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Professorin Dr. Christine M. Freitag ist Kandidatin der DGKJP für die Wahl des Fachkollegiums der DFG im Herbst 2023

Published Online:https://doi.org/10.1024/1422-4917/a000939

Im folgenden Interview spricht sie (Abb. 1) über ihre Motivation, sich für das Fachkollegium der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für den Bereich 206-10 aufstellen zu lassen, der den Bereich der Klinischen Psychiatrie einschließlich Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychosomatik und -psychotherapie umfasst.

Abbildung 1 Professorin Dr. Christine M. Freitag.

Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie (ZKJPP): Sie haben sich als Kandidatin der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie e. V. (DGKJP) für die nächste Wahl des Fachkollegiums der DFG aufstellen lassen. Was hat Sie dazu bewogen?

Evidenzbasierte Medizin lebt von solider Forschung, sowohl im Bereich der Grundlagen- als auch der klinischen Forschung. Die DFG bietet beides, einerseits die Möglichkeit, Anträge im Bereich der Grundlagenforschung zu Forschungsfragen der Entstehung und des Verlaufs von psychischen Störungen im Kindes- und Jugendalter zu stellen, als auch, sich über das Programm „Klinische Studien“ für groß angelegte klinische Forschung einschließlich multizentrischer Studien zu bewerben. Zuletzt gibt es sogar die Möglichkeit, klinische Forschungsgruppen zu beantragen, deren Förderung allerdings neben der DFG auch durch die zuständige medizinische Fakultät wesentlich unterstützt werden muss.

Qualitativ hochwertige Forschung, wie die DFG sie unterstützt und fördert, sehe ich als wesentlich an, das Fach Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychosomatik und -psychotherapie wissenschaftlich weiter voranzubringen, die biologischen und psychosozialen Grundlagen von psychischen Erkrankungen in ihrer Entwicklung zu verstehen und daraus neue Diagnostik- und Interventionsmöglichkeiten abzuleiten. Forschung in unserem Fach ist meist interdisziplinär und somit auch sehr komplex. Über die Mitarbeit im Fachkollegium erhoffe ich mir, dass andere Fächer aus dem Bereich der Neurowissenschaften, aber auch der Lebens- sowie der Geistes- und Sozialwissenschaften mehr über unsere spannende Forschung im Fach Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychosomatik und -psychotherapie erfahren und das Fach darüber auch wertschätzen lernen. Derzeit ist unser Fach bei der DFG leider nicht durch eine Lehrstuhlinhaberin oder einen Lehrstuhlinhaber im Fachkollegium vertreten.

ZKJPP: Welche Erfahrungen haben Sie bisher mit der DFG gemacht?

Meine Erfahrungen mit der DFG und auch mit der Antragstellung waren bislang überwiegend positiv. Sehr schätze ich die gute Beratung durch die Ansprechpersonen in der DFG-Geschäftsstelle. Auch die verhältnismäßig unproblematische Mittelverwaltung und der – im Vergleich zur Förderung durch die Europäische Union (EU) oder das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) – geringere Verwaltungs- und Berichtsaufwand sprechen sehr für die Förderung durch die DFG. Aufgefallen ist mir, dass Gutachterinnen und Gutachter oft zu wenig über die Spezifika vor allem krankheitsspezifischer psychiatrischer Forschung im Kinder- und Jugendbereich wissen und deshalb gelegentlich Projektanträge nicht verstehen bzw. den Aufwand für die Forschung insbesondere mit jüngeren Kindern und ihren Familien deutlich unterschätzen. Auch hier sehe ich meine Rolle darin, falls ich für das Fachkollegium gewählt werden sollte, beratend bzgl. Rekrutierung, Forschungsmethoden und auch adäquater finanzieller Ausstattung für Forschungsprojekte in unserem Bereich tätig zu werden.

ZKJPP: Was würden Sie noch zu Ihrer Person sagen, welche Erfahrung bringen Sie hinsichtlich der Beurteilung von Studien aus der Grundlagen- und klinischen Forschung als Expertise in das Fachkollegium ein, wenn Sie gewählt werden?

Aufgrund meiner langjährigen Forschungserfahrung auch in enger Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen aus dem europäischen und internationalen Forschungsumfeld sind mir zahlreiche aktuelle Fragestellungen der Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychosomatik und -psychotherapie sehr gut bekannt. Eigene Forschungserfahrung habe ich sowohl im Bereich der Genetik, der angewandten Statistik/Biometrie, der Neuropsychologie und Diagnostik sowie im Bereich multizentrischer klinischer Studien zu neuen Psychotherapieverfahren sowie Hirnstimulation. Die Forschung an meiner Klinik in Frankfurt ist sehr interdisziplinär und deckt zahlreiche Methoden ab, sodass ich viel Erfahrung in der interdisziplinären Forschung und kollegialen Zusammenarbeit verschiedener Disziplinen (Medizin, Psychologie, Biologie, Neurowissenschaften, Data Science) innerhalb meiner Klinik mitbringe. Zudem war ich an Anträgen zu Forschungsgruppen, Sonderforschungsbereichen sowie einer Heisenberg-Professur beteiligt und kenne deshalb die Antrags- und Begutachtungsverfahren, die hier zu durchlaufen sind. Gerne würde ich Kolleginnen und Kollegen unseres Faches unterstützen, DFG-Mittel erfolgreich einzuwerben und unser Fach so in der DFG sichtbarer zu machen.

ZKJPP: Zuletzt: Was wünschen Sie sich von den Wahlberechtigten aus unserem Fach und aus angrenzenden Disziplinen?

In Zeiten möglicher abnehmender finanzieller Mittel ist es wichtig, weiterhin alle Fächer der Medizin, d. h. eben auch „kleine“ Fächer wie die Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychosomatik und -psychotherapie zu unterstützen, damit diese als wissenschaftliche Fächer fortbestehen können. Dadurch bleiben der gesellschaftlich ausgesprochen wichtigen Forschung zu Kindern und Jugendlichen auch wesentliche Aspekte der Entwicklung, Diagnostik und Behandlung von Entwicklungs-, Verhaltens- und psychischen Störungen sowie die notwendige methodische Bandbreite erhalten. Das Fach Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychosomatik und -psychotherapie ist eines der wenigen Fächer, das eine Verbindung von biologischer Grundlagenforschung, angewandter medizinischer Forschung und den Sozial- und Geisteswissenschaften herstellen kann, die notwendig ist, um die gesunde und pathologische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen umfassend zu verstehen und effektiv hinsichtlich ihrer psychischen Gesundheit beeinflussen zu können.

Lebenslauf mit den wichtigsten Stationen

Professorin Dr. Christine M. Freitag ist seit 2008 Direktorin der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters am Universitätsklinikum in Frankfurt, Goethe-Universität Frankfurt am Main. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich von Neuroentwicklungsstörungen (Autismus, Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung [ADHS]), Störungen des Sozialverhaltens und Angststörungen. Sie hat einen H-Index von 84 (Google Scholar) und ihre Forschung wird über das BMBF, die DFG, die EU sowie über Stiftungen gefördert.

Sie hat parallel die beiden Studienfächer Evangelische Theologie (Tübingen, Berlin) und Humanmedizin (Berlin, New York, Washington D.C.) studiert und abgeschlossen. Ihre klinische und wissenschaftliche Ausbildung erfolgte an der Universitätskinderklinik in Heidelberg, am Institute of Psychiatry in London, am Institut für Biometrie, Informatik und Epidemiologie der Universitätsklinik Bonn sowie an den kinder- und jugendpsychiatrischen Universitätskliniken in Köln und Homburg.