Cannabisbezogene Störungen in der Suchthilfe: Inanspruchnahme, Klientel und Behandlungserfolg
Abstract
Zusammenfassung.Ziel: Cannabis ist in Deutschland die am häufigsten konsumierte illegale Droge. In Suchthilfeeinrichtungen machen Personen mit einer cannabisbezogenen Störung die zweitgrößte Gruppe aller Klienten aus. Ziel ist es, Veränderungen in der Inanspruchnahme von Suchthilfe aufgrund cannabisbezogener Probleme darzustellen und Besonderheiten der behandelten Cannabiskonsumenten, insbesondere Unterschiede zwischen ambulant und stationär Behandelten, herauszuarbeiten. Methodik: Es handelt sich um eine deskriptive Analyse der Daten von Personen aus ambulanten und stationären Suchtberatungs-/-behandlungseinrichtungen in Deutschland, die im Rahmen der Deutschen Suchthilfestatistik (DSHS) dokumentiert wurden. Im Datenjahr 2013 lag die Zahl der betrachteten Fälle im ambulanten Bereich bei n = 163.865 aus 822 Einrichtungen und im stationären Bereich bei n = 41.395 Fällen aus 200 Einrichtungen. Ergebnisse: Der Anteil der Personen mit einer primären Cannabisproblematik in Einrichtungen der Suchthilfe ist im Verlauf ambulant von 6,4 % (2000) auf 15,4 % (2013) und stationär von 1,1 % (2000) auf 7,1 % (2013) gestiegen. Personen mit einer cannabisbezogenen Störung zeichnen sich durch junges Alter, geringes Bildungsniveau und hohe Arbeitslosigkeit aus. Im Vergleich zu anderen Hauptdiagnosen (HD) zeigt sich ein früher Erstkonsum und Störungsbeginn. Vor allem stationär weisen Cannabispatienten eine hohe Zusatzbelastung durch multiplen Substanzkonsum auf. Ein vergleichsweise hoher Anteil kommt aufgrund gerichtlicher Auflagen in die Behandlung (ambulant: 29,9 %, stationär: 27,6 %) und etwa zwei Drittel zeigen nach Behandlungsende eine Verbesserung ihrer Suchtproblematik (ambulant: 64,0 %, stationär: 64,0 %). Schlussfolgerungen: Der deutlich gestiegene Anteil der Klienten mit HD Cannabis an allen Klienten ist vermutlich durch die gestiegene Zahl spezieller Programme zur Behandlung cannabisbezogener Störungen und ein stärkeres Bewusstsein über die Behandlungsbedürftigkeit problematischen Cannabiskonsums bedingt. Das geringe Bildungsniveau, die problematische berufliche Situation sowie die geringe Selbstständigkeit der Cannabisklienten sind vermutlich auf das unterdurchschnittliche Alter zurückzuführen, weshalb besonders Maßnahmen zur Erarbeitung einer psychosozialen Perspektive, wie z. B. Kooperationen mit Sozialämtern, Jugendhilfe und Arbeitsagenturen notwendig sind.
Abstract.Aim: Cannabis is the most frequently used illegal drug in Germany. In substance abuse treatment, clients with main diagnosis (MD) cannabis account for one third of all clients. Aim of the study is to outline changes in the utilization of addiction treatment due to cannabis-related problems and to describe the population of cannabis users treated in inpatient and outpatient treatment. Methods: This is a descriptive analysis of data from clients in outpatient and inpatient treatment centres in Germany, which were documented within the annual German addiction treatment statistics (Deutsche Suchthilfestatistik). The number of observed cases in 2013 was n = 163,865 out of 822 centres in outpatient setting and n = 41,395 out of 200 centres in inpatient setting. Results: The proportion of clients with primary cannabis problems in substance abuse treatment increased from 6.4 % (2000) to 15.4 % (2013) in outpatient and from 1.1 % (2000) to 7.1 % (2013) in inpatient treatment in the last years. The population of clients with cannabis-related disorders can be characterized by a relatively young age, low educational levels and high unemployment. Compared to other main diagnosis, we can observe a very young age at first cannabis use and the onset of the cannabis-related disorder. Especially in inpatient treatment, cannabis patients show additional strains due to polysubstance use. A high proportion of cannabis users enters treatment because of judicial constraints (outpatient: 29.9 %, inpatient: 27.6 %) and about two thirds show an improvement of their problematic substance use at the end of treatment (64.0 %). Conclusion: The increased proportion of clients with MD cannabis in substance abuse treatment may be due to the increased number of special programs for the treatment of cannabis-related disorders and a higher awareness of the need to treat problematic cannabis use. The low educational level, the problematic employment situation and the low extent of autonomy of clients with cannabis-related disorders, may be traced back to the below average age of this group. Therefore programs that focus on the acquirement of a psychosocial perspective, like co-operations with youth and social welfare offices as well as employment centres are needed.
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