Johannes Trüper - Mittler zwischen Kinderpsychiatrie und Pädagogik
Abstract
Zusammenfassung:Fragestellung: Die Entwicklung der Kinder- und Jugendpsychiatrie als eigenständige Fachrichtung ist nicht nur als Resultat einer Spezialisierung innerhalb der Medizin bzw. der Psychiatrie zu werten, sondern geht aus dem Zusammenspiel medizinischer, pädagogischer, psychologischer und philosophischer Einflüsse hervor. Innerhalb der wissenschaftlichen Nachbardisziplinen nimmt die Pädagogik und dort insbesondere die Heilpädagogik eine entscheidende Rolle ein. Exemplarisch soll dies am Wirken des Pädagogen Johannes Trüper dargestellt werden. Methodik: Anhand von Literatur- und Archivstudien erfolgt ein kurzer Abriss seines Lebens und die Wertung seines wissenschaftlichen Werkes. Ergebnisse: Trüper gründete nicht nur sein berühmtes Erziehungsheim auf der Sophienhöhe bei Jena 1892, sondern war Mitbegründer der Zeitschrift «Die Kinderfehler» (1896), einer der wichtigsten Periodika für die pädagogische und kinderpsychiatrische Forschung. Der als einer der Pioniere der Kinderpsychiatrie geltende Psychiater und Philosoph Theodor Ziehen erwarb sich praktische kinderpsychiatrische Erfahrungen als Konsiliarius des Erziehungsheims von Trüper. Der Jenaer Psychiater Wilhelm Strohmayer gehört mit seinem Werk «Vorlesungen über die Psychopathologie des Kindesalters für Mediziner und Pädagogen» (1910), dessen Grundlage seine Konsiliartätigkeit auf der Sophienhöhe bildete, ebenfalls zu den Wegbereitern der Kinderpsychiatrie in Deutschland. Schlussfolgerung: Die enge und unmittelbare Zusammenarbeit von Psychiatern und Pädagogen, die in Jena zur frühen Herausbildung des Faches Kinderpsychiatrie geführt hat, kann als eine Besonderheit in der Wissenschaftsentwicklung angesehen werden.
Summary:Objective: The development of the child and adolescent psychiatry as an independent speciality is not only a result of sub-specialisation within medicine or psychiatry but also a result of interaction with pedagogy, psychology, and philosophy. Within this framework, pedagogy (and more specifically orthopedagogy) has played an essential scientific role. This will be demonstrated by the work of Johannes Trüper. Methods: A short description of his life and an evaluation of his scientific work is presented based on earlier publications and archive studies. Results: Trüper founded a famous approved school on Sophienhöhe close to Jena in 1892 and was a co-founder of «Die Kinderfehler» (1896), one of the leading journals for research in pedagogy and child psychiatry in its time. The psychiatrist and philosopher Theodor Ziehen regarded as one of the pioneers of child psychiatry, gained practical child psychiatric experience as a consultant liaison psychiatrist at the approved school which was run by Johannes Trüper. Wilhelm Strohmayer, another psychiatrist from Jena, also belongs to the founding fathers of child psychiatry in Germany with his book «Vorlesungen über die Psychopathologie des Kindesalters für Mediziner und Pädagogen» (1910) which is based on his consultant work on Sophienhöhe. Conclusion: The close and direct collaboration between psychiatry and pedagogy, which lead to an early development of child psychiatry as a speciality in Jena, can be regarded as a particularity in the scientific development.
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