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Free AccessPsychologie für die Gesellschaft

Zankapfel Arbeitszeugnis: Warum wir mehr Empirie in die juristische und mediale Debatte einbringen sollten

Published Online:https://doi.org/10.1026/0033-3042/a000353

Kaum eine eignungsdiagnostische Informationsquelle genießt in den Medien einen derart schlechten Ruf und ist gleichzeitig in der Personalauswahl so weit verbreitet wie das Arbeitszeugnis. Um das Arbeitszeugnis ranken sich Mythen, beispielsweise dass es in einem geheimen Code verfasst sei. Arbeitszeugnisse werden bei der Bewerbung eingefordert, von Personalern oftmals aber auch regelrecht „zum Teufel gewünscht“. (In den Medien und selbst in Fachaufsätzen ist öfter zum Beispiel von „List und Tücke“, „Unsinn“, „Übel“ und der „Pest“ die Rede.) Vor den Arbeitsgerichten sind sie sowohl Zankapfel als auch Verhandlungsmasse. Die Debatte über Sinn und Nutzen des Arbeitszeugnisses im Allgemeinen sowie über das eigene Zeugnis im Speziellen wird intensiv und bisweilen hoch emotional geführt. Aufgrund der schwachen Fundierung durch empirische Fakten rückte der eigentliche Gegenstand des Diskurses – der tatsächliche Zeugnisinhalt – eher in den Hintergrund. Mit diesem Beitrag möchten wir das Konfliktpotenzial von Arbeitszeugnissen diskutieren und an einem konkreten Gerichtsfall die Brisanz der Diskrepanz zwischen Gerichtsurteilen und Empirie verdeutlichen.

Zwischen Wahrheit und Wohlwollen

Wenn über Arbeitszeugnisse in den Medien berichtet wird, ist der Grundtenor in der Regel negativ. Nehmen die Autoren die Perspektive des Arbeitgebers ein, werden insbesondere der hohe Aufwand für das Verfassen von Zeugnissen sowie ihr angeblich geringer Nutzen für die Personalauswahl beklagt. Tatsächlich kann der Zeitaufwand für die Zeugniserstellung inklusive der Abstimmung zwischen Personalabteilung und Fachvorgesetzten durchaus mehrere Stunden betragen, was sich für die deutsche Wirtschaft Schätzungen zufolge auf mehrere Millionen Arbeitsstunden im Jahr summieren dürfte. Daher ist die Frage berechtigt, ob der mit Arbeitszeugnissen betriebene Aufwand dadurch aufgewogen wird, dass Personalentscheider valide Informationen für die Bewerberauswahl erhalten. Genau dies wird jedoch immer wieder in Zweifel gezogen. Die Kritik an der Aussagekraft von Arbeitszeugnissen basiert dabei vor allem auf dem Eindruck von Personalern, dass die Bestnote „stets zur vollsten Zufriedenheit“ unabhängig von der tatsächlichen Leistung zu häufig vergeben werde. Während Personalentscheider das Gefühl haben, dass Arbeitnehmer zu positive Zeugnisse erhalten, fühlen sich diese wiederum oft ungerecht beurteilt und kämpfen vor Arbeitsgerichten für eine „Optimierung“ ihres Zeugnisses. Neben dem Leid der Personaler, die sich mit Zeugnissen von zweifelhaftem Wert auseinandersetzen müssen, ist die Ungerechtigkeit, die Arbeitnehmer durch nur oberflächlich positive Zeugnisse erfahren, das zweite Thema, das die Medien gerne aufgreifen, wenn sie über Arbeitszeugnisse berichten. Durch die rund 30.000 Zeugnis-Klagen im Jahr sind zudem die Arbeitsgerichte in nicht unerheblichem Maß von den Streitigkeiten rund ums Arbeitszeugnis betroffen.

Ob Arbeitszeugnisse tatsächlich undifferenziert loben, oder ob sie gar Arbeitnehmer durch Geheimcodes diffamieren, lässt sich nur durch empirische Studien klären. Angeregt durch einen ehemaligen Arbeitsrichter haben wir 2011 ein Forschungsprojekt über Arbeitszeugnisse ins Leben gerufen. Um die nachfolgend erwähnten Ergebnisse (Sende & Moser, 2016; Sende, Galais & Dahl, 2011) und die durch diese ins Rollen gebrachte juristische Debatte zu verstehen, ist ein kurzer Blick auf die Besonderheiten des deutschen Arbeitszeugnisses notwendig. Wie andere Referenzformen fungieren Arbeitszeugnisse als Werbemittel, mit dem Bewerber ihre bisherige (gute) Arbeitsleistung vermarkten. Gleichzeitig dienen sie unter Arbeitgebern als Medium, um über bisheriges Arbeitsverhalten und Leistungen eines Arbeitnehmers zu informieren. Um ihre Informationsfunktion zu erfüllen, müssen die Beurteilungen der Wahrheit entsprechen. Da eine schonungslose Offenheit jedoch die weitere berufliche Entwicklung erheblich erschweren könnte, sind die Zeugnisaussteller verpflichtet, die Wahrheit wohlwollend zu formulieren. Diese als Wahrheits- und Wohlwollenspflicht bezeichneten Grundsätze sind gesetzlich verankert. In der Praxis können sich die Umsetzung beider Prinzipien und die Formulierung eines wahrheitsgetreuen und rechtssicheren Zeugnisses jedoch bisweilen als schwierig erweisen, insbesondere bei leistungsschwächeren Mitarbeitern. Zudem verfolgen Arbeitgeber neben dem Ziel der Leistungsbeurteilung unter Umständen auch personalpolitische Ziele, die sich auf die Gewichtung von Wahrheit und Wohlwollen auswirken können. Beispielsweise kann der Arbeitgeber beim Aushandeln der Bedingungen für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Zeugnis als Disziplinierungsmittel beziehungsweise als Verhandlungsmasse einsetzen.

Beurteilung im Arbeitszeugnis: Zeugnissprache als Fachsprache

Die verschiedenen Funktionen von Arbeitszeugnissen stellen den Zeugnisaussteller vor die Herausforderung, Wahrheits- und Wohlwollenspflicht miteinander zu vereinbaren. Daher hat sich eine spezielle Zeugnissprache herausgebildet, welche abgestufte, positiv klingende Formulierungen verwendet, die wie Schulnoten interpretiert werden können. Unsere Analyse von 800 Zeugnissen zeigt, dass die Mehrzahl der Zeugnisschreiber von diesen in der Zeugnisratgeberliteratur beschriebenen Notenskalen Gebrauch macht. Lediglich 14 Prozent der untersuchten Zeugnisse waren relativ frei formuliert. Wichtig ist an dieser Stelle der Hinweis, dass es sich bei den auch als Positiv-Skalen bezeichneten Formulierungen nicht um einen „Geheimcode“ handelt, wie ihn Sprachwissenschaftler in den 1970er Jahren propagierten. Der plakative Ausdruck „Geheimcode“ wird dem Phänomen der Leistungsbeurteilung im Arbeitszeugnis nicht gerecht. Die Zeugnissprache ist eine Fachsprache, die eine gewisse Sachkenntnis erfordert, eine Geheimsprache ist sie jedoch nicht, da sie mithilfe der Ratgeberliteratur von jedem Interessierten erlernt werden kann. Zudem verbietet die Gewerbeordnung die Verwendung von geheimen Zeichen oder Verschlüsselungen. Zeugnisexperten stimmen darin überein, dass es „Geheimcodes“ in der in den Medien vielfach dargestellten Form nicht gibt, und dass sich viele Ungereimtheiten bei näherer Betrachtung als fahrlässige Formulierungsunfälle herausstellen. Auch wir konnten in zwei Stichproben mit insgesamt 1150 Zeugnissen keinen Hinweis auf die Verwendung von „Geheimcodes“ finden, mit denen beispielsweise auf Alkoholprobleme oder kontraproduktives Verhalten hingewiesen werden soll. Trotz fehlender empirischer Hinweise auf einen „Geheimcode“, hält sich in den Medien bis heute der Mythos, Arbeitnehmer würden durch geheime Botschaften in ihren Zeugnissen hinters Licht geführt. Wenngleich diese mediale Darstellung bisweilen unterhaltsam sein mag, birgt sie zudem die Gefahr, dass Arbeitnehmer fälschlich annehmen, ihr Zeugnis sei prinzipiell schon dann gut, wenn es keine dieser Geheimcode-Formulierungen enthält.

Ein Kernmerkmal von Arbeitszeugnissen ist also die Leistungs- und Verhaltensbeurteilung mittels Positiv-Skalen. Der Interpretation dieser abgestuften Formulierungen als Schulnoten von 1 bis 5 hat sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) bereits in einem Urteil vom 14. 10. 2003 angeschlossen. Das bekannteste Beispiel der Notenskala ist das Gesamturteil in Form der „Zufriedenheitsformel“, bei der die Formulierung „zu unserer vollen Zufriedenheit“ der Note „befriedigend“ entspricht. Erst durch Steigerung der bereits positiven Aussage wird eine gute („stets zu unserer vollen Zufriedenheit“) bzw. sehr gute („stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“) Note ausgedrückt. Die Verwendung der Positiv-Skalen ist nicht auf das Gesamturteil beschränkt. Sie findet sich bei allen Komponenten der Leistungs- und Verhaltensbeurteilung sowie bei den Schlussformeln. Durch die gesetzlichen Vorgaben und Gerichtsurteile zu den zentralen Zeugniskomponenten und zu einzelnen Notenskalen sind deutsche Arbeitszeugnisse relativ strukturiert. Sie nehmen somit eine Zwischenstellung zwischen den in angloamerikanischen Ländern üblichen frei formulierten Empfehlungsschreiben und standardisierten Referenzfragebögen ein.

Streitfall Arbeitszeugnis: Der „Durchschnitt“ vor Gericht

Die starke gesetzliche Regulierung bedeutet auch, dass Arbeitnehmer, die mit ihrem Zeugnis unzufrieden sind, oftmals den Rechtsweg beschreiten. Von zentraler Bedeutung ist dabei die Darlegungs- und Beweislast, die 2003 in einem Urteil des BAG geregelt wurde. Wenn der Arbeitgeber im Zeugnis eine durchschnittliche Leistung bescheinigt, der Arbeitnehmer in einem Rechtstreit jedoch meint, dass er besser zu beurteilen wäre, hat der Arbeitnehmer vor Gericht zu beweisen, dass seine Leistungen überdurchschnittlich gewesen sind. Bei einer unterdurchschnittlichen Beurteilung liegt die Beweislast dagegen beim Arbeitgeber. Offen bleibt dabei, wann ein Arbeitszeugnis als durchschnittlich zu betrachten ist. Diese Frage führte eine Klägerin 2014 bis vor das Bundesarbeitsgericht. Bisher wurde ein Zeugnis mit einem Gesamturteil der Note 3 („zur vollen Zufriedenheit“) als durchschnittlich betrachtet. Unsere erste empirische Studie zeigt jedoch, dass 86 % der Zeugnisse ein gutes oder sehr gutes Gesamturteil enthalten und der Mittelwert dieser Beurteilungskomponente bei 1,8 liegt. Dieser Wert stimmt sehr gut mit anderen Studien (zum Beispiel 1,9 bei Münch, 2010) überein und er zeigt, dass der Anteil an (sehr) guten Zeugnissen seit den 1990er Jahren merklich zugenommen hat. Diskussionswürdig ist zudem, ob das Gesamturteil mit einem Fazit über die einzelnen Leistungsbeurteilungen gleichgesetzt werden darf. Das BAG fordert zwar, dass Zeugnisaussteller ein zusammenfassendes Urteil abgeben, das den Einzelurteilen entspricht. Unsere Untersuchung, die im Gegensatz zu früheren Studien alle beurteilungstragenden Komponenten in Noten übersetzt, zeigt jedoch, dass mehr als jedes fünfte Zeugnis ein um mindestens eine Note zu positives Gesamturteil aufweist. Berücksichtigt man alle beurteilungstragenden Komponenten inklusive der Schlussformeln, liegt der Notenmittelwert bei 2,1. Durchschnittlich wäre heute demnach ein „gutes“ Zeugnis und nicht mehr ein „befriedigendes“.

Diese Ergebnisse wurden 2011 von Düwell und Dahl in einem juristischen Fachaufsatz aufgegriffen, in welchem die Autoren an die Rechtsprechung appellieren, die Empirie zur Kenntnis zu nehmen. Der Aufforderung kam das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg nach, als es den empirischen Notenmaßstab bei einem Fall anlegte, in dem eine Angestellte einer Zahnarztpraxis gegen ihre ehemalige Arbeitgeberin klagte, weil sie sich durch das befriedigende Gesamturteil als unterdurchschnittlich beurteilt sah. Die beklagte Zahnärztin legte Revision ein und zog vor das BAG, welches das Urteil des LAG aufhob. Sein Urteil begründet das BAG unter anderem damit, dass die Rechtsprechung zur Darlegungslast nicht auf Basis empirischer Untersuchungen entwickelt wurde. Im Gegensatz zum LAG vertrat das BAG also die Auffassung, der Begriff des Durchschnitts sei nicht empirisch auszulegen. Bei der von der Klägerin beanstandeten Gesamtbeurteilung „zur vollen Zufriedenheit“ handle es sich laut BAG um die Bescheinigung einer durchschnittlichen Leistung, da diese Formulierung der Mitte der Notenskala für das Gesamturteil entspreche. Zudem hielt das BAG die vom LAG Berlin-Brandenburg berücksichtigten Studien nicht für geeignet, der Arbeitgeberin die Darlegungs- und Beweislast aufzuerlegen, da es sich bei den empirischen Studien nicht um Sachverständigengutachten handele und die Datenbasis nicht repräsentativ für die Gesundheitsbranche sei.

Verhältnis von Rechtsprechung und Empirie

Das Beispiel veranschaulicht die unterschiedliche Bedeutung der Empirie in den Sozialwissenschaften und in der Rechtsprechung. Indem es sein Urteil u. a. damit begründet, dass es in der Literatur keine Anhaltspunkte für eine Veränderung der Zeugnissprache gebe, misst das BAG dem Normativ der Ratgeberliteratur einen höheren Stellenwert bei als den empirischen Ergebnissen zur Zeugnispraxis. Das mag insofern überraschen, als sich das Gericht auch explizit auf einen Ratgeber von Weuster und Scheer stützt, welcher teilweise auf empirischen Studien basiert.

Wenngleich das besagte BAG-Urteil empirische Ergebnisse ignoriert, scheint sich in den Rechtswissenschaften auch auf dem Gebiet der Arbeitszeugnisse allmählich ein Bewusstsein für die Empirie zu entwickeln. Düwell und Dahl, die selbst für einen höheren Stellenwert empirischer Studien vor Gericht eintreten, verweisen auf ein früheres Urteil, in dem das BAG bei der Klärung der Frage, ob die Beurteilung der Belastbarkeit zum üblichen Zeugnisinhalt von Tageszeitungsjournalisten gehört, die Bedeutung der Empirie herausgestellt hatte. Für mehr Empirie in der Rechtsprechung sprachen sich 2015 auch Weuster und Weber in ihrer Kommentierung des aktuellen BAG-Urteils aus. Darin bezeichnen sie das bewusste und vollständige Ausblenden empirischer Studien zur Zeugniserstellungspraxis als unverhältnismäßig und problematisch. In Bezug auf die Kritik des BAG an der Aussagekraft der Datenbasis geben sie zu bedenken, dass nicht zu erkennen sei, warum die Zufriedenheitsskala in der Gesundheitsbranche eine andere Verteilung aufweisen solle als in anderen Branchen. Sie verweisen zudem darauf, dass der Forderung nach branchenspezifischen Daten folgend auch andere Merkmale wie die Hierarchiestufe des Arbeitnehmers oder die Mitarbeiterzahl der zeugnisausstellenden Organisation berücksichtigt werden müssten. Die aus der Kritik an der Repräsentativität der Zeugnisdaten folgende Forderung, dass ein klagender Arbeitnehmer eine für seine Branche (Hierarchiestufe, Betriebsgröße, etc.) passende Studie vorlegen müsse, halten Weuster und Weber für praktisch nicht erfüllbar.

Fazit: Arbeitszeugnisse besser als ihr Ruf, aber nicht unproblematisch

Einerseits mag die Entscheidung des BAG aus Sicht empirisch arbeitender Psychologen enttäuschen. Anderseits dürften praktisch tätige Personalpsychologen das Urteil begrüßen, denn eine Anpassung des Notenmaßstabs an die aktuelle Zeugnispraxis hätte vermutlich eine weitere Zunahme (sehr) guter Gesamturteile und eine Reduzierung der Varianz der Urteile zur Folge. Eine solche Entwicklung wäre insofern bedauerlich, als unsere Zeugnisstudien zeigen, dass Arbeitszeugnisse gegenwärtig (noch) zwischen unterschiedlich leistungsstarken Arbeitnehmern differenzieren. Die in den Medien diskutierte Frage, ob Arbeitszeugnisse für die Personalauswahl einen Wert haben, können wir auf Basis unserer Validierungsstudie vorläufig mit ja beantworten. Über mehrere Zeugnisse einer Person gemittelt korrelieren die Notenskalen mit in Form von Selbst- und Kollegenurteilen erhobenen Kriterien der Arbeitsleistung und des Berufserfolgs. Sachkompetenz im Umgang mit der Zeugnissprache und ein analytisches Vorgehen bei der Zeugnisanalyse vorausgesetzt, können Arbeitszeugnisse also einen Beitrag für die Bewerberauswahl leisten. Eine zweite, eingangs erwähnte Frage betrifft die Fairness gegenüber den Arbeitnehmern. Bei vornehmlich guten und sehr guten Gesamturteilen ist es für leistungsstarke Arbeitnehmer schwierig, sich von der breiten Masse abzuheben. Dass das BAG-Urteil eine weitere Noteninflation verhindern könnte, liegt also im Interesse überdurchschnittlicher Arbeitnehmer. Um absichtlich oder versehentlich negative Beurteilungen zu erkennen, sollten sich Arbeitnehmer mit der Zeugnissprache vertraut machen. Empfehlenswert ist dies auch aufgrund der Tatsache, dass vor Gericht vor allem über das Gesamturteil gestritten wird, während unsere Forschung andeutet, dass Arbeitgeber mit negativen Beurteilungen auf die übrigen Zeugniskomponenten ausweichen. Letztlich entsteht der Eindruck, es handle sich hier um ein Wettrüsten des Verschlüsselns und Entschlüsselns, das die Frage aufwirft, ob ein transparentes Beurteilungssystem, das alle Beteiligten ohne Vorkenntnisse verstehen und das die aufwendige Übersetzung von Leistungsbeurteilungen in Zeugnissprache erspart, nicht fairer für Arbeitnehmer und kostengünstiger für Arbeitgeber und Arbeitsgerichte wäre. Die bisherigen Gerichtsurteile konnten die Zeugniskonflikte nicht wirklich entschärfen. Durch die juristische Diskussion über die durchschnittliche Beurteilung in Arbeitszeugnissen wurde jedoch eine Debatte über die Rolle der Empirie angestoßen. Diese zeigt, dass neben rechtspsychologischen Gutachten auch Forschungsergebnisse anderer psychologischer Teildisziplinen einen wichtigen Beitrag für die Rechtsprechung leisten können. Eine engere Zusammenarbeit zwischen Psychologie und Rechtswissenschaft wäre unseres Erachtens begrüßenswert und für beide Seiten gewinnbringend.

Literatur

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Cynthia Sende, Klaus Moser, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Lehrstuhl für Wirtschafts- und Sozialpsychologie, Lange Gasse 20, 90403 Nürnberg, E-Mail , E-Mail