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Open AccessOriginalarbeit

Die Entwicklung des Psychologiestudiums in Deutschland

Published Online:https://doi.org/10.1026/0033-3042/a000667

Abstract

Zusammenfassung: Dieser psychologiehistorische Beitrag zeichnet die Entwicklung des Psychologiestudiums und dessen Vorläufer seit Beginn des 19. Jahrhunderts nach, identifiziert die wesentlichen Entwicklungsschübe sowie deren Ursachen und betrachtet die Rolle der Deutschen Gesellschaft für Psychologie im Verlaufe dieses Prozesses. Analyseschwerpunkte bilden die Entwicklung des Diplomstudienganges Psychologie einschließlich der Rahmenprüfungsordnungen bis zum Ende des 20. Jahrhunderts, die Konsequenzen der Bologna-Reform für das Psychologiestudium Anfang des 21. Jahrhunderts und die jüngsten Entwicklungen im Zusammenhang mit der Reform der Psychotherapieausbildung.

The Development of Psychology Studies in Germany

Abstract: This historical contribution reviews how psychology studies developed in Germany since the beginning at the turn of the 19th century. It identifies the milestones in the development of psychology studies at German universities and the reasons for major changes, thereby addressing the German Psychological Society’s central role in this process. It focuses on the establishment of the diploma degree in psychology, which became the leading German study program in 20th-century psychology. It also analyzes in detail the major changes associated with the so-called Bologna reform at the beginning of the 21st century. Finally, it discusses recent developments in psychology studies caused by legal changes in psychotherapy training.

Die Entwicklung des Psychologiestudiums in Deutschland

Der Weg der Psychologie zu einer selbständigen wissenschaftlichen Disziplin und entsprechender Berufspraxis ist untrennbar mit der Entwicklung des Psychologiestudiums verbunden. Die Deutsche Gesellschaft für Psychologie war klug beraten, der Gestaltung des Studiums hinsichtlich seiner Schlüsselposition größte Beachtung zu schenken. Dabei ist es über die Jahrzehnte hinweg gelungen, den grundlegenden Zielkonflikt zwischen Gestaltungsfreiheit des Studiums und der für die fachliche Einheit notwendigen Standardisierung im weitgehenden Konsens innerhalb des Faches zu lösen. Der Konsens war Ergebnis einer stetigen Diskussion, bei der – koordiniert durch die DGPs – die Stimmenvielfalt im Fach durch die Einbindung vieler Kolleginnen und Kollegen eingefangen wurde. Er ermöglichte es der DGPs und den sie repräsentierenden Mitgliedern, die Positionen des Faches mit großem Nachdruck nach außen zu vertreten.

Unser Beitrag zeichnet die Entwicklung hin zum Diplomstudiengang, den Wechsel zum Bachelor- und Mastersystem sowie die aktuelle, mit der Novellierung der Psychotherapieausbildung einhergehende Entwicklung nach. Er endet in einer Gegenwart, in der das Ringen um fachliche und disziplinäre Einheit erneut im Mittelpunkt steht – in der berechtigten Hoffnung, dass das Fach auch künftig Einheit und Geschlossenheit wahren wird.

Die Entwicklung des Diplomstudiengangs Psychologie

Die Vorgeschichte und Geschichte des Diplomstudiengangs Psychologie wird ausführlich von Gundlach (2024) behandelt. Wir fassen in diesem Abschnitt die wesentlichen Entwicklungslinien zusammen.

Der lange Weg zum Diplomstudiengang

Wer wollte, konnte bereits im 18. Jahrhundert sein Studium um das Thema Psychologie kreisen lassen. Im 19. Jahrhundert wurden Prüfungen im Fach Psychologie staatlich verordnet, so in Preußen 1825 als Teil der Lehramtsstaatsprüfung und 1826 als Teil der Staatsprüfung in Medizin. Die Zuständigkeit für Lehre und Prüfungen wurde der Philosophie zugeteilt. Während die Medizin diese Prüfungen gegen 1860 wieder abschaffte, expandierten die Lehramtsprüfungen auch in andere deutsche Staaten und blieben bis heute bestehen. Im Lehramtsstudium konnte damals die Prüfung nach einer Hauptvorlesung und Lektüre eines Scriptums absolviert werden. Wen die Psychologie fesselte, der belegte weitere Veranstaltungen und konnte mit psychologischen Themen den Dr. phil. erwerben.

Damit war jedoch keine Qualifikation für den Beruf eines Psychologen verbunden. Doch ab etwa 1900 fanden sich Personen, die versuchten, als Psychologe oder Psychologin Einkommen zu erwerben. Ihre Tätigkeiten zirkulierten um charakterologische Einschätzungen und fußten auf Physiognomik nach Johann Kaspar Lavater, Ludwig Klages und anderen Autoren sowie auf Graphologie nach Jean Hippolite Michon, Georg Meyer und anderen, darunter die genannten Physiognomiker. Diese Themen gehörten als Ausdruckskunde auch noch Jahrzehnte später zur Diplomprüfungsordnung.

Psychotechnik, heute Angewandte Psychologie, die im Ersten Weltkrieg Ansehen gewonnen hatte, schuf weitere Berufsfelder in Industrie, Behörden, Arbeitsämtern, Werbeunternehmen, Reichsbahn und auch der Reichswehr. Martha Schwitzky (1930) wurde aufgefordert, einen Handbuchbeitrag über Psychologie–Berufsbild zu schreiben und warnte: „Keinerlei feste Bedingungen. Mangel an guten Kräften. Anstellung meist privatwirtschaftlich geregelt, an sich nicht sehr günstig.“ (Schwitzky, 1930, Sp. 3576). Über die Ausbildung schrieb sie: „Das eigentliche psychologische Hauptstudium erfolgt daher in etwa acht Semestern, ohne fest vorgeschriebenen Studienausgang, auf der philosophischen Fakultät einer Universität, mit Abschluss einer Promotion zum Dr. phil. (evtl. Dr. rer. nat.)“ (Schwitzky, 1930, Sp. 3576). Berufliche Aufstiegsmöglichkeiten wurden recht vage skizziert: „Aufstieg hauptamtlich als Institutsleiter für praktische Psychologie, bei Behörden (Berufsämter usw.), der Industrie, dem Handel. In Unternehmen privater Art für Betriebsrationalisierungen, Reklame und Organisation. Als akademischer Lehrer, mit vorgeschriebener Habilitation als Privatdozent, Aussicht außerordentlich gering.“ (Schwitzky, 1930, Sp. 3577).

Mit dem Jahr 1933 stülpte sich einiges um. Die 1929 in Wien umgetaufte Gesellschaft für experimentelle Psychologie, die jetzige DGPs, drängte als jüdisch betrachtete Mitglieder aus der Fachgesellschaft. Die neue Regierung warf sie aus dem Staatsdienst. Die Qualität der Fachausbildung wurde keineswegs besser. Der Deutsche Akademische Austauschdienst veröffentlichte 1936 ein Heft ihres Handbuchs für das Hochschulstudium in Deutschland für ausländische Akademiker über das Studium der Psychologie. In dem von Gertrud Jung (1936) verfassten 20-seitigen Text adressierte der größte Teil die diversen psychologischen Hauptströmungen. Über das Psychologiestudium stellte sie fest, dieses Gebiet könne als Hauptfach an den meisten Universitäten nur verbunden mit Philosophie studiert werden. Das darf nicht wundern, da es, von einer Ausnahme abgesehen, keine Lehrstühle für Psychologie in Deutschland gab. Immerhin dürfe in vielen Universitäten die Dissertation aus dem Problemkreis der Psychologie gewählt werden. Das Studium erfordere zum Doktorat sechs bis acht Semester.

Die erste Diplomprüfungsordnung von 1941

Die Bedingungen des Psychologiestudiums in der Zwischenkriegszeit muss man bedenken, um erfassen zu können, welch fundamentaler Umbruch durch die Diplomprüfungsordnung im Jahre 1941 eintrat. Darin verordnete das Ministerium für Wissenschaft sämtlichen Universitäten des Großdeutschen Reiches von Kiel über Posen bis Innsbruck, von Straßburg über Prag bis Königsberg die Einrichtung mindestens eines Lehrstuhls für Psychologie. Die traditionelle Zuordnung zur Philosophie sollte entfallen und ein Psychologisches Institut mit Assistenten und Einrichtungen wie Laboratorium und Fachbibliothek errichtet werden. Ein einheitlicher Prüfungsaufbau vom Vordiplom zum Hauptdiplom wurde zentral vorgeschrieben. Die Vielzahl psychologischer Hauptströmungen sollte ersetzt werden durch standardisierte Lehre. Eine Promotion war nicht mehr erforderlich, das Hauptdiplom bestätigte die Fähigkeit zur Ausübung des Berufs. Deshalb wurden Praktika vorgeschrieben, institutsinterne wie das experimentalpsychologische Praktikum sowie drei externe in Einrichtungen für praktische Psychologie.

Bei dieser umstürzenden Direktive mitten im Weltkrieg war die Wehrmacht der entscheidende Faktor. Sie suchte weitere Angestellte für ihren psychologischen Dienst, verfügte jedoch nicht über Richtlinien, mit denen sie bestimmen konnte, wer nicht nur den Dr. phil. oder Dr. rer. nat. besaß, sondern eine praktische Ausbildung durchschritten hatte. Die Wehrmacht konnte sich nur auf Faustregeln berufen, etwa die, dass ein bei Narziß Ach in Göttingen Promovierter sich als geeignet erweisen werde. Dieses Problem sollte die Diplomprüfungsordnung lösen.

Bereits in der Zwischenkriegszeit wurde gefordert, eine berufsqualifizierende Psychologieprüfung einzuführen, doch das Echo war schwach. Die Arbeit an der Diplomprüfungsordnung begann, als die Interessen von Berufstätigen, der Wehrmacht und des Vorstandes der Deutschen Gesellschaft für Psychologie konvergierten (Geuter, 1984). Das Ergebnis dieser Zusammenarbeit trat am 1. April 1941 in Kraft und wurde nebst Durchführungsbestimmungen am 16. Juni 1941 in der Zeitschrift des Ministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung veröffentlicht (Diplomprüfungsordnung für Studierende der Psychologie, 1941). Als mündliche Prüfungsgegenstände der Vorprüfung wurden genannt, hier gekürzt dargestellt: a) Allgemeine Psychologie, b) Entwicklungspsychologie, c) Charakterkunde und Erbpsychologie, d) Ausdruckspsychologie, e) Biologisch-medizinische Hilfswissenschaften, f) Philosophie und Weltanschauung. Mündliche Prüfungsgegenstände der Hauptprüfung waren: a) Psychologische Diagnostik, b) Angewandte Psychologie, c) Pädagogische Psychologie und Psychagogik, d) Kultur- und Völkerpsychologie. Diese Teilung entsprach der Zweiteilung der Ausbildung in wissenschaftliche Grundlagen und praxisbezogene Gebiete.

Die Gegenstände e) und f) der Vorprüfung wurden durch die Medizin oder die Philosophie gelehrt. Während aus der Philosophie keine Einwände kamen, protestierten Mediziner, zumal Psychiater, energisch gegen diese Einmischung medizinischer Laien in ihr Areal. Jedenfalls konnten sich die Mediziner durchsetzen und die Entfernung des Wortes „medizinisch“ aus der Diplomprüfungsordnung durchsetzen. Da die Physiologen kaum Bedenken hatten, kam es ersatzweise zu einer Prüfung in Biologischen Hilfswissenschaften, die meistens Physiologen ableisteten. Diese Modifikation wurde mit einigen kleineren Veränderungen 1943 publiziert. Die Psychologie in Deutschland hatte sich noch Jahrzehnte mit der Abneigung medizinischer Kreise gegen ihr Vordringen zu beschäftigen.

Trotz ihres umwälzenden Charakters hatte die neue Prüfungsordnung einen merkwürdigen Defekt. Um Staatsbeamter zu werden, war eine Staatsprüfung abzulegen, von Universitätsangehörigen abgesehen. Dafür war es erforderlich, dass ein Ministerium die Prüfungsordnung zusammenstellte und ein Staatsbeamter, der nicht der Universität angehörte, teilnahm. Das aber stand nicht in der Ordnung. Daraus resultierte eine Hauptdiplomprüfung, deren Bestehen nicht für die Übernahme von Beamtenstellen qualifizierte. Das Militär zeigte sich darin allerdings nicht kleinlich.

Während der alliierten Besatzung stellte sich die Sachlage zunächst völlig anders dar. Ein Ministerium, das Universitäten Richtlinien erteilen konnte, wurde nicht wieder eingerichtet. Prüfungsordnungen waren nun Angelegenheit einer Universität. Sie waren dem jeweiligen Landesministerium vorzulegen, dessen Aktivität sich meist auf Abstempeln beschränkte.

So stellte sich die Frage, wie es für die nicht sonderlich zahlreichen Studierenden der Psychologie weitergehe, sobald ihre Universität wieder öffnete. Die Prüfungsordnung aus der Kriegszeit enthielt Bezeichnungen, die nicht mehr annehmbar waren. Ihre Entstehung aus dem dringenden Wunsch der Wehrmacht in Zusammenarbeit mit dem NS-Regime sprach auch nicht für ihr Fortbestehen. Die an der Konstruktion der Prüfungsordnung beteiligte Deutsche Gesellschaft für Psychologie wurde – wie sämtliche deutsche Vereine – 1945 verboten. Selbst innerhalb der wiedererstandenen Universitäten traten Kräfte auf, zumal unter Philosophen, die sich dem Weiterbestand eines selbständigen Faches Psychologie widersetzten. Andererseits waren Lehrstühle für Psychologie bereits eingerichtet und sogar einige Professoren berufen worden. So wurden 1942 Wolfgang Metzger Ordinarius für Psychologie in Münster und Oswald Kroh in Berlin, während Robert Heiß 1943 Ordinarius für Psychologie und Philosophie in Freiburg wurde. Es waren einige neue Institute eingerichtet worden, deren personelle Ausstattung jedoch weitgehend unbekannt ist. So begann man, zunächst einmal zu improvisieren, und zwar in allen vier Besatzungszonen.

Die Reformen des Diplomstudiengangs in der Nachkriegszeit

Auch in der Nachkriegszeit suchte man wieder nach Ministerien, die eine Diplomprüfungsordnung für Psychologie einführten. In welchen Ländern Deutschlands diese Suche erfolgreich war, ist weitgehend unerforscht. Für den Freistaat Bayern ist belegt, dass das Staatsministerium für Unterricht und Kultus am 1. April 1948 eine Diplomprüfungsordnung für Studierende der Psychologie genehmigte (Berufsverband Deutscher Psychologen, 1949). Die Ähnlichkeit mit der Diplomprüfungsordnung aus der Kriegszeit ist unverkennbar. Ideologisch belastete Ausdrücke hatte man jedoch aussortiert und durch zeitgerechte ersetzt, anders gesagt, entnazifiziert.

Ähnlich lief es in anderen Landesteilen Deutschlands ab. In der sowjetischen Besatzungszone entstand 1947 mit Hilfe der SMAD, der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland, eine Vorform des Diplompsychologiestudiums (Sprung, 1978). Nach veränderten Vorformen wurde in der DDR 1952 eine Prüfungsordnung für Studierende der Psychologie in Kraft gesetzt, in der einiges bekannt erscheint, in der jedoch auch ideologiespezifische Abschnitte auffallen. Eine ausführliche Darlegung der ab September 1955 eingeführten Prüfungsordnung lieferte Heinrich Gant (1955). Auffällig ist, dass er von einem Staatsexamen sprach. Damit ist die Hauptdiplomarbeit gemeint, die seinerzeit gefordert wurde, während eine Vordiplomarbeit zwar weiterhin erforderlich war, aber in eine literarische Hausarbeit verwandelt wurde, während die Abschlussarbeit empirischer oder experimenteller Natur sein sollte. DDR-typisch war die Erweiterung der Ausbildung durch Grundlagen des Marxismus-Leninismus, der Politischen Ökonomie, des Dialektischen Materialismus sowie der Russischen Sprache und Literatur. Albert Wellek (1956) kritisierte mancherlei Punkte dieser neuen Prüfungsordnung und verglich sie mit der 1955 eingeführten westdeutschen Prüfungsordnung (Berufsverband Deutscher Psychologen, 1955).

Im westlichen Deutschland gab es keine einheitliche Prüfungsordnung. Es traten immer wieder Varianten auf, die bislang noch kaum erforscht sind. Um gegen diese Varianten eine gewisse Einheitlichkeit der Prüfungsordnungen für Studierende der Psychologie zu erwirken, wurde 1963 ein Koordinierungsausschuss von der Ständigen Konferenz der Kultusminister einberufen. Adolf Martin Däumling feierte 1966/67 fünfundzwanzig Jahre Diplompsychologie und stellte fest, man stehe „vor dem Abschluss der jahrelangen Bemühungen um eine Neufassung der Diplom-Prüfungsordnung“ (Däumling, 1967, S. 251), musste jedoch ergänzen, es drohe auch „die Gefahr, dass keine einheitliche Regelung der Ausbildung künftiger Diplompsychologen erzielt wird.“ Bei der ersten Einführung der Diplomprüfungsordnung, so Däumling, bestand eine Einheitlichkeit des Studienganges. Doch schon bei „der ersten Neufassung 1947/48 wichen bereits die Bestimmungen für die Zulassung zum Psychologie-Studium in Nord- und Süddeutschland voneinander ab.“ (Däumling, 1967, S. 253). Für den Stand im Jahr 1967 konstatiert er Unterschiede in der geforderten Studiendauer, der Position der schriftlichen Hausarbeit, der Anzahl und Art der Prüfungsfächer, der Anzahl und Platzierung der Praktika, der Zulassungsbedingungen, der Notenskala, der Gebühren. Daraus ergaben sich für Studierende beim Wechsel des Hochschulortes innerhalb Westdeutschlands häufig Verlängerungen der Studienzeit. Studienortswechsel zwischen West- und Ostdeutschland waren nahezu unmöglich. Unerwähnt blieb bei Däumling, dass die älteren Fassungen der Diplomprüfung auf einer Eignungsprüfung der Studierwilligen bestanden, die vor Antritt des Studiums vom Institutsleiter durchgeführt werden musste. Eine jüngere Generation der Ordinarien ging in den 1960er Jahren dazu über, von dieser Eignungsprüfung abzusehen.

Auf dem Wege zu einer Angleichung der Prüfungsordnungen beschloss die Kulturministerkonferenz eine Rahmenordnung für die Diplomprüfung in Psychologie (1973). Für die Diplom-Vorprüfung wurde darin eine Liste zu prüfender Teil-Fächer aufgestellt, die sich von älteren nur wenig unterschied, etwa dadurch, dass Methodenlehre und Sozialpsychologie darinstanden, hingegen Philosophie fehlte. Doch für die Diplom-Hauptprüfung wurden nur sehr lockere Vorgaben gemacht. Es wurden drei Schwerpunktbereiche angegeben, nämlich für Methodik, für Anwendungen und für Grundlagenvertiefung. Welche Fächer diese Bereiche umfassen, konnte die örtliche Prüfungsordnung festlegen. Mindestens vier Fächer waren auszuwählen, aus jedem Schwerpunktbereich mindestens eins. Das bedeutet eine ungewöhnliche Autorität der jeweiligen Standorte und ihrer dort vertretenen psychologischen Fachbereiche. Die Zuordnung der Grundlagen zum Vordiplom und der Anwendungen zum Hauptdiplom, ein Prinzip der älteren Prüfungsordnungen, wurde durch die Grundlagenvertiefung im Hauptdiplom erheblich tangiert. Die Übernahme dieser Rahmenordnung lief nicht überall schnell ab und erfolgte z. T. gar nicht.

Bemerkenswert ist, dass die Bezeichnung „Klinische Psychologie“ in dieser Rahmenordnung nicht vorkam, obwohl gerade diese Subdisziplin viele Studierende in die Psychologie lockte. Man wusste wohl, dass es keineswegs in allen psychologischen Instituten einen Lehrstuhl dafür gab. Sofern ein Lehrstuhl für Klinische Psychologie vorhanden war, so war dieses Fach im Schwerpunktbereich Angewandte Psychologie zu verorten. In Bezug auf die in der Klinischen Psychologie behandelten therapeutischen Methoden orientierte man sich an Verfahren, die in den USA entwickelt worden waren, etwa Verhaltenstherapie, klientenzentrierte Gesprächstherapie nach Rogers, Gestalttherapie nach Perls. Deren leibferne Methoden hatten den Vorteil, dass es wenig Einwände aus der medizinischen Fakultät gab; der Nachteil bestand darin, dass es nicht einfach war, Krankenkassen zu überreden, ohne ärztliche Überweisung für Behandlungen zu zahlen.

Die vielen Einwände gegen die (Rahmenordnung des Jahres 1973 führten 1987 zu einer veränderten Rahmenordnung. Auch hier fanden sich wenige Veränderungen im Bereich der Vorprüfung. Die Hauptprüfung hingegen präzisierte vieles, was in der 1973er Ordnung der jeweiligen Universität anheimgestellt worden war. Die Anwendungsfächer wurden jetzt aufgeteilt in drei Bereiche: Klinische Psychologie, Pädagogische Psychologie sowie Arbeits-‍, Betriebs- und Organisationspsychologie. Dazu kamen die zwei Methodenfächer Diagnostik und Intervention sowie Evaluation und Forschungsmethodik, allesamt Pflichtprüfungsfächer, wobei aus den drei Anwendungsfächern zwei Schwerpunktfächer gewählt werden durften. Zudem gab es zwei beliebige exemplarische Vertiefungen, eine forschungsorientierte Vertiefung und ein nichtpsychologisches Wahlpflichtfach, dessen Wahl nur durch die Verfügbarkeit an der jeweiligen Universität eingeschränkt war.

Diese strengere Regulierung wurde von manchen begrüßt als Verstärkung der Einheitlichkeit des Faches Psychologie, sie wurde aber auch als Gefahr für Psychologiefächer gesehen, die bestenfalls in forschungsorientierten Vertiefungen prüfungsrelevant waren (Krampen & Greve, 1993). Doch bei allen Vorbehalten blieb die Rahmenordnung als Kern des Diplomstudiengangs bis zur Bologna-Reform bestehen.

Die Bologna-Reform

Die Bologna-Deklaration der europäischen Bildungsminister und Bildungsministerinnen von 1999 (bestätigt 2003) setzte den traditionellen Studienstrukturen in Deutschland ein abruptes Ende. Auf dem Weg zu dem angestrebten „Europe of Knowledge“ und einer höheren Durchlässigkeit und Mobilität im tertiären Bildungssektor enthielt sie die Einführung europaweit vergleichbarer Studienabschlüsse mit einer zweistufigen Studienstruktur, bei der sich nach einem mindestens dreijährigen Bachelor ein Master und / oder eine Promotion anschließen kann.

Dies implizierte zugleich den Abschied von der als effektiv und hochwertig anerkannten einstufigen Studienstruktur der Diplomstudiengänge, die eine umfassende wissenschaftliche Ausbildung gewährleistete und auf eine breite Anwendung in der Praxis vorbereitete. Trotz zum Teil bestehender Vorbehalte gegenüber der Diplom-Rahmenordnung und der Befürchtung, dass sie innovative Theorie- und Methodenentwicklungen und standortspezifische Profile verhindere, wurde in der Psychologie die Umstellung auf eine zweistufige Studienstruktur zunächst weithin abgelehnt. Sie galt als Gefährdung der erreichten hohen Ausbildungsqualität und der breiten gesellschaftlichen Wertschätzung des Diplomabschlusses.

Verschärft wurde die Ablehnung durch weitergehende Ziele, die die Bildungspolitik mit der Umsetzung der Bologna-Reform verfolgte. Insbesondere sollten die als zu lang empfundenen Studienzeiten verkürzt werden, indem der Bachelor als erster berufsqualifizierender Abschluss als Regelabschluss festgelegt wurde, flankiert von einer geplanten drastischen Reduktion der Masterstudienplätze. Daneben waren inhaltliche Verschlankung und standortbezogene Spezialisierung von Studiengängen weitere bildungspolitische Kollateralziele in der Umsetzung der Bologna-Reform, kontrolliert durch das neu etablierte System der Akkreditierung, zunächst in Form einer Programmakkreditierung einzelner Studiengänge, später auch in Form der Systemakkreditierung.

Für die Psychologie war die deutsche Variante der Bologna-Reform außerordentlich einschneidend, bedrohte sie doch vier über Jahrzehnte gewonnene Errungenschaften (vgl. Erdfelder & Weber, 2024):

Die Einheit des Faches

Die politisch erwünschte standortspezifische Profilbildung in den Studiengängen widersprach fundamental dem bis dato in der Psychologie verfolgten Ziel eines über die Standorte hinweg vergleichbaren Studiengangs, wie er mit dem Diplom gewährleistet war. Letztlich stand mit der Reform die Einheit des Faches zur Disposition, da den unterschiedlichen Zuschnitten und Spezialisierungen von Bachelor- und Masterstudiengängen keine Grenzen gesetzt waren.

Ein Diplom-äquivalenter Abschluss für alle Studierenden

Mit der Festlegung des Bachelors als Regelabschluss verbot sich die naheliegende Option, die hohe Ausbildungsqualität des neunsemestrigen Diploms durch Überleitung in ein konsekutives sechs-plus-vier-semestriges Bachelor / Master-Studium zu sichern. Mit der zunächst drohenden Verknappung der Masterstudienplätze würde zudem nur ein Teil der Studierenden die Möglichkeit erhalten, sich mit einem Diplom-äquivalenten Abschluss den Zugang für die Ausbildung in Psychotherapie zu sichern. Das galt auch für den Erwerb des europäischen Zertifikats „EuroPsy“, das mit der Eintragung in ein EU-weites Berufsregister eine EU-weite Anerkennung für eine unabhängige psychologische Berufstätigkeit enthielt.

Ein einheitlicher Curricularer Normwert

Als weitere einschneidende Folge drohte der Verlust eines einheitlichen Curricularen Normwerts (CNW), der die Grundlage für die Berechnung der Studienplatzkapazität eines Standortes bildete. Seit den 1970er Jahren gab es für den Diplomstudiengang Psychologie einen in den Kapazitätsverordnungen der Bundesländer einheitlich festgelegten CNW von 4, der zwar erheblich unterhalb des CNWs medizinischer und naturwissenschaftlicher Studiengänge, zugleich aber deutlich oberhalb der CNWs geistes- und sozialwissenschaftlicher Studiengänge lag. Mit der Aufhebung einheitlicher CNWs für Bachelor- und Masterstudiengänge ging somit die Gefahr einher, dass die Curricularwerte für die Psychologieausbildung vielerorts an die niedrigen Werte der Sozialwissenschaften angeglichen würden, was zu einer deutlichen Erhöhung der Studienanfängerzahlen bei konstantem Personal und mithin zu einer Verschlechterung der Ausbildungsqualität geführt hätte.

Einheitliche Studienplatzvergabe

Das zweistufige Studiensystem erzwang neue Verfahren in der Studienplatzvergabe. Für den Bachelor mussten standortbezogene Regelungen gefunden werden und für den Zugang zum Master wurden zusätzliche Auswahlverfahren notwendig. Letztere standen zudem unter dem Druck, angesichts begrenzter Studienplätze eine strenge Selektion vornehmen zu müssen, verschärft durch die politische Vorgabe, dass der Zugang zum Master auch für fachfremde Bachelorabschlüsse prinzipiell offen sein sollte.

Die Empfehlungen der DGPs

Angesichts dieser einschneidenden Änderungen und ihrer negativen Folgen für das Fach hatten sich alle Vorstände der DGPs bis 2004 klar für die Beibehaltung des Diplomstudiengangs ausgesprochen. Doch der gemeinsame Kampf aller traditionellen Diplom-Fächer mit der Bildungspolitik – repräsentiert in erster Linie durch die Kultusministerkonferenz der Länder – um die Bewahrung des Diploms blieb erfolglos. Zugleich drängte die Zeit: Die ersten Universitäten, die teils gezwungen, teils von den neuen Gestaltungsmöglichkeiten überzeugt, den Systemwechsel anstrebten, gaben das Tempo vor. Die „early adopter“ zwangen das Fach und hier den von 2004 bis 2006 amtierenden DGPs-Vorstand unter Hannelore Weber zu unmittelbarem Handeln, sollte die Tradition einheitlicher Studiengänge in Psychologie vor nicht mehr beherrschbaren Zentrifugalkräften geschützt werden. Waren die Änderungen schon nicht mehr aufzuhalten, so sollte das Fach zumindest Einheit und Geschlossenheit bewahren. Mit fünf zentralen Leitlinien suchte der mit der Umsetzung betraute Vorstand im weitgehenden Konsens innerhalb des Faches die Selbstverortung der Psychologie als kohärente wissenschaftliche Disziplin zu sichern (vgl. Erdfelder & Weber, 2024).

Leitlinie 1: Bewahrung der Einheit des Faches Psychologie

„Einheit“ betraf dabei die disziplinäre Einheit, die sich in der Existenz eines Studienganges – sei es ein- oder zweistufig – manifestiert, der den Namen des Faches trägt und dessen konstitutiven Bestandteile in Form eines Kanons zu beherrschender Inhalte und Methoden festgelegt sind, wie es im Diplomstudiengang der Fall war (Weber, 2007a). Das Fach Psychologie, so das erklärte Ziel, sollte in der Nachfolge des Diploms weiterhin als ein Studienfach bundesweit angeboten werden, auch wenn die einzelnen Standorte die inhaltliche, theoretische und methodische Vielfalt des Faches mit eigenen Akzenten umsetzen. Es galt zu verhindern, dass sich psychologische Teildisziplinen in eigenen Studiengängen verselbständigen und sich das Fach Psychologie in seine Teile auflöste.

Diese Leitlinie betraf primär die Universitäten; an den Fachhochschulen hatten sich bereits zuvor einzelne Teildisziplinen als eigenständige Studiengänge etabliert. Es war zu erwarten, dass sich diese Entwicklung verstärken würde, zumal die KMK mit dem Systemwechsel festlegte, dass die Abschlussbezeichnungen der neuen Studiengänge zwischen den Hochschultypen nicht mehr differenzieren dürfen. Hinzu kam, dass auch ein zweisemestriger Weiterbildungsmaster, der nach einer einjährigen einschlägigen Berufstätigkeit erworben werden konnte, unterschiedslos den gleichen Abschlusstitel tragen sollte wie ein grundständiger konsekutiver Master und diesem qualitativ gleichgestellt sein sollte. Angesichts der politisch festgelegten Gleichstellung qualitativ höchst unterschiedlicher Abschlüsse blieb der DGPs nur die Möglichkeit, durch die empfohlene Einführung von qualitativ hochwertigen allgemeinen Abschlüssen in Form forschungsorientierter B.Sc. und M.Sc. Grade in Psychologie auf der Grundlage breiter methodischer und inhaltlicher Vielfalt die Tradition der universitären Diplomstudiengänge fortzusetzen (Weber, 2007b).

Leitlinie 2: Die Etablierung eines konsekutiven Bachelor-Masterstudiums

Im Gegensatz zu der bildungspolitischen Festlegung des Bachelors als Regelabschluss sollte das Fach mit der Etablierung eines konsekutiven Bachelor-Masterstudiums signalisieren, dass nur der Master eine vollständige berufsqualifizierende Ausbildung in Psychologie gewährleistet und damit de facto den Regelabschluss bildet. Konsekutive Bachelor- und Masterstudiengänge sollten folglich an jedem Standort gemeinsam initiiert und nach Möglichkeit Bachelor- und Masterstudienplätze in gleicher Anzahl angeboten werden. Diese Ziele haben nahezu alle früheren Diplomstandorte verfolgt, unterstützt durch eine breite hochschulpolitische Initiative des amtierenden DGPs-Vorstandes. Bis heute ist das Angebot von sowohl Bachelor- als auch Masterstudiengängen an den universitären Standorten die Regel (siehe die Homepage des Fakultätentages Psychologie; https://fakultaetentag-psychologie.de/standorte-studium-und-forschung).

Leitlinie 3: Zentrale Konzipierung und Planung

Die Umsetzung der Leitlinien setzte eine zentrale Konzipierung voraus, die 2004 einer hinsichtlich der Subdisziplinen heterogen zusammengesetzten Kommission unter der Leitung von Thomas Rammsayer übertragen wurde. Innerhalb von nur fünf Monaten legte sie einen Vorschlag für Musterstudiengänge für das Bachelor- und das Masterstudium in Psychologie vor. Diese enthielt die Einführung fachlich breiter, subdisziplinübergreifender Bachelor- und Masterstudiengänge mit einheitlichem Musteraufbau, gleicher Modulstruktur und vergleichbaren Kreditpunktvergaben. Kernelemente der Empfehlung waren eng aufeinander abgestimmte konsekutive Bachelor- und Masterstudiengänge, die ein dreijähriges Bachelorstudium mit dem Abschluss Bachelor of Science (B.Sc.) sowie ein anschließendes zweijähriges Masterstudium mit dem Abschluss Master of Science (M.Sc.) in Psychologie umfassten. Der Masterabschluss wurde als Regelabschluss definiert.

Für den Bachelorstudiengang waren je sechs Methoden-‍, Grundlagen- und Anwendungsmodule, ein Nebenfach, ein Praktikum und eine sechswöchige Bachelorarbeit vorgesehen. Für allgemeine Masterstudiengänge in Psychologie gab es drei Entwürfe, abhängig davon, ob (1) Grundlagenfächer, (2) Anwendungsfächer oder (3) eine ausgewogene Mischung von Grundlagen und Anwendungen das Studium charakterisieren. Unverzichtbares Kernelement in allen drei Masterstudiengängen waren drei Methoden- und Diagnostikmodule sowie ein Projektmodul. Methoden-‍, Grundlagen- und Anwendungsmodule waren jeweils im Umfang von mindestens 10 ECTS repräsentiert, um deutlich zu machen, dass der allgemeine M.Sc. Grad in Psychologie ein Studium in allen drei Hauptsegmenten der Psychologie voraussetzt. Nachdrücklich wurde empfohlen, pro Standort mindestens einen allgemeinen Masterstudiengang in Psychologie vorrangig anzubieten, bevor spezialisierte Studiengänge in einem Teilgebiet der Psychologie konzipiert werden. Spezialisierte Masterstudiengänge blieben im Vergleich zu allgemeinen Masterstudiengängen mit oder ohne festgelegte Schwerpunktsetzung auch in der Folgezeit in der Minderheit (Spinath 2021; siehe auch https://fakultaetentag-psychologie.de/standorte-studium-und-forschung).

Bereits am 7. April 2005 diskutierten in Mannheim Vertreterinnen und Vertreter aller Institute die auf der Kommissionsarbeit aufbauenden Empfehlungen des DGPs-Vorstandes (Deutsche Gesellschaft für Psychologie, 2005) und berieten deren praktische Umsetzung. Damit war es gelungen, den Standorten Studienmodelle an die Hand zu geben, die nicht nur die disziplinäre Einheit gewährleisten konnten, sondern auch die Forderung nach ausreichenden Ressourcen für den Aufbau der konsekutiven Studiengänge begründeten.

Leitlinie 4: Obligatorische Methoden-‍, Grundlagen- und Anwendungsmodule

Die Empfehlungen waren getragen von der Überzeugung, dass nur in der fortgesetzten Verbindung von Grundlagen und Anwendung das alles überragende Ziel – die Psychologie als eine wissenschaftliche Disziplin zu festigen – erreicht werden kann. In der für das Fach bedrohlichen Situation bestand darin ein bemerkenswerter Konsens trotz der für einige verlockenden Möglichkeit einer Aufspaltung des Faches. Ebenso herrschte Einigkeit darin, dass nur eine umfassende Methodenausbildung den erreichten hohen wissenschaftlichen Status erhalten und weiter ausbauen kann. Im Ergebnis wurde empfohlen, in jedem Bachelorstudiengang der Psychologie einer Dritteldoktrin zu folgen, d. h. jeweils 1/3 Methoden, Grundlagen und Anwendungen vorzusehen.

Leitlinie 5: Qualitativ hochwertige Auslegung

Mit den neuen Studiengängen stellte sich verschärft das Problem einer für das Fach angemessenen Lehrkapazität in Relation zu der Studierendenzahl. Keinesfalls sollte die für den Diplomstudiengang erreichte Ausbildungsqualität in Höhe eines CNW von 4 unterschritten werden. Als hilfreich erwiesen sich dabei die Empfehlungen der Hochschulrektorenkonferenz vom 14. Juni 2005 für die Sicherung der Qualität der neuen Studiengänge, die verstärkt Lehrveranstaltungen mit kleineren Gruppengrößen vorsahen. Entsprechend wurden vom amtierenden DGPs-Vorstand vergleichsweise wenige strukturierende Vorlesungen, dagegen viele Seminare, Praktika und fachbezogene Kleingruppenveranstaltungen empfohlen. In der Konsequenz bedeutete dies, dass man mit dem Diplom-CNW von 4 für ein kombiniertes Bachelor- und Masterstudium zusammen nicht mehr auskommt. Angemessene CNWs für ein ausreichendes Angebot an empirischen, experimentellen und diagnostischen Praktika im Bachelorbereich sowie forschungsbezogenen Projektseminaren und anwendungsbezogenen Fallseminaren im Masterbereich würden sich im Bereich 3 – 4 pro Studiengang bewegen (Erdfelder & Geisberger, 2007).

Für die Umsetzung der mit den Modulen verbundenen Lehrveranstaltungen ließen die DGPs-Empfehlungen den Instituten Spielraum, um standortspezifischen Besonderheiten und administrativen Vorgaben Rechnung tragen zu können. Tatsächlich zeigte eine Umfrage des Fakultätentages Psychologie und der DGPs-Kommission Studium und Lehre knapp zehn Jahre nach Reformbeginn bundesweit eine erhebliche Varianz in den faktisch realisierten Curricularwerten. Mit einem Mittelwert von 2.9 (Range 2.0 – 3.9) für den B.Sc. Studiengang und einem Mittelwert von 1.9 (Range 1.0 – 2.9) für den Masterbereich wurde zwar im Durchschnitt für ein kombiniertes Bachelor- und Masterstudium der Diplom-CNW von 4 übertroffen, nicht wenige Psychologieinstitute blieben jedoch auch unterhalb des Zielbereichs.

Die Umsetzung der Empfehlungen

Im Rückblick zeigt sich, dass fast alle Institute deutschlandweit die Bachelor-Masterreform in den Jahren 2006 bis 2010 im Einklang mit den DGPs-Empfehlungen umsetzten. Einige Institute folgten in den Jahren danach, so dass die Reform binnen 10 Jahren ausnahmslos vollzogen wurde. Vor allem das empfohlene Bachelor-Modell mit dem allgemeinen Abschluss „B.Sc. in Psychologie“ fand Zustimmung, während im Masterbereich auch spezialisierte Studiengänge eingeführt wurden, in der Regel neben einem allgemeinen „M.Sc. in Psychologie“. Insgesamt war offenbar die Zufriedenheit mit den Reformergebnissen im Fach recht groß, wie man daraus schließen kann, dass die revidierten Empfehlungen des Vorstandes unter der Präsidentin Andrea Abele-Brehm (2014 – 2016) an allen Grundsätzen der Kommission festhielten (Abele-Brehm et al., 2014, 2015).

Die Einführung der neuen Studiengänge wurde von den Akkreditierungsverfahren im Allgemeinen positiv begleitet. Da die Akkreditierung absehbar die entscheidende Prüfinstanz für eine erfolgreiche Umsetzung der DGPs-Empfehlungen war, hatte der damalige Vorstand frühzeitig bei den Akkreditierungsagenturen um eine abgestimmte Umsetzung der Reform im Sinne der DGPs-Empfehlungen geworben. Angesichts der politisch gewünschten Profilbildung erschien es unerlässlich, die Agenturen davon zu überzeugen, dass die Psychologie einen Weg gewählt hatte, der lokale Profilbildung befürwortete und ermöglichte, aber die Einheit des Faches bewahrte. Später erwiesen sich Akkreditierungsprozesse jedoch zunehmend als für das Fach unbefriedigend, da sie sich auf formale Aspekte konzentrierten und die fachlich-inhaltliche Qualitätssicherung zu wenig beachteten (Spinath, 2021). Mit der erneuten Strukturreform infolge der reformierten Psychotherapieausbildung gewann die Qualitätssicherung noch einmal mehr an Bedeutung.

Die Psychotherapie-Ausbildungsreform 2020

Nach der Umstellung vom Diplom zu Bachelor- und Masterabschlüssen gab es durch die Novellierung der Psychotherapieausbildung 2020 eine weitere umfassende Strukturreform des Psychologiestudiums (s. Schulte & Rief, 2024). Auch diese Reform wurde von Instanzen außerhalb der DGPs angestoßen und auch diesmal konnte sich die Psychologie den Veränderungen nicht entziehen, da die Pläne des Bundesgesundheitsministeriums für ein sogenanntes „Direktstudium Psychotherapie“ unweigerlich große Auswirkungen nicht nur auf das Studium, sondern auf das Gesamtgefüge der hochschulischen Psychologie haben würden.

Bereits im Jahr 2010 fasste der DGPs-Vorstand um Peter Frensch den Beschluss, die geplante Reform aktiv mitzugestalten. Einmal mehr stand die Einheit des Faches auf dem Spiel. Es ist bemerkenswert und nicht selbstverständlich, dass sich die DGPs auch in Anbetracht der Psychotherapie-Ausbildungsreform entschloss, die Einheit des Faches zum Leitmotiv für ihr Agieren zu machen. Außer dem Vorstand um Peter Frensch haben in der Folge die Vorstände um Jürgen Margraf, Andrea Abele-Brehm, Conny Antoni und Birgit Spinath die Reform mitgestaltet. Die Verabschiedung des Gesetzes fiel schließlich in die Präsidentschaftszeit von Birgit Spinath (Spinath, 2021). Insgesamt hat der Prozess rund 10 Jahre gedauert. Das Ergebnis zeigt, was politisch erreicht werden kann, wenn sich ein Fachverband wie die DGPs intensiv und beharrlich für wichtige Positionen einsetzt.

Die Positionen der DGPs zur Reform der Psychotherapie-Ausbildung

Unter dem Leitmotiv der Einheit des Faches wurden für die Reform von der DGPs einige zentrale Positionen vertreten. Der Begriff des „Direktstudiums Psychotherapie“ wurde abgelehnt, da ein von vornherein auf den Beruf Psychotherapie verengtes Studium der notwendigen Breite der Ausbildung nicht gerecht werden könnte. Auch wäre die Psychologie als Mutterwissenschaft der Psychotherapie nicht mehr in gleicher Weise erkennbar, wenn ein separates Psychotherapie-Studium etabliert würde. Zudem bestünde die Gefahr, dass sich zukünftige Generationen von psychotherapeutisch Tätigen nicht mehr als Psychologinnen und Psychologen betrachten, was eine deutliche Schwächung unserer Disziplin mit sich gebracht hätte. Alle diese Überlegungen führten zu der Position, dass der Erwerb der Approbation in das Psychologie-Studium zu integrieren sei. In einem polyvalenten Bachelorstudiengang sollten die Studierenden weiterhin die gesamte Breite menschlichen Erlebens und Verhaltens behandeln. Das Masterstudium sollte anschließend eine Schwerpunktsetzung entweder in der Klinischen Psychologie und Psychotherapie oder eine andere Orientierung innerhalb der Psychologie ermöglichen. Die Entscheidung für oder gegen einen psychotherapeutischen Beruf muss in diesem Modell erst nach dem Bachelorstudium verbindlich getroffen werden.

Eine wesentliche Forderung der DGPs war darüber hinaus, dass das Studium mit Möglichkeit zur Approbation ausschließlich an Universitäten stattfinden sollte. Eine angemessene Weiterentwicklung der Psychotherapie durch wissenschaftliche Methoden kann nur durch die an Universitäten gegebene enge Verbindung von Forschung und Lehre gewährleistet werden. Diese Forderung ist in Anbetracht des wachsenden Marktes privater Hochschulen, die in der Regel keinen universitären Status haben und gebührenfinanzierte Studiengänge anbieten, von großer Bedeutung. Eine weitere Forderung der DGPs war, dass die Psychologie die führende Rolle in den reformierten Studiengängen einnehmen sollte. Dies war unter anderem deshalb wichtig, weil im Zuge der Reform auf Betreiben des Bundesgesundheitsministeriums auch der Name der Ausbildung und Abschlüsse von „Psychologische Psychotherapie“ zu „Psychotherapie“ geändert wurde. Während vormals der Titel deutlich machte, welcher Disziplin die Ausbildung entstammte, so ist diese am neuen Titel nicht mehr ablesbar. Es könnten also auch andere Disziplinen, wie etwa die Medizin oder die Pädagogik (im Bereich Kinder und Jugendliche) die neuen Approbationsstudiengänge für sich reklamieren. Dass dies nicht möglich wurde, ist dem Umstand zu verdanken, dass in den gesetzlichen Grundlagen und Ausführungsbestimmungen festgehalten ist, dass das reformierte Studium primär psychologische Inhalte enthält.

Wie man sich denken kann, war um diese Positionen heftig gerungen worden. Innerhalb der DGPs waren sie letztlich mehrheitsfähig, während beispielsweise der BDP bis zur Verabschiedung des Gesetzes heftig gegen die Reform protestierte. Dass die Hauptforderungen der DGPs in dem am 1. 9. 2020 in Kraft getretenen Gesetz verankert wurden oder aber zumindest damit vereinbar sind, darf als großer Erfolg gewertet werden.

Wesentliche Initiativen der DGPs zur aktiven Gestaltung des Reformprozesses

Um den Reformprozess aktiv mitzugestalten, wurde 2010 durch den Frensch-Vorstand die Kommission „Psychologie und Psychotherapieausbildung“ unter der Leitung von Winfried Rief eingesetzt. Deren Aufgabe war es, die Ausarbeitung des Ausbildungsreformgesetzes Psychotherapie mit dem Ziel zu begleiten, den für die Psychologie wichtigen Forderungen in der Politik Gehör zu verschaffen und die Institute bei der Umsetzung der Reform zu unterstützen. Sehr gut bewährt hat sich hierbei, dass der Kommission auch die jeweilige DGPs-Präsidentin oder der Präsident und später auch der oder die Vorsitzende der Fakultätentagsleitung angehörten, wodurch Arbeits- und Abstimmungsprozesse beschleunigt werden konnten. Gleichzeitig stellt die enge Verschränkung von Kommission und Vorstand sicher, dass die Interessen der Gesamtheit der Psychologie für die Kommissionsarbeit leitend sind.

Das Engagement der Kommission „Psychologie und Psychotherapie“ im Prozess der Gesetzesnovellierung war enorm und ist es darüber hinaus geblieben. Die langjährige intensive Arbeit, durch die Expertise und Kontakte aufgebaut und erweitert wurden, war ein zentraler Erfolgsfaktor für die aktive Mitgestaltung der Reform. Dies zeigte sich insbesondere an kritischen Stellen, wie z. B. nach der Veröffentlichung eines ersten Eckpunktepapiers des Ministeriums im Jahr 2016, das den zentralen Positionen der DGPs widersprach und großes Entsetzen auslöste. Durch diesen Rückschlag nicht entmutigt, sondern umso mehr motiviert, verstärkten die DGPs-Gremien und insbesondere die Kommission „Psychologie und Psychotherapieausbildung“ ihre fachpolitischen Anstrengungen einmal mehr. In der heißen Phase des Gesetzgebungsprozesses vertraten Mitglieder der Kommission die DGPs in Anhörungen, in deren Vorfeld zum Teil 60 Verbände (z. B. medizinische Fachgesellschaften, Psychotherapeutische Fachgesellschaften, kassenärztliche Vereinigungen, verschiedene Arbeitskreise, Berufsverbände) aufgefordert waren, ihre Stellungnahme zum Referentenentwurf abzugeben. Die jahrelang gepflegten Kontakte und geschmiedeten Allianzen erwiesen sich hier als entscheidend.

Komplementär zur Kommission „Psychologie und Psychotherapieausbildung“ wurde 2013 die Kommission „Studium und Lehre“ ins Leben gerufen, die zunächst durch Andrea Abele-Brehm geleitet wurde und deren Mitglieder die verschiedenen Subdisziplinen der Psychologie repräsentieren. Auch in dieser Kommission ist der DGPs-Vorstand kontinuierlich durch die Präsidentin oder den Präsidenten vertreten. Ihre Hauptaufgabe ist es, Handlungsempfehlungen für Studium und Lehre und deren Qualitätssicherung zu erarbeiten. Explizit wurde diese Kommission zusätzlich beauftragt, die Prozesse der Novellierung des Psychotherapie-Ausbildungsgesetzes zu beobachten und gemeinsam mit der Kommission „Psychologie und Psychotherapie“ dazu beizutragen, die Interessen der Psychologie zu vertreten, unter dem Leitmotiv der Einheit des Faches.

Die von der Kommission entwickelten curricularen Rahmenempfehlungen für Bachelor- und Masterstudiengänge (Abele-Brehm et al., 2014, 2015) waren wesentliche Grundlagen für die Entwicklung der neuen polyvalenten Bachelor- sowie der unterschiedlichen Typen neuer Masterstudiengängen (z. B. Masterprogramme mit und ohne Ziel der Approbation, Allgemeine Master versus spezialisierte oder interdisziplinäre Master). In diesen Empfehlungen wurde unter anderem festgehalten, welche Teilbereiche der Psychologie in den Studiengängen in welchem Umfang abgebildet sein sollen. Die Einhaltung diesbezüglicher Mindeststandards kann durch die DGPs-Qualitätssiegel bescheinigt werden (siehe dazu Abele-Brehm et al., 2024, i. d. Bd.). Im Sinne der Einheit des Faches wurde beispielsweise empfohlen, dass sogenannte Allgemeine Masterstudiengänge mit oder ohne festgelegten Schwerpunkt bevorzugt eingerichtet werden sollen, und dass diese sich durch ein Mindestmaß von jeweils 10 ECTS-Punkten Forschungsmethoden, Diagnostik sowie Grundlagenvertiefung auszeichnen. Die neuen klinisch-therapeutischen Masterprogramme sollen dabei ebenfalls als Allgemeine Master konzipiert werden und den Abschluss „Master of Psychology“ vergeben.

Auch nach der Verabschiedung des Gesetzes gibt die Kommission „Studium und Lehre“ weiterhin Impulse zur Weiterentwicklung von Studienprogrammen und unterstützt die Institute dadurch bei der Umsetzung der Reform. Zum Beispiel kuratiert die Kommission seit 2020 eine Rubrik „Studium und Lehre“ in der Psychologischen Rundschau (Spinath, 2020) und trägt durch Positionspapiere zu Debatten bei (Tuschen-Caffier et al., 2020). Mit diesen Aktivitäten wirkt die Kommission „Studium und Lehre“ primär in die Mitgliederschaft der DGPs hinein, indem die Konsensbildung über Rahmenempfehlungen für das zukünftige Studium vorangetrieben und Informationen an die Mitglieder kommuniziert werden. Demgegenüber agiert die Kommission „Psychologie und Psychotherapieausbildung“ insbesondere nach außen, um die Positionen der DGPs gegenüber Politik und anderen „Stakeholdern“ zu vertreten. Beide Kommissionen haben mit hohem Engagement Positionen der DGPs erarbeitet und kommuniziert, was durch zahlreiche Positionspapiere, Stellungnahmen und Schreiben an relevante Personen in der Politik und andere Verbände dokumentiert ist.

Eine besondere Rolle spielt in diesem Prozess der Konsensbildung und Bereitstellung von Informationen der 2015 gegründete Fakultätentag, dessen erster Vorsitzender Markus Bühner wurde. Die Gründung fiel in die Zeit der Präsidentschaft von Andrea Abele-Brehm und war im Vorstand um Jürgen Margraf vorbereitet worden. Da die Ausgestaltung der Studienprogramme den Instituten obliegt, ist ein Gremium, das diese direkt adressiert, für die Prozesse rund um Studium und Lehre von besonderer Bedeutung. Durch den Fakultätentag bekam die Psychologie neben der Fachgesellschaft eine weitere Stimme innerhalb des Reformprozesses, was zum Beispiel wichtig wurde, wenn verschiedene Verbände zu Anhörungen eingeladen oder zu Stellungnahmen aufgefordert wurden. Durch die enge Verschränkung von Fakultätentag und DGPs-Vorstand kann sichergestellt werden, dass beide Gremien abgestimmte Positionen vertreten. Nach seiner DGPs-Präsidentschaft übernahm Conny Antoni für mehrere Amtsperioden mit großem Engagement den Vorsitz des Fakultätentages. So entwickelte sich der Fakultätentag innerhalb kürzester Zeit zu einem wichtigen Gremium, das die Schlagkraft in fachpolitischer Hinsicht enorm verstärkte.

Die Rolle der DGPs-Qualitätssiegel für die Entwicklung der neuen Studiengänge

Ein wichtiges Instrument, um die DGPs-Empfehlungen zur Gestaltung der reformierten Studiengänge in die Institute zu tragen, sind die Qualitätssiegel. Der Vorstand unter Jürgen Margraf hatte 2014 beschlossen, Qualitätssiegel für verschiedene Typen von psychologischen Studiengängen zu vergeben, die in Bezug auf Struktur und Inhalt den Empfehlungen der DGPs folgen und die im Hinblick auf ihre Wissenschaftlichkeit und Forschungsorientierung gewisse Mindeststandards einhalten (siehe dazu Abele-Brehm et al., 2024, i.d.Bd.). Wie im Zusammenhang mit der Bologna-Reform bereits erwähnt, prüften die im Rahmen der staatlichen Akkreditierung vorgesehenen Verfahren lange Zeit nicht die fachlich-inhaltlichen Kriterien, die jedoch aus der Sicht jeder Fachdisziplin das zentrale Element eines Studienprogramms sein dürften. Ein vergleichbarer Aufbau der Studiengänge ist Voraussetzung dafür, dass die erworbenen Studienabschlüsse zuverlässig für bestimmte erworbene Kompetenzen stehen können. Zudem kann über Mindestanforderungen an Studieninhalte die Einheit des Faches gestärkt werden. Wesentliche Elemente des Qualitätssiegels, die diesen Zielen dienen, sind unter anderem:

  • Mindestvorgaben an ECTS-Punkten für verschiedene Subdisziplinen der Psychologie,
  • verbindliche Vorgaben für die Bezeichnung von Masterprogrammen und zugehörigen Abschlüssen (z. B. Allgemeiner Master mit Abschluss M.Sc. Psychologie),
  • Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen für konsekutive Masterprogramme (Zulassung zu Allgemeinen Masterprogramme setzt einen Bachelorabschluss in einem breiten Psychologie-Studiengang voraus),
  • definierte Elemente, die die Wissenschaftlichkeit und Forschungsorientierung eines Studiengangs belegen.

Darüber hinaus erfüllt das Qualitätssiegel auch wietere Funktionen, wie z. B. die Erhöhung von Transparenz für Studierende und Studieninteressierte. Dies ist unter anderem deshalb von großer Bedeutung, weil auf dem wachsenden Markt von Anbietern tertiärer Bildung privatwirtschaftliche Organisationen primär gewinnorientiert arbeiten. Die Psychologie ist aufgrund der großen Nachfrage nach Studienplätzen und der Bereitschaft, dafür zu zahlen, ein sehr lukratives Studienfach für solche Anbieter. In hohem Maße bedenklich ist daher die Entwicklung an privaten Hochschulen, die – als Universitäten akkreditiert – das begehrte Studium zur Approbation in Psychotherapie anbieten, ohne dass sie aus Sicht des Faches die inhaltlichen Qualitätskriterien erfüllen (Bühner, 2023). Auch um diese, sich diversifizierenden Studienangebote zu prüfen, ist das DGPs-Qualitätssiegel wichtig. Für staatliche Anbieter von Psychologie-Studiengängen können die formulierten Standards eine wesentliche Argumentationsgrundlage sein, etwa bei Verhandlungen über curriculare Werte und sonstige Rahmenbedingungen von Studienprogrammen.

Fazit und Ausblick

In der Umsetzung der Bologna-Reform und dem damit verbundenen Ende des Diplomstudiengangs, der dem Fach über Jahrzehnte hinweg ein einigendes Fundament verliehen hatte, verstand die Psychologie es mit einer bemerkenswert hohen Anpassungsfähigkeit, externe Vorgaben mit fachintern erstrebten Änderungen und Zielen zu verbinden. Zugleich bewies die Psychologie eine ebenso bemerkenswerte Widerstandsfähigkeit gegenüber (bildungs)‌politischen Zumutungen, die als für das Fach schädlich beurteilt wurden. Grundlage für die hohe Resilienz waren ein starker Wille zur Einheit und der breite Konsens im Fach, die von der DGPs in umfassender fachinterner Diskussion unterstützt wurden und sie zu einer erfolgreichen Auseinandersetzung mit den relevanten externen Akteuren befähigte.

In den aktuellen Reformen spielen diese Erfolgsgaranten wieder eine wichtige Rolle. Unabhängig von der inhaltlichen Bewertung der aus Anlass der Novellierung des Psychotherapie-Ausbildungsgesetzes durchgeführten Reform kann die aktive Gestaltung der Veränderungsprozesse durch die DGPs erneut als Modell für erfolgreiche fachpolitische Arbeit angesehen werden. Die dabei gewonnenen Erfahrungen und eingesetzten Mittel können auch für weitere fachpolitische Ziele dienstbar gemacht werden. Nun gilt es, weitere lohnende Ziele zu identifizieren, konsensuell abgestimmte Positionen zu formulieren und Personen zu finden, die sich langfristig dafür einsetzen. Gleichzeitig sind der Reformprozess und die damit einhergehenden Veränderungen an den Psychologischen Instituten noch nicht abgeschlossen. Wie die Reform schlussendlich bewertet werden wird, hängt – wie bereits bei der Umstellung vom Diplom auf den Bachelor-Masterstudiengang – von der konkreten Umsetzung an den Standorten ab. Die Grundlagen dafür, dass auch die erneute Reform ein Erfolgsmodell werden kann, sind jedoch gelegt. Wir sind zuversichtlich, dass das Fach die richtigen Lehren aus der Vergangenheit zieht und Einheit und Geschlossenheit auch künftig als oberste Ziele bewahren wird.

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