Skip to main content
Free AccessRezension

Sprachspiele zur Vorbereitung auf den Schriftspracherwerb

Published Online:https://doi.org/10.1026/2191-9186/a000439

Petra Küspert, Wolfgang Schneider (2018). Hören, lauschen, lernen. Sprachspiele für Kinder im Vorschulalter. Würzburger Trainingsprogramm zur Vorbereitung auf den Erwerb der Schriftsprache (7., komplett überarb. Aufl.). Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 64 S. und 81 Bildkarten in einer Faltbox, 55,00, ISBN 978-3-525-40650-2.

Das Würzburger Trainingsprogramm „Hören, lauschen, lernen. Sprachspiele für Kinder im Vorschulalter“ verfolgt das Ziel, die phonologische Bewusstheit von Kindern vor dem Schuleintritt auf spielerische Weise zu stärken und damit auf den erfolgreichen Erwerb der Schriftsprache vorzubereiten. Späteren Lese- und Rechtschreibproblemen in der Schuleingangsphase und der Ausbildung von Legasthenie oder einer Lese-Rechtschreibstörung (LRS) soll auf diese Weise frühzeitig entgegengewirkt werden. Das Fördermaterial richtet sich an pädagogische Fachkräfte im Kindergarten und bietet einen detaillierten Trainingsplan mit 56 Sprachspielen zur Stärkung der phonologischen Bewusstheit von Kindern im letzten Kindergartenhalbjahr.

Das Trainingsprogramm hat seit seiner Erstveröffentlichung im Jahr 1999 inzwischen weite Verbreitung gefunden. Die nun vorliegende 7. Auflage des Programms stellt eine überarbeitete Neuauflage dar, die sich auf den aktuellen Forschungsstand bezieht und die praktische Durchführung mithilfe überarbeiteter Wortbeispiele sowie erweiterter Instruktionen und Übungsbeispiele erleichtert. Neben dem Arbeitsmaterial, bestehend aus 81 ansprechend kolorierten Bildkarten für den Einsatz in den Sprachspielen, umfasst das Fördermaterial ein 64-seitiges Manual für pädagogische Fachkräfte, das in insgesamt sechs Kapiteln theoretische Hintergrundinformationen bereitstellt und in das Förderprogramm einführt.

Das Manual beginnt mit einer theoretischen Einführung (Kapitel A), in der den Leserinnen und Lesern wissenschaftlich fundiert und in verständlicher Sprache grundlegendes psycholinguistisches Fachwissen vermittelt wird. Zunächst führt das Kapitel in die Thematik Legasthenie und LRS ein, stellt dann verschiedene Förder- und Therapiemöglichkeiten vor und beschreibt schließlich kognitionspsychologische Grundlagen des Lesens und Schreibens sowie des Erlernens dieser Fähigkeiten. Nachdem verschiedene Vorläuferfertigkeiten des Schriftspracherwerbs vorgestellt werden, wird detailliert auf das Konzept der phonologischen Bewusstheit als wesentlicher Prädiktor für den Erfolg beim Erwerb der Schriftsprache eingegangen. Im Anschluss an den Überblick über die Artikulation verschiedener Phoneme werden Details zum Trainingsprogramm und wissenschaftliche Studien zu dessen Wirksamkeit vorgestellt. Der letzte Abschnitt des Kapitels setzt sich kritisch mit den Grenzen des Trainingsprogramms auseinander und leitet zur praktischen Anwendung über.

Kapitel B enthält eine Anleitung für die korrekte Durchführung des Trainings. In knapper und präziser Form werden die Leserinnen und Leser darauf aufmerksam gemacht, was es bei der Anwendung des Programms zu beachten gilt. Praxisnahe Hinweise unterstützen eine kompetente Umsetzung.

Kapitel C enthält eine Übersicht über den Ablauf des gesamten Trainings sowie einen konkreten Trainingsplan, der sich über einen Zeitraum von insgesamt 20 Wochen erstreckt. In einer Kleingruppe sind dabei täglich zwei Übungseinheiten mit einer Gesamtübungszeit von 10 bis 15 Minuten durchzuführen. Eine übersichtliche Wochendarstellung gibt für jeden Wochentag zwei konkrete Sprachspiele vor. Um den Kindern ein zunehmend tieferes Verständnis von der Struktur der gesprochenen Sprache zu vermitteln, folgt der Aufbau des Programms einer hierarchischen Struktur, die mit leichteren Spielen beginnt und die Anforderungen an die Kinder systematisch steigert.

In Kapitel D findet sich die Anleitung für die insgesamt 56 Sprachspiele zur Förderung der phonologischen Bewusstheit. Das Programm umfasst dabei sechs aufeinander aufbauende Übungsbereiche, die mit Lauschspielen (Bereich 1) beginnen und mit Reimübungen (Bereich 2) fortfahren. Auf spielerische Weise lernen die Kinder anschließend, dass sich Sprache in Sätze und Wörter (Bereich 3) und diese wiederum in einzelne Silben (Bereich 4) gliedern lassen. Die abschließenden Spiele zielen auf die Differenzierung von Anlauten (Bereich 5) und einzelnen Lauten im Wort (Bereich 6) ab.

Mögliche Fragen, die bei den pädagogischen Fachkräften im Zusammenhang mit der Durchführung des Trainingsprogramms entstehen könnten, werden in Kapitel E behandelt.

Kapitel F verweist abschließend auf das dazugehörige Arbeitsmaterial von 81 Bildkarten und gibt einen Überblick über die darauf abgebildeten Personen, Tiere und Objekte. Die vollständig kolorierten Bildkarten im Din A6-Format sind für den praktischen Einsatz in den Sprachspielen recht stabil gefertigt und ansprechend gestaltet.

Das Würzburger Trainingsprogramm ist strukturiert aufgebaut, verständlich dargestellt und sehr konkret aufbereitet, so dass die Umsetzung für pädagogische Fachkräfte auch ohne vertieftes linguistisches Vorwissen gut gelingen kann. Das Training ist praxisorientiert und wird aufgrund seines spielerischen Charakters von den Kindern gut angenommen. Als isoliertes Training der phonologischen Bewusstheit unterstützt „Hören, lauschen, lernen“ insbesondere das spätere Erlernen der Phonem-Graphem-Korrespondenzregeln und damit den Aufbau früher Lese- und Schreibfertigkeiten. Positive Effekte des Trainings auf einen erleichterten Einstieg in die Schriftsprache konnten dabei auch wissenschaftlich bestätigt werden. Für die Entwicklung erweiterter Lese- und Rechtschreibkompetenzen spielen neben der phonologischen Bewusstheit auch weitere Faktoren eine Rolle, sodass das Training in der pädagogischen Praxis im Kindergarten nur als Ergänzung zu einer umfassenden sprachlichen Bildung unter Berücksichtigung des individuellen Bedarfs der Kinder eingesetzt werden sollte. In dieser Form bietet „Hören, lauschen, lernen“ aber eine gute Starthilfe für den Schriftspracherwerb in der Schuleingangsphase, unterstützt insbesondere Kinder, die Schwierigkeiten haben, die Lautstruktur der gesprochenen Sprache wahrzunehmen, und reduziert damit das Risiko, dass sich bereits zu Beginn der Schullaufbahn nachhaltig Ungleichheiten in den Bildungschancen manifestieren. Der Einsatz von „Hören, lauschen, lernen“ ist für Kinder mit schwach ausgeprägten phonologischen Fertigkeiten zur Vorbereitung auf die Einschulung deshalb zu empfehlen.

Rezensentin: Susanne Doblinger, Staatinstitut für Frühpädagogik, Dienststelle Amberg, Regierungsstraße 11, 92224 Amberg,