Zum Zusammenhang zwischen laut- sowie meta- und schriftsprachlichen Fähigkeiten bei Erwachsenen mit Illettrismus
Abstract
Zusammenfassung.Hintergrund: Die LEO-Studie 2018 (Grotlüschen, Buddeberg, Dutz, Heilmann & Stammer, 2019) belegt, dass 12,1% der deutschen Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter maximal einzelne Sätze lesen und schreiben können und somit als gering literalisiert gelten müssen. Für die Schweiz zeigen Studien, dass eine beachtliche Anzahl von Jugendlichen und Erwachsenen über unzureichende Lesefähigkeiten verfügen. Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, inwiefern sich Zusammenhänge zwischen den lautsprachlichen und den schriftsprachlichen Leistungen bei Menschen mit Illettrismus im Erwachsenenalter zeigen. Methoden: Anhand einer Testbatterie zur Erfassung schriftsprachlicher Kompetenzen und Vorläuferfähigkeiten für den Schriftspracherwerb sowie Interviews zur Lernbiographie wurden in einer Querschnittsstudie mit Erwachsenen Daten von 20 Illettristen und 10 Kontrollproband_innen erhoben und miteinander verglichen. Ergebnisse: Im Gruppenvergleich zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen Experimental- und Kontrollgruppe wobei die Kontrollgruppe in den Tests fast durchweg besser abschneidet als die Experimentalgruppe. Diskussion: Insbesondere im Zusammenhang mit der Lernbiographie der Betroffenen ist die Relevanz früher professioneller Unterstützung hervorzuheben. Es lassen sich Hinweise für die schulischen Rahmenbedingungen und die Förderschwerpunkte ableiten.
Abstract.Theoretical background: According to the LEO-Study 2018 (Grotlüschen, Buddeberg, Dutz, Heilmann & Stammer, 2019) 12.1% of the German population of working age are only able to read and write single sentences and therefore have to be classified as having a low level of literacy. Studies relating to Switzerland additionally show that a considerable number of adolescents and adults do not possess adequate literacy skills. This article discusses the extent to which correlations between spoken language and written language performance are evident in people with illettrism in adulthood. Methods: In a cross-sectional study data from 20 people with a low level of literacy and 10 control subjects were collected through a test battery for measuring written-language as well as antecedent skills for the written-language acquisition. In addition, interviews concerning the learning biography were conducted, to subsequently compare all findings in a systemic way. Results: Group comparison demonstrates significant differences between the experimental and the control group, however the control group performed almost continuously better outcomes compared to the experimental group. Discussion: The relevance of providing an early professional support can be emphasized, especially in consideration of the learning biography of the persons affected. Therefore, indications for school-related parameters and priorities of support can be deduced.
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