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Free AccessEditorial

Schlafapnoe-Screening in zwei Minuten

Published Online:https://doi.org/10.1024/1661-8157/a002930

Schlafapnoe ist häufig. Neuere Daten aus der Schweiz lassen vermuten, dass bei ca. 50 % aller Männer und 25 % aller Frauen über 40 Jahren eine mindestens mittelschwere Schlafapnoe besteht. Hochgerechnet auf die gesamte Schweiz ergibt dies über eine Million Betroffene [1].

Natürlich muss nur ein Bruchteil dieser Menschen behandelt werden. Bei der Entscheidung zur Behandlung spielen der Schweregrad der Schlafapnoe, die Symptome und der Leidensdruck des Betroffenen, die kardiovaskuläre Risikokonstellation und noch andere, auch nicht-medizinische Befunde (z.B. Beruf) eine Rolle.

Vor der Therapie steht natürlich die Diagnose, und hier gibt es ein Problem: Anders als z.B. bei den schon lang etablierten kardiovaskulären Risikofaktoren wie Diabetes oder Hypercholesterinämie gibt es keine preiswerte Diagnostik und nur eingeschränkt hilfreiche Screening-Tests für Schlafapnoe.

Die bisher verwendeten klinischen Scores sind entweder relativ aufwendig und nur mässig sensitiv (Berliner Score) oder vernachlässigen die Spezifität zugunsten einer hohen Sensitivität (STOP-Bang-Score), was den Nutzen im Alltag erheblich mindert. Die nächtliche Pulsoximetrie ist je nach verwendetem Cut-Off-Wert entweder zu wenig sensitiv oder zu wenig spezifisch; Grauzonenbefunde, die nicht weiterhelfen, sind häufig. Die Polysomnografie als diagnostischer Goldstandard ist zu teuer, um sie bei einem nur vagen klinischen Verdacht einzusetzen.

Der in dieser Ausgabe von «Praxis» vorgestellte NoSAS-Score [2] füllt diese diagnostische Lücke auf verblüffend einfache Weise. Die für die Berechnung des Scores erforderlichen fünf Parameter sind dem Hausarzt entweder schon bekannt (Alter, Geschlecht, BMI) oder lassen sich innerhalb kürzester Zeit erheben (Schnarchen, Halsumfang; NB: Der Halsumfang entspricht der Kragenweite beim Hemdenkauf). Innerhalb von zwei Minuten kann man sich mit hoher Sensitivität und einem verblüffend hohen negativ-prädikativen Wert einen Eindruck verschaffen, ob bei dem Betreffenden eine Schlafapnoe so wahrscheinlich ist, dass sich eine definitive Abklärung lohnt. Vier der fünf Parameter sind objektiv und reproduzierbar, dies macht den NoSAS-Score stabil und unabhängig von Ermessensentscheidungen des Patienten.

Der NoSAS-Score ist den anderen klinischen Schlafapnoe-Scores überlegen, weil er sehr schnell bestimmt werden kann und im Sensitivitäts-Spezifitäts-Spannungsfeld einen für den Alltag sehr brauchbaren Kompromiss darstellt.

Es sollte allerdings nicht vergessen werden, dass auch dieser Score versagen kann, z.B. wenn die Schlafapnoe im Kontext einer neuromuskulären Erkrankung oder einer kraniofazialen Missbildung auftritt. Auch der beste klinische Score ersetzt nicht die ganzheitliche Beurteilung des Patienten.

Diskutiert werden sollte auch, ob die Verwendung eines zuverlässigen klinischen Scores wie des NoSAS uns der Notwendigkeit einer technischen Screeninguntersuchung wie z.B. der nächtlichen Pulsoximetrie enthebt und man gleich zur definitiven Diagnostik mittels Polygrafie oder Polysomnografie übergehen kann. Dieses Vorgehen könnte zu relevanten Kosteneinsparungen führen.

Insofern ist der NoSAS-Score ein gutes Beispiel dafür, wie man bei einem häufigen Krankheitsbild mit einfachen Mitteln und minimalem Aufwand viel erreichen kann.

Bibliografie

Dr. Werner Strobel, Leitung Schlaflabor, Universitätsspital Basel, Klinik für Pneumologie, Petersgraben 4, 4031 Basel, E-Mail