Zwischen Pendelmigration und Pflegebedürftigkeit
Muster der Lebensgestaltung bei älteren griechischen Migranten
Abstract
Im Rahmen einer qualitativen Untersuchung (halbstrukturierte Interviews mit acht Frauen und Männern im Alter von 65 bis 85 Jahren im Rhein-Main-Gebiet) wurde untersucht, wie alte griechische Migranten ihr Leben in der Nachberentungsphase im Rahmen der sog. «Pendelmigration» gestalten, welche Kontinuitäts- und Veränderungsmuster sich dabei abzeichnen, und mit welchen Absichten und Strategien sie sich auf ihre Zukunft einstellen. Auf dem Hintergrund der Datenlage zur sozialen Lage griechischer Migranten werden migrationstheoretische und gerontologische Ansätze diskutiert, die dazu geeignet sind, die je individuellen Formen (erfolgreicher) transnationaler Lebensgestaltung differenziert zu erfassen. Auf der Grundlage des Konzepts der Grounded Theory von Strauss und Corbin (1996) wurden die transkribierten Interviews einer Datenanalyse unterzogen und mithilfe eines daraus generierten Analysemodells ausgewertet. Ergebnisse: Hinter dem Begriff der «Pendelmigration» verbirgt sich eine facettenreiche Wirklichkeit aktiver transnationaler Lebensgestaltung, in der Strategien der Assimilation und Akkommodation (Brandtstädter & Renner, 1990) balanciert werden («flexible experimentelle Zielverfolgung»). Diese Kompetenz erweist sich als eine Folge eines jahrzehntelangen Lernprozesses in der Migration und sollte in der gerontologischen Forschung noch weiter ausgearbeitet und in der Altenhilfeplanung stärker berücksichtigt werden.
A qualitative survey (semi-structured interviews) of eight men and women aged between 65 and 85 in the Rhine-Main area of Germany examined the ways in which older Greek migrants manage their lives in the post-retirement phase in the context of «circular migration», the different patterns of continuity and change that are emerging as a result, and the plans and strategies they adopt to prepare for their future. Migration-theory and gerontological approaches which lend themselves to differentiating the individual forms of a (successful) transnational way of life are discussed on the basis of the available data on the social situation of Greek migrants. The transcribed interviews were analysed applying the concept of Grounded Theory by Strauss & Corbin (1991) and evaluated using an analysis model generated from the data analysis. The results show that the term «circular migration» (or «recurrent migration») stands for a multi-facetted reality of an active transnational way of living in which assimilative and accommodative strategies (Brandtstädter & Renner, 1990) are balanced («flexible experimental goal adjustment»). This competency proves to be a consequence of a decade-long learning process in migration and should be further elaborated on in gerontological research and taken into consideration to a greater extent in planning care of the elderly.
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