NS-Verfolgte mit Migrationshintergrund als Patienten in der Geriatrie
Abstract
Hintergrund: Dieser Beitrag präsentiert die Ergebnisse verschiedener qualitativ-explorativer Studien zu Biographien von NS-Verfolgten mit Migrationshintergrund (Juden aus der GUS, Roma, Sinti und ehemaligen polnischen Zwangsarbeitern). Ziel ist die Erhebung der spezifischen Pflegebedürfnisse dieser vulnerablen Klientel im Hinblick auf ihre Abhängigkeit von anderen im Alter, wenn sie medizinische und pflegerische Versorgung benötigt. Methode: Semi-strukturierte Interviews auf der Basis der Grounded Theory wurden eingesetzt, um die soziale und familiale Situation der Befragten zu untersuchen. Ergebnisse: Die Angst, offen über ihre Verfolgungserfahrungen zu sprechen, ist das hervorstechendste Merkmal all dieser Migranten. In vielen Fällen hat das Trauma die Verbindung zu ihrer Umgebung gebrochen und ausgeprägte Gefühle der Isolation und Hilflosigkeit hervorgerufen. Obwohl sie aus unterschiedlichen sozialen Milieus stammen, gibt es eine Reihe von Verhaltensweisen, die ihnen gemeinsam sind und auf eine Verfolgungsgeschichte hinweisen. Zugleich enthüllt die Befragung ihren unsicheren Status als Migranten und ihr Leben in einer Gesellschaft, die sie oft als marginalisierend und ausschließend empfinden.
Background: This article presents the results of several qualitative, explorative studies of the biographies of migrant survivors of Nazi persecution (Jews from the CIS, Roma, Sinti, and former forced labourers from Poland). The study aims at eliciting the special care needs of this vulnerable clientele, with regard to their dependence on others in old age and/or when in need of medical and nursing care. Method: Semistructured interviews based on the method of grounded theory were employed to investigate the social and family situation of the interviewees. Results: The fear of talking openly about their experience of persecution is the most striking feature of all these migrants. In many cases the trauma severed their connection with their surroundings and provoked a strong sense of isolation and helplessness. However different their social background may be, they share a number of behaviours which point at a history of persecution. At the same time the enquiry discloses the survivors’ precarious status as migrants and their lives in a society which they often experience as marginalizing and excluding.
Literatur
2001). Bewahrer der Tradition. Jüdische Altenhilfe, 11, 38–41.
(1967). The discovery of grounded theory. New York: Springer.
(2009a). «Wie ich heute alt bin, hat etwas mit meiner Vergangenheit zu tun» – Begegnung mit Fanny T« In , «Man sieht nur, was man weiß». NS-Verfolgte im Alter (S. 40–50). Frankfurt/Main: Mabuse.
(2009b). «Wie ich heute alt bin, hat etwas mit meinern Vergangenheit zu tun» – Begegnung mit Rosa M. In , «Man sieht nur, was man weiß». NS-Verfolgte im Alter. (S. 64–73). Frankfurt/Main: Mabuse.
(2009c). «Merken Sie diese Gemeinheit?» – Begegnung mit Lily P. In , «Man sieht nur, was man weiß». NS-Verfolgte im Alter (S. 75–85). Frankfurt/Main: Mabuse.
(2009d). «Du musst dich wehren, du musst dein Leben verteidigen» – Begegnung mit Karl D.« In , «Man sieht nur, was man weiß». NS-Verfolgte im Alter (S. 89–99). Frankfurt/Main: Mabuse.
(2009e). «Man muss einen Weg finden, wo man laufen kann, und dann geht es weiter» – Begegnung mit Josefa O. und ihrem Sohn Adam O. In , «Man sieht nur, was man weiß». NS-Verfolgte im Alter (S. 149–158). Frankfurt/Main: Mabuse.
(2009f). «Ich habe immer tüchtig gearbeitet, aber ich bin schon aussortiert hier» – Die Erzählung des Ryszard K. In , «Man sieht nur, was man weiß». NS-Verfolgte im Alter (S. 52–60). Frankfurt/Main: Mabuse.
(1979). Concentration camp survivors: A challenge for geriatric nursing. Nursing Clinics of North America, 14, 621–629.
(1994). Ethnosensitive techniques in the treatment of the Hasidic patient with cancer. Cancer Practice, 2, 202–208.
(1995). Ageing stressors for Holocaust survivors and their families. Journal of Gerontological and Social Work, 24(1/2), 131–153.
(2003). Das KZ Ravensbrück. Geschichte eines Lagerkomplexes. Paderborn: Schöningh.
(2005). Jüdische Flüchtlinge aus der GUS. Soziokulturelle Hintergründe, Versorgungsbedarf und Pflege. Bern: Huber.
(2009). «Man sieht nur, was man weiß». NS-Verfolgte im Alter. Frankfurt/Main: Mabuse.
(