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Open AccessOriginalarbeit

Berufsfelder von Psychologinnen und Psychologen

Published Online:https://doi.org/10.1026/0033-3042/a000668

Abstract

Zusammenfassung: In dem Beitrag werden vor dem Hintergrund der in den letzten Jahren dynamisch steigenden Studierenden- und Absolventenzahlen im Fach Psychologie die Entwicklung des Arbeitsmarktes und der Berufsfelder von Psychologinnen und Psychologen anhand unterschiedlicher Datenquellen analysiert. Hierzu werden Statistiken des Bundesamts für Arbeit, des Bundesamts für Statistik, der Bundespsychotherapeutenkammer, Analysen von Stellenanzeigen und von Absolventenbefragungen genutzt. Auf Basis dieser Daten werden Zusammenhänge zwischen der Gestaltung von Studiengängen, Studierenden- und Absolventenzahlen und der Entwicklung des Arbeitsmarktes und der Berufsfelder von Psychologinnen und Psychologen diskutiert.

Occupational Fields of Psychologists

Abstract: Against the background of the dynamic increase in the number of students and graduates of psychology in recent years, this article mines various data sources to analyze the development of the job market and the professional fields of psychologists. For this purpose, it uses statistics from the Federal Office of Labor, the Federal Statistical Office, the Federal Chamber of Psychotherapists, analyses of job advertisements, and graduate surveys. Based on this data, it discusses the relationships between degree course design, student and graduate enrollment, and the development of the labor market and the occupational fields of psychologists.

In Deutschland wächst die Zahl der Erwerbstätigen mit einem Studienabschluss in Psychologie seit Jahren dynamisch. Viele von ihnen arbeiten nach eigener Auskunft als Psychologinnen und Psychologen. Da die Psychologie sich mit dem Erleben und Verhalten der Menschen und mit Verfahren zu dessen Beschreibung und Veränderung beschäftigt, sowie mit den Faktoren, die das Erleben und Verhalten in unterschiedlichen situativen Kontexten und Lebensphasen beeinflusst, finden sich Anwendungs- und Berufsfelder der Psychologie in allen Bereichen der Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft, in denen menschliches Erleben und Handeln eine zentrale Rolle spielt. Dies umfasst so unterschiedliche Bereiche wie die menschengerechte Gestaltung von Arbeits- und Lebensbedingungen, von Arbeitsaufgaben, von Hardware und Software, von Berufsfeldern wie die Personalauswahl und Personalentwicklung, die Beratung von Personen, Familien, Schulen, Unternehmen, Politik oder die Psychotherapie von psychisch Kranken und die Rehabilitation und Wiedereingliederung nach Langzeiterkrankungen und nicht zuletzt auch die psychologische Forschung in Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, wie z. B. Leibniz- oder Max-Planck-Instituten.

Ein zunehmender Anteil von Psychologinnen und Psychologen arbeitet aber auch in nicht genuin psychologischen Tätigkeiten und Berufsfeldern, die sie sich mit ihrem Abschluss und im Laufe ihres Berufswegs erschlossen haben. Anschauliche Beispiele für diese heterogenen Berufsfelder finden sich auf der Homepage der DGPs (2023a).

Angesichts multipler Krisen, mit denen die Gesellschaft konfrontiert ist, rückt die Bedeutung der Tätigkeit von Psychologinnen und Psychologen noch stärker in das Blickfeld der Öffentlichkeit und der politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsträger. Dies erhöht die Nachfrage nach psychologischen Dienstleistungen und eröffnet weitere Berufsfelder etwa in der Politikberatung.

In Deutschland kann man mit einem Hochschulabschluss in Psychologie ohne weiteres die Arbeit als Psychologin oder Psychologe aufnehmen, während in anderen Ländern, wie Portugal oder Norwegen, dafür eine Zulassung durch den Psychologischen Berufsverband des jeweiligen Landes erforderlich ist. Daher ist es mit Ausnahme des Berufsfeld Psychotherapie schwierig, verlässliche Zahlen zu Berufsfeldern und zur Tätigkeit von Psychologinnen und Psychologen zu bekommen. In dem vorliegenden Beitrag beschreibe ich die Entwicklung des Arbeitsmarkts und der Berufsfelder von Psychologinnen und Psychologen und deren Zusammenhang mit der Entwicklung und Gestaltung von Studiengängen auf Basis verfügbarer Statistiken zum Arbeitsmarkt, der Analysen von Stellenanzeigen und von Absolventenbefragungen.

Arbeitsmarkt

Betrachtet man die Entwicklung der Zahl der Erwerbstätigen, die ein Psychologiestudium erfolgreich absolviert haben, von 2012 bis 2022, so stiegen diese nach den Zahlen des jährlichen Mikrozensus (Bundesagentur für Arbeit, 2023a) um 62 Prozent von rund 102.000 im Jahre 2012 auf rund 165.000 im Jahre 2022 (vgl. Abbildung 1). Die berufsspezifische Arbeitslosenquote lag 2022 bei 3,3 Prozent (Bundesagentur für Arbeit, 2023a) und damit etwas höher als vor der Coronapandemie, wo sie lediglich 2,3 Prozent betrug (Antoni, 2019).

Abbildung 1 Anmerkungen: Die Ergebnisse ab 2020 sind nur eingeschränkt mit den Vorjahren vergleichbar, da der Mikrozensus 2020 methodisch neugestaltet wurde. Abbildung 1. Entwicklung der Erwerbstätigen a) mit Studienabschluss in Psychologie, b) die angaben, als Psychologin oder Psychologe tätig zu sein (Bundesagentur für Arbeit, 2023a).

Damit nimmt der Arbeitsmarkt die vor allem seit 2008 dynamisch steigenden Studierendenzahlen (vgl. Abbildung 2) und die entsprechend zeitlich versetzt steigenden Absolventenzahlen der Psychologie bislang gut auf. Der Zuwachs lässt sich dabei weitgehend auf die zunehmenden Studierenden- und Absolventenzahlen an privaten (Fach–)‌Hochschulen zurückführen (Antoni, 2019). Im Jahr 2020 übertraf die Studierendenzahl an (Fach–)‌Hochschulen mit 43.579 erstmals die 40.556 Studierenden an Universitäten (Bühner, 2023). Diese Entwicklung begann mit der Umstellung der Diplom- auf Bachelor- (BA) und Master- (MA)-Studiengänge Psychologie. Diese werden auch an (Fach–) und Fern-Hochschulen angeboten. Da es, im Unterschied zum Diplomstudiengang Psychologie, für sie keine einheitliche Rahmenprüfungsordnung mehr gibt, ermöglicht dies zugleich eine – politisch gewollte – größere Vielfalt der Studiengänge. Diese betrifft die Inhalte, Titel der Studiengänge und -abschlüsse und ihre Gestaltung als konsekutive oder weiterbildende Präsenz- oder Fernstudiengänge.

Inwieweit es gelingt, durch die vorgeschriebenen Akkreditierungsprozesse ein vergleichbares Qualitätsniveau dieser unterschiedlichen Studiengänge zu sichern, erscheint auch nach der Reform des Akkreditierungssystems im Jahre 2017, bei der die Akkreditierungsentscheidung den Akkreditierungsagenturen weggenommen und dem Akkreditierungsrat übertragen wurde, zweifelhaft (Bühner 2023). Eine mangelhafte Qualität von Studiengängen der Psychologie könnte sich langfristig nicht nur negativ auf die Arbeitsmarktchancen und Berufsperspektiven der Absolventinnen und Absolventen dieser Studiengänge auswirken, sondern auch negativ auf das Fach als Ganzes ausstrahlen. Es könnte auch Entwicklungen weiter bestärken, dass, ähnlich wie in den USA, das Renommee einer Universität in einem Studienfach eine zunehmende Bedeutung für den Berufseinstieg erlangt.

Zur Sicherung der Qualität und zur Auszeichnung der Studiengänge hat die Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs) Empfehlungen formuliert und Qualitätssiegel eingeführt (DGPs, 2023b): Diese haben insbesondere beim Bachelorstudiengang Psychologie bislang zu einem vergleichsweise einheitlichen Qualitätsstandard und Qualifikationsprofil beigetragen.

Im Unterschied zum Bachelorstudiengang Psychologie differenziert sich in den MA-Studiengängen der Psychologie das Kompetenz- und Qualifikationsprofil weiter aus, insbesondere seit der Reform des Psychotherapeutengesetzes im Jahre 2020. An fast allen Universitäten finden sich neben MA-Studiengängen der Psychologie, auch solche mit spezifischen, vorgegebenen Schwerpunkten, allen voran der MA-Studiengang Psychologie mit Schwerpunkt Klinische Psychologie und Psychotherapie. Nach einem approbationskonformen BA- Studiengang Psychologie, berechtigt dessen Abschluss zur Approbationsprüfung in Psychotherapie. Wie diese zunehmende Ausdifferenzierung der Studiengänge die Berufsfelder und Wege der Absolventinnen und Absolventen beeinflusst und im Arbeitsmarkt langfristig aufgenommen wird, gilt es zu analysieren. Angesichts des demographischen Wandels und des damit verbundenen Ausscheidens der geburtenstarken Jahrgänge und sich immer stärker abzeichnenden Fachkräftemangels, dürften jedoch auch die inzwischen knapp 111.000 Studierenden in den unterschiedlichen Studiengängen der Psychologie gute Chancen haben, in den nächsten Jahren eine Arbeit zu finden, insbesondere wenn sie sich nicht nur auf genuin psychologische Stellen bewerben.

Exakte Zahlen zu den MA- und Diplomabschlüssen liegen bislang nur für den Zeitraum 2012 bis 2021 vor. In diesem Zeitraum gab es 49.059 MA- und Diplomabschlüsse. Dies entspricht in etwa dem Zuwachs um rund 47.000 der Erwerbstätigen mit einem Studienabschluss in Psychologie in diesem Zeitraum (Bühner, 2023; Destatis 2022a). Allerdings ist beachten, dass jedes Jahr nicht nur Personen neu in den Arbeitsmarkt kommen, sondern auch altersbedingt ausscheiden. Es ist daher anzunehmen, dass die rund 49.000 Personen mit MA-Abschlüssen im Zeitraum von 2012 bis 2021 nicht ausreichen, um den Zuwachs der Erwerbstätigen mit einem Studienabschluss in Psychologie von 102.000 auf 149.000 in diesem Zeitraum zu erklären. Von 2021 auf 2022 wuchs die Zahl der Erwerbstätigen sogar sprunghaft um 16.000 von 149.000 im Jahre 2021 auf 165.000 im Jahre 2022. Angesichts von 6.700 MA-Abschlüssen im Fach Psychologie an deutschen Hochschulen im Jahre 2021 stellt sich auch hier die Frage, wie dieser Zuwachs an Erwerbstätigen im Jahr 2022 nach dem Ende der Corona Pandemie gedeckt wurde. Welche Entwicklungen in welchem Ausmaß dazu beigetragen haben, kann durch die bislang vorliegenden Statistiken nicht geklärt werden. Da der Mikrozensus bereits im Jahr 2020 neu gestaltet wurde kann der Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen von 2021 auf 2022 nicht auf diese methodische Veränderung zurückgeführt werden. So bleibt unklar, inwieweit dieser starke Zuwachs neben einem Anstieg der MA-Abschlüsse im Fach Psychologie, auf einen höheren Zustrom von Personen, die den MA-Abschluss im Ausland erworben haben, oder auf Personen, die nach dem BA-Abschluss in Psychologie ihre Erwerbstätigkeit aufnahmen, zurückzuführen ist.

Abbildung 2 Entwicklung der Studierendenzahlen im Studienfach Psychologie von WS 1998/99 bis WS 2022/23 (Destatis, 2023).

Der hohe Frauenanteil im Studium (76 % im WS 22/23 vgl. Abbildung 2) spiegelt sich auch in der Erwerbstätigenstatistik mit einem Frauenanteil von 78 % wider. Da in vielen Einrichtungen eine (Geschlechter–)‌Diversität des Personals angestrebt wird, kann sich dieser hohe Frauenanteil einschränkend auf die Einstellung von Psychologinnen auswirken, wenn die jeweilige Tätigkeit auch von anderen Berufsgruppen ausgeführt werden kann, in denen mehr Männer vertreten sind. Weitere Nachteile können sich für Klienten ergeben, wenn sie etwa einen Psychotherapeuten suchen und diese nur noch selten zu finden sind. Von den 119.000 Personen, die angaben, als Psychologin oder Psychologe tätig zu sein, waren 52.000 (44 %) sozialversicherungspflichtig angestellt und rund 48.000 (40 %) arbeiteten als Selbstständige. Die Arbeitslosenquote lag 2022 bei 3,3 Prozent (Bundesagentur für Arbeit, 2023a).

Vergleicht man die Entwicklung der Erwerbstätigen mit einem Studienabschluss in Psychologie mit der Entwicklung der Personen, die bei der Befragung angaben, als Psychologin oder Psychologe tätig zu sein, so zeigt sich zwar immer noch ein deutliches Wachstum, doch fällt dieses mit 42 Prozent deutlich geringer aus (vgl. Abbildung 1). Gaben rund 84.000 von 102.000 Personen (82 %) im Jahr 2012 an, als Psychologin oder Psychologe tätig zu sein, waren es im Jahre 2022 rund 119.000 vom 165.000 Personen (72 %). Damit wuchs der Anteil von Absolventinnen und Absolventen der Psychologie die Tätigkeiten auszuüben, die sie nicht als typisch für ihre Qualifikation als Psychologin oder Psychologe betrachten von 18 auf 28 Prozent. Offensichtlich sind sie aber auch für diese Tätigkeiten geeignet bzw. werden dafür als geeignet betrachtet. Um welche Berufsfelder und Tätigkeiten es sich dabei handelt, wird in der Publikation der Bundesagentur für Arbeit (2023a) nicht gesagt.

Fraglich bleiben auch die Gründe, die dazu geführt haben, dass inzwischen mehr als jede vierte Person (28 %) mit einem Psychologieabschluss angibt, nicht als Psychologin oder Psychologe tätig zu sein. Es bleibt Spekulation, welche Faktoren in welchem Ausmaß dafür verantwortlich sind: ob die betreffenden Personen keine Tätigkeit als Psychologin oder Psychologe gesucht oder gesucht, aber nicht gefunden haben, ob sie Karriere gemacht und aus einer psychologischen Fachposition in eine andere Fach- oder Führungsposition gewechselt sind oder ob sie ihre Tätigkeit lediglich als nicht typisch psychologische Tätigkeit bewerten, obwohl sie auch durch ihr Psychologiestudium die für diese Tätigkeit geforderten Kompetenzen erworben haben und damit einen Beitrag zur Eroberung eines neuen Berufsfelds für die Psychologie leisten. Es könnte aber auch sein, dass ein Teil der Erwerbstätigen zwar formal einen Studienabschluss in Psychologie hat, beispielsweise einen BA- oder MA-Abschluss in Wirtschaftspsychologie, sich aber nicht als Psychologin oder Psychologe begreift, da andere nicht-psychologische Studieninhalte, etwa im Bereich der Betriebswirtschaftslehre, das Studium prägten. Anhand der vorliegenden Daten können diese Fragen nicht beantwortet werden, da unklar ist, welche Kriterien die Personen für ihre Einschätzung heranziehen, ob sie als Psychologin oder Psychologe tätig sind und was sie als typisch psychologische Tätigkeiten ansehen.

Zu dieser unklaren Situation trägt auch bei, dass es in Deutschland, im Unterschied zu anderen Ländern wie etwa der Schweiz, kein Berufsgesetz gibt, das den Titel Psychologe / Psychologin schützt und festlegt, welche Studiengangsabschlüsse zur Führung dieses Titels berechtigen. Lediglich die Titel Psychotherapeut, Psychologischer Psychotherapeut (PP), Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut (KJP) werden durch das Psychotherapeutengesetz (PsychThG) geschützt. Für die Bezeichnung „Psychologe“ gibt es lediglich verschiedene wettbewerbsrechtliche Gerichtsurteile, die festhalten, dass man beim Lesen der Bezeichnung „Psychologe“ ohne Weiteres voraussetzt, dass auch ein akademisches Psychologiestudium im Hauptfach erfolgreich absolviert wurde (z. B. Landgericht Bielefeld, 2018). Welche psychologischen Inhalte und in welchem Umfang dieses Hauptstudium haben muss, wird jedoch nicht spezifiziert. Vor der Umstellung der Diplom- auf die BA- und MA-studiengänge führte dies in der Regel noch zu keinen Unklarheiten. Zumindest in Deutschland musste, mit wenigen Ausnahmen, die Magisterstudiengänge betrafen, für ein akademisches Psychologiestudium im Hauptfach ein Diplomstudium in Psychologie absolviert werden. Diese Diplomstudiengänge hatten eine gemeinsame, staatlich festgelegte Rahmenprüfungsordnung. Eine prominente Ausnahme, die das Problem des Titelschutzes ohne gesetzliche Grundlage verdeutlicht, stellt das Urteil des Oberlandesgerichts München (vom 30. 7. 17 Az. AZ 6 U 4436/16) dar. In diesem Urteil genügte ein zweites Hauptfach Psychologie in einem Magisterstudium der Philosophie in Kombination mit einem Master of Science Abschluss in Management Research, um die Führung des Titels Wirtschaftspsychologe zu rechtfertigen. Seit der Einführung der BA- und MA-Studiengänge hat sich die Situation deutlich verändert. Im Jahr 2020 gab es bereits allein im Bereich der Wirtschaftspsychologie 46 BA- und 53 MA-Studiengänge an staatlichen und privaten Fach- und Fernhochschulen mit unterschiedlichen Schwerpunkten (Spinath, 2021). Angesichts der inzwischen großen Zahl inhaltlich unterschiedlichster BA und MA-Studiengänge die Psychologie im Titel führen, könnte nur ein Berufsgesetz die Rechtsunsicherheit bzgl. der Titelführung beseitigen.

Der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) und die DGPs sind sich bei der Frage einig, wer sich als Psychologin oder Psychologe bezeichnen darf. Sie formulieren dies, in den gemeinsamen berufsethischen Richtlinien des BDP und der DGPs, die sich an den akademischen Ausbildungsstandard für Psychologische Studiengänge in den Richtlinien des European Certificate in Psychology (EuroPsy) der European Association of Psychology Associations (EFPA, 2023) anlehnen. Danach können die Berufsbezeichnungen „Psychologin“ oder „Psychologe“ von Personen geführt werden, „die durch den Abschluss eines grundständigen Bachelor- und eines konsekutiven MA-Studiengangs über ein abgeschlossenes Hochschulstudium der Psychologie mit mindestens 240 Punkten (à 30 Stunden Workload) nach dem European Credits Transfer System (ECTS) verfügen. Von den mindestens 240 Punkten müssen mindestens 210 Punkte in psychologischen Grundlagen-‍, Methoden- und Anwendungsfächern und einer wissenschaftlichen MA-Arbeit mit psychologischer Fragestellung erworben worden sein (davon 15 – 30 Punkte in Praktika). Die Berufsbezeichnung „Psychologin“ oder „Psychologe“ führt, wer ein Diplomstudium entsprechend den Rahmenprüfungsordnungen im Studiengang Psychologie an einer deutschen Hochschule abgeschlossen hat.“ (DGPs, 2022, S. 11). Ein BA-Abschluss in Psychologie genügt aus Sicht des BDP und der DGPs damit nicht, um sich Psychologin oder Psychologe nennen zu können, gleiches gilt für nicht konsekutive MA-Abschlüsse in Psychologie (DGPs, 2022). Diese Sichtweise wird in 37 europäischen Ländern von den nationalen Psychologieverbänden weitgehend geteilt, die das EuroPsy als gemeinsamen Kompetenzrahmen akzeptieren (Antoni, 2023).

Berufsfelder

In seinem Bericht zu den Perspektiven der Psychologie in Deutschland stellt der Wissenschaftsrat (2018) fest, dass eine genaue Verteilung der Psychologinnen und Psychologen auf die einzelnen Berufsfelder schwierig zu quantifizieren ist. Man könnte ergänzen, dass bereits die Bestimmung der Berufsfelder schwierig ist. Mit Verweis auf Schätzwerte zur Verteilung der Psychologinnen und Psychologen auf die einzelnen Berufsfelder der DGPs und des BDP berichtet der Wissenschaftsrat über die Verteilung der Psychologinnen und Psychologen auf folgende Berufsfelder der Psychologie: die Klinische Psychologie, Gesundheitspsychologie und Psychotherapie (57,6 % bzw. 62 %), die Wirtschaftspsychologie (12,4 % bzw.17 %), die Pädagogische Psychologie, Schulen und Erziehungsberatung (5,3 % bzw.10 %). Ferner, aus Sicht der DGPs, die akademische Forschung und Lehre (4,7 %), die nicht-akademische Forschung (2,4 %), Recht (2,9 %), Verkehr (2,1 %) und Sonstige (12,6 %) und aus Sicht des BDP der Bereich Verkehr, Gutachten, Sport (8 %) und Sonstige (3 %). Als Berufsfelder, die sich die Psychologie aktuell neu erschließt, nennt der Wissenschaftsrat die Gerontopsychologie, die freie Wirtschaft und Berufsfelder im Bereich der Digitalisierung.

An der Schwierigkeit, die Berufsfelder eindeutig zu benennen und insbesondere die Verteilung der Psychologinnen und Psychologen auf die einzelnen Berufsfelder zu beziffern, hat sich seit dem Bericht des Wissenschaftsrats nicht viel geändert. Sie spiegelt sich auch in den aktuellen Beschreibungen der Berufsfelder für Psychologinnen und Psychologen der DGPs und des BDP wider. Auch die Gesamtberufsliste der Bundesagentur für Arbeit, die eine Vielzahl verschiedener Berufsbezeichnungen beinhaltet und die zur Benennung der Berufe u. a. die verschiedenen Teildisziplinen der Psychologie nutzt, hilft hier nicht viel weiter (Bundesagentur für Arbeit, 2020).

Der BDP (2018) beschreibt im Berufsbild Psychologie 16 verschiedene Tätigkeitsfelder, die sich zum Teil an den Sektionen des BDP orientieren: Lehre in der Aus-‍, Fort- und Weiterbildung, Gerontopsychologie, Gesundheitspsychologie, Klinische Psychologie, Palliativpsychologie, Politische Psychologie, Polizeipsychologie, Psychologische Psychotherapie, Rechtspsychologie, Supervision, Umweltpsychologie, Verkehrspsychologie, Wehrpsychologie, Wirtschaftspsychologie.

Die DGPs ordnet zur einfachen Übersicht die Berufsfelder der Psychologie pragmatisch in vier große Bereiche:

  1. 1.
    Psychotherapie, Klinik, Gesundheit mit den Berufsfeldern PP, KJP, Klinische Neuropsychologie, Gesundheitspsychologie und Rehabilitationspsychologie
  2. 2.
    Arbeit, Organisation, Unternehmertum mit den Berufsfeldern Arbeits- und Gesundheitsschutz, Personalwesen, Organisationsberatung, Human Factors / User Experience Beratung und Gestaltung, Marktforschung
  3. 3.
    Öffentlichkeit, Gesellschaft, Behörden mit den Berufsfeldern Pädagogischer Psychologie, Schulpsychologie, Rechtspsychologie / Polizeipsychologie, Umweltpsychologie, Politikberatung, Verkehrspsychologie, Sportpsychologie
  4. 4.
    Wissenschaft, Forschung und Lehre.

Die von beiden Verbänden genannten Berufsfelder decken sich weitgehend und umspannen einen großen Teil der Berufsfelder und vermutlich auch der erwerbstätigen Psychologinnen und Psychologen, wenn auch nicht alle. Die vom BDP gesondert genannten Felder lassen sich diesen Bereichen auch pragmatisch zuordnen, beispielsweise Palliativpsychologie (1), Supervision (1), Wehrpsychologie (3); auch wenn Supervision in allen vier Bereichen eine Rolle spielt, ist sie in Deutschland, im Unterschied zu den EuroPsy-Kriterien der EFPA (Antoni, 2023), nur im klinischen Bereich verpflichtend geregelt. Daneben gibt es noch eine Vielzahl weiterer, zum Teil kleinerer, noch ungenannter Berufsfelder, beispielsweise die Beratungspsychologie oder Gemeindepsychologie, die dem ersten Bereich, oder die Architekturpsychologie, Medienpsychologie oder Museumspsychologie, die dem dritten Bereich zugeordnet werden könnten und die, wie die Beratungspsychologie, in anderen Ländern etwa durch eigene Fachgruppen eine eigenständigere Rolle spielen.

Zur Beschreibung der aktuellen Verteilung der Psychologinnen und Psychologen in den Berufsfeldern und zur Abschätzung der Größe der Berufsfelder werden im Folgenden unterschiedliche Methoden genutzt. Zur aktuellen Verteilung werden Daten der Bundesagentur für Arbeit für sozialversicherungspflichtig angestellte Psychologinnen und Psychologen und der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) für den Bereich Psychotherapie herangezogen. Zur Bestimmung der Nachfrage in den verschiedenen Berufsfeldern werden Analyse von Stellenanzeigen vorgestellt und in diesem Zusammenhang auch unterschiedliche Studiengangsprofile diskutiert, die Studierende für diese Berufsfelder qualifizieren wollen. Dieses Bild wird durch vorliegende Ergebnisse von Absolventenbefragungen abgerundet, die differenzierte Daten zur beruflichen Entwicklung der Psychologinnen und Psychologen, ihrer Berufsfelder und zur Evaluation und Gestaltung von Studiengängen liefern könnten, wenn sie als bundesweite Panelstudien durchgeführt würden.

Berufsfelder angestellter Psychologinnen und Psychologen

Nach der Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2023b) waren von den im Jahr 2022 rund 52.000 sozialversicherungspflichtig angestellten Psychologinnen und Psychologen die allermeisten im Gesundheitswesen angestellt (63 %), gefolgt von Einrichtungen des Sozialwesens (11 %), Heimen (7 %), der Öffentlichen Verwaltung, Verteidigung und Sozialversicherung (6 %) sowie dem Bereich von Erziehung und Unterricht (6 %). Alle Branchen verzeichneten von 2018 bis 2022 einen deutlichen Beschäftigtenzuwachs von 20 bis 28 Prozent (vgl. Abbildung 3), wenn auch auf sehr unterschiedlichem Niveau, mit Ausnahme der Beschäftigten in Heimen (7,3 %).

70 Prozent der sozialversicherungspflichtig angestellten Psychologinnen und Psychologen arbeiteten in Teilzeit, 81 Prozent waren Frauen. Das monatliche Median-Entgelt der sozialversicherungspflichtig angestellten Psychologinnen und Psychologen betrug im Jahr 2022 bezogen auf eine Vollzeitbeschäftigung 4.620 Euro (und lag damit deutlich höher als das Median-Entgelt in Deutschland 3.646 Euro), das von Männern lag höher als das von Frauen (5.243 Euro vs. 4.443 Euro).

Abbildung 3 Entwicklung wichtiger Beschäftigungsbranchen angestellter Psychologinnen und Psychologen (Bundesagentur für Arbeit 2023b, eigene Darstellung).

Eine zahlenmäßig beachtliche Berufsgruppe stellt auch das hauptberufliche wissenschaftliche Personal an Hochschulen im Fach Psychologie dar, das mit rund 5.700 Beschäftigten fast vier Prozent der Erwerbstätigen mit einem Studienabschluss in Psychologie im Jahr 2021 umfasst. Die Zahl der Professorinnen und Professoren hat sich seit der Jahrtausendwende fast verdoppelt und die Zahl der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Fach Psychologie fast verdreifacht. Waren im Jahr 2000 erst rund 600 Professorinnen und Professoren und rund 1.500 wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Fach Psychologie beschäftigt (Spinath, 2021), waren es 21 Jahre später 1.197 Professorinnen und Professoren, davon 461 an Fachhochschulen (FH), und 4.467 wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon 4.237 an Universitäten (Destatis, 2022b).

Berufsfeld Klinische Psychologie und Psychotherapie

Wer als Psychologin oder Psychologe seinen Beruf als PP, KJP, Psychotherapeut_in ausübt, muss approbiert sein und in dem Bundesland, in dem die Berufsausübung stattfindet, Mitglied der Psychotherapeutenkammer sein. Wenn jemand in mehreren Bundesländern arbeitet, muss diese Person somit in mehreren Bundesländern Kammermitglied sein. Dies dürfte jedoch eher die Ausnahme als die Regel sein. Ferner kann man zwar unabhängig von seiner aktuellen Berufstätigkeit freiwillig Mitglied sein, doch sind auch dann beispielsweise in Baden-Württemberg 220 Euro Mitgliedsbeitrag zu bezahlen, so dass es vermutlich keine so große Zahl an freiwilligen Mitgliedern gibt, die die Mitgliederstatistik grob verzerren würde. Aus diesem Grund liefert die Statistik der BPtK (vgl. Tabelle 1), mit der Anzahl der approbierten Mitglieder der Landespsychotherapeutenkammern, einen guten Überblick über die Zahl der in diesem Berufsfeld tätigen Psychologinnen und Psychologen.

Tabelle 1 Anzahl der approbierten Mitglieder der Landespsychotherapeutenkammern zum Stichtag 31. 12. 2022 (Bundespsychotherapeutenkammer, 2023)

Lediglich bei den KJP erfassen die Kammern nicht die Grundberufe. Da die Ausbildung zu diesem Berufsfeld bis zur Reform des Psychotherapeutengesetzes 2020 auch Personen mit einem Abschluss in Pädagogik oder Sozialpädagogik offenstand bzw. bis zum Ende der Übergangszeit 2032 offensteht, sind basierend auf einer Erhebung des IMPP aus dem Jahr 2010 schätzungsweise nur rund 1/‍3 der Berufstätigen in diesem Bereich Psychologen oder Psychologinnen.

Entsprechend der Statistik der BPtK waren Ende 2022 46.321 Psychologinnen und Psychologen als PP tätig, 2.179 weitere arbeiteten mit einer Doppelapprobation als PP und KJP und geschätzt 4.361 arbeiteten als KJP. Damit arbeiteten in Summe geschätzt 52.867 Psychologinnen und Psychologen im Berufsfeld Psychotherapie. Bezogen auf die Erwerbstätigen mit einem Studienabschluss in Psychologie sind dies rund 32 Prozent, bezogen auf die Personen, die angaben, als Psychologin oder Psychologe tätig zu sein, sind dies rund 44 Prozent, wenn man plausibler weise annimmt, dass diese Personen ihre psychotherapeutische Tätigkeit auch dem Tätigkeitsfeld der Psychologie zuordneten.

Nähere Angaben zur Art der Einrichtung, in der PP und KJP beschäftig sind, finden sich in der Gesundheitsberichterstattung des Bundes (Informationssystem der Gesundheitsberichterstattung des Bundes, 2023a, 2023b) unter dem Stichwort Psychologen (vgl. Tabelle 2).

Tabelle 2 Entwicklung der beschäftigten Psychologischen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut_innen nach Art der Einrichtung

Eine Differenzierung nach Art der Approbation und Grundberuf ist dabei leider nicht möglich. Von den insgesamt 55.321 Beschäftigungsverhältnissen im Jahre 2022 entfallen die meisten auf ambulante Einrichtungen (42.751), dies sind in der Regel psychotherapeutischen Praxen (39.134), gefolgt von stationären und teilstationären Einrichtungen (10.085), zumeist Krankenhäuser (8.280). Vergleicht man die Zahl der Beschäftigungsverhältnisse im Jahr 2022 mit der des Jahres 2006, so hat sich deren Zahl fast verdoppelt (30.076 auf 55.321). Dieser eindrucksvolle Zuwachs liegt in erster Linie an dem enormen Zuwachs der Beschäftigungsverhältnisse in psychotherapeutischen Praxen (16.459 auf 39.134). Erst mit deutlichem Abstand folgt die Zunahme der Beschäftigungsverhältnisse in Krankenhäusern (7.256 auf 8.280).

Allerdings ist dieser Zuwachs der Beschäftigungsverhältnisse in psychotherapeutischen Praxen in erster Linie auf die enorme Zunahme von Beschäftigungsverhältnissen in Teilzeit (vgl. Abbildung 4) zurückzuführen (von 5.563 im Jahre 2010 bzw. 9.653 im Jahre 2015 auf 16.357 im Jahre 2022). Auch die Zahl der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse in psychotherapeutischen Praxen erhöhte sich in diesem Zeitraum stark, wenn auch auf deutlich niedrigerem Niveau (von 158 auf 2.670). 80 % der im Jahre 2022 geringfügig Beschäftigten und 84 % der Teilzeit-Beschäftigten waren Frauen, während ihr Anteil bei den Vollzeitbeschäftigten 70 % betrug. Der überproportionale Frauenanteil bei den geringfügig und Teilzeit-Beschäftigten mag zum einen ein Indiz für traditionelle Rollenmuster sein, zum anderen ist er aber auch Beleg für die Möglichkeiten der flexiblen Arbeitszeit- und Vertragsgestaltung in psychotherapeutischen Praxen, die dieses Berufsfeld insbesondere für Frauen so attraktiv macht. Angesichts der seit langer Zeit bestehenden Unterversorgung der Bevölkerung bei psychotherapeutischen Dienstleistungen verdeutlicht der hohe Anteil an geringfügig und Teilzeitbeschäftigten in psychotherapeutischen Praxen (45 %) zugleich, dass hier ein erhebliches Arbeitskraftpotential nicht ausgeschöpft wird.

Abbildung 4 Anmerkungen: Diese Grafik bezieht sich auf: Alter: Alle genannten Altersgruppen, Geschlecht: Alle Geschlechter, Beschäftigungsverhältnis: Teilzeit. Die Grafik wurde am 06. 10. 2023 12:56 Uhr unter www.gbe-bund.de erstellt. Abbildung 4. Entwicklung der in Teilzeit beschäftigten Psychologischen und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut_innen nach Art der Einrichtung.

Berufsfelder in Stellenanzeigen

Eine andere Möglichkeit, die Berufsfelder der Psychologie zu beschreiben, besteht darin, die Nachfrageseite anhand von Stellenanzeigen zu analysieren, die gezielt Psychologinnen und Psychologen entweder ausschließlich oder zumindest als eine Zielgruppe ansprechen. Allerdings blendet dieser Ansatz zwangsläufig Selbstständige aus, die, wie oben dargestellt, im Jahr 2022 immerhin 40 Prozent der Personen ausmachten, die angaben, als Psychologin oder Psychologe tätig zu sein. Darüber hinaus bleiben auch die Tätigkeiten der Personen unberücksichtigt, die angeben, nicht als Psychologin oder Psychologe zu arbeiten, auch wenn bei deren Stellen nicht explizit nach Psychologinnen oder Psychologen gesucht wurde. Bezogen auf die 169.000 Erwerbstätigen mit einem Studienabschluss in Psychologie werden somit nur die Tätigkeiten von rund 31 Prozent der Erwerbstätigen durch Stellenanzeigen erfasst, die Stellen von mehr als Zweidrittel der Erwerbstätigen bleiben unberücksichtigt. Darüber hinaus bleiben zwangsläufig alle intern ausgeschriebenen Stellen unberücksichtigt. Insbesondere Berufsfelder, die einen hohen Anteil von Selbstständigen aufweisen, z. B. im Bereich der Psychotherapie, werden dadurch systematisch unterschätzt. Nicht zuletzt beschreiben Stellenanzeigen das Stellenangebot, das insbesondere bei befristet besetzten Stellen, die häufig neu ausgeschrieben werden, zu einer deutlichen Überschätzung der Erwerbstätigen in diesem Berufsfeld führen. Dies gilt insbesondere für die wissenschaftlichen Qualifizierungs- und Projektstellen an Hochschulen, die in der Regel befristet besetzt sind.

Dies erklärt auch, warum bei der Auswertung von Stellenanzeigen auf Online-Stellenbörsen (Hogrefe, Step-sto‍ne, Zeit online, FAZ online und der Stellenbörse des ZPID), die von der DGPs zuletzt über das ganze Jahr 2017 durchgeführt wurde, das Berufsfeld Psychotherapie (16,3 %) vergleichsweise wenig vertreten war (Antoni, 2019). Es erklärt auch den hohen Anteil von Stellen im dem Bereich Wissenschaft. Von den 5.636 Stellenanzeigen waren die meisten dem Bereich Wissenschaft (33,9 %) und Arbeits-‍, Organisations- und Wirtschaftspsychologie (29,8 %) zuzurechnen. Gefolgt von Stellenanzeigen in den Bereichen sonstige klinische Tätigkeiten (6,3 Prozent), Beratung (5,7 %), Verkehrspsychologie (4,9 %), Gesundheitspsychologie (1,5 %), Justizvollzugsanstalt / Forensik (1,3 %), Rechtpsychologie Gutachten (0,3 %). Nur 45 Prozent der Stellen richteten sich ausschließlich an Psychologinnen und Psychologen.

Auch die Ergebnisse einer systematischen Inhaltsanalyse von explizit an Psychologinnen und Psychologen gerichteten Stellenanzeigen (Richter et al., 2022) bezieht sich zwangsläufig auf Stellen für abhängig Beschäftigte. Richter et al. (2022) analysierten 2.025 Stellenanzeigen im Zeitraum von Mitte Juli bis Mitte August 2018 (767 Stellenanzeigen) sowie Mitte April bis Mitte Mai 2020 (1.258 Stellenanzeigen) auf gängigen Online-Stellenportalen, wie Stepstone, Indeed oder Hogrefe-Psychjob und Stellensuchmaschinen Jobbörse und Kimeta mit den Suchbegriffen „Psychologie“, „Psychologe“ und „Psychologin“. Im Unterschied zu den Auswertungen der DGPs, die lediglich eine grobe Orientierung zu dem Stellenmarkt liefern sollten, wurden in dieser Studie zu jeder Forschungsfrage Kategoriensysteme für die Auswertung entwickelt und überprüft.

In Bezug auf die Fragestellung, in welchen Beschäftigungsbereichen bzw. Branchen Psychologinnen und Psychologen gesucht werden, zeigte sich, dass in dem untersuchten Zeitraum die meisten Stellenanzeigen auf das Gesundheitswesen (33,5 %) entfielen, gefolgt von den Bereichen Wirtschaft (23,08 %), Bildungs- und Sozialwesen (21,11 %), Wissenschaft (17,60 %) Justiz, Verwaltung und Polizei (4,7 %). Diese Daten passen zu dem oben berichteten deutlichen Stellenaufwuchs (28 %) im Gesundheitswesen zwischen 2018 und 2022 Bundesagentur für Arbeit, 2023b), der auch vor dem Hintergrund der Coronapandemie zu sehen ist. Der zweite Erhebungszeitraum von Mitte April bis Mitte Mai 2020 fiel in den ersten Corona-Lockdown, der vom 22. März bis 4. Mai dauerte. Dies mag auch erklären, warum in der Erhebungsphase 2020 anteilig etwas mehr Stellenanzeigen im Gesundheits- sowie im Bildungs- und Sozialwesen veröffentlicht wurden, während es in Wirtschaft und Wissenschaft dagegen etwas weniger waren. Die erste Erhebungsphase von Mitte Juli bis Mitte August 2018 wurde während der Urlaubszeit durchgeführt, dies könnte ein Grund sein, dass trotz des Corona-Lockdowns 2020 insgesamt 22 Prozent mehr Anzeigen als 2018 (inkl. der 264 nichtauswertbaren Anzeigen in 2018) identifiziert wurden. Auch die Wahl der Befragungszeiträume könnte daher die Verteilung der Stellenanzeigen auf die Branchen beeinflusst haben.

Rund die Hälfte der von Richter et al (2022) untersuchten Stellenanzeigen richteten sich ausschließlich an Psychologinnen und Psychologen (51,06 %) oder an Personen mit vergleichbarem Abschluss (8,15 %), rund 41 Prozent auch explizit an andere Abschlüsse. Wobei in den Stellenanzeigen als erforderliche Qualifikationsvoraussetzung zumeist ein MA-Abschluss in Psychologie (56,94 %) oder ein abgeschlossenes Psychologiestudium (31,83 %) und nur sehr selten allein ein BA-Abschluss in Psychologie genannt wurde (4,86). Insbesondere im Bereich der Wirtschaft wandten sich die Stellenanzeigen zumeist (65 %) auch explizit an andere Berufsgruppen oder auch an Personen mit einem vergleichbaren Abschluss wie Psychologie (22 %) (Richter et al., 2022).

Dies bestätigt die Ergebnisse der DGPs-Stellenanalyse, die auch deutliche Unterschiede zwischen den Branchen fand. Der geringste Anteil an Stellenanzeigen, die sich nur an Psychologinnen und Psychologen wandten, fand sich in beiden Studien im Bereich Wirtschaft, gefolgt von dem Bereich Wissenschaft, während im Therapie- und Gesundheitsbereich und Justizvollzugsbereich fast nur Psychologinnen und Psychologen gesucht wurden. Nur im Gesundheitsbereich forderten Zweidrittel der Stellenanzeigen eine Approbation oder eine laufende Ausbildung (Richter et al., 2022). Fachgebiete der Psychologie wurden in den untersuchten Stellenanzeigen selten explizit genannt, am häufigsten die Klinische Psychologie (31,4 %) und die Arbeits-‍, Organisations- und Wirtschaftspsychologie (11,95 %), gefolgt von der Pädagogischen Psychologie (4,15 %), Neuropsychologie und der Rechtspsychologie (jeweils 1,53 %) und Verkehrspsychologie (1,04 %). Alle übrigen Fachgebiete wurden in weniger als 1 % der Stellenanzeigen genannt (Richter et al., 2022).

In den Stellenanzeigen wurden laut Richter et al. (2022) nur wenige inhaltliche Kompetenzen genannt, was die Autoren darauf zurückführten, dass die Adressierung von Psychologinnen und Psychologen und die aufgeführten Tätigkeiten bereits ein bestimmtes Kompetenzprofil implizieren. Dies wurde allenfalls durch die Nennung sehr spezifischer und insgesamt inhaltlich sehr unterschiedlicher Kompetenzen ergänzt, was die Autoren als Indiz für einen heterogenen Stellenmarkt werteten. Gleiches gelte in Bezug auf die in den Stellenanzeigen näher beschriebenen Tätigkeiten, wobei dennoch zwischen den Branchen inhaltlich gut interpretierbare Tätigkeitprofile differenziert und für eine Professionalisierung von Studiengängen oder Studienschwerpunkten genutzt werden könnten. So fanden sich bei den jeweils drei am häufigsten genannten Tätigkeiten im Gesundheitswesen die Tätigkeiten Psychotherapie, Diagnostik und Antragstellung / Dokumentation, im Bildungs- und Sozialwesen die Tätigkeiten Beratung in sozialen Fragen, Kooperation und Antragstellung / Dokumentation, in der Wirtschaft die Tätigkeiten Unternehmensberatung, Evaluation, Personalentwicklung.

Die Ergebnisse dieser methodisch sorgfältig durchgeführten Studie werteten Richter et al. (2022) als Beleg dafür, dass mit Ausnahme des Masters Klinische Psychologie und Psychotherapie inhaltlich breit aufgestellte MA-Programme, die eine individuelle Schwerpunktsetzung ermöglichen, Psychologiestudierende besser auf den heterogenen Arbeitsmarkt vorbereiten und mehr Flexibilität bei der Stellensuche ermöglichen als ein an einzelnen Fachgebieten ausgerichteter spezialisierter MA-Studiengang.

Dieses Fazit entspricht den Empfehlungen der DGPs, dass Psychologische Institute nach Möglichkeit auch einen allgemeinen MA-Studiengang ohne vorgegebene Schwerpunktsetzung anbieten sollen, um den Studierenden ein individualisiertes Studium entlang der eigenen Interessen und Berufswünsche zu ermöglichen. Ein solch individualisiertes Studium kann, sofern keine institutsspezifischen Restriktionen bestehen, jedoch sehr ähnliche Inhalte aufweisen, wie ein an einzelnen Fachgebieten ausgerichteter MA-Studiengang mit vorgegebener Schwerpunktsetzung, wenn beide Studiengangstypen die Empfehlungen der DGPs für allgemeine MA-Studiengänge berücksichtigen. Diese Regelungen zu Mindestumfängen an Methoden, Diagnostik, Grundlagen- und Anwendungsbereichen gelten für spezialisierte Studiengänge nicht. Diese sind daher in der Regel enger auf ein bestimmtes Berufsprofil ausgerichtet.

Dass eine Spezialisierung im Studium mit einer Einschränkung der Flexibilität bei der Berufswahl einhergeht, ist offensichtlich. Eine Spezialisierung macht in der Regel nur Sinn, wenn es bereits ein entsprechend klar differenziertes Berufsprofil gibt. Dies ist nur in wenigen psychologischen Berufsfeldern in Deutschland der Fall. Hierzu zählt in erster Linie das Berufsfeld Psychotherapie. Hier machen das PsychThG und die Approbationsordnung Vorgaben für das Studium. Gesetzliche Regelungen und Vorschriften finden sich auch in den Berufsfeldern Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz, Verkehrspsychologie und Rechtspsychologie, die (auch) durch entsprechende Fachpsychologie Weiterbildungen (Verkehrspsychologie BDP; Rechtspsychologie BDP / DGPs) erfüllt werden können. Es werden in diesen Feldern aber auch MA-Studiengänge angeboten.

Die Berufsfelder Verkehrspsychologie und Rechtspsychologie sind deutlich kleiner als das Berufsfeld Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz und insbesondere der Bereich Psychotherapie. Im Register Verkehrspsychologie finden sich lediglich 85 Fachpsychologen / Fachpsychologinnen. Das Berufsfeld Rechtspsychologie hat inzwischen fast 500 zertifizierte Fachpsychologen / Fachpsychologinnen, und 343 registrierte Fachpsychologen / Fachpsychologinnen im Register für Rechtspsychologie. Der Arbeitsmarkt im Bereich Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz ist mit knapp 60.000 Fachkräften dagegen sehr groß (Barth et al., 2017).

Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz ist nur ein Berufsfeld, neben Personalauswahl, Personal- und Organisationsentwicklung, Business Coaching, Markt- und Werbeforschung und Human Factors u. a. der Berufsfelder der Arbeits-‍, Organisations-‍, Wirtschafts- und Ingenieurspsychologie oder kurz Wirtschaftspsychologie, wie vor allem FH entsprechende Studiengänge bezeichnen.

Insbesondere an privaten, aber auch an staatlichen Hochschulen für angewandte Wissenschaft (HAW) bzw. FH wurden in großer Zahl spezifische BA- und MA-Studiengänge eingerichtet, mit weitem Abstand am häufigsten im Bereich Wirtschaftspsychologie. Spinath (2021) berichtet für diesen Bereich über 46 BA-Studiengänge (22 an staatlichen, 21 an privaten FH und 3 an Fernhochschulen) und 53 MA-Studiengänge (11 an staatlichen, 30 an privaten FH und 12 an Fernhochschulen). Es ist zu vermuten, dass ein großer Teil der Psychologiestudierenden an FH (insgesamt 43.579 im Jahr 2020, dies entspricht 43,2 % aller Psychologiestudierenden) sich in diesen Studiengängen qualifiziert, genaue Zahlen liegen mir nicht vor. Zum einen belegt dies die große Nachfrage nach einem Wirtschaftspsychologiestudium, zum anderen ist es ein Indiz für eine hohe Nachfrage dieser spezifischen Qualifikation auf dem Arbeitsmarkt. Auch wenn sich hinter dem Label Wirtschaftspsychologie sehr unterschiedliche Studiengänge verbergen, könnte die hohe Zahl an Absolventinnen und Absolventen, sofern sie hinreichend qualifiziert sind, zu einem Markenbranding führen, das dann auch die gestellten Anforderungen im Berufsfeld beeinflusst. Inwiefern es zu dieser Entwicklung kommt, könnte durch die weitere Analyse von Stellenanzeigen und Absolventenstudien untersucht werden.

Berufsfelder in Absolventenbefragungen

Eine deutschlandweite Befragung von Absolventinnen und Absolventen des Studienfachs Psychologie des Jahres 2003 wurde im Jahr 2004 durchgeführt (Schneller & Schneider, 2005). Eine Nachfolgebefragung dieser Absolventinnen und Absolventen veranlasste der DGPs Vorstand im Jahr 2007 (Hasselhorn, 2009). Beide Befragungen liegen damit schon viele Jahre zurück und beziehen sich auf den Diplomstudiengang Psychologie. Eine neue Befragung durch den Fakultätentag Psychologie als Panelstudie ist erst geplant, so dass noch keine neueren Ergebnisse vorliegen, die auch Aussagen zu den Berufsfeldern und Berufswegen von Absolventinnen und Absolventen der MA-Studiengänge in Psychologie erlauben.

An der Befragung von Schneller und Schneider (2005) nahmen bundesweit 1.084 Absolventinnen und Absolventen teil, dies entsprach etwa 58 % der Absolventinnen und Absolventen, die das Studium 2003 abgeschlossen hatten. An der Nachfolgestudie im Jahre 2007 beteiligten sich mit 544 Personen etwa die Hälfte der im Jahr 2004 Befragten (Hasselhorn, 2009). Im Jahr 2004 hatten 800 (73,8 %) Befragte einen Arbeitsplatz oder einen zugesichert (3,3 %). 662 (62 %) hatten einen qualifizierten Arbeitsplatz, der ein Studium voraussetzte, zumeist wurde ein Psychologiediplom (66,4 %) oder ein anderes Hochschulstudium (16,4 %) gefordert. Die häufigsten Arbeitsplätze, die ein Studium erforderten, waren (Teilzeit–) Arbeitsplätze an Universitäten (31,0 %), gefolgt von Kliniken (24,2 %), wie Psychiatrien, Psychosomatik- oder Rehabilitationskliniken, privaten Unternehmen (19,3 %), insbesondere Industrieunternehmen, Unternehmensberatungen oder Bildungsinstitute, Einrichtungen des Bundes oder der Länder (6,5 %), insbesondere Forschungsinstitute, Justizvollzugsanstalten und Schulen, eingetragenen Vereinen (6,5 %), wie Kinder / Jugendhilfe, Behindertenarbeit, kirchlichen Trägern oder Wohlfahrtsverbänden (4,1 %), privaten Praxen (3,0 %), Kommunalen Einrichtungen, wie Beratungsstellen und Kinder / Jugendhilfe (2,1 %), eigener Unternehmen oder Praxen (1,4 %) und sonstiger Arbeitgeber (3,3 %) (Schneller & Schneider, 2005).

Da diese Befragung im Folgejahr nach dem Abschluss des Studiums durchgeführt wurde, gibt sie Einblicke in die Eintrittsphase in den Arbeitsmarkt. Jeweils mehr als die Hälfte der Befragten mit einem qualifizierten Arbeitsplatz wollten promovieren und eine Weiterbildung machen. Der hohe Anteil universitärer Stellen erklärt sich vor diesem Hintergrund. Die Nachfolgebefragung ergab, dass 95 Prozent der Befragten im Jahr 2007 als Psychologinnen und Psychologen arbeiteten und rund 87 Prozent bereits sechs Monaten nach Studienabschluss eine entsprechende berufliche Tätigkeit gefunden hatten und belegt die guten Berufschancen die bereits Anfang der 2000er Jahre bestanden (Hasselhorn, 2009).

Einige Universitäten wie die FU Berlin oder die TU Braunschweig führten und führen spezifische Befragungen von Absolventinnen und Absolventen der Psychologie durch. An der Absolventenbefragung der FU Berlin im Jahre 2002 nahmen 451 Absolventinnen und Absolventen des Diplomstudiengangs Psychologie teil, die zwischen den Jahren 1996 und 2000 ihr Studium abgeschlossen hatten (Gusy et al., 2003). Von den Befragten gaben 387 (85,8 %) an erwerbstätig und 25 (5,5 %) erwerbslos zu sein. 219 (56,6 %) der Befragten waren im Anwendungsbereich der Klinischen Psychologie, 61 (15,8 %) in der Arbeits- und Organisationspsychologie, 21 (5,4 %) in Lehre und Forschung und 20 (5,2 %) in der Pädagogischen Psychologie tätig. Diese Studie gibt damit einen Einblick über eine längere Phase der Berufstätigkeit und berichtet über deutlich niedrigere Zahlen im Bereich Lehre und Forschung. Diese liegen näher an dem oben berichteten Anteil (knapp 4 % im Jahre 2021) des hauptberuflichen wissenschaftlichen Hochschulpersonals im Fach Psychologie an den Erwerbstätigen mit einem Studienabschluss in Psychologie.

Im Zuge des Qualitätsmanagements führen inzwischen viele Universitäten eigene Absolventenbefragungen durch, allerdings zielen diese auf alle Studienfächer, so dass keine psychologiespezifischen Informationen erfasst werden. Daher wäre es wünschenswert, eine deutschlandweite Absolventenbefragungen von MA-Studiengänge der Psychologie als Panelstudie durchzuführen, die zugleich auch Absolventinnen und Absolventen der früheren Diplomstudiengänge miterfasst. Insbesondere angesichts der Veränderung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Approbation in Psychotherapie und die damit verbundene Reform der MA-Studiengänge wäre es wichtig zu analysieren, wie sich unterschiedliche Studiengangskonzepte bewähren und wie sich diese auf die Berufswege der Absolventinnen und Absolventen und die Berufsfelder der Psychologie auswirken. Ferner wäre es wünschenswert, auch die Absolventinnen und Absolventen der vielfältigen Studiengänge an den privaten und staatlichen FH und HAW Wissenschaft einzubeziehen, was jedoch den Aufwand für eine solche Studie noch einmal deutlich erhöhen würde.

Der Fakultätentag für Psychologie plant daher in einem ersten Schritt eine Absolventenbefragungen der MA-Studiengänge Psychologie seiner Mitglieder (inkl. der früheren Diplomstudiengänge) im Jahr 2024 durchzuführen. Da ein direkter Zugang zu den (email) Adressen der Absolventinnen und Absolventen datenschutzrechtlich nicht möglich ist, ist die Mitwirkung der Psychologischen Institute und Universitäten erforderlich, um die Absolventinnen und Absolventen über die Befragung informieren zu können. Nicht zuletzt bedarf es dann der Bereitschaft der Absolventinnen und Absolventen, an der Studie teilzunehmen.

Fazit und Ausblick

Die Zahl der Studierenden und damit auch die Zahl der Absolventinnen und Absolventen der Psychologie wächst seit der Bologna-Reform und der sukzessiven Umstellung der Diplom- auf BA- und MA-Studiengänge dynamisch. Dieser Zuwachs kann in erster Linie auf die zahlreiche Einführung psychologischer BA- und MA-Studiengänge, insbesondere der Wirtschaftspsychologie, an privaten FH, HAW und Fernhochschulen zurückgeführt werden. Mit diesem Zuwachs hat zugleich die Diversität der Studieninhalte, Studiengänge und MA-Abschlüsse zugenommen. Der Arbeitsmarkt hat diese zunehmende Zahl an Absolventinnen und Absolventen von zunehmend vielfältigen Studiengängen und Abschlüssen in Psychologie bislang problemlos aufgenommen.

Dies unterstützt die in der Einleitung formulierte Aussage, dass in allen Bereichen der Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft, in denen menschliches Erleben und Handeln eine zentrale Rolle spielt, Anwendungs- und Berufsfelder der Psychologie liegen und auch zunehmend erschlossen werden. Krisensituationen, wie die Coronakrise und Klimakrise, aber auch technologische Umbrüche wie die Digitalisierung der Arbeits- und Lebensbereiche, verbunden mit dem Einsatz künstlicher Intelligenz, verdeutlichen die Bedeutung psychologischer Kompetenzen für deren erfolgreiche interdisziplinäre Bewältigung. Dies zeigte sich beispielsweise in der hohen Nachfrage psychologischer Hilfsangebote und Expertise in der Corona-Krise, dem deutlichen Anstieg angestellter Psychologinnen und Psychologen im Gesundheitswesen seit 2018 (Bundesagentur für Arbeit 2023b), aber auch der wachsenden Nachfrage von Psychologinnen und Psychologen in vielen Wirtschaftsbereichen und interdisziplinären Forschungsprojekten.

Die große Bedeutung des Gesundheitssektors als Berufsfeld für Psychologinnen und Psychologen spiegelt sich in der wachsenden Zahl an Psychologischen Psychotherapeutinnen und -therapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und -therapeuten wider. Insbesondere in ambulanten Einrichtungen hat sie sich von 2006 bis zum Jahr 2022 fast verdoppelt, auch wenn der Zuwachs primär auf Teilzeitstellen zurückzuführen ist. Insgesamt arbeitete 2022 ein Drittel der Erwerbstätigen mit einem Studienabschluss in Psychologie im Bereich Psychotherapie, davon wiederum rund ein Drittel in Teilzeit. Wenn man die im Gesundheitsbereich beschäftigten Psychologinnen und Psychologen hinzurechnet, die über keine Approbation verfügen, liegt der Anteil der Erwerbstätigen mit einem Studienabschluss in Psychologie im Gesundheitssektor noch etwas höher. Nimmt man auf Basis der Auswertung der Stellenanzeigen von Richter et al. (2022) an, dass rund ein Drittel der Stellen für Psychologinnen und Psychologen im Gesundheitsbereich keine Approbation erforderte, käme man auf etwa 64.000 beschäftigte Psychologinnen und Psychologen im Gesundheitsbereich. Dies entspräche einem Anteil von 39 Prozent der Erwerbstätigen mit einem Studienabschluss in Psychologie und 54 % der Erwerbstätigen, die angaben, als Psychologin oder Psychologe zu arbeiten (Bundesagentur für Arbeit, 2023a).

Trotz der großen Bedeutung des Gesundheitssektors als Berufsfeld für Psychologinnen und Psychologen arbeiteten im Jahr 2022 mehr als 60 Prozent und damit die deutliche Mehrheit der Erwerbstätigen mit einem Studienabschluss in Psychologie in anderen Branchen, wie der Wirtschaft, dem Bildungs- und Sozialwesen, der Wissenschaft, oder Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung, der Justiz und der Polizei, die wiederum unterschiedlichste Berufsfelder und Tätigkeiten bieten. Viele von ihnen (geschätzt 46 % außerhalb des Gesundheitssektors) gaben im Mikrozensus 2022 an, als Psychologin oder Psychologe zu arbeiten (Bundesagentur für Arbeit, 2023a).

Allerdings zeigt die Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2023a), dass auch die Zahl der Erwerbstätigen mit einem Studienabschluss in Psychologie wächst, die angeben, nicht als Psychologin oder Psychologe zu arbeiten, was gerade im Bereich der Wirtschaft darauf zurückgeführt werden kann, dass Stellenausschreibungen unterschiedliche Berufsgruppen adressieren und nicht als genuin psychologische Tätigkeiten gewertet werden.

Angesichts der immer noch dynamisch wachsenden Studierenden- und Absolventenzahlen, insbesondere an privaten FH und HAW, bei weitgehend gleichbleibenden Zahlen an staatlichen Universitäten, ist davon auszugehen, dass der Anteil der Erwerbstätigen mit einem Studienabschluss in Psychologie, die in Branchen außerhalb des Gesundheitsbereichs arbeiten, weiterwachsen wird. Hierzu könnte auch beitragen, dass aufgrund der Maßnahmen zur Kostenbegrenzung im Gesundheitssektor, der Begrenzung der Zahl der Kassensitze und der Anzahl der Studienplätze an staatlichen Universitäten, es eher unwahrscheinlich erscheint, dass sich die Zahl der Erwerbstätigen mit einem Studienabschluss in Psychologie im Gesundheitsbereich künftig weiter deutlich steigern wird, insbesondere wenn man die Zahl der Erwerbstätigen auf Vollzeitstellen bezieht.

Angesichts einer vor allem an privaten Universitäten noch steigenden Zahl an Studienplätzen im MA-Studiengang klinische Psychologie und Psychotherapie und begrenzten Weiterbildungsplätzen und Kassensitzen zeichnet sich zurzeit eher ein zunehmendes Überangebot als ein Mangel an (approbierten) Absolventinnen und Absolventen in Bezug auf die Zahl der Weiterbildungsplätze und Kassensitze ab.

Welche Entwicklung das Berufsfeld Psychotherapie nimmt, wird wesentlich durch die anstehenden politischen Entscheidungen beeinflusst. Eine offene Frage ist, welche Berufswege approbierte Psychologinnen und Psychologen einschlagen, wenn sie keinen Weiterbildungsplatz für eine Fachpsychotherapieausbildung erhalten.

Ein ähnliches Problem stellt sich auch Absolventinnen und Absolventen von anderen spezifisch ausgerichteten MA-Studiengänge, wenn der Arbeitsmarkt nicht genügend entsprechende Stellen bietet. Angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels aufgrund des demographischen Wandels dürfte zumindest das Arbeitslosigkeitsrisiko weiterhin gering sein, wenn Absolventinnen und Absolventen bereit sind, sich entsprechend der Arbeitsmarktanforderungen beruflich umzuorientieren. Im Unterschied zu spezifisch ausgerichteten MA-Studiengängen bieten breit ausgerichtete MA-Studiengänge der Psychologie mehr Flexibilität, um sich auf unterschiedliche Anforderungen des Arbeitsmarkts auszurichten. Sie vermitteln auch vielfältige Problemlösungskompetenzen, die es Absolventinnen und Absolventen ermöglichen, sich an Veränderungen in den Anforderungen des Arbeitsmarkts oder der Positionen im Laufe ihres Berufswegs flexibel anzupassen. Sie bieten sich zudem insbesondere für die Erschließung neuer und noch wenig konturierter Berufsfelder an.

Die vorliegenden Daten sprechen dafür, dass bislang die Empfehlungen der DGPs zur Gestaltung polyvalenter BA- und allgemeiner MA-Studiengänge der Psychologie den Anforderungen der sehr unterschiedlichen Berufsfelder gerecht werden und die Studierenden auch für neue Berufsfelder angemessen qualifizieren. Aber auch Absolventinnen und Absolventen spezifischer Studiengänge, wie der Wirtschaftspsychologie, werden im Arbeitsmarkt bislang gut aufgenommen zu werden. Die Nachfrage nach qualifizierten Absolventinnen und Absolventen unterschiedlicher Studiengänge der Psychologie scheint somit ungebrochen und verspricht weiterhin gute berufliche Perspektiven auch angesichts der anstehenden gesellschaftlichen Herausforderungen und wirtschaftlichen Umbrüche. Das Beispiel Wirtschaftspsychologie zeigt zudem, wie sich eine Art Markenbranding entwickeln kann, das dann den Zugang zu einem Berufsfeld mit diesem Abschluss erleichtert, solange die Erwartungen des Arbeitsmarktes an das entsprechende Kompetenzprofil erfüllt werden. Für eine genauere Analyse der Entwicklung der Berufswege und Berufsfelder von Psychologinnen und Psychologen und wie diese mit unterschiedlichen Studiengangskonzepten zusammenhängen, wäre eine möglichst umfassende deutschlandweite Absolventenbefragung als Panelstudie notwendig.

Literatur