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Open AccessForum – Diskussionsbeitrag

„… dann gründen Sie doch eine Neuropsychologische Hochschulambulanz!“

Published Online:https://doi.org/10.1024/1016-264X/a000350

Abstract

Zusammenfassung: Neuropsychologische Hochschulambulanzen sind im Gegensatz zu Psychotherapeutischen Hochschulambulanzen eher rar. Sie stellen aber eine gute Möglichkeit dar, sowohl die neuropsychologische Unterversorgung auszugleichen als auch gleichzeitig den neuropsychologischen Nachwuchs auszubilden. Durch die Neugestaltung des universitären klinischen Masterstudienganges und die Möglichkeit einer spezifischen Weiterbildung im Bereich der Klinischen Neuropsychologie, welche derjenigen im Bereich Psychologische Psychotherapie gleichgestellt ist, ist es dringend erforderlich, Strukturen zu schaffen, die mit denen der Psychotherapieweiterbildung vergleichbar sind. Die Gründung einer Neuropsychologischen Hochschulambulanz klingt erst einmal einfach, stellt die antragstellende Person aber meistens vor einige Probleme, die im Detail und auch in Abhängigkeit von den Gesetzen des jeweiligen Bundeslandes gelöst werden müssen. Der vorliegende Artikel stellt die Gründung des Neuropsychologischen Therapie Centrums, der Hochschulambulanz an der Ruhr-Universität Bochum, mit allen Tücken und Anforderungen dar.

“...why don’t you set up a neuropsychological university outpatient clinic!”

Abstract: Neuropsychological university outpatient clinics are rarer than psychotherapeutic university outpatient clinics. Nevertheless, they provide a good opportunity both to compensate for the underuse of neuropsychological services and at the same time to train the next generation of neuropsychologists. With the reorganization of the university clinical master’s program, along with the possibility of specific further training in the field of clinical neuropsychology equivalent to that in the field of psychological psychotherapy, it is urgently necessary to create structures that are comparable to those found in further training in psychotherapy. The foundation of a neuropsychological university outpatient clinic may sound simple at first, but it usually presents the applicant with numerous problems that have to be solved in detail and also depends on the laws of the respective federal state. This article describes the establishment of the Neuropsychological Therapy Centre, the university outpatient clinic at the Ruhr University Bochum, with all its pitfalls and requirements.

„Herr Suchan, dann gründen Sie doch eine Neuropsychologische Hochschulambulanz!“, so Monika Konitzer, damalige Präsidentin der Psychotherapeutenkammer (PTK) Nordrhein-Westfalen (NRW). Drei Wochen später saß ich wieder in der PTK mit Frau Konitzer, da die Aufforderung mir natürlich geschmeichelt hatte, aber als es dann zur Umsetzung kommen sollte, mir einiges unklar war. Wo und wie beantragt man eine Ermächtigung für eine Neuropsychologische Ambulanz? Was sind die Voraussetzungen dazu und lohnt sich das überhaupt (finanziell gesehen) oder kann man auch damit in die Insolvenz kommen? – Um nur einige Fragen zu nennen, die mir damals durch den Kopf gingen.

Grundsätzlich ist die Idee einer Neuropsychologischen Hochschulambulanz natürlich eine sehr attraktive Möglichkeit, Patient_innen zu behandeln und so den Versorgungsnotstand im Bereich der Neuropsychologie zu lindern, aber auch Weiterbildungskandidat_innen zu betreuen und zur Zertifizierung im Bereich der Klinischen Neuropsychologie zu führen, ist ebenfalls attraktiv und auch immer wieder eine Herausforderung. Es kam aber damals auch direkt der Hinweis, sich für das anstehende Verfahren einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin zu nehmen, um die Angelegenheiten vernünftig zu klären. Ein wenig naiv war ich davon ausgegangen, dass ein Formular auszufüllen ist, in dem die Ermächtigung für die Hochschulambulanz beantragt und diese dann nach einer entsprechenden Bearbeitungszeit genehmigt wird. Anwaltliche Hilfe wollte ich als Privatperson nur nehmen, wenn es zu einem unüberbrückbaren Streit kommen sollte. Wir wollten aber „nur“ eine Neuropsychologische Ambulanz gründen, was in meiner damaligen Vorstellung bei der aktuellen Minderversorgung doch in jedermanns Interesse sein sollte. Weit gefehlt – bis zur ersten Abrechnung dauerte es dann auch noch einige Zeit. Die Kosten für den Anwalt, der in diesem Artikel für die Darstellung der rechtlichen Rahmenbedingungen als Mitautor (CP) geführt wird, haben sich gelohnt – sie waren aber nicht gering.

Wer darf eine Hochschulambulanz führen?

Grundsätzlich ist die Ermächtigung für eine Hochschulambulanz durch entsprechende Gesetze bzw. den § 117 SGB (Sozialgesetzbuch) V und durch § 6 des Psychotherapeutengesetzes (PsychThG) geregelt. Es ist dringend zu empfehlen, sich diese Paragrafen einmal anzusehen. Diese sind aber auf die Psychotherapeutischen Hochschulambulanzen zugeschnitten. Bei der Gründung einer Neuropsychologischen Hochschulambulanz stößt man erst einmal auf Verwunderung, da es an vielen Hochschulen, so auch an der Ruhr-Universität Bochum, bereits gut etablierte Psychotherapeutische Hochschulambulanzen gibt. Wieso soll also noch eine zusätzliche Neuropsychologische Ambulanz eingerichtet werden? Was für Neuropsycholog_innen logisch klingt – schließlich kann im ambulanten Bereich Neuropsychologische Therapie nur von entsprechend ausgebildeten Psychotherapeut_innen mit der Gebietsbezeichnung „Klinische Neuropsychologie“ durchgeführt werden –, musste zumindest in unserem Fall erst einmal deutlich gemacht werden, da die Neuropsychologie nicht explizit genannt wird. Es wird aber von einer vergleichbaren Behandlung der Neuropsychologie durch dieses Gesetz ausgegangen.

Der Unterschied besteht aber auch darin, dass es sich bei den Psychotherapeutischen Hochschulambulanzen um Ausbildungsambulanzen handelt, bei Neuropsychologischen Ambulanzen aber um Weiterbildungsambulanzen. Im Rahmen der Neustrukturierung des Klinischen Masterstudienganges an den Universitäten wird es in Zukunft nur noch Weiterbildungsambulanzen geben, da die Studierenden mit der Approbation ihr Studium beenden – davon war jedoch zum Zeitpunkt der Gründungsanfänge unserer Ambulanz im Jahre 2012/2013 noch keine Rede. Gemäß der aktuell geltenden Weiterbildungsordnung der PTK NRW absolvieren in unserer Ambulanz bereits approbierte Psychotherapeut_innen ihre Weiterbildung im Bereich der Klinischen Neuropsychologie, die in Vollzeit 2 Jahre oder entsprechend länger in Teilzeit dauert. Wir bieten dabei die komplette Weiterbildung für die Teile praktische Weiterbildung, Theorie (400 h) und Supervision (100 h) an.

In § 6 des PsychThG steht in Satz 2 außerdem, dass für die Ausbildung geeignete Patient_innen nach Zahl und Art in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen sollten. Bei der aktuellen Versorgungslage im Bereich der Neuropsychologie ist trotz veralteter Zahlen eine Unterversorgung sehr gut aufzuzeigen. Nimmt man zur Berechnung die durch die PTK zertifizierten Kolleg_innen in diese Berechnung mit auf, kann schnell und eindrucksvoll gezeigt werden, wie sich das Verhältnis von zertifizierten Behandler_innen zu Patient_innen gestaltet (in NRW 1:311). Dazu werden durch den Absatz 3 auch folgende Vorrausetzungen geregelt: Eine angemessene technische Ausstattung für Ausbildungszwecke und eine fachwissenschaftliche Bibliothek soll vorhanden sein. Die Bibliothek ist in Universitäten nicht das Problem, die technische Ausstattung inkl. einer neuropsychologischen Testothek kann dann schon eine (auch finanzielle) Herausforderung darstellen. Werden die Empfehlungen der entsprechenden Leitlinien umgesetzt, handelt es sich aber um eine überschaubare Investition.

Natürlich gilt als Grundvoraussetzung für die Ermächtigung zum Führen einer Lehr- und Forschungsambulanz, dass die leitende Person als Psychologischer Psychotherapeut oder Psychologische Psychotherapeutin approbiert ist. Für das Führen einer Neuropsychologischen Hochschulambulanz muss natürlich zusätzlich die entsprechende neuropsychologische Zusatzqualifikation vorliegen. Da es sich um eine Lehr- und Forschungsambulanz handelt, ist die entsprechende Ermächtigung durch die PTK für die Weiterbildungsbefugnis „Klinische Tätigkeit“, „Theoretische Weiterbildung“ und „Supervision“ entscheidend. Mit entsprechender Kooperation einer Klinik ist es auch möglich, für die praktische Weiterbildung, im Rahmen derer alle Phasen der neurologischen Rehabilitation kennen gelernt werden sollen, das Gesamtkonstrukt als Weiterbildungsstätte durch die PTK ermächtigen zu lassen. So wird die Befähigung durch die PTK bescheinigt.

Zu Beginn unseres Verfahrens die Ermächtigung für die Hochschulambulanz zu erhalten, lehnte der damals zuständige Zulassungsausschuss bei der Kassenärztlichen Vereinigung auf Antrag mit der Begründung ab, es sei lediglich eine Befugnis für den Weiterbildungsteil Klinische Tätigkeit vorhanden (was so nicht stimmte). Es fehle, so damals die Argumentation, für eine vollumfängliche Weiterbildungsermächtigung der Teil Theorie und Supervision (verwiesen wurde auf den Abschnitt B Nr. 5 der Weiterbildungsordnung). Erst durch die vollumfängliche Weiterbildungsermächtigung erhält die Ambulanz ein Institutskennzeichen, das wiederum dazu befähigt, wenn entsprechende Verträge mit den Kassen geschlossen sind, über die Kassenärztliche Vereinigung als Abrechnungsstelle die Honorare mit den gesetzlichen Krankenkassen abzurechen. Wie später ausgeführt, werden die Honorarvereinbarungen mit den Vertretungen der Krankenkassen direkt geschlossen.

In unserem Fall waren während der Zeit bis zur Ermächtigung leider in teils langwierigen Auseinandersetzungen verschiedene Streitpunkte zu klären, wie z. B. die Frage, wer die Behandlungen durchführen darf. So wurde in ersten Ansätzen davon ausgegangen, dass nur der Weiterbildungsermächtigte diese Therapien durchführen darf und soll, was natürlich weder intendiert noch realistisch ist.

In der damals geltenden Fassung des § 117 SGB V stand dazu:

„Ambulanzen an Ausbildungsstätten nach § 6 des Psychotherapeutengesetzes sind zur ambulanten psychotherapeutischen Behandlung der Versicherten und der in § 75 Absatz 3 genannten Personen in Behandlungsverfahren, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 92 Absatz 6a anerkannt sind, ermächtigt, sofern die Krankenbehandlung unter der Verantwortung von Personen stattfindet, die die fachliche Qualifikation für die psychotherapeutische Behandlung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erfüllen.“

Zunächst gab es das Problem, dass die Ambulanz zwar als Weiterbildungsstätte, aber nicht als psychotherapeutische Ausbildungsstätte anerkannt war. Zudem wurde auch damit argumentiert, dass die Neuropsychologie lediglich eine Methode der vertragsärztlichen Versorgung, aber kein Richtlinienverfahren der Psychotherapie-Richtlinie darstelle, was aber § 117 Abs. 2 Satz 1 alternativ 2 SGB V forderte. Dies führte so weit, dass es eine Verhandlung beim Zulassungsausschuss gab, in der unter Vorsitz eines pensionierten Richters dieser Streitpunkt geklärt werden sollte. Dabei kam es zu sehr interessanten Begegnungen bei der Verhandlung mit dem Zulassungsausschuss. Während auf der einen Seite die Notwendigkeit der neuropsychologischen Versorgung gesehen wurde, wurde deutlich gemacht, dass jeder geschlossene Kompromiss eine sehr geringe Halbwertzeit habe (höchstens 1 Woche). Interessanter wurde es, als nach dem unbefriedigenden Ende der Verhandlung einer der Beteiligten nach der Behandlungsmöglichkeit eines Verwandten fragte, der einen Schlaganfall erlitten habe – so klafften Anspruch und Wirklichkeit doch sehr deutlich auseinander … Die positive Wendung in dem Streitpunkt kam durch eine Änderung des Versorgungsstärkengesetzes der gesetzlichen Krankenversicherung. Dieses besagt, dass die Ermächtigung nicht wie bisher durch Zulassungsgremien, sondern von Gesetzes wegen erteilt wird. Der Umweg über den Zulassungsausschuss konnte somit umgangen werden. Erst durch diese Gesetzesänderungen wurde die Grundlage geschaffen, die Ambulanz in der jetzigen Form zu ermächtigen.

Nachdem vor allem im Hinblick auf die derzeitige Reform der psychotherapeutischen Ausbildung die Regelungen des § 117 SGB V zu den Ermächtigungen von Hochschulambulanzen, psychotherapeutischen Ausbildungs- und auch Weiterbildungsambulanzen nicht mehr die Rechtslage in der Zeit der Errichtung unserer Hochschulambulanz abbilden, mögen aktuell etwas andere rechtliche Herausforderungen zu bewältigen sein.

Grundsätzlich müssen sich die Stellen der Weiterbildungskandidat_innen in der Regel aus den Einnahmen einer Weiterbildungsambulanz refinanzieren, ebenso wie zusätzlich auch ein Teil der sonstigen Infrastruktur einer Weiterbildungsambulanz – was eine nicht zu unterschätzende Herausforderung darstellt, sodass die Vergütung der durch die Hochschulambulanz zu erbringenden Leistungen in Diagnostik und Therapie entsprechend gut verhandelt werden muss. Tatsächlich hatten wir in der Anfangszeit eine Vergütungsvereinbarung, die eine ungünstige Quartalspauschale beinhaltete. Die Umwandlung der Pauschale in eine dem Punktwert entsprechende oder vergleichbare Vergütung stellte somit die Grundlage für weitere Verhandlungen dar (dieser Umweg ist hoffentlich in Zukunft zu übergehen).

Die Vergütungsvereinbarungen, in denen das Honorar für die Therapien geregelt werden, können direkt mit der Arbeitsgemeinschaft der Verbände der Krankenkassen in dem entsprechenden Bezirk verhandelt werden. Wie in vielen anderen Bereichen ist diese Verhandlung teilweise von der entsprechenden Vertretung und deren Wissen über Klinische Neuropsychologie und Neuropsychologische Therapie abhängig. Diese Person sollte daher zuerst über das Anliegen und auch den Sinn und Nutzen sowie Vorteile einer Neuropsychologischen Ambulanz informiert werden. Auch dabei ist deutlich zu machen, was den Unterschied zu den oder der bestehenden Psychotherapeutischen Ambulanz (falls es eine solche an der entsprechenden Universität bereits gibt) ausmacht. Berufspolitisch und bezüglich der Sichtbarkeit an der eigenen Fakultät ist eine Trennung der Ambulanzen und auch der Vergütungsvereinbarungen aus unserer Sicht auf jeden Fall zu empfehlen. An einigen Universitäten werden die Einnahmen durch eine Ambulanz als Drittmitteleinnahmen gerechnet, was zu einem besseren Punktwert in der Vergabe leistungsorientierter Mittel, wie sie an Universitäten häufig üblich sind, führt. Es empfiehlt sich auch hier, diese ersten Vergütungsverhandlungen mit Unterstützung eines Rechtsbeistandes durchzuführen. Weitere Verhandlungen können dann auch ohne Rechtsbeistand erfolgen. Grundsätzlich werden in solchen Vereinbarungen sowohl die Stundensätze als auch das Kontingent pro Patient_in pro Quartal verhandelt und entsprechend für einen bestimmten Zeitraum festgelegt. Das heißt, die Verträge werden mit der Vertretung der Kassen geschlossen. Dazu benötigt man, wie jede andere Praxis auch, eine entsprechende Infrastruktur, damit die sensiblen Daten entsprechend verschlüsselt an die Krankenkassen übermittelt werden können. In unserem Fall haben wir die Kassenärztliche Vereinigung als „Abrechnungsstelle“ einbezogen. Eine Direktabrechnung mit den Krankenkassen ist zwar möglich, bedeutet aber einen erheblichen Aufwand der Aufbereitung der Abrechnungsdaten im nötigen Datensatzformat.

Weitere Besonderheiten

Es lohnt sich auf jeden Fall, mit den umliegenden Berufsgenossenschaften und auch Unfallkassen Kontakt aufzunehmen, da diese Patient_innen zuweisen können und so auch über das neue Behandlungsangebot aufgeklärt werden sollten, damit dies auch geschieht. Berufsgenossenschaften und Unfallkassen haben den Vorteil, dass die Stundenhonorare höher sind als bei den gesetzlichen und privaten Krankenkassen; allerdings muss bei den Berufsgenossenschaften und Unfallkassen quartalsweise ein kurzer Bericht über Behandlungsinhalt bzw. Fortschritt erstellt werden.

Wie in jeder anderen Praxis auch muss natürlich auch die entsprechende Infrastruktur aufgebaut werden, von der Abrechnung der Therapieleistungen bis zur Kontoführung. Zusätzlich ist an einer Hochschulambulanz der Aufbau der therapiebegleitenden Forschungsinfrastruktur sowie in unserem Fall auch die Etablierung eines Weiterbildungskonzeptes und eines Rahmens für die Einbindung der Ambulanz in die universitäre Lehre erforderlich. Auf einer alltagspraktischen Ebene müssen entsprechende Therapieräume eingerichtet werden und auch die Diagnostik- und Therapiematerialien beschafft werden. An Universitäten können Therapieräume ein deutliches Problem darstellen. Lärmende Studierende vor Therapieräumen, die sich direkt neben Seminarräumen oder Hörsälen befinden, sind nicht immer zu ertragen. Therapieräume in „normalen“ Büroräumen neben einem Tierlabor sind auch nicht unbedingt zu empfehlen. Dazu sollten die Räume auch rollstuhlgerecht zu erreichen sein. Auch Parkplätze, die an Universitäten Mangelware sind, sollten vorhanden sein.

Darüber hinaus sind bei der Gründung von Hochschulambulanzen die üblichen Herausforderungen beim Aufbau der Zusammenarbeit in einem neuen – und durch begrenzte Aus- und Weiterbildungszeiten – stetig fluktuierenden Team, anfangs in der Regel mit kaum festem Personal, zu bewältigen, die sich jedoch nicht grundsätzlich von denen in anderen (universitären) Bereichen unterscheiden.

Wir wollen nicht verschweigen, dass der Aufbau einer solchen Ambulanz von der Pike auf in den ersten Jahren einen immensen persönlichen Zusatzaufwand darstellen kann, v. a. wenn man dies, wie wir, zunächst ohne jegliches Personal und die ersten Jahre nur zu zweit als Leitungsteam (BS und PT) vollständig neben der üblichen universitären Tätigkeit in Forschung und Lehre leistet – für die dann auch wiederum eine Zeit lang die Zeit fehlen kann. Wir können aber immerhin nun sagen, dass wir jeden einzelnen Bereich der Ambulanzarbeit theoretisch auch selbst beherrschen. Wir hatten den Leitsatz: „Erst in Vorleistung gehen und dann um weitere Unterstützung bitten“ – Unterstützung, die wir sowohl von der Hochschulleitung als auch von der Fakultät auf ideeller Ebene von Anfang an und nach und nach auch in Form von weiteren Ressourcen bekommen haben – im Wesentlichen trägt sich die Ambulanz jedoch selbst. Es mag jedoch auch Fälle geben, in denen von vornherein wesentlich mehr Infrastruktur und personelle Ressourcen schon vorab gestellt werden, was die Anfangszeit sicherlich deutlich vereinfacht.

Der immense Aufwand hat sich für uns persönlich jedenfalls absolut gelohnt, sodass wir nun mit einer stetig wachsenden Anzahl von interessierten Weiterbildungskandidat_innen und weiterem Personal in unserer Ambulanz (www.np-ambulanz.de) auch eine wachsende Anzahl von Patient_innen behandeln können. Zur Unterstützung der theoretischen Weiterbildungsinfrastruktur haben wir 2018 eine eigene Weiterbildungsakademie (www.np-ambulanz.de/RAN.html) gegründet, in der nicht nur unsere eigenen Weiterbildungskandidat_innen, sondern auch interessierte externe Psycholog_innen und Psychotherapeut_innen Fortbildungsveranstaltungen im Bereich der Klinischen Neuropsychologie besuchen können, die in der Regel sowohl von der PTK als auch von der Gesellschaft für Neuropsychologie e. V. akkreditiert sind. Dies stellt jedoch keinen notwendigen – und wiederum nicht unerheblichen – Zusatzaufwand dar, da Universitäten in der Regel von vornherein mit einer Reihe von internen Theorieveranstaltungen in Form von Seminaren, Vorlesungen und Forschungskolloquien aufwarten können, welche zum Teil bei entsprechender fachlicher Passung auch als Veranstaltungen im Bereich der Weiterbildung von den Psychotherapeutenkammern akkreditiert werden können. Darüber hinaus bieten universitäre Hochschulambulanzen einen weiteren einzigartigen Vorteil für die Patientenversorgung und auch für die Weiterbildungskandidat_innen: Mithilfe der in der Regel zahlreichen klinisch interessierten Studierenden, denen wir im Rahmen unserer Neuropsychologischen Ambulanz weitere spannende Möglichkeiten für Praktika und studentische Abschlussarbeiten eröffnen können, lassen sich unter entsprechender fachlicher Anleitung immer wieder auch aufwendigere interessante Zusatzprojekte realisieren, z. B. im Bereich der Psychoedukation (www.ratgeber-neuropsychologie.de oder www.dein-gehirn.com). Auch unsere Forschungsschwerpunkte, die wir als Leitungsteam ursprünglich in unsere Ambulanz eingebracht haben (www.np-ambulanz.de/schwerpunkte/index.html), erweitern sich nun zunehmend auch auf Projekte, die unter Beteiligung von Promovierenden der Versorgung von neuropsychologischen Patient_innen dienen, wie z. B. durch die Entwicklung von Therapieverfahren zur Behandlung von Mild Cognitive Impairment (Projekt „Go4cognition“: https://www.ontaris.de/go4cognition) oder zur Behandlung von Einschränkungen im Bereich der sozialen Kognitionen und Kompetenzen (Projekt „Sokobo“: www.sokobo.de), die von der Einbettung in die Vernetzung mit einer Hochschulambulanz deutlich profitieren.

Als abschließendes Fazit können wir nur festhalten, dass der Aufbau weiterer Neuropsychologischer Hochschulambulanzen aus unserer Sicht einen zwingend notwendigen Schritt vor dem Hintergrund der Etablierung der Klinischen Neuropsychologie als eigene Säule im Rahmen der künftigen Weiterbildung von bereits nach dem Studium approbierten Psychologischen Psychotherapeut_innen darstellt.