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Originalarbeit

Zur Additivität kognitiver Defizitprofile bei komorbiden Lernstörungen

Published Online:https://doi.org/10.1024/2235-0977/a000310

Zusammenfassung.Einleitung: Nach aktueller Literaturlage ergeben sich die kognitiven Profile von Kindern mit komorbiden Lernstörungen (gleichzeitiges Auftreten von Lese-/Rechtschreibstörung und Rechenstörung) additiv aus den kognitiven Profilen von Kindern mit isolierten Lernstörungen. Allerdings dürfen nicht signifikante Ergebnisse in den üblichen frequentistischen Auswertungsverfahren für Interaktionseffekte nicht ohne Weiteres mit Nulleffekten gleichgesetzt werden. Methode: In der vorliegenden Studie werden daher ergänzend Bayesianische Methoden verwendet, um zu überprüfen, ob die Komorbidität von Lese- und Rechenstörungen bei Grundschulkindern mit einer Additivität der Defizitprofile isolierter Lernstörungen hinsichtlich des Arbeitsgedächtnisses, der Aufmerksamkeit, des Rapid Automatized Namings (RAN) und der mathematischen Fähigkeiten einhergeht. Untersucht wurden 133 Grundschulkinder: 49 mit Rechenstörung, 20 mit Lesestörung, 20 mit Lese- und Rechenstörung, 44 ohne eine solche Lernstörung. Ergebnisse: Zusammenfassend ist für alle abhängigen Variablen überzeugende Evidenz für ein additives Profil zu finden – nur die Befunde für den symbolischen Mengenvergleich sind nicht eindeutig. Erstmalig liegt methodisch belastbare Evidenz für die Additivität der kognitiven Profile bei komorbiden Lernstörungen vor. Diskussion: Kinder mit komorbiden Lernstörungen sind weder überproportional beeinträchtigt, noch ist von einer Kompensation bzw. einer gemeinsamen Ursache der Störungsbilder auszugehen.


On Additivity of Cognitive Deficit Profiles in Children with Comorbid Learning Disorders

Abstract.Introduction: Current literature describes cognitive profiles of children with comorbid learning disabilities (concurrent dyslexia and dyscalculia) as the sum of isolated learning disability profiles. But nonsignificant results of frequentist inference may not be interpreted as the absence of an interaction effect. Methods: In this study, Bayesian methods are used to test whether comorbidity actually leads to additive profiles of working memory, attention, rapid automatized naming (RAN) and mathematical abilities. 133 elementary school pupils were tested: 49 with dyscalculia, 20 with dyslexia, 20 with dyslexia and dyscalculia, 44 without any of these learning disabilities. Results: There is convincing evidence for an additive profile for all dependent variables – only the results regarding symbolic magnitude comparison are not clear. For the first time methodically convincing evidence for an additive profile in comorbid learning disorders has been found. Discussion: Children with comorbid learning disorders are neither disproportionately impaired, nor can compensation or a common cause of the disorders be assumed.

Literatur