Skip to main content
Open AccessGasteditorial

Lernstörungen: Ein unvermeidbares Schicksal?

Published Online:https://doi.org/10.1024/1010-0652/a000324

Abstract

Zusammenfassung. Etwa jedes dritte Kind in Deutschland leidet im Laufe der Grundschule unter besonderen Lernschwierigkeiten beim Erwerb von Lesen, Rechtschreiben und Rechnen. Mindestens jedes achte Grundschulkind erfüllt sogar die Kriterien der Weltgesundheitsorganisation für die Vergabe der Diagnose „Lernstörung“. In diesem Beitrag wird erläutert, was unter Lernstörungen im Einzelnen zu verstehen ist und was über die biogenetischen und sozialen (einschließlich didaktischen) Risiken für das Entstehen von Lernstörungen bekannt ist. Außerdem wird auf den Forschungsstand zu der Frage eingegangen, welche eingeschränkten kognitiven Funktionen mit einem hohen individuellen Risiko für das Entstehen einer Lernstörung einhergehen. Es folgt ein Überblick über den Forschungsstand zu (vorschulischen) Präventionsansätzen, die sich als wirksam zur Vermeidung von Lernstörungen erwiesen haben, und zur Frage, welche Interventionsansätze bei Auftreten besonderer Lernschwierigkeiten beim Erwerb von Schriftsprache und Mathematik in der Schule am ehesten geeignet sind, diese zu überwinden. Darauf aufbauend werden abschließend Vorschläge zu einer sequentiellen Strategie für die weitgehende Vermeidung von Lernstörungen und ihren negativen Langzeitfolgen unterbreitet und die Potenziale digitaler diagnosebasierter Förderprogramme diskutiert.

Learning disorders: An unavoidable fate?

Abstract. Approximately a third of all children in Germany experience particular learning difficulties during primary schooling, with respect to the acquisition of reading, writing and arithmetic skills. At least every eighth primary school child meets the criteria of the World Health Organization (WHO) for the diagnosis of a specific developmental disorder of scholastic skills (learning disorder). This contribution illustrates details underlying the concept of learning disorders and what is known about the biogenetic and social (including instructional) risks of their emergence. The current state of research on the limited cognitive functions related to a high individual risk of acquiring a learning disorder is then presented. Research on pre-school intervention is also outlined, focusing on approaches that have proven to be effective in the prevention of learning disorders. An overview is then given of intervention approaches that seem most appropriate in overcoming particular learning difficulties in the domain of written language and mathematics at school. Finally, this contribution presents recommendations for a sequential strategy for a far-reaching avoidance of learning disorders and their negative long-term consequences. Potentials of digital diagnosis-based intervention programs are also discussed.

Unabhängig von den familiären, sozialen und kulturellen Kontexten, in denen Kinder aufwachsen, lassen sich individuelle Dispositionen ausmachen, die das Risiko für Bildungsmisserfolg deutlich erhöhen. Die prominenteste Disposition dieser Art ist die mangelnde allgemeine Lernfähigkeit, die in der Regel über die mit einem entsprechenden Test festgestellte Intelligenz gemessen bzw. eingeschätzt wird. Kinder mit einer Minderintelligenz haben ein deutlich erhöhtes Risiko, an den Lernanforderungen einer Regelschule zu scheitern (vgl. Schmid & Hasselhorn, 2014). Aber auch Kinder mit intakter Intelligenz können aufgrund ungünstiger Dispositionen ein erhöhtes Risiko für Bildungsmisserfolg haben. Dies ist etwa der Fall, wenn trotz durchschnittlicher (oder gar überdurchschnittlicher) Intelligenz die Funktionstüchtigkeit des Arbeitsgedächtnisses eingeschränkt ist (s.u.). Manifestieren sich solche Einschränkungen zu besonderen Schwierigkeiten beim Erwerb von Lesen, Rechtschreiben und/oder Arithmetik, dann ist mit z.T. verheerenden Folgen zu rechnen. Es entsteht ein erhöhtes Risiko für eine schulische Entwicklung, die – gemessen an der intakten allgemeinen Intelligenz des betroffenen Kindes – erwartungswidrig schlecht verläuft (vgl. Kohn, Wyschkon, Ballaschk, Ihle & Esser, 2013).

Kinder mit frühen Schwierigkeiten beim Erwerb von Lesen, Rechtschreiben und Rechnen haben ein deutlich erhöhtes Risiko für langfristig ungünstige Schulkarrieren (Aunola, Leskinen, Lerkkanen & Nurmi, 2004; Duncan, Dowsett, Claesens, Magnuson, Huston, Klebanov et al., 2007; Schneider, 2009). Lernstörungen gehen mit einer Reihe weiterer überdauernder Vulnerabilitäten und Auffälligkeiten einher, wie etwa sozio-emotionalen Beeinträchtigungen (Fischbach, Schuchardt, Mähler & Hasselhorn, 2010) und weiteren komorbiden psychischen Auffälligkeiten, insbesondere Ängsten und Depressionen (Visser, Büttner & Hasselhorn, 2019; Visser et al., 2020). Auch gibt es Hinweise darauf, dass betroffene Kinder später häufiger Stigmatisierung (Geiger & Brewster, 2018) und sozialen Ausschluss (Daley & Rappolt-Schlichtmann, 2018) erleben. Lernbeeinträchtigungen – etwa beim Erwerb der Schriftsprache – erhöhen schließlich auch das Risiko für antisoziales Verhalten im Erwachsenenalter (Simonoff, Elander, Homeshaw, Pickles, Murray & Rutter, 2004).

Was versteht man unter Lernstörungen?

Der Begriff der Lernstörung findet sich in der 1994 erschienenen vierten Ausgabe des von der amerikanischen psychiatrischen Gesellschaft herausgegebenen „Diagnostischen und Statistischen Manuals psychischer Störungen“ (DSM-IV, dt. Saß, Wittchen & Zaudig, 1996). Dort ersetzt er den vorher üblichen Begriff der Schulleistungsstörung. Auch in der aktuellen Ausgabe DSM-5 wird der Begriff der spezifischen Lernstörung beibehalten (dt. Falkai et al., 2015), wobei im Unterschied zu den älteren Fassungen des DSM in der aktuellen Fassung nur noch eine globale Diagnose Lernstörung vorgenommen wird und diese in domänenspezifische Subtypen und unterschiedliche Schweregrade ausdifferenziert wird. In der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) herausgegebenen „Internationalen Klassifikation psychischer Störungen“ (ICD-10; Dilling, Mombour & Schmidt, 2015) wird hingegen die Bezeichnung „Umschriebene Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten“ gewählt und eine Ausdifferenzierung in verschiedene Arten solcher Lernstörungen vorgenommen. Seit Jahren kreisen verschiedene Debatten rund um offene Fragen zu Definition, Identifikation und Förderung von betroffenen Kindern (vgl. Büttner & Hasselhorn, 2011).

Lernstörungen werden in der ICD über das Vorliegen (erwartungswidriger) Minderleistungen im Bereich des Lesens, des schriftlichen Ausdrucks (einschließlich der Rechtschreibung) und des Rechnens definiert. Die Minderleistung muss deutlich unter dem aufgrund des Alters, des Intelligenzniveaus und des durch die bisherige Beschulung zu erwartenden Niveaus liegen. Dies hat zur Folge, dass die Diagnose „Lernstörung“ nur zu vergeben ist, wenn folgende Bedingungen vorliegen:

  • eine lernbereichsspezifische Minderleistung (Diskrepanz zu dem aufgrund des Alters und des Beschulungsstands zu erwartendem Leistungsniveau),
  • eine allgemeine Intelligenz mit einem IQ über 70,
  • eine bedeutsame Diskrepanz zwischen der allgemeinen Intelligenz und den schulbezogenen Teilleistungen.

Das „doppelte“ Diskrepanzkriterium der Weltgesundheitsorganisation (WHO)

Eingebürgert hat sich der Begriff des doppelten Diskrepanzkriteriums für die WHO-Definition, da Lernstörungen nach der ICD-10 über zwei Erwartungswidrigkeiten (Diskrepanzen) bestimmt werden:

  1. 1.
    die Minderleistung im jeweiligen Lernbereich und
  2. 2.
    die im Vergleich zur Leistung sehr viel bessere Intelligenz des betroffenen Kindes.

Die (schulische) Minderleistung von Kindern, die von einer Lernstörung betroffen sind, wird über die Diskrepanz zwischen dem für die jeweilige Altersstufe zu erwartenden und dem individuellen Leistungsniveau bestimmt und sollte über einen normierten Schulleistungstest festgestellt werden. Üblicherweise legt man dazu einen statistisch definierten Diskrepanzwert zur entsprechenden Altersnorm von mindestens einer Standardabweichung zugrunde, wodurch Leistungsniveaus der leistungsschwächsten Personen einer Altersgruppe (Prozentrang < 16, in den meisten medizinischen Richtlinien Prozentrang < 10) als Minderleistung gelten. Für die zusätzlich nachzuweisende Diskrepanz zwischen fertigkeitsspezifischem Leistungsniveau und allgemeiner Intelligenz wird häufig ein etwas strengerer Wert von 1.2 bis 1.5 Standardabweichungen angelegt (nach den Kriterien für die Grundlagenforschung werden sogar 2 Standardabweichungen Diskrepanz gefordert). Im amerikanischen Klassifikationssystem DSM-5 wird auf das zweite Diskrepanzkriterium verzichtet. Bemühungen, diesen Verzicht auch in der aktuellen Revision des WHO-Klassifikationssystems ICD-11 vorzunehmen, waren allerdings erfolglos, wie der Präsentation von ICD-11 im Sommer 2018 zu entnehmen war (die Übernahme ins Rechtssystem in Deutschland wird für 2022 erwartet). Was das für den Umgang mit der Diagnose „Lernstörung“ in Deutschland zukünftig bedeutet, bleibt abzuwarten.

Das Kriterium der Diskrepanz zwischen Leistung und intakter Intelligenz ist seit der Analyse von Schlee (1976) immer wieder kritisiert worden, ohne Änderung bei den Vorgaben der WHO, an denen sich die Rechtsprechung in Deutschland orientiert. Mähler (2020) hat jüngst einen neuerlichen Versuch unternommen und rät aufgrund einer Reihe von guten Argumenten zum Umdenken und zum Verzicht auf dieses zweite Diskrepanzkriterium. Noch gilt jedoch, dass Kindern mit Schulleistungsproblemen im Lesen, Schreiben oder Rechnen, die nicht mit einer hohen Diskrepanz zur Intelligenz einhergehen, die Diagnose „Lernstörung“ verwehrt wird. Vielmehr spricht man – folgt man wie etwa das Sozialgesetzbuch in Deutschland dem Klassifikationssystem der WHO – von „Lernschwächen“ oder von „Lernbehinderung“ bzw. „sonderpädagogischem Förderbedarf Lernen“ (wenn die schwachen Schulleistungen mit einer Beeinträchtigung der Intelligenz einhergehen). Nicht alle Lernschwierigkeiten sind somit auch Lernstörungen. So gehören etwa die in der Öffentlichkeit häufig darunter subsumierten Aufmerksamkeitsstörungen nicht dazu, obwohl sie das schulische Lernen stark beeinträchtigen können und sehr häufig gemeinsam mit den eigentlichen Lernstörungen auftreten (Komorbidität).

Phänomene und Auftretenshäufigkeiten

Aufgrund uneinheitlicher Anwendungen der diagnostischen Kriterien und unterschiedlicher Verfahren zur Feststellung der Minderleistung im Lesen, Rechtschreiben oder Rechnen schwanken in der Literatur die Angaben zu Häufigkeiten von Lernstörungen erheblich. Die neueren deutschsprachigen Prävalenzstudien von Fischbach et al. (2013) und Moll, Bruder, Kunze, Neuhoff und Schulte-Körne (2014) zeigen, dass in der Mitte der Grundschulzeit etwa ein Drittel aller Schülerinnen und Schüler von basalen Lernschwierigkeiten und fast ein Viertel der Kinder von Lernschwächen (im oben definierten Sinne) im Lesen und/oder Rechtschreiben und/oder Rechnen betroffen ist. Fischbach et al. (2013) berichten, dass 13.3% der Kinder am Ende der zweiten Klassenstufe die Kriterien der ICD-Diagnose „Lernstörung“ entweder im Bereich des Lesens und/oder Rechtschreibens, oder im Bereich der Mathematik oder aber in beiden Bereichen (kombinierte Störung schulischer Fertigkeiten) erfüllen. Darüber hinaus sind Kinder aus Migrationsfamilien, in denen die Zuhause hauptsächlich benutzte Sprache nicht die deutsche ist, im Vergleich zu Kindern aus deutschsprechenden Familien etwa doppelt so häufig von einer Lernstörung betroffen (Brandenburg, Fischbach, Labuhn, Rietz, Schmid & Hasselhorn, 2016).

Lesen und Rechtschreiben

Angaben zur Gesamthäufigkeit des Auftretens von Lese- und/oder Rechtschreibstörungen unterliegen einer gewissen Altersabhängigkeit (vgl. Hasselhorn & Schuchardt, 2006): Während im Alter von acht Jahren die höchsten Prävalenzraten berichtet werden, sinkt der Prozentsatz bis ins junge Erwachsenenalter deutlich ab. In der Studie von Fischbach und Kollegen (2013) wiesen 4% der in Deutschland untersuchten Schulkinder am Ende der zweiten Klasse eine isolierte Rechtschreibstörung auf. Zusätzlich waren 2.6% der Schülerinnen und Schüler von einer – in der ICD-11 auch erstmals separat ausgewiesenen – isolierten Lesestörung betroffen, d.h. die Leseschwierigkeiten dieser Kinder gingen nicht mit entsprechenden Rechtschreibproblemen einher. Die eigene Klassifikation „isolierte Lesestörung“ scheint gerechtfertigt zu sein, da den Lesestörungen bei durchschnittlicher Rechtschreibfertigkeit andere kognitive Funktionsdefizite zugrunde liegen als der kombinierten Störung des Lesens und Rechtschreibens (vgl. Brandenburg, Klesczewski, Fischbach, Schuchardt, Büttner & Hasselhorn, 2015).

Lese-Rechtschreibstörungen treten bei Jungen häufiger auf als bei Mädchen. Viele Studien berichten, dass Jungen im Vergleich zu Mädchen doppelt so häufig betroffen sind (Fischbach et al., 2013; Liederman, Kantrowitz & Flannery, 2005). Bei einer isolierten Lesestörung nähern sich die Auftretenswahrscheinlichkeiten (Prävalenzen) von Mädchen und Jungen hingegen an (Fischbach et al., 2013; Moll et al., 2014), was dafür spricht, dass der erhöhte Anteil der Jungen stärker durch die Rechtschreibstörung als durch die Lesestörung bedingt ist.

Sowohl im Bereich des Lesens als auch im Bereich des Rechtschreibens haben Kinder aus Migrationsfamilien ein deutlich erhöhtes Risiko für eine Störungsdiagnose – wenn die Diagnostik auf der Basis der herkömmlich normierten Schulleistungstests erfolgt (Brandenburg et al., 2016). Wenn Kinder mit nicht-deutscher Muttersprache prinzipiell in der Zweitsprache aufgrund der für sie eher unvertrauten Phonologie des Deutschen in den ersten Schuljahren nicht das gleiche durchschnittliche Lesetempo erreichen wie Muttersprachler, unterschätzt der Wert bei einem auf das Lesetempo ausgerichteten Lesetest ihre tatsächliche Lesekompetenz. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob die verwendeten Testverfahren bzw. die in ihnen enthaltenen Normierungen das Kriterium der Testfairness erfüllen, ob also Personen unterschiedlicher Gruppenzugehörigkeit, die über die gleiche in Frage stehende Kompetenz verfügen, in einem standardisierten Test, der diese Kompetenzerfassen soll, systematisch andere beobachtbare Rohwerte erhalten.

Rechnen

Für eine Rechenstörung werden in der einschlägigen Literatur vergleichbar hohe Prävalenzraten angegeben wie für die Störungen im Bereich der Schriftsprache (z.B. Geary & Hoard, 2005; Wyschkon, Kohn, Ballaschk & Esser, 2009). Aus der Perspektive der WHO-Definition verwundert das etwas, wenn man bedenkt, dass der statistische Zusammenhang zwischen IQ und Mathematikleistungen in der Regel höher ausfällt als der zwischen IQ und Schriftsprachleistungen. Dies hat nämlich zur Folge, dass die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Minderleistungen in Mathematik trotz hoher Intelligenz deutlich niedriger sein sollte als die des Auftretens von Minderleistungen im Lesen bzw. Rechtschreiben trotz hoher Intelligenz. In der Studie von Fischbach und Kollegen (2013) wurde daher strenger als in früheren Studien geprüft, wie häufig Rechenstörungen isoliert auftreten – also ohne zusätzliche Probleme im Lesen und/oder Rechtschreiben. Dies führt Mitte der Grundschulzeit zu einer vergleichsweise niedrigen Prävalenzschätzung einer isolierten Rechenstörung von 2.6%.

Die Häufigkeit, mit der die Diagnose Rechenstörung gestellt wird, scheint auch mit dem Umfang und der Qualität des Unterrichtsangebots zusammen zu hängen: Fuchs und Kollegen (2005) untersuchten 564 Kinder vom Schulbeginn bis zum Ende der ersten Klasse. In der Teilstichprobe der Klassen, in denen kein gezielter Förderunterricht in Mathematik angeboten wurde, zeigten am Ende der ersten Klassenstufe 5.3% der Kinder eine niedrige Mathematikleistung (Prozentrang < 21) bei gleichzeitig sehr viel höheren Intelligenztestwerten (die Diskrepanz zwischen Intelligenz und Mathematikleistung betrug mindestens eine Standardabweichung). In etlichen Klassen wurde über 16 Wochen hinweg drei Mal wöchentlich ein gezielter Förderunterricht für jene Kinder angeboten, bei denen zu Schulbeginn ein erhöhtes Risiko für Schwierigkeiten beim Erwerb des Rechnens identifiziert worden war. In dieser Teilstichprobe fiel die Prävalenzrate mit 4.3% deutlich niedriger aus.

Die Angaben zum Geschlechterverhältnis bei der Rechenstörung fallen sehr uneinheitlich aus. Das hat u.a. damit zu tun, dass zu dieser Frage mit großen Unterschieden zu rechnen ist, je nachdem ob die berücksichtigten Stichproben unausgelesen (und daher eher repräsentativ) sind, oder ob nur Kinder berücksichtigt wurden, die in Einrichtungen zur Diagnose und Therapie von Lernstörungen bereits vorstellig wurden. Aktuelle Studien mit repräsentativen Stichproben im deutschsprachigen Raum zeigen, dass Mädchen zwei bis dreimal häufiger von einer Rechenstörung betroffen sind als Jungen (Fischbach et al., 2013; Moll et al., 2014).

Kombinierte Lernstörungen

Für die Abschätzung des Auftretens einer kombinierten Störung schulischer Fertigkeiten gelten die gleichen Probleme wie für die einfachen Lernstörungen. Unter strikter Anwendung des doppelten Diskrepanzkriteriums mit einer Diskrepanz zwischen IQ und den schulischen Leistungen von mindestens 1.2 Standardabweichungen berichten Fischbach et al. (2013) eine Prävalenzrate von 4.2 Prozent. Andere aktuelle Untersuchungen aus dem deutschsprachigen Raum belegen, dass bei Vorliegen einer schulischen Entwicklungsstörung das Risiko für das Auftreten einer weiteren Störung deutlich erhöht ist (Moll et al., 2014). Beispielsweise lag bei 22% der Kinder mit einer Lesestörung auch eine Rechenstörung vor (Moll et al., 2014), und 48% der Kinder mit einer Rechenstörung erfüllten auch die Kriterien für eine Störung im Lesen und/oder Rechtschreiben (Fischbach et al., 2013). Die geschlechterspezifische Auftretenshäufigkeit scheint davon abhängig zu sein, ob eine Rechenstörung mit einer Lesestörung oder mit einer Rechtschreibstörung einhergeht (Landerl & Moll, 2010). Für das kombinierte Auftreten von Rechtschreib- und Rechenstörung sowie einer kombinierten Lernstörung im Lesen, Schreiben und Rechnen ist von einem ausgeglichenen Verhältnis von Jungen und Mädchen auszugehen (Fischbach et al., 2013; Landerl & Moll, 2010).

Individuelle Risiken für das Entstehen von Lernstörungen

Biogenetische Risiken

Lernstörungen verteilen sich nicht zufällig in einer Population. Die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder aus einer Familie, in der bereits mehrere Fälle diagnostizierter Lernstörungen aufgetreten sind, ebenfalls eine Lernstörung ausbilden, ist deutlich höher als bei Kindern aus Familien, in denen Fälle von Lernstörungen nicht bekannt sind. Scerri und Schulte-Körne (2010) kommen bei ihrer Sichtung des Forschungsstandes zur familiären Häufung von Lese-Rechtschreibstörungen zum Ergebnis, dass ein Kind mit mindestens einem Geschwisterkind, das die Diagnose Lese-Rechtschreibstörung erhalten hat, mit einer Wahrscheinlichkeit zwischen 43 und 60% ebenfalls eine Lese-Rechtschreibstörung entwickelt. Zu fast den gleichen Schätzungen des familiären Risikos kommen Shalev et al. (2001) auch für den Bereich der Rechenstörungen. Dies bedeutet, dass Kinder aus Familien, in denen bereits ein Geschwisterkind eine Lernstörung aufweist, ein acht- bis zehnfach höheres Risiko als andere Kinder haben, ebenfalls eine Lernstörung auszubilden.

Entsprechend werden in der Verhaltensgenetik Lernstörungen als erheblich genetisch prädeterminiert eingestuft. So berichten etwa Plomin, Haworth und Davis (2010) über Analysen der Schulleistungsdaten im Alter von 7, 9 und 10 Jahren der großen Stichprobe ihrer Twin Early Development Study (TEDS) eine genetische Varianzaufklärung von etwa 55% (was in diesem Alter übrigens viel höher liegt als die genetische Varianzaufklärung von Intelligenz). Während die genetische Varianzaufklärung über schriftsprachliche und arithmetische Leistungen hinweg vergleichbar hoch ausfiel, erwies sich die Varianzaufklärung durch geteilte und nichtgeteilte Umweltbedingungen als eher bereichsspezifisch. Der genetische Einfluss scheint neurokognitive Mechanismen zu betreffen, die die Wahrnehmung und Verarbeitung von Informationen determinieren. Vermutlich wirken bei der Entstehung einer Lernstörung die individuellen biogenetischen Voraussetzungen des Kindes mit den Umweltbedingungen zusammen. Diese Schlussfolgerung wird unterstützt durch Befunde der Jyväskylä Longitudinal Study of Dyslexia, in der 100 Kinder von Eltern mit der Diagnose Lesestörung von Geburt an bis ins Jugendalter untersucht wurden (z.B. Torppa, Lyytinen, Erskine, Eklund & Lyytinen, 2010).

Soziale und didaktische Risiken

Lernstörungen sind also oftmals das Resultat eines Zusammenspiels aus biogenetischen Voraussetzungen und Umwelteinflüssen, wie der häuslichen Lernumgebung und der Art, dem Umfang und der Qualität des Unterrichts. Wie dieses Zusammenspiel genau aussieht und welche Umweltfaktoren bei welchen Lernstörungen besonders relevant sind, ist bisher weitgehend unbekannt. Belegt ist, dass Umwelteinflüsse entscheidend für das Entstehen von Verhaltensmustern bei Kindern sein können. So scheinen regelmäßige negative Leistungsrückmeldungen aus dem Umfeld sich auf das Selbstkonzept und die Lernmotivation auswirken zu können und dadurch Lernschwierigkeiten weiter zu verfestigen (vgl. Betz & Breuninger, 1998).

Niklas und Schneider (2013) konnten zeigen, dass der frühe regelmäßige Umgang mit schriftsprachlichem Material in der Familie ein bedeutsamer Prädiktor für spätere schulische Leistungen im Lesen und Rechtschreiben ist. Ähnliche Zusammenhänge fanden sich auch zwischen frühen familiären Anregungen zum Umgang mit Mengen und Zahlen und den späteren schulischen Mathematikleistungen von Kindern (Niklas & Schneider, 2014). Daraus lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass fehlende familiäre Anregungen spätere Lernstörungen verursachen; ein Mangel an solchen Anregungen kann allerdings dazu führen, dass sich weniger vorteilhafte Entwicklungen wichtiger Vorläufer der Schriftsprache und der Arithmetik einstellen, was das Risiko für das spätere Auftreten von Lernstörungen erhöht.

Die Überzeugung, dass darüber hinaus Lernstörungen durch unangemessene didaktische Ansätze in der Schule entstehen können, findet sich immer wieder in Diskursen der Deutsch- (z.B. Valtin, 1998; Schneider, 2017, Kap.5) bzw. Mathematikdidaktik der Grundschule (z.B. Lorenz, 2014). In jüngerer Zeit ist dieser Gedanke wieder einmal öffentlich diskutiert worden im Kontext des Verbots der Methode Lesen durch Schreiben durch das baden-württembergische Kultusministerium. Bei dieser Methode werden die Kinder mittels einer Anlauttabelle in die Schriftsprache eingeführt. Dies soll ihnen früher als etwa bei der verbreiteten analytisch-synthetischen Fibel-Methode die lautbasierte Schreibung unbekannter Wörter ermöglichen. Die Methode legt in den ersten Schuljahren keinen Wert auf die orthographisch korrekte (im Gegensatz zu der klanglich korrekten) Schreibung. May (1999) legte bereits früh empirische Befunde dafür vor, dass die Anwendung dieser Methode „in Reinkultur“ im Vergleich zur Fibel-Methode bis Ende der Grundschulzeit zu einer deutlich größeren Quote an Kindern mit schwacher Rechtschreibleistung führt. Insbesondere für Kinder mit ungünstigen sprachlichen Voraussetzungen erhöht die bei Lesen durch Schreiben sehr späte Hinwendung zum orthographischen Schreiben das Risiko, eine Rechtschreibstörung auszubilden (vgl. Jagemann & Weinhold, 2017).

Risiken aufgrund eingeschränkter kognitiver Funktionen

In der Pädagogischen Psychologie hat man sich vorrangig mit Risiken für das Entstehen von Lernstörungen beschäftigt, die ungeachtet der Frage, ob sie durch biogenetische Voraussetzungen oder durch Umweltfaktoren ausgelöst wurden, sich auf beim Kind unzureichend ausgebildete kognitive Funktionen beziehen. Hier finden sich sehr spezifische Funktionsdefizite für die unterschiedlichen Arten von Lernstörungen.

Lernstörungen in der Schriftsprache

Als kognitiv-funktionale Auffälligkeiten von Personen mit Lernstörungen in den Fertigkeiten des Lesens und/oder Rechtschreibens haben sich Defizite in der phonologischen Informationsverarbeitung erwiesen, d.h. spezifische Probleme bei der Verarbeitung und Repräsentation von Sprachlauten (vgl. Hulme & Snowling, 2009). In Anlehnung an die Klassifikation von Wagner und Torgesen (1987) sind hier vor allem drei Komponenten relevant: die phonologische Bewusstheit, die Effizienz des phonetischen Rekodierens im Arbeitsgedächtnis und die Abrufleichtigkeit phonologischer Repräsentationen aus dem Langzeitgedächtnis (vgl. für einen Überblick Kudo, Lussier & Swanson, 2015). Seit langem ist bekannt, dass frühe Fertigkeitsniveaus im Bereich der phonologischen Informationsverarbeitung spätere Lese- und Rechtschreibleistungen gut vorhersagen (z.B. Näslund & Schneider, 1996; Wagner, Torgesen, Rashotte, Hecht, Barker & Burgess, 1997). Auch konnte bei Kindern mit diagnostizierter Lese-Rechtschreibstörung mehrfach bereits im Vorschulalter gezeigt werden, dass sie überzufällig häufig ausgeprägte Schwächen in der phonologischen Bewusstheit, dem phonologischem Arbeitsgedächtnis und dem Abruf phonologischer Repräsentationen aus dem Langzeitgedächtnis haben (Pennington & Lefly, 2001; Scarborough, 1990).

Da viele dieser Studien zur phonologischen Informationsverarbeitung und ihrem Zusammenhang zum Schriftspracherwerb im englischsprachigen Raum durchgeführt wurden und sich Sprachen in ihrer Transparenz unterscheiden, stellt sich die Frage, ob die Befunde auch auf den Schriftspracherwerb in anderen alphabetischen Sprachen übertragbar sind. Unter Transparenz wird das Ausmaß der Übereinstimmung zwischen Sprachlauten (Phonemen) und Schriftzeichen (Graphemen) verstanden. Zum Beispiel wird im Englischen das Graphem „u“ in butcher als Phonem /u/, im Wort but aber als /a/ ausgesprochen. Im Englischen sind solche Fälle häufiger als im Deutschen, was die englische Schriftsprache weniger transparent macht. Ziegler et al. (2010) untersuchten die Leseentwicklung von Zweitklässlern verschiedener europäischer Sprachen (Finnisch, Französisch, Niederländisch, Ungarisch und Portugiesisch). Die Ergebnisse bestätigen, dass die phonologische Bewusstheit in allen Sprachen eine wichtige Grundlage für die Leseentwicklung darstellt. In weniger transparenten Sprachen ist sie jedoch bedeutsamer als in Sprachen mit einer hohen Konsistenz der Graphem-Phonem-Korrespondenz (also einer Eindeutigkeit, wie welcher Buchstabe ausgesprochen wird).

Ennemoser, Marx, Weber und Schneider (2012) untersuchten in zwei Längsschnittstudien mit Kindern in Deutschland vom Kindergartenalter bis zum Ende der Grundschule u.a. die Rolle der phonologischen Informationsverarbeitung für die spätere Lesegeschwindigkeit, das Leseverständnis und das Rechtschreiben. Sie fanden, dass die drei Komponenten der phonologischen Informationsverarbeitung im Deutschen von unterschiedlicher Bedeutung für das Lesen und das Rechtschreiben sind. Während sich die phonologische Bewusstheit als stärkster Prädiktor für die Rechtschreibleistungen erwies, war für die Vorhersage der Lesegeschwindigkeit die Benennungsgeschwindigkeit ausschlaggebend, und erst in zweiter Linie die phonologische Bewusstheit. Es ist daher davon auszugehen, dass die hohe Konsistenz der Graphem-Phonem Korrespondenzen im Deutschen eine leichtere phonologische „Übersetzung“ beim Lesen ermöglicht. Durch die allerdings weniger konsistente Phonem-Graphem-Korrespondenz (das Phonem /x/ wird im Wort Hexe als „x“, im Wort Wechsel aber als „chs“ geschrieben) ist beim Rechtschreiben dagegen der volle Abruf der orthographischen Repräsentation aus dem Gedächtnis erforderlich. In Übereinstimmung mit diesen Annahmen konnten auch Moll, Wallner und Landerl (2012) unterschiedliche Muster kognitiver Risiken für Lesen und Schreiben aufzeigen. Auch dies ist ein Hinweis darauf, dass im deutschen Sprachraum einer Lesestörung andere kognitive Korrelate zugrunde liegen als einer Rechtschreibstörung (vgl. auch Brandenburg et al., 2015).

Seit längerem wird diskutiert, dass Funktionsdefizite im Arbeitsgedächtnis für das Entstehen von Störungen beim Erwerb der Schriftsprache mitverantwortlich sind. Die meisten der vorgelegten Arbeiten hierzu rekurrieren auf die von Baddeley (1986) vorgeschlagene mehr systemische Konzeption des Arbeitsgedächtnisses, bei der unterschieden wird zwischen (a) der zentralen Exekutive, die zuständig für die Steuerung der Aufmerksamkeit und Koordination der einzelnen Verarbeitungsprozesse ist, (b) der phonologischen Schleife, die zuständig für die temporäre Speicherung sprachlicher und auditiver Informationen ist, und (c) dem visuell-räumlichen Notizblock, der zuständig ist für die Verarbeitung visueller und räumlicher Informationen. In vielen Studien konnte gezeigt werden, dass Kinder mit Lernstörungen Beeinträchtigungen in den Arbeitsgedächtnisfunktionen aufweisen (vgl. Swanson & Kong, 2018). In der Studie von Schuchardt, Mähler und Hasselhorn (2008) wurden die Arbeitsgedächtnisfunktionen von Kindern mit verschiedenen Lernstörungen getrennt untersucht. Kinder mit einer Lese- und Rechtschreibstörung wiesen eine geringere Funktionstüchtigkeit der phonologischen Schleife auf. Sie hatten nicht nur vermehrte Probleme, sprachliche Informationen kurzzeitig zu speichern, sondern sie repräsentierten die von ihnen gespeicherten Gedächtnisinhalte auch weniger präzise als Kinder ohne Lese-Rechtschreibstörung. Zudem gelang ihnen die weitere zentral-exekutive Verarbeitung dieser Informationen weniger gut, was sich möglicherweise durch die beeinträchtigte Bereithaltung in der phonologischen Schleife erklären lässt.

Im Rahmen der in Kooperation zwischen Hildesheim (Claudia Mähler), Oldenburg (Dietmar Grube) und Frankfurt (Gerhard Büttner, Marcus Hasselhorn) realisierten RABE-Studie untersuchten Brandenburg et al. (2013, 2015, 2017) drei Gruppen von Kindern der dritten Klassenstufe mit Lernstörungen in der Schriftsprache. Eine Gruppe zeigte eine isolierte Lesestörung, eine weitere eine isolierte Rechtschreibstörung und die dritte Gruppe war – wie in der Studie von Schuchardt et al. (2008) – von einer Lese- und Rechtschreibstörung betroffen. Den Ergebnissen zufolge liegen unterschiedliche Funktionsdefizite im Arbeitsgedächtnis den drei Störungen der Schriftsprache zugrunde: Die Kinder mit einer isolierten Rechtschreibstörung wiesen nur im Bereich der phonologischen Schleife Beeinträchtigungen auf. Sie hatten vornehmlich große Schwierigkeiten damit, sprachliche Informationen korrekt bereitzuhalten. Bei Kindern mit einer isolierten Lesestörung ergaben sich zwar auch partielle Beeinträchtigungen der phonologischen Schleife, jedoch zeigten sie im Vergleich zu Kindern ohne Lesestörung vor allem zentral-exekutive Funktionseinschränkungen. Diese Funktionseinschränkungen scheinen nicht nur die Folge phonologischer Verarbeitungsprobleme zu sein. Vielmehr scheint die isolierte Lesestörung mit einer generell niedrigen Leistungsfähigkeit der Zentralen Exekutiven einherzugehen, wie Brandenburg et al. (2015) durch statistische Kontrolle der gemeinsamen Varianz von Zentraler Exekutive und phonologischem Arbeitsgedächtnis zeigen konnten. Bei den Kindern mit einer Lese- und Rechtschreibstörung addierten sich die Funktionsdefizite im Arbeitsgedächtnis: sie zeigten wie in der Studie von Schuchardt et al. (2008) sowohl Einschränkungen in der phonologischen Einspeicherung als auch in der zentral-exekutiven Verarbeitung.

Jüngste Analysen zu den Entwicklungsverläufen der Komponenten der phonologischen Informationsverarbeitung der in der RABE-Studie untersuchten Kinder mit Lese- und/oder Rechtschreibstörungen von der dritten bis zur fünften Klassenstufe (Schmidt et al., 2020) belegen eine Abnahme der Defizite in der Benenngeschwindigkeit, eine Persistenz der Defizite in der phonologischen Geschwindigkeit und eine zunehmende Diskrepanz in der Funktionstüchtigkeit der phonologischen Schleife zwischen Kindern mit und ohne schriftsprachlicher Störungsdiagnose.

Lernstörungen im Bereich des Rechnens

In der Frage der kognitiven Funktionsdefizite, die das individuelle Risiko für das Entstehen einer Rechenstörung erhöhen, herrscht in der einschlägigen Literatur weniger Konsens. Derzeit dominiert die Auffassung, dass sehr unterschiedliche kognitive Funktionsdefizite eine Rechenstörung auslösen können. Rechnen erfordert das Zusammenspiel zahlreicher Hirnfunktionen. Die bisherigen Befunde sprechen dafür, dass der linksseitige „gyrus angularis“ in Verbindung mit weiteren linkshemisphärischen „perisylvischen“ Arealen für das Speichern und Abrufen arithmetischen Faktenwissensrelevant ist, während für das Lösen komplexer arithmetischer Aufgaben Prozesse verantwortlich zu sein scheinen, die mit frontalen und intraparietalen Gehirnregionen in Verbindung gebracht werden (Lonnemann, Linkersdörfer, Hasselhorn & Lindberg, 2011).

Weit verbreitet ist die mittlerweile empirisch gut abgesicherte Annahme, dass ein Defizit in „basisnumerischen“ Fertigkeiten bzw. im basalen Verständnis von Anzahlen und Zahlen für das Entstehen von Rechenstörungen mitverantwortlich ist (z.B. Landerl, Vogel & Kaufmann, 2017). Diese machen sich bereits im Kindergartenalter bemerkbar durch erhebliche Probleme bei der Unterscheidung von Mengen, beim raschen Erkennen kleiner Mengen (subitizing) sowie im Zahlenverständnis. Krajewski und 92-2Schneider (2009) konnten in einer Längsschnittstudie nicht nur die Mathematikleistungen am Ende der Grundschulzeit durch vorschulische Mengen-Zahlen-Kompetenzen vorhersagen, sondern fanden auch substantielle frühe Mengen-Zahlen-Kompetenzunterschiede zwischen älteren Grundschulkindern mit und ohne Leistungsproblemen in Mathematik.

Auch der in der Studie von Krajewski und 92-3Schneider (2009) am Ende der 1. Klasse erfasste Abruf basaler arithmetischer Fakten unterschied sich zwischen den Kindern mit und ohne Leistungsproblemen in Mathematik. Probleme mit dem Aufbau und dem Abruf basaler arithmetischer Fakten gelten schon lange als charakteristisches Merkmal mathematischer Lernstörungen (z.B. Geary, 1993). Zum basalen arithmetischen Faktenwissen gehört beispielsweise das Wissen über die Ergebnisse einfacher Additions- und Subtraktionsaufgaben im Zahlenraum bis 20 sowie das Wissen zur einfachen Multiplikation und Division. Kinder, bei denen der Rechenerwerb ungestört erfolgt, können diese basalen Fakten im Laufe der Grundschuljahre zunehmend nutzen (vgl. Grube, 2005). Rechenschwache Kinder verfügen offenbar in weitaus geringerem Umfang als ihre Altersgenossen über dieses Faktenwissen (z.B. Busch, Schmidt & Grube, 2015) und bleiben länger auf eher unreife Strategien (z.B. Zählen unter Zuhilfenahme der Finger) angewiesen, was die kognitive Belastung beim Rechnen erhöht.

Geary und Hoard (2005) erklärten sich die Defizite im Aufbau arithmetischen Faktenwissens unter anderem mit einer eingeschränkten Arbeitsgedächtniskapazität. So ist in jüngerer Zeit auch im Zusammenhang mit Rechenstörungen zusätzlich die Funktionstüchtigkeit des Arbeitsgedächtnisses als möglicher Verursachungsfaktor in den Blick geraten. Folgt man der bereits erwähnten mehrsystemischen Sichtweise des Arbeitsgedächtnisses, so finden sich für alle drei Teilsysteme statistisch bedeutsame Zusammenhänge mit frühen Leistungsunterschieden bei mathematischen Fertigkeiten (z.B. Schuchardt, Mähler & Hasselhorn, 2010). Für die Rechenstörung im engeren Sinne zeigten sich in unserer RABE-Studie für die Kinder mit Rechenstörung allerdings insbesondere Funktionsprobleme im visuell-räumlichen Notizblock des Arbeitsgedächtnisses (Klesczewski et al., 2015). Weiterführende Analysen von Klesczewski et al. (2018) ergaben auf der dritten Klassenstufe insgesamt Funktionsdefizite in allen drei Subsystemen des Arbeitsgedächtnisses (phonologische Schleife, visuell-räumlicher Notizblock, Zentrale Exekutive). Im Entwicklungsverlauf zwischen dritter und fünfter Klassenstufe blieben die Unterschiede zur Vergleichsgruppe der unauffälligen Kinder in der Funktionstüchtigkeit der phonologischen Schleife und der Zentralen Exekutiven konstant, während das Ausmaß der besonders betroffenen visuell-räumlichen Funktionsdefizite sich im Laufe der Zeit bedeutsam reduzierte.

Kombinierte Lernstörungen

Zu den kognitiven Risiken für das Entstehen der kombinierten Lernstörung liegen bisher nur wenige Erkenntnisse vor. Möglicherweise spielen auch hier spezifische Defizite im Bereich des Arbeitsgedächtnisses eine entscheidende Rolle. Bisherige Befunde sprechen am ehesten dafür, dass es bei einer Kombination von (neuro)kognitiven Defiziten, die für eine Lese-Rechtschreibstörung bzw. für eine Rechenstörung verantwortlich sind, zum Auftreten von kombinierten umschriebenen Störungen schulischer Fertigkeiten kommt (z.B. Schuchardt et al., 2008). Einen methodisch überzeugenden Beleg dafür, dass die kognitiven Defizitprofile sich bei kombinierten Lernstörungen in den Bereichen Arbeitsgedächtnis, Aufmerksamkeit, Benenngeschwindigkeit und numerischen Kompetenzen aufaddieren, haben vor kurzem Kißler, Schwenk und Kuhn (2020) vorgelegt.

Lassen sich Lernstörungen vermeiden?

Angesichts der hohen Prävalenzen und Stabilitäten sowie der belastenden Folgen von Lernstörungen für die Betroffenen wie für die Gesellschaft sollte mit hoher Priorität versucht werden, das Entstehen von Lernstörungen zu verhindern. Angesichts der Tatsache, dass Lernstörungen meist nicht vor Ende der zweiten Klasse diagnostiziert werden, ist ein später Beginn von gezielten Interventionsmaßnahmen eher die Regel als die Ausnahme. Das hat seit den frühen 1980er Jahren zunehmend Diskussionen zur Frage ausgelöst, ob sich schon im Kindergartenalter relevante Vorläuferfertigkeiten für den Schriftsprach- und den Mathematikerwerb identifizieren lassen, die sich wirksam trainieren lassen, so dass das spätere Auftreten von Lernstörungen bedeutsam reduziert wird.

Die Resultate dieser Forschungsaktivitäten sind äußerst ermutigend. In mehreren Längsschnittstudien in Ländern mit unterschiedlichen Sprachen konnten übereinstimmend drei grundlegende kognitive Fertigkeitsbereiche für den Erfolg beim frühen Leseerwerb identifiziert werden (vgl. Hulme & Snowling, 2013): Buchstabenkenntnis, phonologische Bewusstheit und die Benenngeschwindigkeit für bekannte Objekte (rapid automatized naming). Den zusätzlichen Prädiktionswert von Wortschatz und Satzgedächtnis für die Entwicklung von Lese- und Rechtschreibleistungen im Verlauf der Grundschuljahre im deutschen Sprachraum untermauern die Befunde einer weiteren Längsschnittstudie (von Goldammer, Mähler, Bockmann & Hasselhorn, 2010). Dieses Spektrum an Fertigkeiten scheint auch prädiktiv für das Entstehen schriftsprachlicher Lernstörungen zu sein. Catts, McIlraith, Bridges und Nielsen (2017) konnten etwa zeigen, dass die Kombination von Entwicklungsrückständen im Kindergartenalter in den Bereichen phonologische Bewusstheit, Benenngeschwindigkeit und linguistische Kompetenzen das individuelle Risiko für das Entstehen einer Lese-Rechtschreibstörung stark ansteigen lässt. Die Autoren berichten, dass Kinder mit Defiziten in der phonologischen Bewusstheit am Ende der Kindergartenzeit im Vergleich zu diesbezüglich unauffälligen Gleichaltrigen etwa fünf Mal häufiger bis Mitte der Grundschulzeit eine Lese-Rechtschreibstörung ausbilden. Der Risikoquotient stieg nochmals deutlich an, wenn die Entwicklungsrückstände in der phonologischen Bewusstheit begleitet wurden von Auffälligkeiten in der Sprachproduktion und in der Benenngeschwindigkeit.

Auch im Bereich des Erwerbs arithmetischer Fertigkeiten gelang es, früh beobachtbare Fertigkeitsbereiche zu identifizieren, die eine gute Vorhersage des Erfolgs beim Erwerb des Rechnens erlauben (z.B. Koponen, Aunola, Ahonen & Nurmi, 2007; Krajewski & Schneider, 2009) und ebenso des Risikos für das Entstehen einer Rechenstörung. In der finnischen Studie von Koponen et al. (2007) erwies sich die Zählgeschwindigkeit im Vorschulalter als guter Prädiktor der Mathematikleistung am Ende der ersten Klasse, und die Ausprägung des Zahlenkonzepts erklärte einen substanziellen Varianzanteil der Rechenfertigkeiten in der vierten Klasse. Jordan, Kaplan, Ramineni und Locuniak (2009) konnten für US-amerikanische Kinder zeigen, dass das vorschulische Fertigkeitsniveau im Zählen und Zahlenvergleich nicht nur etwa 66% der Varianz der Mathematikleistungen am Ende von Klasse 1 aufklärt, sondern auch einen bedeutsamen Anteil der Varianz des Zuwachses an Mathematikleistungen von der ersten bis zur dritten Klassenstufe. In einer deutschen Längsschnittstudie von Krajewski und 92-4Schneider (2009) bestätigte sich der Prädiktionswert vorschulischer basaler numerischer Fertigkeiten und der Leistung beim Zuordnen von Mengen zu Zahlworten für den Abruf arithmetischen Faktenwissens und die Leistungen bei standardisierten Mathematiktests am Ende von Klasse 1 und Klasse 4.

Krajewski und 92-5Schneider (2009) berichteten ebenfalls, dass Kinder mit Minderleistungen in einem standardisierten Mathematiktest in der vierten Klasse schon in den frühen vorschulischen mathematikbezogenen Fertigkeiten deutliche Defizite hatten. Das spricht dafür, dass mit den frühen mathematischen Kompetenzen auch Kinder mit erhöhtem Dyskalkulie-Risiko identifizierbar sind. Dies bestätigen auch die Befunde einer in Belgien durchgeführten Studie von Desoete, Ceulemans, De Weerdt und Pieters (2012), in der Kindergartenkinder symbolische und nichtsymbolische Zahlen und Zahlworte als Indikatoren basisnumerischer Fertigkeiten vergleichen mussten. Retrospektiv wurde die Stichprobe eingeteilt in Kinder mit Rechenstörung, Niedrigleistende und Unauffällige. Die nichtsymbolischen basisnumerischen Fertigkeiten erwiesen sich als guter Prädiktor für die Rechenfertigkeiten ein Jahr später und den Abruf arithmetischen Wissens zwei Jahre später. Die Kinder, die später als solche mit Rechenstörung eingestuft wurden, zeigten bei nichtsymbolischen und symbolischen Zahlvergleichen bereits im Kindergarten erhebliche Defizite. Desoete et al. (2012) ziehen daraus die Schlussfolgerung, dass eine Kombination aus frühen symbolischen wie nichtsymbolischen Vergleichsdefiziten mit einem hohen Risiko einhergeht, später eine Rechenstörung auszubilden.

Für die Frage, mit welcher Präventionsstrategie sich diese ermutigenden Forschungsbefunde nutzen lassen, ist ein Rückgriff auf die aus dem Gesundheitssektor bekannte Unterscheidung zwischen primärer bzw. universeller und sekundärer bzw. indizierter Prävention (Caplan, 1974) hilfreich. Universelle Prävention bezieht sich auf Maßnahmen, die prinzipiell alle Kinder adressieren, unabhängig von ihrem sozialen Hintergrund oder ihrem bis zu einem bestimmten Alter erreichten Entwicklungsstand. Von indizierter Prävention wird hingegen gesprochen, wenn die Präventionsmaßnahmen sich gezielt an die Risikopopulation richten. Im Falle der Lernstörungen handelt es sich bei der Risikopopulation um Kinder mit entsprechenden Defiziten in den Vorläuferfertigkeiten des Schriftspracherwerbs bzw. in den basisnumerischen Kompetenzen.

Seit Mitte der 1980er Jahre wurden umfangreiche Entwicklungsarbeiten durchgeführt mit dem Ziel, durch indizierte Präventionsmaßnahmen Kinder sehr früh zu fördern, d.h. bevor sich die Lernstörungen manifestiert haben. Viele dieser Arbeiten folgten der Logik, Kinder mit frühen Entwicklungsrückständen in den relevanten Vorläuferfertigkeiten für den Schriftsprach- und den Mathematikerwerb zu identifizieren und diese dann durch intensive und gezielte Übungen so sehr zu verbessern, dass der Anfangsunterricht in der Schriftsprache und Mathematik besser bewältigt und damit die Wahrscheinlichkeit reduziert wird, dass es zu den beschriebenen Lernstörungen kommt. Diese Strategie erwies sich als erfolgreich, so dass es mittlerweile in ihrer Wirksamkeit gut belegte indizierte Präventionsprogramme gibt (vgl. Hasselhorn & Schneider, im Druck).

Prävention schriftsprachlicher Lernstörungen

Beeinträchtigungen in der phonologischen Bewusstheit vor der Einschulung sind nicht nur ein geeigneter Frühwarnhinweis für schulische Schriftspracherwerbsprobleme, sie lassen sich auch durch entsprechende Präventionsprogramme nachhaltig beeinflussen. In den 1990er Jahren begann die Arbeitsgruppe um Wolfgang Schneider in Würzburg damit, den in Dänemark erfolgreich umgesetzten Trainingsansatz zur Steigerung der phonologischen Bewusstheit von Lundberg, Frost und Petersen (1988) für den deutschen Sprachraum anzupassen. Auf der Basis umfangreicher Evaluationen (z.B. Schneider, Küspert, Roth, Visé & Marx, 1997; Schneider, Roth & Ennemoser, 2000) wurden die Trainingsprogramme Hören, lauschen, lernen (Küspert & Schneider, 2018) zur phonologischen Bewusstheit und das ergänzende Hören, lauschen, lernen 2 (Plume & Schneider, 2004) mit Übungen zur Buchstaben-Laut-Zuordnung konstruiert.

Das grundlegende Trainingsprogramm wird in Kleingruppen durchgeführt, besteht aus 57 Sprachspielen in sechs Förderbereichen und wird über einen Zeitraum von 20 Wochen in täglichen 10- bis 15-minütigen Stuhlkreis-Sitzungen im letzten Kindergartenhalbjahr durchgeführt. Die Übungen des ergänzenden Programms von Plume und Schneider (2004) zielen darauf ab, Buchstabenlaute mit deren visueller Repräsentation zu verbinden. Es ist mit acht bis zehn Wochen und ebenfalls 10- bis 15-minütigen Sitzungen etwas kürzer. Beide Programme haben sich als kurz- und langfristig effektiv erwiesen (vgl. Schneider, 2018), wobei insbesondere die Kombination beider Trainingsprogramme als indizierte Prävention für Kinder mit den beschriebenen Vorläuferdefiziten zu einer deutlichen Senkung des Risikos für einen gestörten Schriftspracherwerb zu führen scheint. So konnten Schneider et al. (2000) zeigen, dass Risikokinder mit vorschulischen Defiziten in der phonologischen Bewusstheit insbesondere von der Kombination beider Programme profitierten. Diese Vorteile ließen sich vor allem für das Rechtschreiben noch in der 3. Klasse nachweisen.

In den letzten 20 Jahren wurden eine Reihe von Metaanalysen zur Wirksamkeit von Trainings der phonologischen Bewusstheit publiziert. So analysierten etwa Ehri, Nunes, Willows, Schuster, Yaghoub-Zadeh und Shanahan (2001) 52 Studien aus unterschiedlichen Ländern mit 96 belastbaren Outcome-Unterschieden zwischen Trainings- und Kontrollgruppen und berichteten vergleichbare moderate Effekte auf die späteren Lese- (d = 0.53) und Rechtschreibleistungen (d = 0.59). Bestätigt wurde auch, dass die Effekte bei zusätzlichen Übungen zur Verknüpfung von Buchstabenlauten und ihrer visuellen Repräsentation deutlicher ausfallen als bei ausschließlichen Übungen zur phonologischen Bewusstheit. In einer aktuelleren Metaanalyse konnte Suggate (2016) diese Befunde nicht nur bestätigen, sondern auch zeigen, dass der Trainingsansatz zur phonologischen Bewusstheit, ergänzt um die Buchstabenkenntnis, insbesondere für Kinder mit frühen Defiziten in der phonologischen Bewusstheit wirksam ist.

Snowling und Hulme (2011) gingen der Frage nach, ob diese frühen Präventionsmaßnahmen so wirksam sind, dass Risikokinder anschließend unauffällige Lesefertigkeiten entwickeln. Für die Wortlesefertigkeiten etwa ein Jahr später konnten sie das zeigen. Ebenso waren Effekte beim Satzverständnis nachweisbar, wenn auch das erreichte Niveau der Kinder, die an den Präventionsmaßnahmen teilgenommen hatten, eher im unteren Durchschnittsbereich lag (zu ähnlichen Befunden vgl. Kjeldsen, Kärnä, Niemi, Olofsson & Witting, 2014).

Jüngere Metanalysen zur Wirksamkeit früher Trainings der phonologischen Bewusstheit im deutschen Sprachraum erbrachten allerdings niedrigere Effektstärken als die älteren internationalen Metaanalysen, und diese auch nur für die späteren Rechtschreibleistungen (vgl. Fischer & Pfost, 2015; Wolf, Schroeders & Kriegbaum, 2016). Auch Pfost, Blatter, Artelt, Stanat und Schneider (2019) berichteten in einer weiteren umfangreichen Evaluationsstudie bei Umsetzung des Trainings im Sinne einer primären Prävention mit allen Kindern des letzten Kindergartenjahrgangs keine über die Schuleingangsstufe hinaus nachweisbaren Effekte auf die Schriftsprachleistungen. Allerdings konnten die Autoren für die Kinder mit besonders schwachen Ausgangswerten in der phonologischen Bewusstheit signifikante Trainingseffekte auf das spätere Wortlesen feststellen. Schneider (2018) hat bei der Erklärung der Diskrepanz zwischen den Effektgrößen früherer und neuerer Studien darauf hingewiesen, dass die mittlerweile jahrzehntelange Diskussion um den Nutzen phonologischer Förderung in der Elementarpädagogik zu Veränderungen des Förder-Alltags in Kindertagesstätten geführt hat. Die alltagsintegrierte Förderung der phonologischen Bewusstheit ist mittlerweile stark verbreitet, was die Differenzen zwischen Kontroll- und Interventionsgruppen in Evaluationsstudien verringert.

Prävention von Rechenstörungen

Die Entwicklung von evidenzbasierten Trainings zur Prävention von Rechenstörungen setzte erst vergleichsweise spät ein, etwa um die Jahrtausendwende. Im Vergleich zu den Programmen zur Prävention von Schriftsprachstörungen sind hier die zu berücksichtigenden Sprachraumabhängigkeiten eher geringer (es gibt aber sprachliche Zahlwortunterschiede, die durchaus von Bedeutung sein können). Die vorliegenden Ansätze einer gezielten mathematischen Frühförderung enthalten Übungen zum Verstehen des Zahlenraumes und zur Mengenbewusstheit von Zahlen und Zahlrelationen. Im US-amerikanischen Raum hat sich mittlerweile die Position durchgesetzt, dass diese Übungen hochgradig strukturiert und regelmäßig im Alltagsablauf vorschulischer Einrichtungen durchgeführt werden sollten, um gerade für Kinder mit Entwicklungsrückständen wirksam zu sein (vgl. Baroody, Clements & Sarama, 2019).

Das in Deutschland bekannteste und am besten evaluierte Trainingsprogramm zur indizierten Prävention von Rechenstörungen ist das Programm Mengen, zählen, Zahlen (MZZ) zur vorschulischen Förderung der Mengenbewusstheit von Zahlen und Zahlrelationen (Krajewski, Nieding & Schneider, 2007). Es folgt der Logik der allgemeinen Entwicklung früher mathematischer Kompetenzen, die systematisch aufgebaut werden über Mengenvergleiche, Zählfertigkeiten, Zahlsymbolkenntnis, Erfassung der Zahlenreihe, Zunahme-um-eins-Prinzip und Teil-Ganzes-Prinzip. Das MZZ-Programm wird über einen Zeitraum von 10 Wochen in täglichen Sitzungen durchgeführt. Krajewski, Nieding und Schneider (2008) verglichen das MZZ-Trainingsprogramm mit einem mathematikdidaktischen Förderprogramm (Zahlenland) und einem Training des induktiven Denkens sowie einer Wartekontrollgruppe, die keinerlei besondere Intervention erhielt. Eine Reihe von Fertigkeiten wurden vor dem Training, nach dem Training und sechs Monate später (zwei Monate vor Schuleintritt) erfasst. Die MZZ-Trainingsgruppe zeigte im Vergleich aller Gruppen den größten Fortschrift in den mathematischen Fertigkeiten, und dieser Vorteil war auch 6 Monate nach Trainingsende nachweisbar. Auch das MZZ-Training von Kindern, die vom regulären Schuleintritt zurückgestellt waren und im Rahmen allgemeiner schulvorbereitender Fördermaßnahmen auch das MZZ-Training erhielten, führte zu großen Effekten (d > 3) im Zuwachs der basisnumerischen Kompetenzen (Hasselhorn & Linke-Hasselhorn, 2013).

Gerlach, Fritz und Leutner (2013) legten ebenfalls ein Trainingsprogramm zur indizierten Prävention von Rechenschwäche bei auffälligem Entwicklungsrückstand in den basisnumerischen Fertigkeiten vor. Das Programm MARKO-Tist ab einem Alter von 5 Jahren geeignet. Es orientiert sich an den fünf von den Autoren postulierten Kompetenzniveaus Zählzahl, ordinaler Zahlenstrahl, Kardinalität und Zerlegbarkeit, Klasseninklusion und Enthaltensein und Relationalität. Zu jedem Kompetenzniveau enthält das Programm einen Trainingsbaustein. Die insgesamt 57 Trainingseinheiten bestehen aus Aufgaben, die bei Verfügbarkeit des jeweils zugrunde gelegten Kompetenzniveaus lösbar sind. Das Programm soll in Verbindung mit einer differenzierten Diagnostik der verfügbaren Kompetenzniveaus zum Einsatz kommen. Die im Manual enthaltene Dokumentation einer Wirksamkeitsevaluation zeigt eine auf das Programm zurückführbare Zunahme basisnumerischer Kompetenzen, die auch 4 Monate nach Trainingsende noch nachweisbar ist. Langfristigere Wirksamkeitsanalysen liegen bisher nicht vor.

Lassen sich aufgetretene Lernstörungen überwinden?

Den oben referierten aktuelleren Prävalenzstudien ist zu entnehmen, dass die bisherige Präventionspraxis im deutschen Sprachraum verbesserungswürdig ist. Zu viele Kinder entwickeln Phänomene einer Lernstörung. Jedes 7. bis 8. Grundschulkind in der repräsentativen Studie von Fischbach et al. (2013) erfüllte die WHO-Kriterien für eine Lernstörung. Was also kann man unternehmen, wenn Kinder – sei es aufgrund fehlender oder unzureichender (primärer oder sekundärer) Präventionsmaßnahmen – im sprichwörtlichen Sinne „in den Brunnen fallen“ und im Laufe der Grundschulzeit besondere Lernschwierigkeiten beim Erwerb von Schriftsprache und Arithmetik an den Tag legen?

Antwortversuche auf diese Frage haben eine lange Tradition, zumindest für den Bereich der Intervention bei Lese- und/oder Rechtschreibstörungen. Ausgehend von der These, dass eine gut funktionierende visuelle Wahrnehmung entscheidend für den Erwerb schriftsprachlicher Fertigkeiten sei, stellte z.B. Marianne Frostig in den 1960er Jahren ein Trainingsprogramm aus vielfältigen Übungen zum Erkennen, Unterscheiden und Interpretieren von visuellen Reizen zusammen. Spätestens seit der Metaanalyse von Kavale (1984) ist allerdings bekannt, dass das Frostig-Training zwar möglicherweise zu einer Verbesserung der visuellen Wahrnehmung führt, nicht aber zum erhofften Abbau schulischer Lern- und Leistungsprobleme. Auch andere allgemeine kognitive Funktionstrainings, wie etwa psychomotorische Übungsprogramme (Krombholz, 1985) oder auditive Wahrnehmungstrainings (Berwanger & Suchodoletz, 2004), erwiesen sich nicht als wirksam zum Abbau der schulischen Leistungsprobleme bei Lernstörungen. Jüngste Versuche, die charakteristischen Arbeitsgedächtnisfunktionen von Kindern mit Lernstörungen durch intensives Training zu verbessern und damit auch deren Fertigkeitserwerb zu optimieren, sind ebenfalls weitgehend fehlgeschlagen (Mähler, Jörns & Schuchardt, 2019). Wirksam scheinen ausschließlich Ansätze zu sein, die unmittelbar auf die Fertigkeiten und Prozesse ausgerichtet sind, die für das Lesen, Rechtschreiben und/oder Rechnen erforderlich sind.

Intervention bei schriftsprachlichen Lernstörungen

Die Idee, durch intensive Trainings basaler auditiver und/oder visueller Informationsverarbeitungsprozesse die besonderen Schwierigkeiten beim Erwerb von Lesen und Rechtschreiben bei Kindern mit schriftsprachlichen Lernstörungen in den Griff zu bekommen, ist immer noch weit verbreitet. Steinbrink und Lachmann (2014, S.171f) haben das am Beispiel der verbreiteten kommerziellen Trainingsprogramme FonoTrain, FixTrain, Brain-Boy und AUDILEX erläutert und aufgezeigt, dass diese Programme zwar spezifische Verbesserungen von trainierten Informationsverarbeitungsprozessen bewirken können, jedoch keine nachweisbaren nachhaltigen schriftsprachlichen Leistungsverbesserungen. In Übereinstimmung mit den Befunden eines aktuellen Systematic Reviews aus der Cochrane-Datenbank (McArthur et al., 2018) sowie zweier jüngerer Metaanalysen mit Berücksichtigung deutschsprachiger Interventionsprogramme (Galuschka, Ise, Krick & Schulte-Körne, 2014; Galuschka, Görgen, Kalmar, Haberstroh, Schmalz & Schulte-Körne, 2020) herrscht weitgehender Konsens darüber, dass die wirksamsten Ansätze zur Förderung bei schriftsprachlichen Lernstörungen direkt an den Lese- und Rechtschreibprozessen ansetzen. Auch die für die Prävention so geeigneten Trainings der phonologischen Bewusstheit scheinen nicht mehr hinreichende Wirksamkeit zu entfalten, wenn die Lese- und/oder Rechtschreibstörung bereits ausgebildet ist (Galuschka et al., 2014; McArthur et al., 2018).

International haben sich sogenannte Phonics-Trainings für Kinder mit Lesestörung als besonders wirksam erwiesen (McArthur et al., 2018). Der Ansatz dieser Trainings ist die systematische Förderung der Phonem-Graphem- und der Graphem-Phonem-Korrespondenz sowie der Wortteilanalyse und -synthese. Durch Übungen von Phonem-Graphem-Zuordnungen und Aufgaben zum Zergliedern geschriebener Wörter in ihre Phoneme und zum Zusammenziehen einzelner Phoneme zu Wörtern soll eine entscheidende Grundkompetenz des Lesens und Schreibens aufgebaut werden, die die automatische Worterkennung beim Lesen und das orthographische Schreiben unterstützt. Hintikka, Landerl, Aro und Lyytinen (2008) haben gezeigt, dass auch Übungen mit Wortteilen hilfreich sind, bei denen hochfrequente Buchstabengruppen der Schriftsprache verwendet werden, weil dies das Abspeichern von Wortteilen befördert. Abgespeicherte Wortteile erleichtern beim Lesen die Worterkennung und beim Schreiben die Produktion der korrekten Graphemfolge.

Galuschka und Schulte-Körne (2015) identifizierten bei einer Durchsicht deutschsprachiger Förderprogramme für Grundschulkinder mit Lesestörungen drei Programme, die schwerpunktmäßig solche Übungseinheiten enthalten, die sich in der Metanalyse von Galuschka et al. (2014) als nachweislich wirksam erwiesen haben. Es handelt sich dabei um die Programme Flüssig lesen lernen (Tacke, 2012), den Kieler Leseaufbau (Dummer-Smoch & Hackethal, 2011) und die Lautgetreue Lese-Rechtschreibförderung (Reuter-Liehr, 2020).

Aber sind die Fördermaßnahmen, die bei Lesestörungen wirksam sind, auch geeignet, Rechtschreibstörungen in den Griff zu bekommen? Auf den ersten Blick scheint das möglich, zumal die basalen Vorläufer der Lese- und Rechtschreibfertigkeiten eine große Überlappung aufweisen. Allerdings gibt es auch Unterschiede zwischen den Prozessen beim Lesen und Rechtschreiben. Beim Lesen geht es um das schnelle Erkennen von geschriebenen Wörtern. Dafür reichen auch vage bzw. unvollständige orthographische Repräsentationen. Das ist beim Rechtschreiben anders. Hier werden detaillierte Informationen über alle Buchstaben innerhalb eines Wortes benötigt, also vollständige orthographische Repräsentationen von hoher Qualität. Folgerichtig treten Störungen des Lesens und des Rechtschreibens nicht nur gemeinsam, sondern auch isoliert auf (Fischbach et al., 2013; Moll et al., 2014).

Galuschka, Görgen, Kalmar, Haberstroh, Schmalz und Schulte-Körne (2020) haben vor kurzem in einer Metaanalyse die Wirksamkeit von Förderprogrammen im Hinblick auf die Verbesserung von Rechtschreibleistungen analysiert. Ähnlich wie bei der Betrachtung von Leseleistungen zeigte sich keine Wirksamkeit von Ansätzen, die auf einem Training von allgemeinen Memorierstrategien basieren. Mittlere bis große Effekte fanden sich erneut bei Phonics-Trainings sowie bei systematischen Trainings von orthographischen Inhalten und Regeln und von morphologischem Wissen.

Intervention bei mathematischen Lernstörungen

Auch bei Rechenstörungen sind spezifische Interventionen zur erfolgreichen Übungsbehandlung notwendig, denn „bloßer“ Nachhilfeunterricht zum Schließen von Lücken bei aktuellen Lerninhalten des Mathematikunterrichts haben sich als nicht geeignet erwiesen, die Probleme von Kindern mit Rechenstörungen in den Griff zu bekommen (vgl. Butterworth, Varma & Laurillard, 2011). Die erfolgversprechendsten Interventionsprogramme beim Vorliegen von Rechenstörungen folgen dem Prinzip, Grundprozesse der Zahlverarbeitung und Arithmetik sowie arithmetisches Faktenwissen zu trainieren (Schneider, Küspert & Krajewski, 2021). Dabei haben sich Übungsmethoden der direkten Instruktion als überlegen gegenüber den in der allgemeinen Mathematikdidaktik erfolgreichen konstruktivistischen Ansätzen erwiesen (z.B. Guilmois, Popa-Roch, Clement, Bissonnette & Troadec, 2020). In jüngerer Zeit sind Trainingsprogramme bei mathematischen Lernstörungen zunehmend in digitaler Form entwickelt worden (z.B. Kohn et al., 2020; Re, Benavides-Varela, Petron, De Gennaro & Lucangeli, 2020). Dies hat mehrere entscheidende Vorteile für die Förderung bei Rechenstörungen. Insbesondere zählen dazu die gegenüber analogen Formaten erweiterten Möglichkeiten der Veranschaulichung, die Erleichterung der Verknüpfung von Diagnostik und der darauf adaptiv aufbauenden Förderung und der gleichzeitigen strikten Einhaltung der für betroffene Kinder besonders wirksamen Übungsmethode der direkten Instruktion.

Chodura, Kuhn und Holling (2015) führten eine Metaanalyse durch, um zu klären, welche Arten von Fördermaßnahmen bei Grundschulkindern mit Rechenschwäche besonders effektiv sind. Sie identifizierten 35 aussagekräftige Evaluationsstudien, in denen unterschiedliche Übungsformate (analog vs. digital, adaptiv vs. nicht-adaptiv), Instruktionsarten und Trainingszeitdauern realisiert wurden. Insgesamt resultierte ein mittlerer bis großer Effekt (d = .83), ohne dass sich signifikante Unterschiede zwischen den adaptiven und nicht-adaptiven Übungsformaten und den Trainingszeitdauern ergaben. Lediglich die direkte, unterstützende Instruktionsart und die Nutzung digitaler Übungsformate erwiesen sich als vorteilhaft, und die Trainingsumsetzung mit einzelnen Kindern (was sich digital besonders gut umsetzen lässt) war effektiver als in den anderen Gruppen.

Ein erfolgreiches Beispiel eines digitalen, adaptiven und mit der Übungsmethode der direkten Instruktion umgesetztes Trainingsgramm ist Calcularis 2.0 (Kohn et al., 2020). Das vor allem für betroffene Kinder von der 2. bis 5. Klassenstufe gedachte Programm übt die Automatisierung der verschiedenen Repräsentationen von Zahlen mit dem Ziel, das Bilden und Nutzen eines mentalen Zahlenstrahls zu erleichtern. Außerdem werden arithmetische Operationen und Faktenwissen in immer größeren Zahlenräumen trainiert. Für mehr als 250 elementare Fertigkeiten enthält das Programm spielerische Übungen. Ein interaktiver Avatar führt das Kind durch das digitale Trainingsprogramm und erklärt die einzelnen Spiele. Zur Motivierung der Kinder zum regelmäßigen und anhaltenden Bearbeiten der Übungsspiele dient ein Token-System in Form eines virtuellen Zoos, in dem die Kinder Tierfutter kaufen und Tiere füttern können. In einer experimentell kontrollierten Evaluation von Calcularis 2.0 zeigten sich mittlere Effekte einer regelmäßigen Bearbeitung des Programms auf einen normierten Schulleistungstest (d = .49) und Hinweise auf das Aufrechterhalten der Trainingseffekte auch drei Monate nach Abschluss des Trainings. Zusätzlich profitierten Kinder mit höherem IQ etwas mehr vom Training sowie Kinder mit kombinierter Lernstörung (Mathe und Schriftsprache) etwas weniger. Insgesamt scheint der theoretisch fundierte, adaptive und digitale Ansatz spielerischer Übungen im Format der unterstützenden direkten Instruktion sehr vielversprechend zu sein. Neben Calcularis 2.0 haben wir seit einigen Jahren mit MeisterCodyThalasia (Göbel, 2016) im deutschsprachigen Raum ein weiteres vielversprechendes, weil theoretisch gut begründetes und wirksamkeitsevaluiertes Programm für die Übungsbehandlung von Kindern mit Rechenstörungen.

Ausblick

Die aktuelle Datenlage rund um das Thema Lernstörungen gibt Anlass zur Sorge. So ist zumindest im deutschsprachigen Raum jüngeren epidemiologischen Untersuchungen zufolge die Auftretenswahrscheinlichkeit deutlich höher als noch vor wenigen Jahrzehnten. Auch die hartnäckige Persistenz sowie die belastenden Folgen für die individuell Betroffenen wie für die Gesellschaft sind ernüchternd. Der in diesem Beitrag skizzierte Forschungsstand zu den biogenetischen Risiken für das Entstehen von Lernstörungen spricht dafür, dass Mutter Natur nicht fair ist hinsichtlich der Frage, wie das biologisch prädeterminierte Risiko für Lernstörungen verteilt ist. Wer etwa eine geringere Funktionstüchtigkeit des phonologischen Arbeitsgedächtnisses „in die Wiege gelegt bekommen“ hat, hat ein erhöhtes Risiko, in der Grundschule das Erscheinungsbild einer Rechtschreibstörung zu entwickeln. Kommen zentral-exekutive Funktionseinschränkungen hinzu, steigt das Risiko für eine Lesestörungen. Bei Funktionseinschränkungen im visuell-räumlichen Arbeitsgedächtnis scheint das Risiko für spätere Rechenstörungen anzusteigen (Fischbach, Preßler & Hasselhorn, 2012).

Vermutlich liegt dem beispielhaft skizzierten Zusammenhang zwischen biogenetisch prädeterminierten Funktionsbeeinträchtigen im Arbeitsgedächtnis und dem Auftreten von Lernstörungen ein Schwellenmechanismus zugrunde: Je größer die Funktionsbeeinträchtigungen, desto eher kommt es zur Genese einer entsprechenden Lernstörung, selbst bei optimaler Beschulung und individueller Förderung. Umgekehrt darf man erwarten, dass bei frühem Identifizieren entsprechender Risiken aufgrund mangelhaft ausgebildeter Vorläuferkompetenzen des Lesens, Rechtschreibens und Rechnens und anschließender Umsetzung professioneller Prävention und individueller Förderung in vielen Einzelfällen auch bei stark erhöhtem Risiko ein hinreichender Erwerb der Grundlagen des Lesens, Rechtschreibens und Rechnens gelingen kann. Dafür spricht der in diesem Beitrag skizzierte aktuelle Kenntnisstand zu vorschulisch bereits einsetzenden Präventionsmaßnahmen und zu Interventionsmöglichkeiten, wenn die Lernstörungen aufgetreten sind.

Bei aller Schicksalshaftigkeit von Lernstörungen: Unvermeidbar sind sie für viele Kinder keineswegs! Die fatalen Auswirkungen für den weiteren Lebenslauf der Betroffenen wie Analphabetismus und Dyskalkulie auch noch im Erwachsenenalter können vermieden werden. Dazu bedarf es allerdings erheblicher Anstrengungen, die umso erfolgversprechender sind, je eher sie im individuellen Entwicklungsverlauf einsetzen. Wenn es gelingt, im Bildungssystem eine kumulative Sequenz von diagnosebasierter indizierter Prävention und individuellen Fördermaßnahmen zu etablieren, ließen sich die Prävalenzzahlen von Lernstörungen erheblich senken. Diese Sequenz müsste allerdings bereits in den vorschulischen Bildungsinstitutionen ansetzen.

Für den Bereich der Schriftsprache bietet sich hierfür eine mehrstufige Sequenz an, für den Bereich der Mathematik scheint ebenfalls eine kumulative Sequenz grundsätzlich angebracht, wenn hier auch noch weniger klar ist, welche Stufensequenz besonders erfolgversprechend ist. Eine tragfähige staatliche Strategie zur Vermeidung von Lernstörungen sollte mit einer Entwicklungsstanddiagnostik etwa 18 Monate vor der gesetzlichen Einschulung von Kindern beginnen. Hierbei gilt es festzustellen, ob in dem Bereich der schriftsprachlichen Vorläuferkompetenzen und der frühen mathematischen Kompetenzen Entwicklungsauffälligkeiten bestehen. Ist dies der Fall, dann sollte die Zeit im letzten Jahr vor der Einschulung bereits genutzt werden, um möglichst in Kleingruppen die oben beschriebenen wirksamen Präventionsmaßnahmen regelmäßig und hinreichend lange als kompensatorische Förderung in möglichst kleinen Gruppen umzusetzen.

Der aktuelle Forschungsstand zur Wirksamkeit von Fördermaßnahmen erlaubt eine Orientierung an weiteren Interventionsstufen bei besonderen Schwierigkeiten im Erwerb der Schriftsprache, wobei im Einzelfall immer eine diagnosebasierte Überprüfung stattfinden sollte, ob die allgemein naheliegenden Interventionsmöglichkeiten wirklich geeignet sind. In den ersten beiden Grundschuljahren bieten sich Phonics-Trainings mit Übungen zur Phonemwahrnehmung, zum Zergliedern geschriebener Wörter oder Wortteile in ihre Phoneme und zum Zusammenziehen einzelner Phoneme zu Wörtern an. Ein wirksamkeitsbelegtes Beispiel solcher Trainings ist etwa das Lautarium von Klatte, Steinbrink, Bergström und Lachmann (2016). Haben betroffene Kinder trotz intensiver Phonics-Trainings nach wie vor massive Probleme mit der Schriftsprache, bieten sich in der zweiten Hälfte der Grundschuljahre für viele betroffene Kinder ergänzend morphembasierte Trainings an. Bar-Kochva, Korinth und Hasselhorn (2020) haben etwa dazu eine computerunterstützte Variante mit lexikalischen Entscheidungsaufgaben entwickelt, in denen morphologisch komplexe Wörter visuell präsentiert wurden und die nicht-morphologischen Einheiten nach kurzer Zeit wieder ausgeblendet werden. Durch Übungen dieser Art lässt sich bei Kindern mit Lese-Rechtschreibstörungen der Abruf orthographisch-morphologischer Repräsentationen verbessern. Erste Transfereffekte auf die Rechtschreibleistungen konnten Bar-Kochva et al. (2020) nachweisen. Schließlich haben sich insbesondere bei älteren Kindern und Jugendlichen mit besonderen Schwierigkeiten in der Rechtschreibung Trainings als besonders wirksam erwiesen, in denen orthographische Inhalte und Regeln vermittelt werden (z.B. Groth, Hasko, Bruder, Kunze & Schulte-Körne, 2013).

Bei Rechenstörungen haben sich intensive adaptive Übungen zu Aspekten der Zahlen- und Mengenverarbeitung wie Zahl-Mengen-Verknüpfung, Teil-Ganzes-Verhältnis, Zahlenraumvorstellung, Relationszahlbegriff, Faktenabruf, Simultanerfassung von Mengen und Verständnis des Stellenwertsystems als besonders zielführend erwiesen. Die erwähnten Programme Calcularis 2.0 und Meister Cody Thalasia leisten dies gegenwärtig im deutschsprachigen Raum. Eine ihrer Stärken ist, dass sie als digitale Systeme aufgesetzt sind. Das bietet die Möglichkeit, dass die Förderung Betroffener nicht nur diagnosebasiert und adaptiv erfolgt, sondern dass die Ökonomievorteile der Digitalität die Effizienz der Nutzung der Förderprogramme enorm erhöhen. Diagnostik findet automatisiert und beiläufig statt. Es entsteht für den Nutzer kein zusätzlicher Aufwand der Auswertung und der nachfolgenden Selektion individuell passender Anforderungsformate.

Ein Musterbeispiel für eine landesweite Strategie, um dem Schicksal Lernstörungen mit digitalen diagnosebasierten Förderprogrammen zu Leibe zu rücken, findet sich in Finnland. Das finnische Kultusministerium startete 2006 ein Programm mit dem Namen LukiMat (LesenMathe) mit dem Ziel, eine internet-basierte Umgebung aufzubauen, mit der sich die basalen Kompetenzen des Lesens und Rechnens trainieren lassen. Von 2007 bis 2015 wurde das System LukiMat unter der wissenschaftlichen Leitung an der Universität Jyväskylä mit öffentlichen Mitteln weiterentwickelt und vor allem für Kindergärten und Schulen frei zur Verfügung gestellt. Die in LukiMat zur Verfügung gestellten evidenzbasierten Lernspiele sind mittlerweile auch in vielen Ländern der Welt (Europa, Afrika, Amerika, Asien) verfügbar.

In Deutschland wird seit einigen Jahren mit finanzieller Unterstützung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Onlineplattform LONDI (https://www.londi.de) zur Diagnostik und Förderung von Kindern mit Lernstörungen im Grundschulalter aufgebaut. Hier sind vielfältige Informationen über Hintergründe und den professionellen Umgang mit Lernstörungen hinterlegt. Außerdem gehört zu der Plattform ein Hilfssystem für Lerntherapeuten und Lerntherapeutinnen sowie Lehrkräfte, das ein ökonomisches Screening enthält, mit dem Grundschulkinder mit basalen Kompetenzdefiziten im Lesen, Rechtschreiben und Rechnen identifiziert werden können, und das auf der Basis wissenschaftlicher Evidenz für den Individualfall Möglichkeiten einer angemessenen Differenzialdiagnostik aufzeigt und schließlich auf der Basis differenzialdiagnostischer Ergebnisse Vorschläge für besonders geeignete Förderprogramme unterbreitet.

Für hilfreiche Kommentare zu einer vorläufigen Fassung dieses Beitrages bedanke ich mich bei Janin Brandenburg, Claudia Mähler, Detlef H. Rost und Wolfgang Schneider.

Literatur

  • Aunola, K., Leskinen, E., Lerkkanen, M-K. & Nurmi, J-E. (2004). Developmental dynamics of mathematical performance from preschool to grade 2. Journal of Educational Psychology, 96, 699–713. First citation in articleGoogle Scholar

  • Baddeley, A. D. (1986). Working memory. Oxford: Oxford University Press. First citation in articleGoogle Scholar

  • Bar-Kochva, I., Korinth, S. & Hasselhorn, M. (2020). Effects of a morpheme-based training procedure on the literacy skills of readers with a reading disability. Applied Psycholinguistics, 41, 1061–1082. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Baroody, A. J., Clements, D. H. & Sarama, J. (2019). Teaching and learning mathematics in early childhood programs. In C. BrownM. B. McMullenN. File (Eds.), Handbook of early childhood care and education (pp.329–353). Hoboken, NJ: Wiley. First citation in articleGoogle Scholar

  • Berwanger, D. & Suchodoletz, W. von (2004). Erprobung eines Zeitverarbeitungstrainings bei Kindern mit Lese-Rechtschreibschwierigkeiten. Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, 32, 77–84. First citation in articleLinkGoogle Scholar

  • Betz, D. & Breuninger, H. (1998). Teufelskreis Lernstörungen (5. Aufl.). Weinheim: Beltz. First citation in articleGoogle Scholar

  • Brandenburg, J., Fischbach, A., Labuhn, A. S., Rietz, C. S., Schmid, J. & Hasselhorn, M. (2016). Overidentification of learning disorders among language-minority students: Implications for the standardization of school achievement tests. Journal of Educational Research Online, 8, 42–65. First citation in articleGoogle Scholar

  • Brandenburg, J., Klesczewski, J., Fischbach, A., Büttner, G., Grube, D., Mähler, C. & Hasselhorn, M. (2013). Arbeitsgedächtnisfunktionen von Kindern mit Minderleistungen in der Schriftsprache: Zur Dissoziation von Lese- und Rechtschreibfertigkeiten und zur Relevanz des IQ-Diskrepanzkriteriums. Lernen und Lernstörungen, 2, 147–159. First citation in articleLinkGoogle Scholar

  • Brandenburg, J., Klesczewski, J., Fischbach, A., Schuchardt, K., Büttner, G. & Hasselhorn, M. (2015). Working memory in children with learning disorders in reading versus spelling: Searching for overlapping and specific cognitive factors. Journal of Learning Disabilities, 48, 622–634. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Brandenburg, J., Klesczewski, J., Schuchardt, K., Fischbach, A., Büttner, G. & Hasselhorn, M. (2017). Phonological processing in children with specific reading disorder versus typical learners: Factor structure and measurement invariance in a transparent orthography. Journal of Educational Psychology, 109, 709–726 . First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Busch, J., Schmidt, C. & Grube, D. (2015). Arithmetic fact retrieval. Are there differences between children with developmental dyscalculia and those with mathematical difficulties. Zeitschrift für Psychologie, 223, 110–119. First citation in articleLinkGoogle Scholar

  • Butterworth, B., Varma, S. & Laurillard, D. (2011) Dyscalculia: From brain to education. Science, 332, 1049–1053. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Büttner, G. & Hasselhorn, M. (2011). Learning disabilities: Debates on definitions, causes, subtypes, and responses. International Journal of Disability, Development, and Education, 58, 75–87. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Caplan, G. (1974). Support systems and community mental health. New York, NY: Behavioral Publications. First citation in articleGoogle Scholar

  • Catts, H. W., McIlraith, A., Bridges, M. S. & Nielsen, D. C. (2017). Viewing a phonological deficit within a multifactorial model of dyslexia. Reading and Writing, 30, 613–629. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Chodura, S., Kuhn, J.-T. & Holling, H. (2015). Interventions for children with mathematical difficulties: A meta-analysis. Zeitschrift für Psychologie, 223, 129–144. First citation in articleLinkGoogle Scholar

  • Daley, S. G. & Rappolt-Schlichtmann, G. (2018). Stigma consciousness among adolescents with learning disabilities: considering individual experiences of being stereotyped. Learning Disability Quarterly, 41, 200 –212. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Desoete, A., Ceulemans, A., De Weerdt, F. & Pieters, S. (2012). Can we predict mathematical learning disabilities from symbolic and non-symbolic comparison tasks in kindergarten? British Journal of Educational Psychology, 82, 64–81. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Dilling, H., Mombour, W. & Schmidt, M. H. (2015). Internationale Klassifikation psychischer Störungen ICD-10 Kapitel V (F) Klinisch-diagnostische Leitlinien (10. überarb. Aufl.). Bern: Hogrefe. First citation in articleGoogle Scholar

  • Dummer-Smoch, L. & Hackethal, R. (2011). Kieler Leseaufbau. Kiel: Veris. First citation in articleGoogle Scholar

  • Duncan, G. J., Dowsett, C. J., Claessens, A., Magnuson, K., Huston, A. C., Klebanov, P. et al. (2007). School readiness and later achievement. Developmental Psychology, 43, 1428–1446. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Ehri, L., Nunes, S., Willows, D., Schuster, B., Yaghoub-Zadeh, Z. & Shanahan, T. (2001). Phonemic awareness instruction helps children learn to read: Evidence from the National Reading Panel's meta-analysis. Reading Research Quarterly, 36, 250–287. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Ennemoser, M., Marx, P., Weber, J. & Schneider, W. (2012). Spezifische Vorläuferfertigkeiten der Lesegeschwindigkeit, des Leseverständnisses und des Rechtschreibens. Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 44, 53–67. First citation in articleLinkGoogle Scholar

  • Falkai, P., Wittchen, H.-U., Döpfner, M., Gaebel, W., Maier, W., Rief, W. et al. (Hrsg.). (2015). Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen DSM-5. Göttingen: Hogrefe. First citation in articleGoogle Scholar

  • Fischbach, A., Preßler, A.-L. & Hasselhorn, M. (2012). Die prognostische Validität der AGTB 5–12 für den Erwerb von Schriftsprache und Mathematik. In M. HasselhornC. Zoelch (Hrsg.), Funktionsdiagnostik des Arbeitsgedächtnisses (S.37–58). Göttingen: Hogrefe. First citation in articleGoogle Scholar

  • Fischbach, A., Schuchardt, K., Brandenburg, J., Klesczewski, J., Balke-Melcher, C., Schmidt, C. et al. (2013). Prävalenz von Lernschwächen und Lernstörungen: Zur Bedeutung der Diagnosekriterien. Lernen und Lernstörungen, 2, 65–76. First citation in articleLinkGoogle Scholar

  • Fischbach, A., Schuchardt, K., Mähler, C. & Hasselhorn, M. (2010). Zeigen Kinder mit schulischen Minderleistungen sozio-emotionale Auffälligkeiten? Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 42, 201–210. First citation in articleLinkGoogle Scholar

  • Fischer, M. Y. & Pfost, M. (2015). Wie effektiv sind Maßnahmen zur Förderung der phonologischen Bewusstheit? Eine meta-analytische Untersuchung der Auswirkungen deutschsprachiger Trainingsprogramme auf den Schriftspracherwerb. Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 47, 35–51. First citation in articleLinkGoogle Scholar

  • Fuchs, L. S., Compton, D. L., Fuchs, D., Paulsen, K., Bryant, J. D. & Hamlett, C. L. (2005). The prevention, identification, and cognitive determinants of math difficulty. Journal of Educational Psychology, 97, 493–513. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Galuschka, K., Görgen, R., Kalmar, J, Haberstroh, S., Schmalz, X. & Schulte-Körne, G. (2020). Effectiveness of spellingtreatmentapproachesforlearnerswithdyslexia – A meta-analysis and systematicreview. EducationalPsychologist, 55, 1–20. First citation in articleGoogle Scholar

  • Galuschka, K., Ise, E., Krick, K. & Schulte-Körne, G. (2014). Effectiveness of treatmentapproachesforchildren and adolescentswithreadingdisabilities: A meta-analysis of randomizedcontrolledtrials. PLOS ONE, 9, e89900. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Galuschka, K. & Schulte-Körne, G. (2015). Evidenzbasierte Interventionsansätze und forschungsbasierte Programme zur Förderung der Leseleistung bei Kindern und Jugendlichen mit Lesestörung – Ein systematischer Review. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 18, 473–487. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Geiger, E. F. & Brewster, M. E. (2018). Development and evaluation of the individuals with learning disabilities and/or difficulties perceived discrimination scale. The Counseling Psychologist, 46, 708 –737. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Geary, D. C. (1993). Mathematical disabilities: Cognitive, neuropsychological, and genetic components. Psychological Bulletin, 114, 345–362. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Geary, D. C. & Hoard, M. K. (2005). Learning disabilities in arithmetic and mathematics. Theoretical and empirical perspectives. In J. I. D. Campbell (Eds.), Handbook of mathematical cognition (pp.253–267). New York, NY: Psychology Press. First citation in articleGoogle Scholar

  • Gerlach, M., Fritz, A. & Leutner, D. (2013). MARKO-T: Mathematik- und Rechenkonzepte im Vor- und Grundschulalter – Training. Göttingen: Hogrefe. First citation in articleGoogle Scholar

  • Göbel, S. (2016). Serious games application examples. In R. DörnerS. GöbelW. EffelsbergJ. Wiemeyer (Eds.), Serious games (pp.319–405). Basel: Springer. First citation in articleGoogle Scholar

  • Goldammer, A. von, Mähler, C., Bockmann, A. & Hasselhorn, M. (2010). Vorhersage früher Schriftsprachleistungen aus vorschulischen Kompetenzen der Sprache und der phonologischen Informationsverarbeitung. Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 42, 48–56. First citation in articleLinkGoogle Scholar

  • Groth, K., Hasko, S., Bruder J., Kunze, S. & Schulte-Körne, G. (2013). Interventionseffekte bei Lese-Rechtschreibstörung: Evaluation von zwei Förderkonzepten unter besonderer Betrachtung methodischer Aspekte. Lernen und Lernstörungen, 2, 161–175. First citation in articleLinkGoogle Scholar

  • Grube, D. (2005). Entwicklung des Rechnens im Grundschulalter. In M. HasselhornW. SchneiderH. Marx (Hrsg.), Diagnostik von Mathematikleistungen (S.105–124). Göttingen: Hogrefe. First citation in articleGoogle Scholar

  • Guilmois, C., Popa-Roch, M., Clement, C., Bissonnette, S. & Troadec, B. (2020). Effective numeracy educational interventions for students from disadvantaged social background: A comparison of two teaching methods. Educational Research and Evaluation, 25, 336–356. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Hasselhorn, M. & Linke-Hasselhorn, K. (2013). Fostering early numerical skills at school start in children at risk for mathematical achievement problems: A small sample size training study. International Education Studies, 3, 213–220. First citation in articleGoogle Scholar

  • Hasselhorn, M. & Schneider, W. (in press). Prevention of dyslexia and dyscalculia: Best practice and policy in early education. In M. A. Skeide (Ed.), The Cambridge handbook of dyslexia and dyscalculia. Cambridge: Cambridge University Press. First citation in articleGoogle Scholar

  • Hasselhorn, M. & Schuchardt, K. (2006). Lernstörungen. Eine kritische Skizze zur Epidemiologie. Kindheit und Entwicklung, 15, 208–215. First citation in articleLinkGoogle Scholar

  • Hintikka, S., Landerl, K., Aro, M. & Lyytinen, H. (2008). Training reading fluency: Is it important to practice reading aloud and is generalization possible? Annals of Dyslexia, 58, 59–79. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Hulme, C. & Snowling, M. J. (2009). Reading disorders I: Developmental dyslexia. In C. HulmeM. Snowling (Eds.), Developmental disorders of language learning and cognition (pp.3–89). Chichester: Wiley-Blackwell. First citation in articleGoogle Scholar

  • Hulme, C. & Snowling, M. J. (2013). Learning to read: What we know and what we need to understand better. Child Development Perspectives, 7, 1–5. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Jagemann, S. & Weinhold, S. (2017). Schriftspracherwerb zwischen Norm- und Strukturorientierung. In M. Philipp (Hrsg.), Handbuch Schriftspracherwerb und weiterführendes Lesen und Schreiben (S.216–235). Weinheim: Beltz. First citation in articleGoogle Scholar

  • Jordan, N. C., Kaplan, D., Ramineni, C. & Locuniak, M. N. (2009). Early math matters: Kindergarten number competence and later mathematics outcomes. Developmental Psychology, 45, 850–867. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Kavale, K. A., (1984). A meta-analytic evaluation of the Frostig test and training program. The Exceptional Child, 31, 134–141. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Kißler, C., Schwenk, C. & Kuhn, J.-T. (2020). Zur Additivität kognitiver Defizitprofile bei komorbiden Lernstörungen. Lernen und Lernstörungen, 10, 89–101. First citation in articleLinkGoogle Scholar

  • Kjeldsen, A.-C., Kärnä, A., Niemi, P., Olofsson, A. & Witting, K. (2014). Gains from training in phonological awareness in kindergarten predict reading comprehension in grade 9. Scientific Studies of Reading, 18, 452–467. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Klatte, M., Steinbrink, C., Bergström, K. & Lachmann, T. (2016). Lautarium: Ein computerbasiertes Trainingsprogramm für Grundschulkinder mit Lese-Rechtschreibschwierigkeiten. In M. HasselhornW. Schneider (Hrsg.), Förderprogramme für Vor- und Grundschule (S.115–141). Göttingen: Hogrefe. First citation in articleGoogle Scholar

  • Klesczewski, J., Brandenburg, J., Fischbach, A., Grube, D., Hasselhorn, M. & Büttner, G. (2015). Working memory functioning in children with poor mathematical skills. Relationships to IQ-achievement discrepancy and additional reading and spelling difficulties. Zeitschrift für Psychologie, 223, 83–92. First citation in articleLinkGoogle Scholar

  • Klesczewski, J., Brandenburg, J., Fischbach, A., Schuchardt, K., Grube, D., Hasselhorn, M. et al. (2018). Development of working memory from grade 3 to 5: Differences between children with and without mathematical learning difficulties. International Journal of Disability, Development, and Education, 65, 509–525. First citation in articleGoogle Scholar

  • Kohn, J., Rauscher, L., Kucian, K., Käser, T., Wyschkon, A., Esser, G. & von Aster, M. (2020). Efficacy of a computer-based learning program in children with developmental dyscalculia. What influences individual responsiveness. Frontiers in Psychology, 11, 01115. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Kohn, J., Wyschkon, A., Ballaschk, K., Ihle, G. & Esser, G. (2013). Verlauf von umschriebenen Entwicklungsstörungen: Eine 30-Monats-follow-up-Studie. Lernen und Lernstörungen, 2, 77–89. First citation in articleLinkGoogle Scholar

  • Koponen, T., Aunola, K., Ahonen, T. & Nurmi, J. E. (2007). Cognitive predictors of single-digit and procedural calculation skills and their covariation with reading skill. Journal of Experimental Child Psychology, 97, 220–241. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Krajewski, K., Nieding, G. & Schneider, W. (2007). Mengen, zählen, Zahlen: Die Welt der Mathematik entdecken. Berlin: Cornelsen. First citation in articleGoogle Scholar

  • Krajewski, K., Nieding, G. & Schneider, W. (2008). Kurz und langfristige Effekte mathematischer Frühförderung im Kindergarten durch das Programm “Mengen zählen, Zahlen”. Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 40, 135–146. First citation in articleLinkGoogle Scholar

  • Krajewski, K. & Schneider, W. (2009). Early development of quantity to number-word linkage as a precursor of mathematical school achievement and mathematical difficulties: Findings from a four-year longitudinal study. Learning and Instruction, 19, 513–526. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Krombholz, H. (1985). Können kognitive Leistungen durch motorische Fördermaßnahmen gesteigert werden? Eine Zusammenstellung vorliegender Untersuchungen zur Wirksamkeit psychomotorischer Übungsprogramme. Heilpädagogische Forschung, 12, 72–79. First citation in articleGoogle Scholar

  • Kudo, M. F., Lussier, C. M. & Swanson, H. L. (2015). Reading disabilities in children: A selective meta-analysis of the cognitive literature. Research in Developmental Disabilities, 40, 51–62. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Küspert, P. & Schneider, W. (2018). Hören, lauschen, lernen. Sprachspiele für Kinder im Vorschulalter. Würzburger Trainingsprogramm zur Vorbereitung auf den Erwerb der Schriftsprache (7. Aufl.). Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. First citation in articleGoogle Scholar

  • Landerl, K., Vogel, S. & Kaufmann, L. (2017). Dyskalkulie (3. Aufl.). München: Reinhardt. First citation in articleGoogle Scholar

  • Landerl, K. & Moll, K. (2010). Comorbidity of learning disorders: Prevalence and familial transmission. Journal of Child Psychology and Psychiatry, 51, 287–294. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Liederman, J., Kantrowitz, L. & Flannery, K. (2005). Male vulnerability to reading disability is not likely to be a myth: A call for new data. Journal of Learning Disabilities, 38, 109–129. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Lonnemann, J., Linkersdörfer, J., Hasselhorn, M. & Lindberg, S. (2011). Neurokognitive Korrelate der Dyskalkulie. Kindheit und Entwicklung, 20, 13–20. First citation in articleLinkGoogle Scholar

  • Lorenz, H. (2014). Dyskalkulie – Sind die Kinder rechenschwach oder der Unterricht? In Schulte-Körne, G. (Hrsg.), Legasthenie und Dyskalkulie: Neue Methoden zur Diagnostik und Förderung (S.11–20). Bochum: Winkler. First citation in articleGoogle Scholar

  • Lundberg, I., Frost, J. & Petersen, O. P. (1988). Effects of an extensive program for stimulating phonological awareness in preschool children. Reading Research Quarterly, 23, 263–284. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Mähler, C. (2020). Diagnostik von Lernstörungen: Zeit zum Umdenken. Zeitschrift für Pädagogische Psychologie [Vorab-Onlinepublikation]. https://doi.org/10.1024/1010-0652/a000291 First citation in articleLinkGoogle Scholar

  • Mähler, C., Jörns, C. & Schuchardt, K. (2019). Training working memory of children with and without dyslexia. Children, 6 (3), 47. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • May, P. (1999). Merkmale des (Förder)Unterrichts und Lernerfolg im Rechtschreiben. Vergleich verschiedener Formen des Klassen- und Förderunterrichts. In H. GiestG. Scheerer-Neumann (Hrsg.), Jahrbuch der Grundschulforschung (Bd. 2, S.266–283). Weinheim: Deutscher Studienverlag. First citation in articleGoogle Scholar

  • McArthur, G., Sheehan, Y., Badcock, N. A., Francis, D. A., Wang, H.-C., Kohnen, S. et al. (2018). Phonics training for English-speaking poor readers. Cochrane Database of Systemativ Reviews, 12, CD009115. First citation in articleGoogle Scholar

  • Moll, K., Bruder, J., Kunze, S., Neuhoff, N. & Schulte-Körne, G. (2014). Specific learning disorder: Prevalence and gender differences. PLOS ONE, 9 (7), e103537. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Moll, K., Wallner, R. & Landerl, K. (2012). Kognitive Korrelate der Lese-, Leserechtschreib- und der Rechtschreibstörung. Lernen und Lernstörungen, 1, 7–19. First citation in articleLinkGoogle Scholar

  • Näslund, J. C. & Schneider, W. (1996). Kindergarten letter knowledge, phonological skills, and memory processes: Relative effects on early literacy. Journal of Experimental Child Psychology, 62, 30–59. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Niklas, F. & Schneider, W. (2013). Casting the die before the die is cast: The importance of the home numeracy environment for preschool children. European Journal of Psychology of Education, 29, 327–345. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Niklas, F. & Schneider, W. (2014). Home literacy environment and the beginning of reading and writing. Contemporary Educational Psychology, 38, 40–50. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Pennington, B. F. & Lefly, D. L. (2001). Early reading development in children at family risk for dyslexia. Child Development, 72, 816–833. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Pfost, M., Blatter, K., Artelt, C., Stanat, P. & Schneider, W. (2019). Effects of training phonological awareness on children's reading skills. Journal of Applied Developmental Psychology, 65, 101063. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Plomin, R., Haworth, C. M. A. & Davis, O. S. P. (2010). Genetics of learning abilities and disabilities: Recent developments from UK and possible directions for research in China. Behavioural Genetics, 40, 297–305. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Plume, E. & Schneider, W. (2004). Hören, lauschen, lernen 2. Sprachspiele mit Buchstaben und Lauten im Vorschulalter. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. First citation in articleGoogle Scholar

  • Re, A. M., Benavides-Varela, S., Petron, M., De Gennaro, M. A. & Lucangeli, D. (2020). Response to a specific and digitally supported training at home for students with mathematical difficulties. Frontiers in Psychology, 11, 2090. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Reuter-Liehr, C. (2020). Lautgetreue Lese-Rechtschreibförderung (4. Aufl.). Bochum: Winkler. First citation in articleGoogle Scholar

  • Saß, H., Wittchen, H.-U. & Zaudig, M. (1996). Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen DSM-IV. Göttingen: Hogrefe. First citation in articleGoogle Scholar

  • Scarborough, H. S. (1990). Very early language deficits in dyslexic children. Child Development, 61, 1728–1734. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Scerri, T. S. & Schulte-Körne, G. (2010). Genetics of developmental dyslexia. European Child & Adolescent Psychiatry, 19, 179–197. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Schlee, J. (1976). Legasthenieforschung am Ende? München: Urban und Schwarzenberg. First citation in articleGoogle Scholar

  • Schmid, J. & Hasselhorn, M. (2014). Children at risk of poor educational outcomes: Insights from a (neuro-)cognitive perspective. Child Indicators Research, 7, 735–749. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Schmidt, C., Brandenburg, J., Busch, J., Büttner, G., Grube, D., Mähler, C. et al. (2020). Developmental trajectories of phonological information processing in upper elementary students with reading or spelling disabilities. Reading Research Quarterly, 56, 143–171. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Schneider, W. (2009). The development of reading and spelling: Relevant precursors, developmental changes, and individual differences. In: W. Schneider & M. Bullock (Eds.), Human development from early childhood to early adulthood – Findings from a 20 year longitudinal study (pp.199–220). New York, NY: Psychology Press. First citation in articleGoogle Scholar

  • Schneider, W. (2017). Lesen und Schreiben lernen. Wie erobern Kinder die Schriftsprache? Heidelberg: Springer. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Schneider, W. (2018). Nützen Sprachförderprogramme im Kindergarten, und wenn ja, unter welcher Bedingung? Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, 32, 53–74. First citation in articleLinkGoogle Scholar

  • Schneider, W., Küspert, P. & Krajewski, K. (2021). Die Entwicklung mathematischer Kompetenzen (3. Aufl.). Paderborn: Brill. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Schneider, W., Küspert, P., Roth, E., Visé, M. & Marx, H. (1997). Short- and long-term effects of training phonological awareness in kindergarten: Evidence from two German studies. Journal of Experimental Child Psychology, 66, 311–340. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Schneider, W., Roth, E. & Ennemoser, M. (2000). Training phonological skills and letter knowledge in children at risk for dyslexia: A comparison of three kindergarten intervention programs. Journal of Educational Psychology, 92, 284–295. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Schuchardt, K., Mähler, C. & Hasselhorn, M. (2008). Working memory deficits in children with specific learning disorders. Journal of Learning Disabilities, 41, 514–523. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Schuchardt, K., Mähler, C. & Hasselhorn, M. (2010). Arbeitsgedächtnisfunktionen bei rechenschwachen Kindern mit und ohne Dyskalkuliediagnose. Psychologie in Erziehung und Unterricht, 57, 290–298. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Shalev, R., Manor, O., Kerem, B., Ayali, M., Badichi, N., Friedlander, Y. Y. F. et al. (2001). Developmental dyscalculia is a familial learning disability. Journal of Learning Disabilities, 34, 59–65. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Simonoff, E., Elander, J., Homeshaw, J., Pickles, A., Murray, R. & Rutter, M. (2004). Predictors of antisocial personality. Continuities from childhood to adult life. British Journal of Psychiatry, 184, 118–127. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Snowling, M. J. & Hulme, C. (2011). Evidence-based interventions for reading and language difficulties: Creating a virtuous circle. British Journal of Educational Psychology, 81, 1–23. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Steinbrink, C. & Lachmann, T. (2014). Lese-Rechtschreibstörung. Grundlagen – Diagnostik – Intervention. Berlin: Springer VS. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Suggate, S. P. (2016). A meta-analysis of the long-term effects of phonemic awareness, phonics, fluency, and reading comprehension interventions. Journal of Learning Disabilities, 49, 77–96. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Swanson, H. L. & Kong, J. E. (2018). Working memory and specific learning disorders. In T. P. Alloway (Ed.), Working memory and clinical developmental disorders. Theories, debates, and interventions (pp.74–89). London: Routledge. First citation in articleGoogle Scholar

  • Tacke, G. (2012). Flüssig lesen lernen. Donauwörth: Auer. First citation in articleGoogle Scholar

  • Torppa, M., Lyytinen, P., Erskine, J., Eklund, K. & Lyytinen, H. (2010). Language development, literacy skills, and predictive connections to reading in Finnish children with and without familial risk for dyslexia. Journal of Learning Disabilities, 43, 308–321. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Valtin, R. (1998). Der „neue” Methodenstreit oder: (Was) können wir aus der amerikanischen Leseforschung lernen? In H. BallhornH. BartnistzkyI. BüchnerA. Speck-Hamdan (Hrsg.), Schatzkiste Sprache 1. Von den Wegen der Kinder in die Schrift (S.63–80). Frankfurt: Arbeitskreis Grundschule. First citation in articleGoogle Scholar

  • Visser, L., Büttner, G. & Hasselhorn, M. (2019). Komorbidität spezifischer Lernstörungen und psychischer Auffälligkeiten: ein Literaturüberblick. Lernen und Lernstörungen, 8, 7–20. First citation in articleLinkGoogle Scholar

  • Visser, L., Kalmar, J., Linkersdörfer, J., Görgen, R., Rothe, J., Hasselhorn, M. et al. (2020). Comorbidities between specific learning disorders and psychopathology in elementary school children in Germany. Frontiers in Psychiatry, 11, 292. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Wagner, R. K., Torgesen, J. K., Rashotte, C. A., Hecht, S. A., Barker, T. A. & Burgess, S. R. (1997). Changing relations between phonological processing abilities and word-level reading as children develop from beginning to skilled readers: A 5-year longitudinal study. Developmental Psychology, 33, 468–479. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Wagner, R. K. & Torgesen, J. K. (1987). The nature of phonological processing and its causal role in the acquisition of reading skills. Psychological Bulletin, 101, 192–212. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar

  • Wolf, K., Schroeders, U. & Kriegbaum, K. (2016). Metaanalyse zur Wirksamkeit einer Förderung der phonologischen Bewusstheit in der deutschen Sprache. Zeitschrift für Pädagogische Psychologie, 30, 9–33. First citation in articleLinkGoogle Scholar

  • Wyschkon, A., Kohn, J., Ballaschk, K. & Esser, G. (2009). Sind Rechenstörungen genau so häufig wie Lese-Rechtschreibstörungen? Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, 37, 499–512. First citation in articleLinkGoogle Scholar

  • Ziegler, J., Bertrand, D., Tóth, D., Csépe, V., Reis, A., Faisca, L. et al. (2010). Orthographic depth and its impact on universal predictors of reading: A cross- language investigation. Psychological Science, 21, 551–559. First citation in articleCrossrefGoogle Scholar