Hängen Diagnostische Kompetenz und Beratungskompetenz von Lehrkräften zusammen?
Eine korrelative Untersuchung
Abstract
Zusammenfassung. Diagnostizieren des Lernverhaltens von Schülern und Beraten von Schülern und Eltern sind zentrale Aufgaben des Lehrerberufes. Im Modell der Beratungskompetenz von Lehrkräften von Bruder (2011) bildet Diagnostizieren eine zentrale Kompetenzdimension. Genauso spielt Beraten im Prozessmodell der Diagnostischen Kompetenz (Klug, Bruder & Schmitz, 2010) eine zentrale Rolle. Die Diagnose kann in Form eines Beratungsgespräches rückgemeldet werden. Allerdings wurde die Beziehung zwischen beiden Kompetenzen bisher noch nicht empirisch untersucht. An einer Stichprobe von N = 293 Versuchspersonen (n = 93 Lehramtsstudierende, n = 107 Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst, n = 93 Lehrkräfte der gymnasialen Mittelstufe), deren Diagnostische Kompetenz und Beratungskompetenz mittels Fallszenarien erhoben wurde, war es nun möglich, diesen Zusammenhang korrelativ zu prüfen. Es konnte ein statistisch signifikanter Zusammenhang der Kompetenzen sowohl auf Ebene der Gesamtscores (r = .21, p < .01) als auch für wichtige Indikatoren (z.B. Wissen über Diagnostik mit Wissen über Beratung r = .23, p < .01) nachgewiesen werden. In einer latenten Regression ließ sich die Beratungskompetenz durch die Diagnostische Kompetenz signifikant vorhersagen (β = .38, p < .01). Regressionsanalysen getrennt für die 3 untersuchten Teilgruppen zeigen, dass ein Zusammenhang nur für die Gruppe der Lehrkräfte besteht. Wenngleich durch die korrelativen Analysen kein Kausalzusammenhang nachgewiesen werden kann, ist doch anzunehmen, dass eine gründliche Diagnostik einem guten Beratungsgespräch zeitlich vorausgeht, so dass der postulierte Zusammenhang zwischen Diagnostischer Kompetenz und Beratungskompetenz nun auch empirisch gezeigt werden konnte.
Abstract. Diagnosing students’ learning behavior and counseling students and their parents are central tasks of teachers. In the model of teachers’ counseling competence by Bruder (2011), diagnosing learning behavior is an important dimension. Counseling also plays an important role in the process model of teachers’ diagnostic competence by Klug, Bruder and Schmitz (2010). Diagnosing is especially relevant to counseling as it permits the teacher to provide accurate feedback. Nonetheless, the relationship between diagnostic competence and counseling competence has not yet been tested empirically. Using a sample of N = 293 participants (n = 93 grammar school teachers, n = 107 student teachers in the 2nd phase of their education and n = 93 student teachers in the 1st phase of their education) we measured diagnostic and counseling competence using case scenarios. Consequently, we were able to test the correlative relationship between both competences. We found a statistically significant correlation between them on the level of total scores (r = .21, p < .01) as well as on the level of selected predictors of the competences (e.g., knowledge in diagnosing and knowledge in counseling r = .23, p < .01). In latent regression analysis, we predicted that counseling competence is based on diagnostic competence (β = .38, p < .01). When we computed the regression separately for all 3 participant groups, we could only make a significant prediction for the group of teachers. Even though the correlative analyses do not allow for causal interpretations, we assume that a solid diagnosis precedes a good counseling session. Consequently, our data shows empirically that the postulated relationship between diagnostic and counseling competence exists.
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