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Free AccessEditorial

Nur Gewinner in der Weiterbildung? Vielleicht

Only Winners in Continuing Education? Perhaps

Published Online:https://doi.org/10.1024/1661-8157/a003884

Für alle in Weiterbildungsstätten tätigen Ärztinnen und Ärzten könnte der Artikel über Arbeitsplatz-basierte Assessments (ABA) von Schwitz et al. aus Bern – «Arbeitsplatz-basierte Assessments: Eine Bedarfsanalyse bei Assistenzärztinnen und -ärzten sowie ihren Supervisierenden» [1][1]

Standortbestimmungen, wie man dies früher wohl nannte, können Weiterzubildende motivieren, sich persönlich weiterzuentwickeln, da sie innerhalb eines definierten Prozesses massgeschneidert Rückmeldungen und Anregungen erfahrener Berufskolleginnen und -kollegen erhalten. Auch wenn ein solcher Austausch mal als unangenehm empfunden werden mag: spätestens nach einem Mal darüber schlafen bleibt wohl ein Benefit.

Solche Assessments können andererseits auch für die Kliniken und Kaderpersonen eine Motivation sein, die Weiterzubildenden konziser für die Facharzt-Befähigung vorzubereiten und sie in der Klinik effizienter und mit einer Unité de Doctrine mitarbeiten zu lassen.

Das Studienteam hat für diese Untersuchung eine sinnvolle Auswahl der evaluierten Kliniken und Fachgebiete getroffen, mit einer häufigen und grossen Zahl Weiterzubildender (Kardiologie) und einer spezifischeren kleineren operativen Disziplin (Kinderchirurgie). Die Fragebogenkategorien sind ebenfalls umsichtig gewählt; interessant und substanziell unter der befragten Rubrik «Organisationskultur» ist die Frage nach «Bedeutung von Lehre und Feedback» in einer Weiterbildungsstätte: Die Resultate zeigen, wie bedeutsam ein unmittelbares Feedback ist, das konkrete Verbesserungsmöglichkeiten aufzeigt und erreichbare Lernziele festlegt.

Auch in der medizinischen Ausbildung (Medizinstudium) sind, wie die Autorin und die Autoren korrekt in Erinnerung rufen, seit 2011 die Mini-CEX und DOPS (Mini Clinical Evaluation Exercise und Direct Observation of Procedural Skills) integriert in die Logbücher zum Wahlstudienjahr. Wir erachten aus unserer Erfahrung mit vielen Jahrgängen von Unterassistierenden diese neutrale Austauschplattform mit persönlichem Feedback als ausserordentlich wertvoll und effektiv. Denn traditionellerweise erfolgen Rückmeldungen leider nur bei verunglückten Situationen und Leistungen. Da die durchführenden Vorgesetzten häufig Assistenzärztinnen und -ärzte sind, kennen diese die Werkzeuge aus ihrer eigenen Aus- und Weiterbildung. Sie können daher mit – hoffentlich – guter Voraussetzung die Beurteilung der Studierenden durchführen. Umgekehrt stehen Vermittlung und Pflege von Feedbacks und einer Feedbackkultur wohl erst am Anfang. Voraussetzung für die hochwertige und effiziente Durchführung der Weiterbildungs-ABAs ist selbstverständlich eine konzise Anleitung der Kaderpersonen, ausserdem eine Unité de Doctrine innerhalb und vielleicht auch jenseits einer einzelnen Klinik.

Kritisch müsste man allenfalls den bildungsbürokratischen Aufwand sehen. Umgekehrt ist die didaktisch und qualitativ wirksame Zeitinvestition in die ABAs und letztlich auch eine Vertiefung von professionellen Beziehungen sowie Bezügen sehr wichtig und rechtfertigt den Zeitbedarf. Feedbacks, das zeigt auch die Studie in dieser Nummer der Praxis, sind zu begrüssen.

Die ABAs beziehungsweise EPAs (Entrustable Professional Activities), die zurzeit im Medizinstudium implementiert werden, sehe ich als praktisches und motivierendes Anreizsystem für die Studierenden, die praktischen Fertigkeiten tatsächlich erlernen und anwenden zu können.

Die diskutierte Frage nach ABA-Durchführung mit Papier oder digital kennen wir aus internen Diskussionen im Universitätsspital sehr gut. Sicherlich wäre die Verwendung eines digitalen und schweizweit einheitlichen digitalen Tools für alle Fachgebiete und Spitäler unabdingbar und hilfreich, auch für weniger aufwendige Untersuchungen. Gleiches gilt für die universitäre Ausbildung, wo unterschiedliche Assessment-Tools für die Unterassistierenden aus unterschiedlichen Universitäten in den vielen Spitälern und Kliniken nur unnötig Verwirrung und Aufwand auslösen und damit eine bis zu einem gewissen Grad verständliche Ablehnung provozieren würden.

Die Frage nach der operativen Verantwortlichkeit – wer kümmert sich um die Termine der Feedbacks: Weiterzubildende oder Kaderärzteschaft – ist vermutlich sinnvollerweise auf Ebene SIWF festzulegen (allenfalls differenziert nach Disziplin), um eine heterogene und holprige Ansetzung der Verantwortlichkeiten für Feedbacks und damit einen wichtigen Inhalt der Weiterbildung zu vermeiden.

Insgesamt zeigen die Resultate der Studie, dass eine qualitativ gute Umsetzung im Klinikalltag noch nicht überall erreicht ist, weder organisatorisch noch «kulturell» im Sinne eines uneingeschränkten Commitments für die Lehre durch die Weiterbildungsstätten-Verantwortlichen. Doch die Studie in dieser Nummer der Praxis ist ein weiterer Baustein für die Wahrnehmung von Vorteilen für Aus- und Weiterbildner und deren Aus- und Weiterzubildende: Es ist gut möglich, dass eine gute und saubere Entwicklung einer aufbauenden Feedbackkultur in sämtlichen Aus- und Weiterbildungsstätten und allen Fachdisziplinen tatsächlich nur Gewinner hervorbringt.

Bibliografie

  • Schwitz F,Bartenstein A, Huwendiek S. Arbeitsplatz-basierte Assessments: Eine Bedarfsanalyse bei Assistenzärztinnen und -ärzten sowie ihren Supervisierenden. Praxis (Bern 1994). 2022;111(11):605–611. DOI: 10.1024/1661-8157/a003877. First citation in articleAbstractGoogle Scholar