Kitas verwendeten entweder Bausteine bzw. einzelne Teile des Programms oder kombinierten dieses mit anderen Programmen. Bei der Auswahl eines Programms stand Praktikabilität (55,2%) vor wissenschaftlicher Anerkennung bzw. Prüfung (31,0%). Bei 23,9% waren die Fachkräfte nicht explizit für die Durchführung des Programms geschult.
(4) Nutzung fachlicher Unterstützungs-und Begleitangebote
Ein Großteil der Befragten gab an, nur unregelmäßig fachliche Unterstützungs- und Begleitangebote zur Umsetzung der von ihnen favorisierten alltagsintegrierten sprachlichen Bildung und Förderung mit dem Fokus auf sprachförderliche Interaktionen zu nutzen (siehe Abbildung 3). Es zeigte sich, dass hauptsächlich ein kollegialer Austausch in den Einrichtungen häufiger stattfand. Bögen zur Selbstreflexion wurden nur in 27,0% der Einrichtungen genutzt. Spezifisches Feedback und Supervision, im Sinne von Beobachtungen, Hospitationen oder Videofeedback, durch Externe (z.B. Fachberatung) oder Sprachförderkräfte der Einrichtung fanden in weniger als der Hälfte der Kitas und dies auch nur sehr sporadisch statt. In zwei Dritteln der Einrichtungen erhielten Fachkräfte in unregelmäßigen Abständen Feedback oder Supervision vom Team oder der Leitung. Lediglich in einem Drittel der Einrichtungen wurden Verfahren zur Qualitätssicherung genutzt.

In Bezug auf Kinder mit Sprachförderbedarf erhielten 47,6% der Kitas spezielle/fallbezogene Unterstützungs- und Begleitangebote zur Förderung dieser Kinder und 16,6% eine spezifische Begleitung für das Sprachförderprogramm (z.B. fortlaufende externe Workshops).
(5) Differenzierung der Nutzung fachlicher Unterstützungs- und Begleitangebote
Einrichtungen (n = 351), die einen spezifischen Ansatz zur allgemeinen sprachlichen Bildung verfolgten (z.B. Heidelberger Interaktionstraining, Dialogische Bilderbuchbetrachtung), nutzten etwas häufiger fachliche Unterstützungs- und Begleitangebote als Einrichtungen, die keinen spezifischen Ansatz nutzten (siehe Abbildung E1 im ESM 2). Signifikante Unterschiede zeigten sich im Nutzen von Qualitätssicherungsverfahren (F(1,608) = 32.64, p < .001) sowie dem Erhalt von spezifischem Feedback durch Externe (F(1,766) = 7.94, p < .001), eine Sprachförderkraft der Einrichtung (F(1,763) = 49.33, p < .001) oder das Team (F(1,775) = 15.23, p < .001) und im Verwenden von Selbstreflexionsbögen (F(1,619) = 36.00, p < .001).
Zudem divergierte die Häufigkeit der Nutzung fachlicher Unterstützungs- und Begleitangebote, je nachdem, ob Einrichtungen am Bundes- oder Landesprogramm teilnahmen oder eine Schwerpunkt-Kita-Pauschale erhielten (siehe Abbildungen E2-E4 im ESM 2).
Beim Vergleich, ob Einrichtungen überhaupt fachliche Unterstützungs- und Begleitangebote erhielten, zeigten sich folgende signifikante Unterschiede: Einrichtungen, die ausschließlich am Sprachförderprogramm des Landes teilnahmen, nutzten Qualitätssicherungsverfahren (F(1,608) = 42.87, p < .001), spezifisches Feedback oder Supervision durch eine spezielle Sprachförderkraft (F(1,763) = 95.12, p < .001) und durch das Team (F(1,775) = 7.54, p < .001) sowie Selbstreflexionsbögen (F(1,619) = 32.79, p < .001), während dies andere Einrichtungen nicht nutzten. Allerdings fanden diese Maßnahmen in der Regel seltener als einmal im Monat statt.
Kitas, die ausschließlich am Bundesprogramm „Sprach-Kitas“ teilnahmen (n = 199), nutzten spezielle Verfahren zur Qualitätssicherung (F(1,529) = 8.28, p < .001) sowie Feedback oder Supervision durch externe Personen (F(1,656) = 1.95, p < .001) und Sprachförderkräfte (F(1,655) = 37.44, p < .001) im Gegensatz zu allen anderen Kitas. Außerdem nutzten die Befragten Selbstreflexionsbögen (F (1,539) = 7.49, p < .001).
Die meisten Einrichtungen gaben an, in Bezug auf sprachliche Bildung und Förderung zumindest regelmäßig telefonischen Kontakt zur Fachberatung zu haben (siehe Abbildung 4). Möglichkeiten der Begleitung wie Hospitationen, Trainings bzw. spezifische Weiterbildungen oder fallbezogene Beratungen fanden höchstens „gelegentlich“ statt. Etwa jede vierte Kita hatte wegen sprachbezogener Themen nie Kontakt zur Fachberatung (siehe Abbildung 4).

Diskussion
Analog zur bildungspolitisch empfohlenen stärkeren Alltagsorientierung (Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2022) favorisierten die befragten Kitas klar die Gestaltung von kommunikationsanregenden Situationen für sprachliche Bildungs- und Förderprozesse. Deutlich weniger Fokus wurde dabei allerdings auf den spezifischen Einsatz sprachförderlicher Interaktionen gelegt. Vielmehr wurden vor allem sehr allgemeine und teils unspezifische Situationen und Spielgelegenheiten genannt. Bei der Orientierung und Umsetzung von alltagsintegrierter sprachlicher Bildung und Förderung schien somit nicht immer klar, dass dies den spezifischen und gezielten Einsatz von Sprachlehrstrategien, Korrektur- und Modellierungstechniken und alltagsnahe Methoden erfordert (Petermann, 2015). Eine Konkretisierung der Alltagsintegration fand dabei weder in der Konzeption der Einrichtungen noch in der Umsetzung im Alltag statt. Der fast ausschließliche Fokus auf alltägliche Kommunikationsanlässe schien auch dazu zu führen, dass geplante Aktivitäten und längerfristige Projekte im Bereich der sprachlichen Bildung (evtl. auch in Verbindung mit anderen Bildungsbereichen) deutlich seltener benannt wurden. Analog zu Beobachtungsdaten (siehe Egert, Quehenberger, Schauland & Wirts, 2018) fanden explizit sprachliche Aktivitäten (Erzähl-, Spiel-, Bilderbuchaktivität) sowie langfristig angelegte Sprachprojekte im Kita-Alltag bislang eher selten statt.
Das im Bereich sprachlicher Förderung präferierte Vorgehen der Nutzung sprachförderlicher Interaktionen im Alltag kann aus wissenschaftlicher Sicht unterstützt werden (Kammermeyer et al. 2019; Egert, Galuschka, Groth, Hasselhorn & Sachse, 2020). Das Vorgehen scheint vor dem Hintergrund der Befundlage, dass Kinder mit Sprachförderbedarf auf eine möglichst hohe Quantität und Qualität des sprachlichen Inputs angewiesen sind, ein erfolgversprechender Weg (Buschmann, 2020; Jungmann, 2020). Es ist jedoch gleichzeitig bekannt, dass das Interaktionsangebot für sprachlich förderbedürftige Kinder oftmals qualitativ deutlich schlechter ausfällt als das an sprachlich unauffällige Kinder gerichtete (Albers et al., 2013). Dies impliziert, dass eine „echte“ alltagsintegrierte sprachliche Bildung und Förderung einen sehr speziellen Fokus auf die sprachförderbedürftigen Kinder legen müsste und sprachförderliche Interaktionen selten nebenher gelingen können. Die berichteten Befunde zeigen allerdings, dass genau dies eher selten der Fall war. Im überwiegenden Teil der Einrichtungen wurde im Hinblick auf die Gestaltung alltagsintegrierter Kommunikationssituationen nicht zwischen sprachlich unauffällig entwickelten Kindern und Kindern mit Sprachförderbedarf unterschieden und daher wurde diese Unterscheidung nicht ausreichend in der pädagogischen Arbeit berücksichtigt. Die damit wahrscheinlich oft einhergehende Unspezifität der sprachlichen Förderung wird auch dadurch untermauert, dass die Mehrzahl der befragten Einrichtungen keinem spezifischen (Weiterbildungs-)Ansatz in diesem Bereich folgte.
Oftmals können allerdings Bemühungen um sprachliche Bildung und Förderung ihr Potential in der Praxis nicht entfalten, da die bereitgestellten Unterstützungsangebote nicht wirksam sind (Kammermeyer, 2019). Nur die Hälfte der Befragten arbeitete nach evidenzbasierten Konzepten mit qualitativ hochwertiger Weiterbildung und Begleitung. Hinzu kommt, dass der Kontakt zur Fachberatung zwar genutzt wurde, aber selten qualitativ hochwertige Unterstützungsangebote wie Trainings, Hospitationen oder fallbezogene Beratung inkludiert waren, die sich zur Verbesserung der Praxis sprachlicher Bildung und Förderung eignen. Wie auch Hruska (2018) bereits anmerkte, hat eine Fachberatung neben Beratung (u.a. Dienst- und Fachaufsicht) ein großes Aufgabenrepertoire, so dass diese oftmals „problemzentriert statt qualitätsentwickelnd arbeitet“ (S. 16). Eine Priorisierung der Aufgaben bzw. Schwerpunktsetzung der Fachberatungen (z.B. bezüglich Sprache) erscheint deshalb vorteilhaft (Hruska, 2018).
Auch die Teilnahme an sprachbezogenen Bundes- und Landesprogrammen scheint positive Auswirkungen zu haben. Da Einrichtungen, die beim Bundesprogramm „Sprach-Kitas“ oder bei speziellen Landesförderungen berücksichtigt werden, insgesamt mehr Unterstützungsangebote (u.a. Selbstreflexions-, Feedback- und Qualitätssicherungsverfahren) erhalten bzw. nutzen, kann von diesen Initiativen gelernt werden, wie solche Verfahren in der Kita initiiert und implementiert werden können. Wissenschaftlich bestätigt ist, dass zur effektiven Umsetzung sprachlicher Anregungen in Kitas, neben qualitativ hochwertigen und intensiven Weiterbildungen, eine strukturierte Selbstreflexion unabdingbar ist (Egert, Dederer & Fukkink, 2020; Egert, Fukkink & Eckhardt, 2018). Ebenso trägt Videofeedback zur Optimierung der Nutzung von Kommunikationsanlässen bei, die sich positiv auf die kindlichen Sprachkompetenzen auswirken kann (Simon & Sachse, 2011; 2013). Eine solche Unterstützung der Fachkräfte bei der sprachlichen Bildung und Förderung scheint aber derzeit, wie die Ergebnisse der Befragung zeigen, eher selten gegeben. Bestehende und neu zu schaffende Strukturen von Fachberatungen sollten hier deutlich spezifischer wirksam werden.
Limitationen
Insgesamt haben an der Befragung 912 Kitas aus Hessen teilgenommen. Diese wurden über ein Verteilerverfahren sowie im Schneeballsystem über die zentralen Spitzenverbände und Jugendämter rekrutiert, wodurch der Prozess der zufälligen oder gezielten Weitergabe des Links zur Befragung nicht rekonstruiert werden kann. Aufgrund der Selbstselektion der Einrichtungen kann eine Verzerrung der Stichprobe nicht ausgeschlossen werden. Zudem besteht bei Befragungsdaten bzw. Selbstauskünften immer die Gefahr der Verzerrung aufgrund von sozialer Erwünschtheit. Die dargestellten deskriptiven Ergebnisse sind aus diesen Gründen nicht alle repräsentativ. Eine Generalisierbarkeit der Befunde über den hessischen Kontext hinaus kann nur unter Vorbehalt erfolgen. Um mehr darüber zu erfahren, was tatsächlich in den Kitas umgesetzt wird, sind zusätzliche Beobachtungsstudien notwendig.
Fazit
Insgesamt wird aus der Befragung deutlich, dass im Bereich sprachlicher Bildung und Förderung aktuell in Kitas in Hessen eine klare Fokussierung auf alltagsintegrierte Umsetzungen besteht. Zwar impliziert dies den konsequenten Einsatz sprachförderlicher Interaktionen in unterschiedlichsten Situationen im Alltag von Kitas, doch scheint dieser nicht flächendeckend gegeben zu sein. Zudem erfolgt nur sehr selten eine konzeptionelle oder praktische Ausdifferenzierung im Hinblick auf Kinder mit Sprachförderbedarf. Um über gelingende sprachförderliche Interaktionen die sprachliche Bildung und Förderung von Kindern effektiv realisieren zu können, wäre es notwendig, im Rahmen von Aus- und Weiterbildung diese Interaktionen ganz spezifisch in den Blick zu nehmen und Fachkräfte bei der Umsetzung intensiv zu begleiten. Dafür sollten in Zukunft bestehende Unterstützungssysteme wie Fachberatungen deutlich intensiver und vor allem spezifischer genutzt werden.
Elektronische Supplemente (ESM)
Die elektronischen Supplemente sind mit der Online-Version dieses Artikels verfügbar unter https://doi.org/10.1026/2191-9186/a000644
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1 Kinder, die aufgrund unterschiedlicher Einflüsse, sei es aufgrund von Mehrsprachigkeit, durch mangelnde Anregung im häuslichen Umfeld oder wegen vorliegender sprachlicher Entwicklungsauffälligkeiten, einen Sprachförderbedarf aufweisen.
2 Unter mehrsprachigen Kindern werden diejenigen Kinder verstanden, die regelmäßigen Kontakt zu mindestens zwei Sprachen haben, in denen für das Kind kommunikativ relevante Interaktionssituationen erfolgen (Reich, 2010).
3 Mehrfachantworten möglich: 81% Qualitätspauschale für die Umsetzung des BEPs, 49% Schwerpunkt-Kita-Pauschale, 49% Integrationspauschale, 7% Kleinkita-Pauschale, 25% Sprachförderprogramm des Landes
4 Maßnahmen und Programme, deren Wirksamkeit wissenschaftlich geprüft und auf Ebene der Sprachenentwicklung bestätigt wurde.