Subjektiver Handlungsbedarf und Maßnahmen aufgrund psychischer Auffälligkeiten im Kindergartenalter
Perspektiven von Eltern und frühpädagogischen Fachkräften
Abstract
Zusammenfassung. Kindergartenkinder mit psychischen Auffälligkeiten sind darauf angewiesen, dass ihre Probleme bemerkt werden, damit sie Hilfe und Unterstützung erhalten. In einer Fragebogenstudie mit quantitativen und qualitativen Elementen wurden 255 Eltern von Kindern von drei bis sechs Jahren und deren frühpädagogische Fachkräfte mit einem standardisierten Instrument zur Erhebung psychischer Probleme (Verhaltensskalen für das Kindergartenalter, VSK, Koglin & Petermann, 2016) befragt. In ergänzenden offenen Textfeldern gaben Eltern und Fachkräfte an, ob aus ihrer Sicht Handlungsbedarf aufgrund des Verhaltens des Kindes bestehe, und, wenn ja, aus welchen Gründen, welche Maßnahmen durchgeführt wurden. Die Ergebnisse zeigten bei Eltern und Fachkräften einen nur geringen Zusammenhang zwischen auffälligen Werten und subjektivem Handlungsbedarf. Als Gründe für Handlungsbedarf wurden von beiden Gruppen v.a. externalisierende Verhaltensweisen und der Mangel an sozialen Kompetenzen angegeben. Als Maßnahmen wurden von Eltern am häufigsten die Inanspruchnahme verschiedener professioneller Unterstützungsangebote benannt (36,6%). Die Fachkräfte gaben die Kooperation mit den Eltern (36,0%) und die Zusammenarbeit mit diversen externen Kooperationspartnern als häufigste Maßnahmen an (36,0%). Implikationen für die pädagogische Praxis sind v.a. die Fokussierung in Aus- und Weiterbildung auf Kompetenzen zum Erkennen auch emotionaler Probleme sowie eine intensive Vernetzung von Kindertageseinrichtungen mit Akteuren aus Sozialpädiatrischen Zentren und kinderpsychotherapeutischem Fachpersonal.
Abstract. Children three to six years of age with mental health problems depend on someone noticing their problems to receive professional support. The aim of the current study was to investigate the perceptions of a need for action among both parents and childcare teachers. 255 parents and childcare teachers have been surveyed with a standardized measure for mental health problems (Verhaltensskalen für das Kindergartenalter, VSK, Koglin & Petermann, 2016). Further on they were asked if they perceived need for action because of the child's behavior. Results show small correlations between elevated values in the standardized measure and subjective need for action for both parents and childcare teachers. As reasons for need for action both parents and childcare teachers named externalizing behaviors on the first position, followed by a lack of social competences. Asked for interventions after recognizing need for action, service use of a diversity of health professionals was on first position for parents (36,6%). Childcare teachers named cooperation with the parents (36,0%) as well as cooperation with diverse professional partners (36,0%) as main interventions.
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