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Das akademische Selbstkonzept bei Schulanfängern

Spielen Geschlecht und Migrationshintergrund eine Rolle?

Published Online:https://doi.org/10.1026/2191-9186/a000008

Abstract

Zusammenfassung. In der vorliegenden Arbeit wird anhand einer Stichprobe von 1275 Erstklässlern geprüft, ob sich zwischen Kindern mit und ohne Migrationshintergrund Unterschiede im verbalen und mathematischen Selbstkonzept finden lassen, wobei das Geschlecht der Kinder in den Analysen ebenfalls berücksichtigt wird. Es wurden Selbsteinschätzungen der Kinder, sowie standardisierte Leistungsmaße im Lesen und in Mathematik erhoben, die durch Leistungseinschätzungen der Lehrkräfte ergänzt wurden. Es zeigte sich, dass Kinder mit Migrationshintergrund trotz schlechterer schulischer Leistungen im Lesen und in Mathematik in diesen Bereichen ein höheres Selbstkonzept aufwiesen als Kinder ohne Migrationshintergrund. Auch findet sich bereits in der ersten Klasse unter Jungen ein optimistischeres mathematisches und unter Mädchen ein optimistischeres verbales Selbstkonzept. Dies spiegelte sich auch in den tatsächlichen Leistungen der Kinder sowie den Lehrereinschätzungen wider.

The academic self-concept of first graders. Do gender and immigration background play a role?

Abstract. Differences in the verbal as well as the mathematical self-concept are examined in 1,275 first graders with regard to immigrant background (with/without immigrant background) and gender. Children’s self-concepts, standardized measures of reading, and mathematical performance as well as teacher ratings of the children’s scholar performance in these areas were assessed. Children with immigrant background showed higher levels of mathematic and verbal self-concepts than children without immigrant background, irrespective of their lower levels of scholastic achievement in both of these areas. Furthermore, boys showed more optimistic mathe­matical and girls more optimistic verbal self-concepts, which corresponds to actual performance and teacher ratings.

Für ein Kind sind mit dem Eintritt in die Grundschule eine Vielzahl von Herausforderungen und Aufgaben verbunden, was den Schulanfang zu einer kritischen Phase im Hinblick auf die weitere Entwicklung eines Kindes macht (Hasselhorn & Lohaus, 2001). Die mit dem Schulbesuch verbundenen Anforderungen sind sprachlich-kognitiver, aber auch motivationaler und sozial-emotionaler Art. Die Kinder müssen sich an ein neues soziales Umfeld gewöhnen, erhalten direkte und indirekte Leistungsrückmeldungen und erfahren somit etwas über ihre Stärken und Schwächen. Bei der Anpassung an die Schule und deren systematische Lernanforderungen in einer neu zusammengesetzten Gruppe kommt den kindlichen Vorstellungen, Einschätzungen und Bewertungen der eigenen Person, dem Selbstkonzept, eine Schlüsselrolle zu.

Das Selbstkonzept ist nach Shavelson (1976) hierarchisch aufgebaut (vgl. Brunner et al., 2010). An der Hierarchiespitze steht das generelle Selbstkonzept, das sich wiederum aus spezifischen Facetten wie z. B. dem körperlichen Erscheinungsbild („Ich sehe gut aus“), den sozialen Beziehungen („Ich habe viele Freunde“) oder akademischen Fähigkeiten („Ich bin gut in der Schule“) zusammensetzt (Marsh & Shavelson, 1985). Das akademische Selbstkonzept umfasst im frühen Schulalter vor allem die Einschätzung und Bewertung der mathematischen und der verbalen Fähigkeiten (Byrne, 1998). Für die Genese des akademischen Selbstkonzepts sind vor allem Leistungsrückmeldungen signifikanter Anderer (z. B. Lehrer) sowie soziale und dimensionale Vergleiche bedeutsam (Filipp, 2006). So vergleichen Schüler ihre eigenen Fähigkeiten und Leistungen nicht nur mit denen der anderen Mitschüler (sozialer Vergleich), sondern es werden Leistungen verschiedener Bereiche z. B. verbaler vs. mathematischer, zueinander in Beziehung gesetzt (dimensionaler Vergleich; Marsh, 1986).

Für den individuelle Entwicklung ist das Selbstkonzept von großer Relevanz. Dies belegt vor allem der empirisch gesicherte Zusammenhang zwischen Selbstkonzept und schulischer Leistung: Ein hohes Selbstkonzept geht einher mit einer hohen Selbstwirksamkeitserwartung (Bong & Skaalvik, 2003), einer ausgeprägten Lern- und Leistungsmotivation sowie guten schulischen Leistungen (Guay, Ratelle, Roy & Litalien, 2010; Marsh & Craven, 2006). Auf der anderen Seite finden sich bei Schülern mit einem niedrigen Selbstkonzept häufig auch schlechte schulische Leistungen.

Für die Erklärung des Zusammenhangs von Selbstkonzept und Leistung findet man zwei unterschiedliche theoretische Perspektiven (Calsyn & Kenny, 1977). Nach dem Self-Enhancement-Ansatz stellt das Selbstkonzept eine Determinante der schulischen Leistung dar, während der Skill-Development-Ansatz davon ausgeht, dass die schulische Leistung vor allem das Selbstkonzept beeinflusst (Guay, Marsh & Boivin, 2003). Diese unterschiedlichen Ansätze sind nicht nur von theoretischer, sondern auch von praktischer Relevanz. So geht beispielsweise der Self-Enhancement-Ansatz davon aus, dass eine Verbesserung des Selbstkonzepts sich direkt in einer Verbesserung des individuellen Lernzuwachses niederschlägt (Haney & Durlak, 1998). Eine gezielte Förderung des Selbstkonzepts würde demnach auch positive Effekte auf die schulische Entwicklung haben. Da beide Ansätze in der Literatur vielfach Untermauerung finden (Helmke & van Aken, 1995; Valentine, DuBois & Cooper, 2004), wird mittlerweile davon ausgegangen, dass die Leistung einen Einfluss auf das Selbstkonzept ausübt, aber auch das Selbstkonzept die Leistungsentwicklung beeinflusst (Guay, Marsh & Boivin, 2003; Marsh & Craven, 2006). Daher ist es nicht verwunderlich, dass ein positives Selbstkonzept als ein wichtiges Erziehungsziel angesehen wird (Marsh & Hau, 2003) und Lehrkräften im Anfangsunterricht auch eine Förderung des Selbstkonzepts nahegelegt wird (Renner, Martschinke, Munser-Kiefer & Steinmüller, 2011).

Kurz nach Schuleintritt zeigen fast alle Kinder ein sehr positives akademisches Selbstkonzept (Helmke, 1998) und nicht wenige Kinder halten sich für die Besten ihrer Klasse. Unabhängig von den bestehenden deutlichen Leistungsunterschieden zeigen nahezu alle Kinder am Anfang der ersten Klasse einen „kindlichen Überoptimismus“ und bewerten ihre eigenen Fähigkeiten als sehr gut und nur wenige schätzen ihre eigenen Fähigkeiten als durchschnittlich oder schlecht ein (Hasselhorn, 2005). Dementsprechend ist der Zusammenhang zwischen schulischer Leistung und Selbstkonzept noch nicht sehr hoch (Chapman & Tunmer, 1997). Nach Nicholls (1978) ist die Überschätzung der eigenen Leistungen darauf zurückzuführen, dass Kinder in diesem Alter noch nicht zwischen Anstrengung und tatsächlicher Fähigkeit unterscheiden können. Sie attribuieren gute Leistung vor allem auf Anstrengung und scheinen darüber hinaus ein fast unerschütterliches Vertrauen in ihre eigene Anstrengung zu haben. Stipek (1984) führt die Diskrepanz eher auf das Wunschdenken der Kinder zurück (Wunschdenkhypothese). Demnach können Erst- und ZweitklässlerInnen, aber insbesondere Schulanfänger, noch nicht zwischen Wunsch und Realität unterscheiden, sodass die Einschätzung der Fähigkeiten durch den Wunsch nach einer guten Leistung verzerrt wird. Infolgedessen stellt das Selbstkonzept eher ein Abbild ihrer Wünsche dar (vgl. auch Harter, 1998). Ausgehend von dem damit verbundenen sehr hohen akademischen Selbstkonzept sinkt im Verlauf der Grundschule das allgemeine Niveau des Selbstkonzepts (Marsh, Craven & Debus, 1998; Wigfield et al., 1997) und es kommt zu einer zunehmend realistischen Einschätzung der eigenen Kompetenzen in den einzelnen Fähigkeitsbereichen (Helmke, 1998). Dies kann durch die Zunahme metakognitiver Fähigkeiten, stetiger Leistungsrückmeldungen und inter- und intraindividueller Vergleichsprozesse erklärt werden (Marsh, Craven & Debus, 1998).

Bei der Genese des akademischen Selbstkonzepts finden sich auch Geschlechtsunterschiede. So zeigt sich eine vergleichsweise realistische Selbsteinschätzung bei Mädchen etwa mit acht Jahren und somit ein halbes Jahr früher als bei Jungen (Hasselhorn & Gold, 2009, S.168). Auch bei genauerer Betrachtung der unterschiedlichen Leistungsbereiche wurden immer wieder Geschlechtsunterschiede thematisiert: Die Ergebnisse von Eccles, Wigfield, Harold und Blumenfeld (1993) deuten darauf hin, dass Jungen bereits in der ersten Klasse ein höheres mathematisches Selbstkonzept aufweisen als Mädchen, wohingegen sich in der verbalen Domäne (z. B. Lesen) ein umgekehrtes Bild zeigt. Auch finden sich Belege dafür, dass sich im Verlauf der Grundschule diese geschlechtsstereotypen Diskrepanzen weiter verstärken. So nimmt nach Helmke (1998) das mathematische Selbstkonzept im Verlauf der Grundschule bei Mädchen stärker ab als bei Jungen, während das verbale Selbstkonzept bei Jungen stärker sinkt. Die Befundlage ist allerdings etwas uneinheitlich. So finden sich im Gegensatz zu den Ausführungen von Eccles et al. (1993) bei Marsh, Craven und Debus (1991) und bei Helmke (1998) in der ersten bzw. zweiten Klassenstufe in der mathematischen und verbalen Domäne des Selbstkonzeptes noch keine bedeutsamen Geschlechtsunterschiede.

Während geschlechtsspezifische Unterschiede des Selbstkonzepts in der Literatur vielfach thematisiert wurden, blieb der Faktor Migrationshintergrund in diesem Zusammenhang bislang weitegehend unbeachtet. Dabei ist mittlerweile unstrittig, dass ein Migrationshintergrund schon in den ersten Schuljahren das Risiko für schulischen Misserfolg erhöht (Schwippert, Bos & Lankes, 2003). Auch werden Kinder mit Migrationshintergrund häufiger von der Einschulung zurückgestellt und auch die Zahl der Klassenwiederholungen ist bei diesen Kindern vergleichsweise hoch ( Krohne, Meier & Tillmann, 2004). Daher sollte man erwarten, dass Schüler mit Migrationshintergrund nicht nur häufiger von schulischen Misserfolgserlebnissen betroffen sind, sondern auch ein entsprechend ungünstiges Selbstkonzept eigener schulischer Kompetenzen entwickeln.

Die Ergebnisse einer Studie von Roebers, Mecheril und Schneider (1998) mit Grundschulkindern bestätigen diese Annahme nur teilweise. Kinder mit Migrationshintergrund wiesen gegenüber denen ohne Migrationshintergrund ein ungünstigeres Selbstkonzept im Fach Deutsch auf, nicht jedoch bezüglich der selbstwahrgenommen Kompetenzen in Mathematik, wo sie sogar ein deutlich positiveres Selbstkonzept als Kinder ohne Migrationshintergrund zeigten. Ob diese positive Selbsteinschätzung bei Jungen und Mädchen gleichermaßen zu finden war, wurde in dieser Arbeit nicht thematisiert.

Fragestellung

Die spärlichen Befunde zu Unterschieden im Selbstkonzept zwischen Grundschulkindern mit und ohne Migrationshintergrund stammen von Drittklässlern. Daher ist nicht ausgeschlossen, dass sich die schlechtere Selbsteinschätzung von Kindern mit Migrationshintergrund in den verbalen Bereichen und die positivere Einschätzung im mathematischen Bereich erst in der Mitte der Grundschulzeit herausbilden. Ein Ziel der vorliegenden Studie bestand folglich darin, zu prüfen, ob die unterschied­lichen Selbsteinschätzungen von Schülern mit und ohne Migrationshintergrund bereits bei Schulanfängern am Ende der ersten Klasse beobachtbar sind.

Die widersprüchlichen Befunde zu geschlechtsspezifischen Unterschieden im Selbstkonzept lassen zudem die Frage aufkommen, ob sich bereits im ersten Schuljahr bedeutsame Unterschiede zwischen Schülerinnen und Schülern zeigen. Gerade vor dem Hintergrund der geschlechtsstereotypen Vorstellung von schulischer Leistung ist es wichtig, bereichsspezifische Selbstkonzepte zu betrachten, zumal davon ausgegangen werden darf, dass diese deutlich enger mit den bereichsspezifischen schulischen Leistungen im Zusammenhang stehen als globale Selbstkonzeptmaße (Hansford & Hattie, 1982).

Angesichts der bei älteren Grundschulkindern gefundenen Selbstkonzeptvorteile von Jungen und von Kindern mit Migrationshintergrund im Bereich Mathematik, interessierten wir uns zusätzlich dafür, ob die möglichen geschlechtsspezifischen Unterschiede im Selbstkonzept in einer Wechselbeziehung zum Migrationshintergrund stehen. So stellten wir uns die Frage, ob das erhöhte mathematische Selbstkonzept eher bei Jungen als bei Mädchen mit Migrationshintergrund zu finden ist.

Im Einzelnen diente die vorliegende Studie der Klärung folgender Fragen:

  1. 1.
    Zeigen sich schon bei Schulanfängern geschlechtsspezifische Unterschiede im akademischen Selbstkonzept und korrespondierende Unterschiede in den schulischen Leistungen?
  2. 2.
    Zeigen Schulkinder mit einem Migrationshintergrund am Ende der ersten Klassenstufe ein ähnlich hohes akademisches Selbstkonzept wie Schulkinder ohne Migrationshintergrund?
  3. 3.
    Fallen Geschlechtsunterschiede bezüglich des akademischen Selbstkonzepts und der schulischen Leistung bei Erstklässlern mit und ohne Migrationshintergrund unterschiedlich aus?

Methode

Stichprobe. Die Erhebung wurden im Rahmen der vom Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg geförderten wissenschaftlichen Begleitung des Projekts „Schulreifes Kind“ durchgeführt1. An der Querschnittserhebung nahmen insgesamt N = 1667 Schülerinnen und Schüler der ersten Jahrgangsstufe aus verschiedenen Grundschulen in Baden-Württemberg teil. Da von 392 Schülern keine Angaben hinsichtlich des Geschlechts bzw. des Migrationshintergrundes vorlagen, wurden in der vorliegenden Studie ausgehend von dieser Stichprobe Daten von N = 1275 Schülern berücksichtigt.

Die verwendete Stichprobe setzte sich aus 620 Mädchen (48,6 %) und 655 Jungen zusammen, wobei insgesamt 44,5 % der Schülerinnen und Schüler einen Migrationshintergrund aufwiesen. Der Migrationsstatus wurde dabei analog zur IGLU-Studie (Bos et al., 2007) durch mindestens einen im Ausland geborenen Elternteil definiert. Die Verteilung des Migrationshintergrundes zwischen Jungen und Mädchen unterschied sich nicht. Auch der Altersdurchschnitt, der im Mittel 7 Jahre und 4 Monate (SD = 0,39 Jahre) betrug, wies keine geschlechts­spezifischen Unterschiede auf.

Instrumente/Datenquellen und Erhebungen. Zur Erfassung der multidimensionalen Facetten des Fähigkeitsselbstkonzepts wurde ein Verfahren verwendet, das konzeptuell auf dem Selbstkonzeptverfahren der LOGIK-Studie basiert (Helmke, 1998). Anhand einer siebenstufigen Antwortskala (1 = „gar nicht gut“ bis 7 = „sehr gut“) wurden in Einzelinterviews durch jeweils sechs Items das Selbstkonzept des Lesens (z. B. „Im Lesen bin ich …“) und der Mathematik (z. B. „Im Rechnen bin ich …“) erfasst. Um die Bedeutung von sozialen Vergleichsinformationen für die Genese des Selbstkonzepts in der tatsächlichen Selbstkonzepterfassung zu berücksichtigen (siehe Dickhäuser & Galfe, 2004), waren die einzelnen Stufen durch Strichmännchen illustriert, die die Klassenkameraden der Schüler repräsentierten. Die Aufgabe der Schüler bestand nun darin, dasjenige Strichmännchen anzukreuzen, welches am ehesten ihren eigenen Fähigkeiten entspricht. Darüber hinaus enthielten einige Items explizite soziale Vergleichsinformationen (z. B. „Im Lesen bin ich am schlechtesten/besten“). Diese Items erfassten sowohl die evaluative Komponente des Selbstkonzepts (z. B. „Im Lesen bin ich am schlechtesten/besten“) als auch die deskriptive/emotionale Komponente (z. B. „Mathe macht mir gar keinen Spaß/sehr viel Spaß“; vgl. Burnett, 1994). Die Interne Konsistenz des Verfahrens erwies sich als gut (Cronbachs-α = .83 bzw. .84 für Lesen bzw. Mathematik).

Zur Erfassung der Leseleistung auf Wortebene wurde die Würzburger Leise Leseprobe in revidierter Fassung (WLLP-R;, 2011Schneider, Blanke, Faust & Küspert) eingesetzt. Zu einem vorgegebenen Wort muss dabei aus vier Bildern das entsprechende Bild ausgewählt werden. Die Durchführungszeit dieses Gruppentests beträgt fünf Minuten. Die Leseleistung ergibt sich aus der Anzahl der in dieser Zeit richtig bearbeiteten Items. Die Reliabilität dieses Verfahrens liegt nach der Paralleltestmethode bei rAB = .87.

Als Maß für die Mathematikleistung wurde der ­DEMAT 1+ (Deutscher Mathematiktest für erste Klassen, Krajewski, Küspert, Schneider, & Visé, 2002) herangezogen. Das Testverfahren setzt sich aus neun Subtests zusammen (Mengen – Zahlen, Zahlenraum, Addition, Subtraktion, Zahlenzerlegung – Zahlenergänzung, Teil – Ganzes, Kettenaufgaben, Ungleichungen und Sachaufgaben), die teilweise Zeitvorgaben vorsehen. Die Durchführungsdauer liegt bei ca. 45 Minuten, die interne Konsistenz für den DEMAT-Gesamttest bei Cronbach’s α = .89.

Neben diesen expliziten Leistungsmaßen wurde zusätzlich die Lese- und Mathematikleistung der Schüler durch die Lehrkräfte auf einer fünfstufigen Skala (0 = „deutlich unterdurchschnittlich“ bis 4 = „sehr gut“) eingeschätzt.

Die Datenerhebung fand innerhalb eines fünfwöchigen Zeitraums am Ende des ersten Schuljahrs der Kinder statt und wurde von geschulten studentischen Hilfskräften durchgeführt. Die Durchführung der normierten Schulleistungstests erfolgte als Gruppentestung im Klassenverband an zwei aufeinanderfolgenden Vormittagen. Das Fähigkeitsselbstkonzept wurde in Einzeltestungen erfasst, die ebenfalls in diesem Zeitraum erfolgte.

Bei der Datenanalyse wurde eine varianzanalytische Strategie verfolgt, wobei zur Frage der möglichen Gruppenunterschiede in den Selbstkonzeptvariablen teilweise zusätzlich die tatsächlichen Leistungen kontrolliert wurden (Kovarianzanalyse)2

Ergebnisse

Da ein statistisch bedeutsamer Zusammenhang zwischen dem Selbstkonzept und der tatsächlichen Leistung die Grundlage für die Beantwortung der Fragestellungen bildet, wurde zunächst über Korrelationsanalysen geprüft, ob überzufällig deutliche Zusammenhänge zwischen den erfassten Leistungen und den entsprechenden bereichsspezifischen Selbstkonzepten bestehen. Wie Tabelle 1 aufzeigt, finden sich statistisch bedeutsame Zusammenhänge zwischen den Selbsteinschätzungen und den Leistungsmaßen der Schülerinnen und Schüler. Mit r = .34 (SK Lesen – WLLP-R) bzw. r = .33 (SK Lesen – Lehrerurteil Lesen) fallen die Zusammenhänge zwischen dem Selbstkonzept des Lesens und der Leseleistung tendenziell höher aus als die Zusammenhänge zwischen dem mathematischen Selbstkonzept und der Leistung in diesem Bereich (SK Mathe – DEMAT 1+, r = .24; SK Mathe – Lehrerurteil Lesen, r = .26). Auch zeigt sich, dass die Korrelation zwischen den beiden Selbstkonzeptfacetten Lesen und Mathematik zwar signifikant positiv (r = .20, p = < .01), aber deutlich geringer als die Korrelationen zwischen den korrespondierenden Leistungsmaßen ausfällt (siehe Tab. 1). Erwartungsgemäß findet sich eine hohe Übereinstimmung zwischen Lehrerurteil und der durch die Leistungstests gemessenen Schulleistung (Lesen: r = .62; Mathematik: r = .66).

Tabelle 1. Interkorrelationen von Selbstkonzept, Schulleistungstests und Lehreurteil

Vergleich zwischen Mädchen und Jungen

Wie aus Tabelle 2 hervorgeht, finden sich bedeutsame Unterschiede zwischen den Selbsteinschätzungen von Schülerinnen und Schülern. Mädchen schätzen sich in ihrer Leseleistung signifikant besser als Jungen ein (F(1, 1056) = 21.20, p < .001, η2 = .020). Bezüglich des mathematischen Selbstkonzepts findet sich das umgekehrte Bild: Hier haben Jungen ein bedeutsam positiveres Selbstkonzept als Mädchen (F(1, 1056) = 31.60, p < .001, η2 = .028). Die Geschlechtsunterschiede im Selbstkonzept spiegeln sich auch in den Ergebnissen der Schulleistungstests und Lehrereinschätzungen wider. So zeigen Mädchen (M = 48,90) nicht nur eine etwas bessere Leseleistung als Jungen (M = 47,03), sondern werden auch von Lehrkräften besser eingeschätzt (F(1, 1247) = 12.56, p < .001, η2 = .009). In Mathematik hingegen schneiden Jungen gegenüber Mädchen besser ab (F(1, 1056) = 13.78, p < .001, η2 = .009) und werden auch von Lehrkräften besser bewertet (F(1, 1232) = 21.30, p < .001, η2 = .016). Obwohl sich die Geschlechtsunterschiede auch in schulischen Leistungen zeigen, können diese nur teilweise die Geschlechtsunterschiede im Selbstkonzept erklären. Bei der Kontrolle der schulischen Leistung (WLLP-R und DEMAT) mittels Kovarianzanalyse zeigen sich weiterhin statistisch bedeutsame Unterschiede im Selbstkonzept zwischen Mädchen und Jungen (Selbstkonzept Lesen: F (1, 1055) = 14.41, p < .001, η2 = .013); Selbstkonzept Mathematik: F(1, 1055) = 25.06, p < .000, η2 = .023), wenngleich diese Effekte auch etwas geringer ausfallen.

Vergleich von Kindern mit und ohne Migrationshintergrund

Erwartungsgemäß zeigen Schüler mit Migrationshintergrund eine schlechtere Lese- und Mathematikleistung als Schüler ohne Migrationshintergrund. Sowohl in der Bewertung der Lehrkräfte (Lesen: F(1, 1273) = 27.52, p < .001, η2 = .020); Mathematik: F(1, 1232) = 20.71, p < .001, η2 = .016) also auch in den Schulleistungstests (WLLP-R: F(1, 1273) = 54.58, p < .001, η2 = .040); ­DEMAT: F(1, 1056) = 20.80, p < .001, η2 = .015) zeigt sich eine solche Leistungsdiskrepanz.

Überraschenderweise zeigt sich bei einem Vergleich des Selbstkonzeptes von Schülern mit und ohne Migrationshintergrund, dass Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund in beiden Bereichen ein höheres Selbstkonzept haben als Kinder ohne Migrationshintergrund. Wie in Tabelle 3 ersichtlich, zeigen sie sowohl ein positiveres Selbstkonzept im Bereich Mathematik (F(1, 1056) = 17.98, p < .001, η2 = .016) als auch im Bereich Lesen (F(1, 1056) = 17.06, p < .001, η2 = .015). Bei der Kontrolle der schulischen Leistung (WLLP-R und ­DEMAT) mittels Kovarianzanalyse fallen diese Unterschiede sogar noch deutlicher aus (Selbstkonzept Lesen: F(1, 1055) = 47.54, p < .001, η2 = .042); Selbstkonzept Mathematik: F(1, 1055) = 29.08, p < .000, η2 = .027).

Tabelle 1. Selbstkonzept- und Leistungsunterschiede zwischen Schülern mit und ohne Migrationshintergrund (varianzanalytische Auswertung ohne Kovariate)

Vergleich von Jungen und Mädchen mit und ohne Migrationshintergrund

Wie berichtet, zeigen Mädchen allgemein eine bessere Leseleistung als Jungen (siehe Tabelle 2). Interessant ist hierbei, dass diese Geschlechtsunterschiede vor allem auf das bessere Abschneiden der Schülerinnen ohne Migrationshintergrund zurückzuführen sind (siehe Abbildung 1): Während sich in der Leseleitung von Jungen und Mädchen mit Migrationshintergrund keine bedeutsamen Unterschiede finden lassen (F(1, 565) = 0.42, p > .05), sind Mädchen ohne Migrationshintergrund Jungen ohne Migrationshintergrund deutlich überlegen (F(1, 706) = 15.72, p < .001, η2 = .028), was sich in einer statistisch signifikanten Interaktion zwischen Geschlecht und Migrationshintergrund bei der Leseleistung (F(1, 1075) = 4,98; p = .026, η2 = .005) niederschlägt. Die Kompetenzeinschätzung der Lehrkräfte spiegelt diesen Befund ebenfalls (F(1, 1071) = 10,17, p = .001, η2 = .008) wider.

Tabelle 2. Selbstkonzept- und Leistungsunterschiede zwischen Mädchen und Jungen (varianzanalytische Auswertung ohne Kovariate)
Abbildung 1. Lese- und Mathematikselbstkonzept von Mädchen und Jungen in Abhängigkeit des Migrationshintergrunds.

Bei der Selbsteinschätzung der Schülerinnen und Schüler zeigt sich dagegen keine derartige Wechselwirkung (F(1, 1051) = 0.36, p > .05). Mädchen schätzen ihr Lesekompetenz insgesamt höher ein als Jungen, unabhängig davon, ob sie über einen Migrationshintergrund verfügen oder nicht. Überraschenderweise findet sich dabei das höchste Selbstkonzept unter den Mädchen mit Migrationshintergrund (siehe Abbildung 2).

Abbildung 2. Lese- und Mathematikselbstkonzept von Mädchen und Jungen in Abhängigkeit des Migrationshintergrunds.

Auch hinsichtlich der mathematischen Leistung findet sich eine Interaktion zwischen Geschlecht und Migrationshintergrund (F(1, 1075) = 4.65, p = .031, η2 = .004). Wie Abbildung 1 verdeutlicht, zeigen sich bedeutsame Geschlechtsunterschiede in der Gruppe der Kinder mit Migrationshintergrund (F(1, 565) = 16.16, p < .001, η2 = .026), nicht aber zwischen Jungen und Mädchen ohne Migrationshintergrund (F(1, 706) = 1.89, p > .05). Hier zeigen Mädchen eine ähnlich hohe mathematische Leistung wie Jungen. Diese Befunde stimmen mehrheitlich mit den Einschätzungen der Lehrkräfte überein. Auch hier findet sich eine Interaktion (F(1, 1071) = 3,90, p = .049, η2 = .003), die aufzeigt, dass Lehrer vor allem die Leistungen von Schülerinnen mit Migrationshintergrund (M = 2.26) schlechter einstufen. Allerdings finden sich in diesen Einschätzungen der mathematischen Leistungen sowohl bei Schülern mit Migrationshintergrund (F(1, 538) = 18.55, p > .05, η2 = .034) als auch ohne Migrationshintergrund (F(1, 692) = 5.17, p < .05, η2 = .008) bedeutsame Geschlechtsunterschiede zu Ungunsten der Mädchen.

Ähnlich wie beim Selbstkonzept des Lesens, findet sich auch beim mathematischen Selbstkonzept keine Interaktion zwischen Geschlecht und Migrationshintergrund (F(1, 1054) = 0,39; p > .05). Wie Abbildung 2 aufzeigt, findet sich das am positivsten ausgeprägte mathematische Selbstkonzept bei Jungen mit Migrationshintergrund (M = 6.08) gefolgt von Jungen ohne Migrationshintergrund (M = 5.79) und den Mädchen mit Migrationshintergrund (M = 5.70). Auffällig ist in der letzten Gruppe der Kontrast zur tatsächlichen mathematischen Leistung (siehe Abbildung 1), so dass sich in der Gruppe der Mädchen mit Migrationshintergrund ein zwar statistisch bedeutsamer, aber numerisch recht geringer Zusammenhang zwischen Leistung und Selbsteinschätzung (r = .17, p < .05) findet.

Diskussion

In der vorliegenden Arbeit wurden das Selbstkonzept und die frühen schulischen Leistungen von Schülerinnen und Schülern der ersten Jahrgangsstufe unter Berücksichtigung des Geschlechts und des Migrationshintergrund untersucht. Ausgangspunkt der Fragestellungen waren zum einen die widersprüchlichen Ergebnisse zu frühen Geschlechtsunterschieden im akademischen Selbstkonzept, sowie die Annahme, dass sich die geringeren Bildungserfolge von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund auch in den Selbsteinschätzungen niederschlagen könnten.

Übereinstimmend mit den Ergebnissen von Helmke (1998) und Kammermeyer und Martschinke (2006) ergaben auch die Analysen der vorliegenden Studie, dass Schülerinnen und Schüler in der ersten Jahrgangsstufe ein sehr positives verbales wie mathematisches Selbstkonzept haben. Gleichzeitig zeigen die Ergebnisse auf, dass die Selbsteinschätzungen nur mäßig mit den tatsächlichen Leistungen und den Einschätzungen der Lehrkräfte übereinstimmen. Damit stehen die vorliegenden Ergebnisse mit den Befunden von Chapman und Tunmer (1997) im Einklang, wonach ErstklässlerInnen noch nicht so gut in der Lage sind, ihre eigenen Fähigkeiten adäquat einzuschätzen.

Der Vergleich der Selbstkonzepte von Mädchen und Jungen ergab unabhängig vom Migrationshintergrund bedeutsame Unterschiede. Ähnlich wie bei den Ergebnissen von Eccles et al. (1993) haben Jungen bereits in der ersten Klasse ein bedeutsam höheres mathematisches und Mädchen ein höheres verbales Selbstkonzept. Diese geschlechtsspezifischen Diskrepanzen fanden sich auch mehrheitlich in den Ergebnissen der Leistungstests und Einschätzungen der Lehrkräfte. Da sich die Geschlechtsunterschiede jedoch besonders deutlich in den Selbsteinschätzungen zeigten und der Einfluss des Selbstkonzepts auf die schulische Leistung nach Kammermeyer und Martschinke (2006) insbesondere am Schulanfang groß ist, könnten die Geschlechtsunterschiede in den Leistungstests teilweise durch die Unterschiede im Selbstkonzept zustande gekommen sein. Die Unterschiede im Selbstkonzept wiederum könnten auch auf Geschlechterstereotypien zurückführen sein, die sich im Denken und Handeln von wichtigen Bezugspersonen ausdrücken. Wie die Studie von Frome und Eccles (1998) belegt, tendieren Eltern und Lehrkräfte dazu bei gleichem Leistungsstand Jungen eine höhere Begabung zuzuschreiben. Auch in den Daten dieser Studie finden sich bei Kindern ohne Migrationshintergrund im mathematischen Leistungstest keine bedeutsamen Leistungsunterschiede zwischen Jungen und Mädchen, während Lehrkräfte die mathematischen Leistungen von Jungen besser einschätzen.

Mit Blick auf die Frage nach Unterschieden im Selbstkonzept zwischen Kindern mit und ohne Migrationshintergrund zeigten sich überraschende Befunde. So haben Kinder mit Migrationshintergrund sowohl ein höheres Leseselbstkonzept als auch ein höheres Selbstkonzept in Mathematik und das, obwohl sie in beiden Bereichen deutlich schlechter abschneiden als Kinder ohne Migrationshintergrund. Die Kovarianzanalyse verdeutlicht indes, dass Unterschiede im Selbstkonzept nicht durch die Leistungsunterschiede zu erklären sind, sondern im Kontrast zu ihnen stehen. Gleichzeitig kann durch die Selbstkonzept- Leistungsdiskrepanz bei Kindern mit Migrationshintergrund auch teilweise erklärt werden, warum der Zusammenhang zwischen Selbstkonzept und Leistung so gering ausfällt. Insgesamt stehen die Ergebnisse damit im Widerspruch zu der Annahme, dass sich der geringere Bildungserfolg von Kindern mit Migrationshintergrund auch im Selbstkonzept der Kinder niederschlägt. Umso überraschender sind diese Befunde, da Kinder mit Migrationshintergrund insbesondere im Lesen bedeutsam schlechter abschneiden als Kinder ohne Migrationshintergrund.

Die Befunde unterscheiden sich in prägnanter Weise von den Ergebnissen von Roebers, Mecheril und Schneider (1998), die unter Migranten dritten Klassenstufe ein erhöhtes mathematisches aber geringeres verbales Selbstkonzept fanden. Da die hier dargestellten Analysen auch ein erhöhtes Selbstkonzept in Lesen bei Kindern mit Migrationshintergrund aufzeigen, kann das erhöhte mathematische Selbstkonzept zumindest bei Schulanfängern auch nicht als ein Versuch des kompensatorischen Ausgleichs interpretiert werden (siehe Roebers, Mecheril & Schneider, 1998). Während die Wunschdenkhypothese, die besagt, dass die Leistungseinschätzungen durch den Wunsch nach einer guten Leistung verzerrt sind, für das allgemein hohe Selbstkonzept unter Erstklässler­Innen eine Erklärung darstellen könnte (Stipek, Roberts & Sanborn, 1984), kann die Anstrengungsattributions-Hypothese (Nicholls, 1978) einen Erklärungsansatz für die Selbstkonzept-Leistungsdiskrepanz der Kinder mit Migrationshintergrund bieten. Um ihre Leistungsdefizite auszugleichen, strengen sich Kinder mit Migrationshintergrund möglicherweise besonders an, was sich gemäß der Hypothese auch in einem sehr ausgeprägten Selbstkonzept niederschlägt. Zudem könnten sich auch die Bildungserwartungen der Eltern auf die Selbstkonzepte der SchülerInnen auswirken, die unter Migranten besonders hoch sind (Leyendecker, 2008).

Einschränkend muss konstatiert werden, dass in der vorliegenden Studie das Selbstkonzept fähigkeitsbezogen und nicht fächerspezifisch erfasst wurde. Dadurch war in diesem Fall eine weniger starke Assoziation zur Sprache Deutsch gegeben, was möglicherweise einen Einfluss auf die Selbsteinschätzung gehabt haben könnte. Gleichzeitig sind die Effektstärken hinsichtlich der Unterschiede im Selbstkonzept sowohl bezüglich des Geschlechts also auch hinsichtlich des Migrationshintergrunds eher gering, so dass die Ergebnisse mit der nötigen Vorsicht interpretiert werden sollten.

Nicht geklärt werden konnte in dieser Studie, welche Konsequenzen sich aus der Überschätzung für die Leistungsentwicklung der Schülerinnen und Schüler, insbesondere der mit Migrationshintergrund, ergeben. Gemäß dem Self-Enhancement Ansatz kann ein sehr positives Selbstkonzept der eigenen Fähigkeiten durchaus zu einer erhöhten Leistungsmotivation führen, was sich aber nicht unbedingt in einer besseren Leistung niederschlagen muss. So zeigten z. B. Stone und May (2002) in einer Studie mit Schülern der 9. bis 12. Jahrgangsstufe, dass Schüler mit Lernschwierigkeiten, die ihre Leistungen überschätzen, weniger Lernzeit investieren, seltener um Hilfe fragten und weniger schulischen Erfolg hatten. Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass bei einer geringen, eventuell den eigenen Fähigkeiten eher entsprechenden Fähigkeitszuschreibung auch die Lernmotivation geringer ausfällt und sich somit auch die Leistungen ungünstiger entwickeln. In diesem Sinne kann die optimistische Selbsteinschätzung, die sich insbesondere bei Erstklässlern findet, als günstig für die weitere Leistungsentwicklung angesehen werden. Wenngleich bei Kindern mit Migrationshintergrund die Bildungsbedingungen meist ungünstiger ausfallen als bei Kindern ohne Migrationshintergrund, könnte das positive Selbstkonzept dieser Kinder eine Ressource bei der Bewältigung der Anforderungen des Anfangsunterrichts und der ersten Grundschuljahre sein. Da es allerdings für den weiteren Schulverlauf auch wichtig ist, eine realistische Vorstellung der eigene Stärken und Schwächen zu entwickeln um gezielte Lernanstrengungen zu unternehmen, wäre es interessant zu wissen, ob aus dieser potentiellen Stärke von Erstklässlern mit Migrationshintergrund im Verlauf der Grundschule ein Nachteil für die weitere Schulleistungsentwicklung wird.

1Wir danken dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg für die Förderung der Untersuchung sowie allen beteiligten UntersuchungsleiterInnen, den Kindern, Eltern und Lehrkräften für Ihre engagierte Mitarbeit. Insbesondere gilt unser Dank den Kooperationspartnern bei der wissenschaftlichen Begleitung des Projekts „Schulreifes Kind“ in Frankfurt (Katja Krebs, Hanna Wagner), Würzburg (Frank ­Niklas, Sandra Schmiedeler, Wolfgang Schneider, Robin Segerer) und Heidelberg (Isabelle Keppler, Miriam Johnson, Eva Randhawa, Hermann Schöler) ohne deren Beiträge zur Konzeption, Planung und Realisierung der Studie dieser Beitrag nicht hätte entstehen können.

2Bei großer Stichprobe und gleicher Zellengröße sind varianzanalytische Verfahren recht robust gegen die Verletzung der Normalverteilung bzw. der Varianzhomogenität (Field, 2009).

Literatur

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Dipl.-Psych. Jan-Henning Ehm, DIPF – Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung, Schloßstraße 29, 60486 Frankfurt/Main, E-Mail: