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Open AccessOriginalarbeit

Langzeiteffekte des Präventionsprogramms Klasse2000 auf den Substanzkonsum

Ergebnisse einer kontrollierten Studie an Schülerinnen und Schülern in Hessen

Published Online:https://doi.org/10.1024/0939-5911.a000365

Abstract

Zielsetzung: Untersuchung der langfristigen Auswirkungen des für die Grundschule konzipierten Präventionsprogramms Klasse2000 auf den Substanzkonsum. Methodik: Klasse2000 will mittels interaktiver Methoden die Lebenskompetenzen fördern und zu einem gesunden Lebensstil motivieren. Die Daten wurden in schriftlichen Nachbefragungen einer Kontrollgruppenstudie mit Messwiederholung 16 Monate (N = 501, mittl. Alter 11,4 Jahre, 43,7 % männlich) und 36 Monate (N = 408, mittl. Alter 12,9 Jahre, 43,1 % männlich) nach Ende der Intervention gewonnen. Die Zuteilung zu den Gruppen erfolgte in der Ursprungsstudie auf Ebene der Schulen unter Berücksichtigung der Präferenz der Schulen. Ergebnisse: In beiden Nachbefragungen waren Lebenszeitprävalenz und Inzidenz des Rauchens in der Interventionsgruppe statistisch bedeutsam geringer als in der Kontrollgruppe. Beim Alkoholkonsum konnte nur in der ersten Nachbefragung eine signifikant geringere Lebenszeitprävalenz in der Interventionsgruppe gefunden werden. In der zweiten Nachbefragung war in der Untergruppe derjenigen Jugendlichen, die bereits Alkohol konsumiert hatten, in der Interventionsgruppe die Intensität des Alkoholkonsums geringer als in der Kontrollgruppe. Schlussfolgerungen: 16 bzw. 36 Monate nach Abschluss der Intervention finden sich Hinweise auf präventive Effekte des Programms Klasse2000 auf das Rauchverhalten. Für den Alkoholkonsum ist die Befundlage weniger überzeugend.

Long-term Effects of the Prevention Program Klasse2000 on Substance Use: Results of a controlled Study in Students in Hesse

Aims: To investigate the long-term effects of the elementary school-based prevention program Klasse2000 on substance use. Methods: Klasse2000 is a curriculum for grades 1 to 4 which is implemented in routine school settings. By using interactive methods, Klasse2000 aims to foster life skills as well as a healthy lifestyle in children. Data were assessed in two written follow-up surveys of a sample of students originating from a controlled trial in Hesse. Surveys were conducted 16 months (N = 501, mean age 11.4 years, 43.7 % male) and 36 months (N = 408, mean age 12.9 years, 43.1 % male) after the completion of the intervention. In the origin study, schools were allocated to either the intervention or control group, the preference of schools being taken into account. Results: In both follow-up surveys, lifetime prevalence and incidence of smoking was significantly lower in intervention students compared to control students. There was only one significant group difference for lifetime prevalence of alcohol use in the first follow-up survey. At second follow-up, intensity of alcohol use among those with ever-use was lower in intervention students. Conclusion: We found hints for the preventive effects of Klasse2000 on smoking 16 resp. 36 months after completion of the intervention. For alcohol use, the evidence of efficacy is less convincing.

Einführung

Zur Prävention des Substanzkonsums bei Kindern und Jugendlichen werden häufig universelle schulbasierte Programme eingesetzt, da diese ein praktikables Mittel zur Erreichung nahezu kompletter Kohorten von Kindern und Jugendlichen sind. Dabei beruhen viele Präventionsprogramme im Schulsetting auf dem von Botvin entwickelten Lebenskompetenztraining (Botvin, Baker, Dusenbury, Tortu, & Botvin, 1990; Botvin, 2000) sowie dem Modell des sozialen Einflusses (Evans, 1976). Derartige Programme werden auch bereits im Kindesalter weit vor dem durchschnittlichen Einstiegsalter in das erste Experimentieren mit psychotropen Substanzen eingesetzt. Das dahinterstehende Interventionsrational geht davon aus, Kinder durch die Förderung ihrer Persönlichkeit und ihrer Kompetenzen universell und primärpräventiv so zu stärken, dass sie aktuelle und künftige Herausforderungen des Lebens – u. a. im Umgang mit Substanzen – besser auf funktionale Weise bewältigen können.

Studien zur Effektivität lassen sich derart zusammenfassen, dass es allgemein betrachtet Hinweise für eine Wirksamkeit von Lebenskompetenzprogrammen in der Prävention des Rauchens und mit weniger ausgeprägter Evidenz auch in der Prävention des Alkoholkonsums gibt. Die Befundlage zu langfristigen Effekten, d. h. bedeutsamen Auswirkungen, die z. B. auch noch nach zwei Jahren nachgewiesen werden könnten, ist jedoch nicht eindeutig (Cuijpers, 2002; Flay, 2009a; Flay, 2009b; Foxcroft, Ireland, Lister-Sharp, Lowe, & Breen, 2002; Thomas, McLellan, & Perera, 2013; Tobler et al., 2000; Foxcroft & Tsertsvadze, 2011). Zudem basiert ein Großteil dieses Forschungsstandes auf Studien aus dem angloamerikanischen Raum, nur relativ wenige Evaluationsstudien wurden in Europa oder gar speziell in Deutschland durchgeführt.

Das in Deutschland am weitesten verbreitete Programm zur Gesundheitsförderung in der Grundschule ist mit über 18.000 teilnehmenden Schulklassen im Schuljahr 2013/2014 Klasse2000. Das Unterrichtsprogramm Klasse2000 zielt darauf ab, Kinder zu einem gesunden Lebensstil zu motivieren und sie mit dem dazu notwendigen Wissen, Einstellungen und Fertigkeiten auszurüsten.

Zwei Studien zur Ergebnisevaluation ergaben Hinweise auf die Wirksamkeit des Programms insbesondere hinsichtlich des Substanzkonsums am Ende der Grundschulzeit (Maruska, Isensee, & Hanewinkel, 2011; Bölcskei, Hörmann, Hollederer, Jordan, & Frenzel, 1997).

In der aktuellen Arbeit werden nun Befunde aus zwei Follow-up-Befragungen einer Stichprobe von Jugendlichen dargestellt, die in den Schuljahren 2004/2005 bis 2007/2008 an der Studie zur Evaluation des Programms in hessischen Grundschulen teilnahmen (Maruska et al., 2011). Diese Schülerinnen und Schüler wurden 16 und 36 Monate nach Ende der Intervention nachbefragt, als sie am Beginn der 6. bzw. Ende der 7. Klassenstufe waren. Über die Nachbefragungen sollte untersucht werden, ob initial positive Effekte des Programms Klasse2000 auch langfristig nach Beendigung der Intervention nachweisbar sind. Konkret sollte geprüft werden, wie sich die Kinder weiterentwickeln, die an dem Programm Klasse2000 teilnahmen, im Vergleich zu Kindern, die die Inhalte des Programms nicht vermittelt bekommen haben. Dabei interessierten primär Auswirkungen auf den Konsum von Zigaretten und Alkohol, da die untersuchten Schülerinnen und Schüler zum Zeitpunkt der Nachbefragungen in der 6. bzw. 7. Klasse und damit zu Beginn der Hochrisikozeit für den Einstieg in den Konsum legaler Drogen waren. Eine derartige Katamnese ist bisher wohl einmalig für den deutschsprachigen Raum.

Methode

Intervention

Klasse2000 ist für die Schuljahre 1 bis 4 konzipiert. Die Umsetzung erfolgt im Klassenverband und umfasst etwa 15 ausgearbeitete Unterrichtseinheiten pro Schuljahr, deren Inhalte mittels erlebnis- und handlungsorientierter interaktiver Methoden durch Lehrkräfte und externe, in den Bereichen Gesundheit und Pädagogik geschulte Gesundheitsförderer vermittelt werden. Die Themen Nikotin- und Alkoholkonsum (wie Abhängigkeitsentwicklung, Wirkungen des Rauchens und des Alkohols, Vermittlung von Fakten zur Prävalenz des Konsums zum Aufbau realistischer Normen und das Erkennen und Widerstehen von Gruppendruck) werden im vierten Schuljahr fokussiert und erfolgen mittels verhaltensbezogener Methoden wie u. a. Rollenspiele, Selbstverpflichtung zur Abstinenz mit Verhaltensvertrag und Verzichtsübungen. Eine detailliertere Beschreibung des Programms erfolgt bei Storck (2010) und unter www.klasse2000.de.

Design

Ausgangspunkt für die beiden Follow-up-Erhebungen ist eine kontrollierte Studie zu den Effekten von Klasse2000 in der Grundschule, die in den Schuljahren 2004/2005 bis 2007/2008 im Bundesland Hessen durchgeführt wurde (Maruska et al., 2011). In der Ursprungsstudie wurden Klassen, die über die gesamte Grundschulzeit an Klasse2000 teilnahmen (Interventionsgruppe, IG), mit Klassen verglichen, die nicht an Klasse2000 teilnahmen und „nur“ den üblichen Unterricht erhielten (Kontrollgruppe, KG). Die Zuweisung zu IG und KG erfolgte auf Schulebene und berücksichtigte die Präferenz der Schulen. In den Klassen beider Gruppen fanden während der Grundschulzeit insgesamt fünf fragebogengestützte Erhebungen statt, wobei in den Klassenstufen 1 und 2 nur die Lehrkräfte, in den Klassenstufen 3 und 4 zusätzlich auch die Schülerinnen und Schüler selbst befragt wurden.

Die erste Nachbefragung der Schülerinnen und Schüler erfolgte im Herbst 2009, 16 Monate nach Ende der Intervention. Die zweite Nachbefragung fand im Frühsommer 2011 und damit 36 Monate nach Ende der Intervention statt. Die Schülerinnen und Schüler waren zum Zeitpunkt der Nachbefragungen in der Regel in der 6. bzw. am Ende der 7. Klassenstufe.

Stichprobe und Procedere

In die Ursprungsstudie wurden nur Kinder mit einer aktiven Zustimmung der Eltern zur Beteiligung an der Untersuchung aufgenommen. Das Einholen der aktiven Zustimmung bei den Eltern wurde für die Folgebefragungen am Ende der vierten Klasse (Sommer 2008) wiederholt. In diesem Zuge wurden auch die Privatadressen der Schülerinnen und Schüler durch die Eltern angegeben.

Um die Daten der Nachbefragungen mit denen der Ursprungsstudie zusammenführen zu können, generierten sich die Schülerinnen und Schüler sowohl in der letzten Befragung der Grundschulzeit als auch in den Nachbefragungen selbst einen individuellen Code nach einem vorgegebenen Schema (Galanti et al., 2007). Das Studiendesign, die Erhebungsinstrumente und alle verwandten Dokumente wurden im Vorwege durch den Hessischen Datenschutzbeauftragten sowie das Hessische Kultusministerium geprüft.

Die Stichprobe der Ursprungsstudie bestand zur Baseline in der 1. Klasse (Anfang 2005) aus 119 Klassen aus 58 Schulen. Von diesen wurden 65 Klassen aus 29 Schulen mit 1.123 Schülerinnen und Schülern der IG zugeordnet, 54 Klassen aus 29 Schulen mit 936 Schülerinnen und Schülern der KG. Da die Zuordnung zu Interventions- und Kontrollgruppe nicht randomisiert, sondern unter Berücksichtigung der Präferenz der Schulen erfolgte, konnte nicht von einer Prätest-Äquivalenz ausgegangen werden. In der Tat wiesen die Werte in der Baseline-Befragung darauf hin, dass in den Klassen der Interventionsgruppe insgesamt schwierigere Ausgangsbedingungen vorlagen. So wies die Interventionsgruppe u. a. höhere Raten von Verhaltensproblemen, geringer eingeschätzte Kompetenzen und einen höheren Anteil von Kindern aus sozial schwierigen Verhältnissen und mit Migrationshintergrund auf (Isensee & Hanewinkel, 2009).

In den ersten beiden Klassen erfolgte nur eine Befragung der Lehrkräfte, die u. a. jedes einzelne Kind hinsichtlich verschiedener Kompetenzen und Verhaltensauffälligkeiten beurteilten. Die Schülerinnen und Schüler und Schüler selbst wurden erstmals zu Beginn der 3. Klasse befragt. An dieser Befragung beteiligten sich 1.724 Schülerinnen und Schüler aus 104 Klassen. An der letzten Befragung der Ausgangsstudie am Ende der 4. Klasse im Sommer 2008 nahmen 1.359 Schülerinnen und Schüler aus 79 Klassen aus 48 Schulen teil (detaillierte Darstellung vgl. Maruska et al., 2011).

Die Genehmigung durch die Eltern für die Teilnahme an den Nachbefragungen sowie die private Anschrift lagen für insgesamt 958 Schülerinnen und Schülern (N = 503 aus der IG, N = 455 aus der KG) vor, welche die Ausgangsstichprobe für die Nachbefragungen bildeten.

Diese wurden für die erste Nachbefragung im Herbst 2009 sowie für die zweite Nachbefragung im Frühsommer 2011 jeweils zweimalig angeschrieben. Die Fragebögen der Nachbefragungen wurden zusammen mit einem freigestempelten Rückumschlag postalisch an die Jugendlichen versandt, dabei erfolgte jeweils nach sechs Wochen ein zweites Anschreiben samt Fragebogen zur Erinnerung. Abbildung 1 illustriert den Stichprobenverlauf. Aus der ersten Nachbefragung konnten nach Abzug doppelter Fälle (N = 74; verwendet wurde der zuerst zurückgesandte Fragebogen), unzustellbarer Fragbögen (N = 46), Verweigerungen (N = 4) und fehlender Rückmeldung (N = 207) von den vorliegenden 627 Datensätzen N = 501 den Grundschuldaten zugeordnet werden (24,3 % von den zur Baseline eingeschlossenen Kindern, 36,9 % von den Kindern mit Fragebögen am Ende der 4. Klasse, 52,3 % von den Kindern mit vorliegender Adresse). Aus der zweiten Nachbefragung resultierten 513 Datensätze, von denen N = 408 zugeordnet werden konnten (N = 53 Doppler, N = 46 unzustellbare Fragebögen, N = 3 Verweigerungen, N = 346 fehlende Rückmeldungen; 19,8 % von den zur Baseline eingeschlossenen Kindern, 30,0 % von den Kindern mit Fragebögen am Ende der 4. Klasse, 42,6 % von den Kindern mit vorliegender Adresse). Von der Mehrheit dieser Fälle (N = 358) lagen Daten sowohl aus der Grundschule als auch aus beiden Nachbefragungen vor. Bei den restlichen 50 Schülerinnen und Schülern waren Daten aus der Grundschule und zweiten Nachbefragung, nicht aber aus der ersten Nachbefragung verfügbar.

Abbildung 1. Flussdiagramm

Tabelle 1 beschreibt die Stichprobe der 501 bzw. 408 Schülerinnen und Schüler, deren Daten aus der ersten bzw. zweiten Nachbefragung denjenigen aus der Ausgangsstudie zugeordnet werden konnten. Das mittlere Alter betrug in der ersten Nachbefragung 11,4 Jahre und in der zweiten Nachbefragung 12,9 Jahre. Der Mädchenanteil lag etwas höher als der Jungenanteil und die am häufigsten besuchten Schulformen waren das Gymnasium und die Gesamtschule. In beiden Nachbefragungen zeigte sich eine annähernd gleiche Verteilung dieser Variablen in Interventions- und Kontrollgruppe.

Tabelle 1. Beschreibung der Stichprobe der ersten Nachbefragung (N = 501) und der zweiten Nachbefragung (N = 408)

Erhebungsinstrument

In den Nachbefragungen wurde ein Fragebogen eingesetzt, in dem folgende Konstrukte erfasst wurden:

  • Soziodemographische Angaben: Geschlecht, Alter, derzeit besuchte Schulform
  • Lebenszeitprävalenz des Rauchens: „Wie viele Zigaretten hast du in deinem Leben geraucht?“ mit den Antwortkategorien „Keine“, „Nur ein paar Züge“, „1 bis 19 Zigaretten (weniger als eine Packung)“, 20 bis 100 Zigaretten (eine bis fünf Packungen)“ und „Mehr als 100 Zigaretten (mehr als fünf Packungen)“ (Bondy, Victor, & Diemert, 2009). Schülerinnen und Schüler mit der Angabe „Keine“ wurden als Nieraucher eingestuft, alle anderen als bereits raucherfahren.
  • Aktuelles Rauchen: „Wie häufig rauchst du zur Zeit?“ mit den Antwortkategorien „Ich rauche nicht“, „Weniger als einmal im Monat“, „Mindestens einmal im Monat, aber nicht jede Woche“, „Mindestens einmal in der Woche, aber nicht jeden Tag“ und „Jeden Tag“. Als aktuell rauchend wurden alle Personen eingestuft, die mindestens die Kategorie „Weniger als einmal im Monat“ angekreuzt haben.
  • Lebenszeitprävalenz des Alkoholkonsums: „Hast du schon einmal Alkohol getrunken?“ mit den Antwortkategorien „Ja“ und „Nein“.
  • Lebenszeitprävalenz des heimlichen Alkoholkonsums ohne das Wissen der Eltern: „Hast du schon einmal Alkohol getrunken und deine Eltern wussten nichts davon?“ mit den Antwortkategorien „Ja“ und „Nein“.
  • Alkoholkonsum in den letzten 30 Tagen: „Denk an die letzten 30 Tage. An wie vielen Tagen, wenn überhaupt, hast du Alkohol getrunken?“ mit den Antwortkategorien „Nie“, „An 1 – 2 Tagen“, „An 3 – 5 Tagen“, „An 6 – 9 Tagen“, „An 10 – 19 Tagen“, „An 20 – 29 Tagen“, „Jeden Tag“.
  • Übliche Konsummenge: „Wenn du Alkohol trinkst, wie viele alkoholische Getränke trinkst du dann normalerweise? Ein alkoholisches Getränk ist z. B. ein Glas Wein, ein Glas Sekt, eine Flasche Bier oder Biermix oder ein Schnapsglas mit Wodka, Rum oder ähnlichem Schnaps“ mit den Antwortkategorien „Ich trinke keinen Alkohol“, „Weniger als ein ganzes alkoholisches Getränk“, „Ein bis zwei alkoholische Getränke“, „Drei bis vier alkoholische Getränke“, „Fünf bis sechs alkoholische Getränke“, „Mehr als sechs alkoholische Getränke“.
  • Trunkenheitserfahrung: „Wie oft, wenn überhaupt, warst du schon einmal betrunken, so dass du z. B. beim Laufen hin und her geschwankt bist, nicht mehr ordentlich sprechen konntest oder dich am nächsten Tag an nichts mehr erinnern konntest?“ mit den Antwortkategorien „Noch nie“, „Einmal“, „Zweimal“, „Drei- bis fünfmal“, „Sechsmal oder öfter“ (Kraus, Pabst, & Steiner, 2008).
  • Lebenszeitprävalenz des Binge drinkings: „Wie häufig hast du schon fünf oder mehr alkoholische Getränke bei einer Gelegenheit getrunken?“ mit den Antwortkategorien „Noch nie“, „Einmal“, „Zweimal“, „Drei- bis fünfmal“, „Sechsmal oder öfter“ (Kraus, Pabst, & Steiner, 2007).

Auswertung

Zur Testung auf Gruppenunterschiede der Stichprobencharakteristika zum Zeitpunkt der ersten und zweiten Nachbefragung wurden in Abhängigkeit vom Antwortformat der untersuchten Variablen t-Tests für unabhängige Stichproben sowie χ2-Tests berechnet. Für die Attritionsanalyse wurden zur Prädiktion des Ausfalls aus der Studie logistische Regressionen berechnet, zur Analyse möglicher selektiver Ausfälle wurde dabei ein Interaktionsterm Variable x Gruppenbedingung eingefügt. Gruppenunterschiede in den Outcomevariablen wurden mittels logistischer Regressionen getestet, wobei in allen Analysen für die Kovariaten Alter, Geschlecht und Schultyp kontrolliert wurde. Es wurden die Kovariaten zum Zeitpunkt der jeweiligen Nachbefragung genutzt. Aus den Regressionen resultierende signifikante Odds Ratios wurden in Effektstärken (Cohen’s d) konvertiert (Borenstein, Hedges, Higgins, & Rothstein, 2009).

N = 26 Schülerinnen und Schüler mit inkonsistenten Angaben bezüglich der Lebenszeitprävalenz des Rauchens oder des Alkoholkonsums wurden aus der Analysestichprobe ausgeschlossen.

In der Ursprungsstudie lag eine geclusterte Datenstruktur vor, da Rekrutierung und Gruppenzuteilung auf Schulebene und die Intervention auf Klassenebene erfolgte (Schülerinnen und Schüler genestet in Klassen). Wegen des Schulwechsels nach der Grundschulzeit sind die Schülerinnen und Schüler in den Nachbefragungen nicht mehr in diesen Klassenverbänden genestet. Auf Basis der Klassencluster der Ursprungsstudie betrug in der ersten Nachbefragung die mittlere Clustergröße 6,2 (Minimum 1, Maximum 15), in der zweiten Nachbefragung von (Minimum 1, Maximum 13). Die mittlere Intraklassenkorrelation für die sieben Outcomes betrug 0,08. Auf Grund der geringen Intraklassenkorrelation und der teilweise nur sehr geringen Clusterbesetzung wurde von Auswertungen in einem Mehrebenenmodell abgesehen.

Alle Tests waren beidseitig. Beobachtete Signifikanzwerte von < 0,05 wurden als statistisch signifikant bewertet. Die Berechnungen wurden mit Hilfe des Programms STATA/SE 13.0 (StataCorp., 2013) durchgeführt.

Ergebnisse

Attritionsanalyse

Vergleicht man die N = 501 Schülerinnen und Schüler, von denen sowohl Daten aus der letzten Grundschul- als auch aus der ersten Nachbefragung vorliegen, mit den Schülerinnen und Schülern, für die aus der Grundschule Daten vorliegen, nicht jedoch aus der ersten Nachbefragung (N = 858), so sind die ausgeschiedenen Schülerinnen und Schüler im Vergleich zu den in der Studie verbliebenen Schülerinnen und Schülern signifikant häufiger männlich, sie weisen am Ende der 4. Klasse höhere Lebenszeitprävalenzen für Rauchen auf und geben seltener an, auf ein Gymnasium zu wechseln. Es zeigen sich aber weder Unterschiede in den Ausfallraten zwischen Interventions- und Kontrollgruppe noch gibt es Hinweise auf selektive Ausfälle, d. h. es scheinen in beiden Gruppen Schülerinnen und Schüler mit ähnlichen Merkmalen ausgeschieden zu sein (geprüft über logistische Regressionen mit Interaktionen Variable x Gruppenbedingung). Analoge Muster zeigten sich auch für die zweite Nachbefragung beim Vergleich der N = 408 Schülerinnen und Schüler mit Daten aus sowohl der vierten Klasse als auch der zweiten Nachbefragung mit den Schülerinnen und Schülern, für die aus der letzten Befragung in der Grundschule Daten vorliegen, nicht jedoch aus der zweiten Nachbefragung (N = 951): Geschlecht, anvisierter Schultyp und Raucherfahrung am Ende der 4. Klasse prädizierten den Verbleib in der Studie, zudem waren in der zweiten Nachbefragung ausgeschiedene Schülerinnen und Schüler signifikant älter als Schülerinnen und Schüler mit Verbleib in der Studie. Es ergaben sich auch bei der zweiten Nachbefragung keine Hinweise auf selektive Ausfälle.

Effekte auf das Rauchverhalten und den Alkoholkonsum

In beiden Nachbefragungen lag die Lebenszeitprävalenz für das Rauchen in der Interventionsgruppe (3,4 % in der 1. Nachbefragung, 7,5 % in der 2. Nachbefragung) signifikant niedriger als in der Kontrollgruppe (9,1 % bzw. 19,6 %; vgl. Abb. 2). Nur vereinzelt gaben Schülerinnen und Schüler an, aktuell zu rauchen. Numerisch lagen diese Quoten in der Kontrollgruppe höher, auf Grund der geringen Zellbesetzung sind diese Unterschiede jedoch nur sehr eingeschränkt aussagekräftig. Die Inzidenzraten, d. h. der Anteil der Jugendlichen, die zwischen dem Ende der Grundschulzeit und der ersten bzw. zweiten Nachbefragung erstmals geraucht haben, waren in der Interventionsgruppe signifikant niedriger als in der Kontrollgruppe (1. Nachbefragung: 1,2 % vs. 5,8 %; 2. Nachbefragung: 5,8 % vs. 15,8 %). Die Effektstärken für die signifikanten Programmeffekte waren klein (Lebenszeitprävalenz: 1. Nachbefragung d = 0,21, 2. Nachbefragung d = 0,22; Inzidenz: 1. Nachbefragung d = 0,32, 2. Nachbefragung d = 0,22).

Abbildung 2. Effekte der Teilnahme an Klasse2000 auf das Rauchverhalten (Odds Ratios kontrolliert für Alter, Geschlecht, Schultyp)

Die Lebenszeitprävalenzen und Inzidenzraten des Alkoholkonsums insgesamt und des heimlichen Alkoholkonsums ohne elterliches Wissen sind zwar in der Interventionsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe numerisch geringer ausgeprägt (vgl. Abb. 3), diese Gruppenunterschiede lassen sich jedoch nur für die Lebenszeitprävalenz des Alkoholkonsums in der ersten Nachbefragung (12,3 % vs. 18,9 %, d = 0,10) statistisch absichern.

Abbildung 3. Effekte der Teilnahme an Klasse2000 auf das Alkoholkonsumverhalten (Odds Ratios kontrolliert für Alter, Geschlecht, Schultyp)

Betrachtet man die Jugendlichen, die in der zweiten Nachbefragung bereits über Erfahrungen mit Alkohol berichtet haben (N = 159), näher, so zeigen sich in dieser Untergruppe – auf Basis z. T. kleiner Zellbesetzungen – Gruppenunterschiede in der Intensität des Alkoholkonsums (vgl. Abb. 4): Der Anteil der Jugendlichen, die in ihrem bisherigen Leben bereits mindestens einmal betrunken waren (IG: 1,3 %; KG: 10,1 %) oder Binge Drinking betrieben haben (IG: 13,8 %, KG: 31,7 %), war in der Kontrollgruppe signifikant höher als in der Interventionsgruppe. Vergleichbar berichtete in der Kontrollgruppe ein signifikant höherer Anteil, an einem Tag mit Alkoholkonsum mindestens drei Gläser Alkohol zu trinken (IG: 1,3 %, KG: 11,4 %), während die 30-Tage-Prävalenz für Alkoholkonsum vergleichbar hoch ausgeprägt war (IG: 33,8 %, KG: 37,2 %).

Abbildung 4. Effekte der Teilnahme an Klasse2000 auf die Ausprägung des Alkoholkonsums bei Jugendlichen, die bereits Erfahrungen mit Alkohol haben (N = 159; Odds Ratios kontrolliert für Alter, Geschlecht, Schultyp)

Diskussion

Ziel der vorliegenden Studie war es zu untersuchen, ob sich für ein in der Grundschule durchgeführtes Präventionsprogramm auch über die Durchführungszeit hinaus Auswirkungen auf den Substanzkonsum zeigen lassen. Dazu wurden Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Kontrollgruppenstudie zum Programm Klasse2000 zwei Mal – 16 und 36 Monate nach Verlassen der Grundschule und damit auch dem Ende der Umsetzung von Klasse2000 – nachbefragt.

Es zeigte sich, dass es in beiden Gruppen insbesondere in der zweiten Nachbefragung zu einer teilweise deutlich ausgeprägten Zunahme des Substanzkonsums kam, d. h. dass offenbar mit der Terminierung der Nachbefragungen Jugendliche in einem Lebensalter erreicht werden konnten, in dem sich erste Konsumerfahrungen häufen.

Dabei waren in beiden Nachbefragungen die Lebenszeitprävalenz sowie die Inzidenz für das Rauchen bei den Jugendlichen, die in der Grundschule an Klasse2000 teilgenommen haben, signifikant niedriger als bei den Jugendlichen der Kontrollgruppe. Da sich in der Ursprungsstudie bereits am Ende der 4. Klasse Effekte auf das Rauchverhalten zeigen ließen (Maruska et al., 2011), lässt sich somit aus den Gruppenunterschieden in der Lebenszeitprävalenz der ersten und zweiten Nachbefragung folgern, dass diese unmittelbar nach Ende der Intervention festgestellten Unterschiede über einen Zeitraum von drei Jahren aufrechterhalten werden konnten. Zudem zeigen die Befunde zu den Inzidenzraten, die auf der Untergruppe der Schülerinnen und Schüler, die am Ende der 4. Klasse noch nie geraucht haben, beruhen und somit hinsichtlich des Ausgangsniveaus zu diesem Zeitpunkt in beiden Gruppen vergleichbar waren, dass in der Interventionsgruppe im Zeitraum bis zur ersten und zweiten Nachbefragung signifikant weniger Jugendliche mit dem Zigarettenkonsum begonnen haben als in der Kontrollgruppe.

Fasst man die Ergebnisse der Grundschulstudie (Maruska et al., 2011) und dieser Studie zusammen, zeigt sich, dass sich eine Teilnahme an Klasse2000 nicht nur unmittelbar auf das Rauchverhalten auszuwirken scheint, sondern diese Effekte auch nach der Durchführungszeit aufrechterhalten bzw. in niedrigeren Einstiegsraten fortgeführt werden können. Die Effektstärken mit Ausprägungen zwischen 0,2 und 0,3 können mit den Ergebnissen von Metaanalysen zu schulbasierten Präventionsprogrammen in Einklang gebracht werden, die mit Werten zwischen 0,08 und 0,18 ebenfalls kleine Effekte auf das Rauchverhalten erbrachten (Ennett, Tobler, Ringwalt, & Flewelling, 1994; Hwang, Yeagley, & Petosa, 2004; Tobler & Stratton, 1997). Auch korrespondiert der gepoolte Odds Ratio von 0,88 für die Rauchinzidenz im längsten Follow-up, den Thomas et al. im jüngsten Cochrane-Review zu schulbasierten Tabakpräventionsprogrammen ermittelt haben, mit einer Effektstärke von d = 0,07 (Thomas et al., 2013).

Der Befund, dass kein Effekt auf das aktuelle Rauchverhalten gezeigt werden konnte, kann zu einem gewissen Anteil auf das niedrige Alter der Stichprobe, in der sehr wenige Jugendliche regelmäßig rauchen, zurückgeführt werden. Dieses Ergebnis – wie auch die Befunde und Effektstärken zur Lebenszeitprävalenz und Inzidenz des Rauchens – steht im Einklang mit den Ergebnissen einer weiteren Studie zur Evaluation des ebenfalls in Deutschland umgesetzten Präventionsprogramms „Eigenständig werden 5 + 6“, die zum Zeitpunkt des Follow-ups eine ähnlich alte Stichprobe untersucht hat (Isensee, Hansen, Maruska, & Hanewinkel, 2014).

Beim Alkoholkonsum – sowohl insgesamt als auch dem heimlichen Konsum ohne das Wissen der Eltern – waren die Prävalenz- und Inzidenzraten in der Interventionsgruppe zwar erwartungskonform numerisch geringer als in der Kontrollgruppe, jedoch konnten diese Unterschiede nur in der ersten Nachbefragung für den Lebenszeitkonsum statistisch abgesichert werden und müssen somit weitgehend als zufällig betrachtet werden. In der Untergruppe derjenigen Jugendlichen mit Konsumerfahrung deuten sich in der zweiten Nachbefragung – bei teilweise geringen Zellbesetzungen – Unterschiede in der Intensität des Konsums an: Jugendliche, die in der Grundschule an Klasse2000 teilgenommen haben, zeigen seltener Ausprägungen wie Binge Drinking oder Rauscherfahrung als die Jugendlichen der Kontrollgruppe. Zudem konsumieren sie, wenn sie Alkohol trinken, seltener größere Mengen Alkohol.

Zur Integration dieses Ergebnismusters in den Stand der Forschung lässt sich der aktuelle Cochrane-Review zur schulischen Alkoholprävention (Foxcroft & Tsertsvadze, 2011) heranziehen, in den 53 Studien mit sehr heterogener Qualität eingegangen sind: Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass es Hinweise für die Effektivität von Lebenskompetenzprogrammen v. a. hinsichtlich der Outcome-Variablen Binge drinking und Trunkenheitserfahrung gibt, insgesamt aber auch viele Nulleffekte vorliegen.

Bei der Interpretation der Befunde sind folgende methodische Aspekte der vorliegenden Untersuchung zu berücksichtigen: Die Aussagekraft wird eingeschränkt durch die fehlende Randomisierung der Schulen in der Ursprungsstudie. Bei der Zuordnung der Schulen zu den Gruppenbedingungen wurden in der Ursprungsstudie deren Präferenzen berücksichtigt. Dieses Vorgehen kann die Wahrscheinlichkeit für einen Bias durch Selbstselektion erhöht haben. Zudem ist ein Teil der Stichprobe über die Zeit aus der Studie herausgefallen, was zu einer Unterpowerung geführt haben könnte. Jedoch gab es keine Hinweise auf eine systematische Attrition, d. h. die gefundenen Effekte müssen diesbezüglich nicht in ihrer Aussagekraft relativiert werden. Zudem ergibt eine Post-hoc Poweranalyse für kleine Effekte bei einer zweiseitigen Testung auf dem 5 %-Niveau für eine Stichprobengröße von N = 500 (1. Nachbefragung) eine Power von 0,89 bzw. für eine Stichprobengröße von N = 400 (2. Nachbefragung) eine Power von 0,81 (Cohen, 1988). Die Generalisierbarkeit der Befunde ist durch die regionale Begrenzung auf das Bundesland Hessen eingeschränkt. Eine weitere Schwäche ist die ausschließliche Verwendung von Selbstberichten mit den bekannten inhärenten Problemen. Bei den Analysen dieser Studie wurde die Adhärenz bei der Umsetzung der Intervention nicht berücksichtigt. Die Intervention erfolgte – mit gewissen Schwankungen in der Umsetzungsintensität und Übereinstimmung zu den vorgegebenen Inhalten – in der Grundschule im Klassenkontext, die Outcomes wurden gemäß einem intention to treat-Ansatz dagegen auf individueller Ebene erfasst, ohne dass das individuelle Ausmaß der Exposition zur Intervention kontrolliert wurde.

Als Stärken der Studie sind der Einsatz adäquater statistischer Methoden zu nennen: So wurden Analysen mit Adjustierung potentiell konfundierender Variablen durchgeführt sowie bei den Inzidenzanalysen der initiale Konsumstatus mit berücksichtigt, indem nur die Schülerinnen und Schüler in die Analysen einbezogen wurden, die am Ende des vierten Schuljahres angaben, noch nie Zigaretten bzw. Alkohol konsumiert zu haben. Letztlich ist in Bezug auf die Forschung zu Suchtpräventionsprogrammen in Deutschland der vergleichsweise lange Nachuntersuchungszeitraum ein Alleinstellungsmerkmal dieser Studie.

Insgesamt deuten die berichteten Ergebnisse gemeinsam mit bereits publizierten Befunden zu den unmittelbaren Effekten (Maruska et al., 2011) darauf hin, dass das Präventionsprogramm Klasse2000 einen primärpräventiven Effekt auf das erste Experimentieren mit legalen Substanzen haben kann und dieser Effekt für das Rauchen auch über eine Zeitspanne von bis zu drei Jahren bis in die Adoleszenz, einer Entwicklungsphase mit höherer Inzidenz des Substanzkonsums, andauern kann. Offen bleibt dabei, über welche Mechanismen diese Effekte vermittelt werden. Auf Basis des zugrundeliegenden Interventionsmodells und insbesondere einschlägiger Evaluationsstudien zu ähnlichen Programmen oder Programmkomponenten können jedoch Vermutungen angestellt werden: Gemäß dem Lebenskompetenzansatz und dem Modell des sozialen Einflusses, auf denen Klasse2000 theoretisch aufbaut, ist z. B. Rauchen als ein Sozialverhalten zu verstehen, das fehlgeleitet von verzerrten Annahmen zur Akzeptanz und Häufigkeit des Verhaltens verschiedene für das Jugendalter typische Motive wie Abgrenzung von der Gesellschaft und Hinwendung zur Peer Group bedient. Insbesondere die Förderung adäquaterer Strategien zur Bewältigung von Entwicklungsaufgaben sowie die Korrektur der Normwahrnehmung sollten demzufolge dem Einstieg ins Rauchen vorbeugen. Zumindest letzteres wird eindeutig durch Studien belegt (Cuijpers, 2002; Giannotta, Vigna-Taglianti, Rosaria, Scatigna, & Faggiano, 2014; Orlando, Ellickson, McCaffrey, & Longshore, 2005). Die weitgehend nicht nachweisbaren Effekte von Klasse2000 auf den Alkoholkonsum könnten dagegen damit erklärt werden, dass der Konsum von Alkohol – auch im Jugendalter, zumindest wenn er moderat und nicht über längere Zeit in riskanter Form betrieben wird – im Gegensatz zum Rauchen deutlich höhere gesellschaftliche Akzeptanz erfährt und sich somit, etwas pauschalisierend formuliert, möglicherweise nicht so gut zur Abgrenzung und Auflehnung eignet.

Insgesamt besteht jedoch bei den vermittelnden Mechanismen sowie in der Frage, warum sich bei einem Unterrichtsprogramm mit ähnlichen Methoden zur Behandlung der beiden Substanzen Tabak und Alkohol nur für den Konsum einer Substanz – hier Rauchen – Effekte zeigen lassen, weiterer Forschungsbedarf.

Finanzierung

Die Studie wurde gefördert durch den Verein Programm Klasse2000 e.V.

Erklärungen konkurrierender Interessen

Die Autoren haben in ihrer Institution ebenfalls ein Präventionsprogramm für den Grundschulbereich entwickelt und evaluiert.

Schlussfolgerungen für die Praxis

  • Die Forderung, dass Suchtprävention möglichst frühzeitig beginnen sollte, wurde in Deutschland bisher nur unzureichend durch empirische Befunde zur langfristigen Effektivität entsprechender Maßnahmen gestützt.
  • Klasse2000 ist ein weit verbreitetes Präventionsprogramm, das Kinder von der 1. Klasse über die gesamte Grundschulzeit begleitet.
  • Es liegen nun Befunde vor, dass die Teilnahme an Klasse2000 sich sowohl direkt als auch bis zu drei Jahre nach Durchführungsende positiv insbesondere auf das Rauchverhalten auswirken kann.

Barbara Isensee

1992 – 1998 Studium der Psychologie (Diplom) in Bonn

1998 – 2001 Doktorandin am Max-Planck-Institut für Psychiatrie, München

2002 Promotion zum Dr. rer. nat., TU Dresden

2010 Approbation zur Psychologischen Psychotherapeutin

seit 2001 Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung IFT-Nord, Kiel

Eingereicht: 19. 12. 2014

Angenommen nach Revision: 08. 05. 2015

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Dr. Barbara Isensee, IFT-Nord, Harmsstr. 2, 24114 Kiel, Deutschland,