Schereneffekte im ein- und mehrgliedrigen Schulsystem
Differenzielle Entwicklung sprachlicher Kompetenzen am Übergang von der Grund- in die weiterführende Schule?
Abstract
Das deutsche Sekundarschulsystem ist durch seine institutionelle Mehrgliedrigkeit geprägt, welches Schülerinnen und Schülern mit unterschiedlichen Fähigkeiten, aber auch mit unterschiedlicher sozialer Herkunft, differenzielle Entwicklungsbedingungen bietet. So ist davon auszugehen, dass in Schulformen mit höheren Bildungsabschlüssen bessere Lernbedingungen vorherrschen und folglich die Leistungsunterschiede zwischen den Schülerinnen und Schülern der Hauptschulen, Realschulen und Gymnasien im Laufe der Zeit zunehmen. Die Analysen in der vorliegenden Arbeit basieren auf den Daten von N = 922 Schülerinnen und Schülern aus der Bamberger BiKS-Studie (Bildungsprozesse, Kompetenzentwicklung und Formation von Selektionsentscheidungen im Vor- und Grundschulalter). Zunehmende Leistungsunterschiede in der Sekundarstufe zeigen sich für die Lesekompetenz, jedoch nicht für den Wortschatz. Des Weiteren lassen sich zunehmende Leistungsunterschiede der gleichen Schülerinnen und Schüler in der Lesekompetenz bereits in der Grundschule nachweisen, was auf die Bedeutsamkeit der individuellen Eingangsvoraussetzungen zur Erklärung von Schereneffekten hinweist. Darüber hinaus finden sich Belege für den Einfluss institutioneller Faktoren.
The German tracked secondary school system provides differential developmental conditions for students of varying cognitive abilities as well as socio-economic family background. Therefore it is assumed that higher track schools provide better learning environments and consequently pre-existing differences in cognitive competences between schools with lower and higher academic track increase. The analyses are based on a total of N = 922 students from the Bamberg BiKS-Study (Study on Educational Processes, Competence Development and Selection Decisions in Pre- and Primary School Age). The results provide evidence for growing performance differences in secondary school in the domain of reading competence but not for vocabulary. Furthermore, evidence of a widening gap in reading competence could be proven for the same students in the single tracked primary school, indicating the importance of individual factors for the explanation of fan-spread effects. In addition, the impact of institutional factors can be proved.
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